Klassenarbeit genehmigen lassen

  • Hallo zusammen,


    ich weiß, dass über dieses Thema hier schon häufiger diskutiert wurde, aber ich habe eine ganz spezielle Frage dazu:
    Kann eine Schule selber entscheiden, ab wann eine Klassenarbeit genehmigt werden muss? Bisher dachte ich immer, das sei landesweit einheitlich und gesetzlich geregelt, oder?
    Konkret geht es darum, dass bei uns an der Schule (Gesamtschule) jetzt die Regel gilt, dass eine Klassenarbeit schon genehmigt werden muss, wenn 1/3 schlechter als ausreichend ist.
    Einen entsprechenden Erlass dazu habe ich nicht gefunden. Es wäre schön, wenn ihr mir da weiterhelfen könntet.



    Edit 22.06.2010: Bitte weiter unten lesen! Wollte keinen neuen Thread aufmachen...

  • Ich habe auch erhebliche Zweifel daran, dass dies zulässig ist.
    Die Notengebung obliegt dem Lehrer. Was passiert denn, wenn ein Kollege bei euch eine Arbeit "genemigen lassen" will und der Schulleiter dieses verweigert? Der Schulleiter kann schließlich nicht ohne Erlassgrundlage in die Notengebung einzelner Lehrer eingreifen.
    Das ganze wirkt auf mich wie der Versuch, die Lehrer dazu zu bringen, ihre Arbeiten schon im vorfeld zu frisieren, damit es keine so schlechten Ausfälle mehr gibt.

  • Aus gegebenem Anlass krame ich diesen Thread nochmal hoch.


    Ich habe im Grundkurs Jahrgang 9 (Gesamtschule NRW) eine Deutscharbeit schreiben lassen, die verheerend ausgefallen ist. Der Schnitt liegt bei 5,0 und ich frage mich, ob ich die Arbeit genehmigen lassen muss.


    Zum Hintergrund: Das Thema der Arbeit war "Kurzgeschichten". Die SuS sollten zu der Geschichte "Das Brot" von Borchert
    1. eine Inhaltsangabe schreiben
    2. Merkmale von Kurzgeschichten benennen und diese an der vorliegenden Kurzgeschichte belegen
    3. eine Aufgabe zum Textverständnis lösen (Warum isst der Mann das Brot heimlich...)
    4. Die Aussageabsicht des Autors erklären.


    Alles wurde im Unterricht mehrfach an anderen Kurzgeschichten geübt und die SuS wussten noch dazu ganz genau, was drankommt. Inhaltsangaben üben wir regelmäßig seit der 7. Klasse, trotzdem schreiben fast alle im Präteritum, benutzen wörtliche Rede, erzählen nach... Die Merkmale haben wir an vielen anderen Geschichten geübt. Zum zeitgeschichtlichen Hintergrund sollten die SuS einiges gelernt haben. Das Problem "Lebensmittelknappheit in der Nachkriegszeit" wurde am Bsp. der Kurzgeschichte "Die Kirschen" vorher besprochen. Sprachlich ist die Textvorlage überhaupt nicht anspruchsvoll.
    Dazu kommt, dass kaum ein Schüler dazu in der Lage ist, einen auch nur halbwegs grammatikalisch richtigen Satz zu schreiben. Von den vielen Rechtschreibfehlern mal ganz abgesehen...
    Was soll ich noch machen? Ich bin nicht dazu bereit, meine Erwartungen immer noch weiter runter zu schrauben. Die SuS sind einfach nur stinkend faul und meinen, für Deutsch müsse man nicht lernen.


    Wie geht ihr mit solchen Situationen um? Müsst ihr solche Arbeiten von der Schulleitung genehmigen lassen? Ich finde es gerade ziemlich ätzend, dass ich mich für die Faulheit meiner SuS rechtfertigen soll.

