Lehrer von Schüler verletzt, Anzeige kommt nicht in Frage

  • Hallo,
    bei uns an der Schule wurde ein Lehrer durch einen Schüler verletzt. Und ich hätte gern Eure Meinung. Im Folgenden wird das Wort "Gegenstände" erwähnt, damit sich hier keiner wieder erkennen kann.


    In der Mittagspause (keine Aufsicht durch Lehrer, Schüler dürfen das Schulgelände verlassen) hantierten einige Schüler (13 - 14 Jahre) vor der Schule, also außerhalb des Schulgeländes, mit Gegenständen herum, die naturgemäß Verletzungen hervorrufen können. Die Schüler sind unvorsichtig damit umgegangen. Die Gegenstände sind in Kinderhänden nicht gesetzlich erlaubt. Dabei wurde ein Lehrer verletzt, der sich der Gruppe näherte. Die Schüler sahen den Lehrer nicht, dieser wurde so verletzt, dass er zum Arzt musste und nun Wochen später immer noch Beschwerden hat. Die Schüler hatten nicht die Absicht jemanden zu verletzen. Ein Schüler wurde bei der Aktion auch selbst schwer verletzt.


    Als ich von der Verletzung des Lehrers erfuhr, fragte ich ihn, ob er Anzeige erstattet hätte oder mit den Eltern Kontakt aufgenommen hätte (oder sonst etwas unternommen hätte...?)


    Antwort: "Der Schüler X hat das ja nicht mit Absicht gemacht. Die wollten mich ja nicht verletzen. Ich find das auch blöd, einen Schüler von uns anzuzeigen."


    Das ist für mich genau die gleiche schwachsinnige Argumentation mit der die Schüler oft kommen: Ich hab zwar zugeschlagen, aber blutig schlagen wollte ich nicht.
    Oder: Ich habe zwar den Stein geworfen, aber es wurde doch niemand verletzt. Warum werde ich bestraft???


    Was sagt ihr dazu? Was würdet Ihr an der Stelle des Lehres machen?


    Gruß
    Anna

  • Ganz klar: anzeigen!


    Und zwar rein zum Selbstschutz. Ich bin da zwar kein Experte, aber meines Wissens könnte z.B. die Krankenversicherung des Lehrers bei der Kostenübernahme Probleme machen, falls sie von dem Vorfall (aus welchem Grund auch immer) Wind bekommt. Die hätte dann nämlich gerne das Geld vom Verursacher (=Schüler) zurück und um diese Frage zweifelsfrei zu klären, bräuchte es eben entsprechende Ermittlungen.


    Jetzt könnt ihr mich gerne verbessern, wenn ich Stuss verzapfe.

  • Ich sehe das ähnlich wie Schubbidu: allein aus versicherungsrechtlichen Gründen ist es besser, die Sache nicht zu verschweigen. Denn selbst, wenn die "Tat" ohne Vorsatz stattfand, war es immer noch fahrlässig, was zwar strafmildernd gewertet wird, aber eben nicht mehr als Unfall durchkommt.


    Viel interessanter ist das tätsächliche Alter des Verursachers: denn die Person ist erst mit 14 strafmündig. Sprich: ist die Person jünger, so kann sich die Versicherung auf den Kopf stellen, die bekommt nicht einen Cent.


    Soweit zumindest meine wenigen Rechtskenntnisse, bei Fehlinformation bitte ich um Korrektur.


    Gruß, Iggi

    Das Leben ist KEIN Wettkampf - aber ich gewinne trotzdem

  • Wenn also das zwölfjährige Nachbarskind deine Hütte abfackelt, kann sich sein Papa völlig unbehelligt über die freie Aussicht freuen?


    Ich glaube nicht, dass Straffreiheit auch den Verzicht auf Schadenersatz beinhaltet.

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

    Einmal editiert, zuletzt von Remus Lupin ()

  • Strafmündigkeit und Fähigkeit zur Haftung haben nichts miteinander zu tun. Der Minderjährige haftet, wenn er erkennen konnte, dass sein Verhalten falsch/gefährlich etc. war.