  • Hallo Finchen,
    sowas nervt, das stimmt. Wir müssen ab Durchschnitten von 4,5 zum SL, der jedoch meist nur kurz drüber schaut und guckt, ob es auch gute Noten gibt. Meist kommt dann noch ein Kommentar von ihm "Oh, die 11b- ja, das war klar..." Er kennt halt seine Faulpelze auch... ;)

    "Ein Mann, der noch keinen Fehler begangen hat, hat noch nie etwas getan."
    Sir Robert Baden-Powell, Earl of Gilwell

  • Hallo Finchen,


    seit Abschaffung des Drittelerlasses muss in NRW keine Arbeit mehr genehmigt werden. Die "Annulierung" eines Ergebnisses einer Klassenarbeit sowie die Anordnung eines neuen Klassenarbeitstermins wären nunmehr schlicht rechtswidrig. Hält ein Schulleiter die Notengebung für beanstandungswürdig, muss auch er sich an die Schulaufsicht wenden.


    Hier die entsprechende Regelung aus der ADO:

    Zitat

    § 19 (4) Hält der Schulleiter oder die Schulleiterin allgemein oder im Einzelfall die Notengebung eines Lehrers oder einer Lehrerin für unvereinbar mit den Vorschriften zur Leistungsbewertung oder allgemeinen Bewertungsgrundsätzen und ist darüber kein Einvernehmen unter den Betroffenen zu erreichen, ist die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde einzuholen.


    Du musst die Arbeit also nicht genehmigen und ich zweifle überhaupt daran, dass ein Schulleiter das Risiko und die persönliche Schmach eingeht, dass die Notengebung des Kollegen durch die Schulaufsicht bestätigt wird. Die Kriterien sind auch klar benannt, also "zu viele schlechte Noten" ist kein Kriterium.


    Der Schulleiter hat allerdings eine umfassende Informationspflicht, die er in folgender Weise nachkommen muss:

    Zitat

    § 18 Allgemeine Leitungsaufgaben (2) Der Schulleiter oder die Schulleiterin soll sich über die Arbeit in der Schule durch Einsicht in die Unterlagen der Klassen und Kurse einschließlich der Arbeiten zur Leistungsfeststellung, aber auch durch Unterrichtsbesuche informieren und deren Ergebnis anschließend mit den Betroffenen erörtern.


    Mit freundlichem Gruß
    Anton Reiser

  • Anton Reiser:


    du widersprichst dir mit deinem Zitat.


    Zitat

    Hält ein Schulleiter die Notengebung für beanstandungswürdig, muss auch er sich an die Schulaufsicht wenden.


    Zitat

    ... und ist darüber kein Einvernehmen unter den Betroffenen zu erreichen, ist die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde einzuholen.


    Das heißt, er muss sich nur an die Schulaufsicht wenden, wenn die Lehrerperson mit der Beanstandung nicht einverstanden ist.
    Wenn die Annulierung im gegenseitigen Einvernehmen abläuft, ist sie in Ordnung, nicht rechtswidrig und muss auch nicht mit der Schulaufsicht abgesprochen werden.


    So sehe ich dein Zitat zumindest.


    Also: Finchen, wenn du selbst die Arbeit annulieren möchtest kannst du dir den Segen deines Schulleiters dazu holen und sie annulieren. Wenn du es nicht möchtest, kann dich dein Schulleiter nur unter zuhilfenahme der Schulaufsicht dazu "überreden". ;)


    Grüße,


    kl. gr. Frosch

  • Hallo kleiner gruener frosch,


    naja, wenn du in dem Zitat von mir wirklich einen eklatanten Widerspruch siehst... Ich verstehe, was du meinst, denke aber auch beim erneuten Lesen meines Textes, dass eigentlich klar ist, was ich ausdrücken sollte. Und vielleicht liest du es ja auch gerne: Ja, du hast recht ;)


    Hiermit liegst du allerdings falsch:

    Zitat

    Wenn die Annulierung im gegenseitigen Einvernehmen abläuft, ist sie in Ordnung, nicht rechtswidrig und muss auch nicht mit der Schulaufsicht abgesprochen werden.


    Man kann nicht einfach eine Klassenarbeit kassieren, weil einem das Ergebnis nicht gefällt, auch nicht mit Einverständnis des Direktors. Dafür gibte es keine Rechtsgrundlage. Damit verbunden wäre nämlich auch der Widerruf der sicherlich auch vorhandenen guten Noten. Mit dem Wegfall des Drittelerlasses ist m.W. die einzige Möglichkeit für eine Wiederholungsarbeit wegen schlechter Noten entfallen.


    Ich rätsel aber gerade daran, wo man das aus dem Text der Dienstordnung das von dir Gemeinte herauslesen kann. ;)


    Mit freundlichem Gruß
    Anton Reiser

  • Hallo Anton Reiser,


    ich werde die Zitate noch ein paar Mal lösen, vielleicht löst sich dann auch für mich der Widerspruch auf. ;)


    Zu deinem "rätseln":
    nach meiner Lesart schließt dein Zitat das Wiederholen einer Arbeit nicht bedingungslos aus.
    Dein Zitat sagt nur: wenn es kein Einvernehmen gibt, geht es an die Schulaufsicht.
    Das heißt zu gut Deutsch, dass sowohl die Schulaufsicht eine Arbeit kassieren kann als auch, dass ggf. bei einem Einvernehmen (wenn es gar nicht erst zur Schulaufsicht geht) eine Klassenarbeit nach Absprache in der Schule wiederholt werden darf.
    Wie gesagt: ich lese Einschränkungen in der Wiederholbarkeit, würde sie aber nach dem Zitat nciht direkt ausschließen.
    Vielleicht verstehe ich es aber auch falsch. Kann ja sein. Bin ja nur Grundschullehrer. ;)


    kl. gr. Frosch

  • Hallo kleiner gruener frosch,


    Zitat

    Vielleicht verstehe ich es aber auch falsch. Kann ja sein. Bin ja nur Grundschullehrer.


    :lach: :lach:
    Au ja, das wäre die ideale Möglichkeit Diskussionen zu entscheiden: Wer das höhere Lehramt besitzt, hat gewonnen, innerhalb des Amtes entscheidet die Besoldungsstufe usw. Aber im Ernst: Natürlich könnte auch ich falsch liegen :heul: das glaube ich in diesem Fall aber nicht. :P


    Zitat

    nach meiner Lesart schließt dein Zitat das Wiederholen einer Arbeit nicht bedingungslos aus.


    Der Schulleiter kann nach dem Zitat lediglich feststellen, dass die Notengebung eines Lehrers nicht den "Vorschriften zur Leistungsbewertung oder allgemeinen Bewertungsgrundsätzen" entspricht und dementsprechend eine Neubewertung entsprechend geltender Bestimmungen verlangen, also eine erneute Notengebung. Mehr dürfte auch die Schulaufsicht nicht veranlassen können. Im Einvernehmen kann die betroffene Lehrkraft somit ebenfalls lediglich eine Neubewertung seiner Klassenarbeit vornehmen.


    In der Praxis dürfte die Regelung wohl in erster Linie bei Elternbeschwerden über erteilte Noten eine Rolle spielen, also im Einzelfall.


    Regelungen für eine mögliche Wiederholung einer Klassenarbeit gehören nicht in die ADO, sondern in die APO SI. Dort ist eine kollektive Neuansetzung von Klassenarbeiten aber nicht vorgesehen. Deshalb gab es ja damals auch den Drittelerlass, um den Schulleiter im Einzelfall zu einer solchen Neuansetzung zu ermächtigen.


    Die Abschaffung dieses Erlasses muss für manchen Schulleiter aber ein traumatisches Erlebnis gewesen sein. Ich kenne jedenfalls von einigen Schulen in der Folge die Festlegung von Drittel- sowie 40- und 50-Prozentregelungen, wobei nicht immer klar ist, ob sie nur vorgelegt oder auch genehmigt werden müssen. Aber auch den umgekehrten Fall gibt es: Einem Schulleiter war der vorgelegte Notendurchschnitt zu gut - auch das darf offenbar nicht sein.


    Mit freundlichem Gruß
    Anton Reiser

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