    Erziehungsberechtigte haften nur für ihre Kinder, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben - ganz ähnlich wie bei Lehrern ;).


    Siehe z. B. (am Beispiel Brandstiftung) hier:


    http://www.lz-bad-fredeburg.de/aufsatz/Haftung.pdf

  • Laut deines Links haftet der Schüler mit Sicherheit.
    Evtl. auch die Eltern da "Die Gegenstände sind in Kinderhänden nicht gesetzlich erlaubt" sicher Erklärungsbedarf erzeugt.

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Zitat

    Original von annasun
    In der Mittagspause (keine Aufsicht durch Lehrer, Schüler dürfen das Schulgelände verlassen) hantierten einige Schüler (13 - 14 Jahre) vor der Schule, also außerhalb des Schulgeländes, [...]


    Wer hat denn entschieden, dass die minderjährigen Schüler das Schulgelände verlassen dürfen? Das könnte zum Problem werden...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Zitat

    Wer hat denn entschieden, dass die minderjährigen Schüler das Schulgelände verlassen dürfen? Das könnte zum Problem werden...


    Wie bereits gesagt, es war in der Mittagspause. Die gehört nicht zur beaufsichtigten Zeit. Die Schüler dürfen das Gelände verlassen. Das gilt bei uns für alle Schüler, die nicht in einer Ganztagsklasse oder in der Mittagsbetreuung sind. Es haben auch nicht alle Schüler Nachmitagsuterricht. Es ist völlig normal, dass um 13 Uhr sehr viele Schüler das Gelände verlassen.


    Gruß
    Anna

  • Man darf nicht verschiedene Dinge in einen Topf werfen - die Aufsichtspflicht, das Strafrecht und das Zivilrecht stehen nebeneinander.


    "Anzeigen" ist eine Sache, d.h. die Polizei auf die Tat aufmerksam machen, die dann prüft, ob ein Vergehen vorliegt, hier wahrscheinlich fahrlässige Körperverletzung, so dass es dann eventuell zu einem Strafprozess kommt, in dem die Tat als solche sanktioniert wird. Ich weiß nicht, ob das machen würde, dass kann ich für mich bei den Angaben, die du gemacht hast, nicht entscheiden.


    Die zivilrechtliche Seite ist eine ganz andere - da geht es um gegenseitige Ansprüche auf Schadenersatzleistungen. Hier wird die Sache kompliziert - einmal ist da der Anspruch auf Schadenersatz des Lehrers dem Schüler gegenüber, für die erlittenen Schmerzen. Dann, da hat Schubbidu vollkommen Recht!, sind da die eventuellen Ansprüche der Versicherung. Das muss doch alles geklärt werden, zur Absicherung aller Beteiligten, und dafür ist ein Zivilprozess da. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wieso das jetzt "blöd" sein soll, das ist doch ein ganz normaler rechtsstaatlicher Vorgang.


    Vorsatz hat mit der zivilrechtlichen Seite überhaupt nichts zu tun. Wenn ich mein Dach repariere und ein Ziegel löst sich dabei und fällt auf Nachbars Auto, bin ich haftbar, egal, ob ich das "mit Absicht" gemacht habe oder nicht.


    Und dann ist da noch die pädagogische Seite. Dass Schüler mit verbotenen Gegenständen hantieren und ein Lehrer, der sich das mal ansehen will, verwundet vom Platze getragen wird und nichts passiert, weil die Schule nicht reagiert, kann ja wohl nicht angehen...


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • Anzeigen muss man das nicht. Wenn man jedoch als beihilfeberechtigter Beamter von einem Dritten verletzt wurde, muss dies beim Beihilfeantrag angegeben werden. Die Beihilfe nimmt dann eventuell den Verursacher (bzw. dessen Haftpflichtversicherung) in Regress. Falls es sich um Beschwerden handelt, die längerfristige Auswirkungen haben, wendet sich der Kollege am Besten an die Beihilfestelle - auch wegen etwaiger versorgungsrechtlicher Ansprüche. Die Polizei kann da außen vor bleiben.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Nur zum Thema Haftbarkeit von Minderjährigen: Meine Frau und ich haben für unsere Kinder extra eine Zusatzhaftpflicht, die eben auch dann zahlt, wenn das kleine Kind trotz Aufsicht etwas beschädigt.


    Wenn also das Baby die Ledersitze vom neuen Auto vollkotzt, ist man als Eltern nicht dafür haftbar, aber diese Versicherung würde trotzdem zahlen. Haben wir abgeschlossen, damit wir in so einem Fall nicht potentiell Streit mit guten Freunden haben.


    Ich habe aber keine Ahnung, bis zu welchem Alter diese Nichthaftbarkeit von Kindern geht.


    Edit: Oh, Mist, jetzt gerade erst gemerkt wie alt das Thema ist. Sorry! :-(

  • Meine Erfahrung ist folgende:


    Wenn der Lehrer keine Verletzungsabsicht nachweisen kann, wird jedes Verfahren sowieso eingestellt. Die Schüler gehen Straffrei aus, es geschieht eh nix. Die Beihilfe übernimmt gar nichts. Es zählt als Dienstunfall. Die Bezirksregierung wird ALLE Rechnungen zehn mal umdrehen und wenn man Glück hat den einfachen Satz zahlen, ansonsten bleibt man darauf sitzen.


    Liebe Kollegen, gebt bitte alle Dienstunfälle als private Unfälle an, sonst zahlt nicht mal Eure Krankenversicherung. Ich habe 3 Monate gewartet aufdie Anerkennung als Dienstunfall, meine Rechnungen alle selber bezahlen müssen und streite mich um jeden Mark. Nie wieder.


  • Liebe Kollegen, gebt bitte alle Dienstunfälle als private Unfälle an, sonst zahlt nicht mal Eure Krankenversicherung. Ich habe 3 Monate gewartet aufdie Anerkennung als Dienstunfall, meine Rechnungen alle selber bezahlen müssen und streite mich um jeden Mark. Nie wieder.


    Meine Versicherung bzw. mein Arzt fragt ggf. nach, wann und wo das passiert ist (meist passiert das bereits beim Arzt). Wenn ich im Haushalt die Treppe runterfalle, dann sage ich dieses so. Wenn ich in der Schule die Treppe runterfalle, müsste ich dieses auch so angeben. Spätestens wenn ich ein Krankenhaus oder einen Arzt in der Nähe meiner Schule und nicht an meinem Wohnort aufsuche, wird meine Versicherung stutzen. Mache ich beim Arzt / bei der Versicherung falsche Angaben, kann dieses sehr unangenehme Folgen haben. Die Versicherung dich auch in Regress nehmen, wenn sie erfährt, dass der vermeintliche Haushaltsunfall ein Dienstunfall war. Ich möchte dann nicht in deiner Haut stecken.


    Da würd ich lieber mit der BezReg streiten.

  • Unfälle im Dienst sind selbstverständlich "Dienstunfälle" und keine Privatsache. Notfalls nimmt man sich einen Fachanwalt, um sein Recht zu erstreiten. Sollte der Dienstunfall sogar zu einer Beinträchtigung der Dienstfähgkeit führen (was sich auch erst nach längerer Zeit herausstellen kann), wird jeder froh sein, der den Dienstunfall NICHT als Privatunfall deklariert hat.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Hm ... zwar schon etwas älter der Fall - aber ... Interessiert da eigentlich nicht, woher die Kinder diese "Gegenstände" hatten (Eltern, andere Schüler oder sogar gekauft)? Bei uns gab es mal riesigen Ärger wegen Alkoholverkauf an Jugendliche und der entsprechende Laden bekam Besuch von der Polizei.

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