Arbeiten an der Abendrealschule/am Weiterbildungskolleg

  • Hallo :)
    Ich überlege, ob Abendrealschule/Weiterbildungskolleg (Sek 1) etwas für mich sein könnte. Eigentlich stelle ich es mir ganz schön vor. Deswegen habe ich an die, die in dem Bereich arbeiten (oder jemanden kennen, der dort arbeitet) ein paar Fragen:
    - Wie ist es im ABendbereich zu arbeiten? Kommt man mit der Planung hin (im Vormittagsbereich kann man ja die Planung am Nachmittag bis in die Nacht ausdehnen)? Klappt es mit den privaten Sozialkontakten?
    - Wie ist es mit den Schülern zu arbeiten? In manchen Stellenausschreibungen heißt es, die Schüler seien sehr motiviert. Entspricht das den Tatsachen oder ist es schwierig? Muss man also noch erziehen?


    Ich würde mich sehr freuen und wäre Euch sehr dankbar, wenn Ihr mir antworten würdet! Liebe Grüße Julie

  • Hallo Julie,


    ich unterrichte ein paar Stunden an einem Berufskolleg, das im Abendunterricht in 2 Jahren zur Fachhochschulreife führt.


    Mein vorletzter Kurs war klasse. Das waren alles nette, teilweise schon ältere Schüler, die motiviert waren, Spaß hatten und auch wussten, warum sie das machen.
    Disziplinprobleme gab's keine. Sehr, sehr angenehm. Eher eine entspannte Arbeitsatmosphäre, mit dem Gefühl, hier mit Gleichgesinnten den Abend zu verbringen.


    Mein letzter Kurs war etwas anders. Die Schüler waren teilweise frisch aus der Berufsschule draußen. Ab und zu hatte man den Eindruck, dass man in einem 4. Lehrjahr unterrichtet.
    Es gab ein paar stärkere, motivierte Schüler, die auch schon etwas älter waren. Die jüngeren waren teilweise schwach, ihnen fehlte, in meinen Augen, auch ein Stück Lebenserfahrung.
    Disziplinprobleme hatte man auch hier eher wenig. Nachdem ich klar gestellt hatte, dass ich mir nicht wie Thomas Gottschalk vorkommen möchte und mein Publikum sich Gummibärchen während der "Show" reinzieht, ging's.


    Was ich anstrengend fand: Ich habe einen vollen Lehrauftrag mit ganz normalem Berufsschulunterricht. Sprich: von 7:50 bis 16:25. Teilweis ging's dann um 17:30 gleich mit dem Abendunterricht weiter, teilweise hatte ich die Spätschicht von 19:15 bis 20:45. Im Sommer kein Problem, es war ja auch nicht jeden Abend, im Winter eher anstrengend, da man im Dunkeln nach Hause kam und auch bereits das Haus verließ, wenn es noch dunkel war.


    Wenn ich "nur" Abendunterricht hätte, könnte ich mir das auf Dauer vorstellen.
    Oder, wenn man am nächsten Tag erst später Schule hätte, vielleicht auch.
    Aber da ich teilweise 9 Stunden an einem Tag hatte und am nächsten Tag gleich wieder um 7 in der Schule sein musste, war's mir irgendwann zuviel.


    Meines Wissens ist Neleabels an einer Abendschule. Bin gespannt, was er schreibt.


    So, ich hoffe, ich konnte Dir etwas weiterhelfen. Ich denke, dass man herauslesen konnte, dass ich auch nicht richtig dazu raten bzw. davon abraten kann.


    Viele Grüße und viel Erfolg bei der Entscheidungsfindung


    Super-Lion

  • Lieber Super-Lion,
    ich danke Dir schon einmal ganz herzlich für Deine ausführliche Antwort! Ja, ich kann mir vorstellen, dass das eine ganz schöne Doppelbelastung ist, wenn man auch in der Vormittagsschiene arbeitet...Hut ab!
    viele Grüße
    Julie

  • Halllo Julie31,


    ich hatte letzens Kontakt zu dem Thema mit jemanden aus dem Forum und gebe hier meinen persönlichen Erfahrungsbericht dann mal öffentlich wieder.


    Die Umstellung von Tages- auf Abendschule ist nicht wirklich schwierig, die Arbeitszeiten sind manchmal ungünstig, aber andere Arbeitsbereiche fehlen, wie z.B. Aufsichten, Tadel, Elterngespräche usw.
    Was die Motivation der Studierenden angeht, darf man eins nicht aus den Augen verlieren, sie haben die Tagesschulen aus den unterschiedlichsten Gründen nicht geschafft, Disziplin, Motivation oder mangelnde Fähigkeiten sind häufige Gründe.
    Die meisten sind wirklich motiviert, aber stolpern über ihre teilweise traumatischen Schulerfahrungen. Man braucht folglich mehr Geduld und muss sich für einzelne Zeit nehmen, dass sie sich den Frust von der Seele reden können.
    Bei uns sind die Klassen aber meist klein, sie starten häufig mit knapp über zwanzig, aber im Laufe des Semesters geben viele auf und momantan habe ich selten mehr als 15 Leute im Raum. Das Arbeiten ist ruhiger, die Studis kommen wohl zu spät, sind aber nicht unruhig, viele arbeiten tagsüber und/oder haben kleine Kinder zu Hause und sind häufig entsprechend müde.
    Der Korrekturaufwand ist überschaubar. Ich unterrichte Deutsch, Geschichte und Englisch in der Sek I.
    Die Frage nach den Sozialkontakten ist berechtigt. In der Sek I umfasst ein volles Stundendeputat 25 Wochenstunden, d.h. dass du evtl. von Montag bis Fraitag jeden Abend in der Schule bist. Einige Schulen bieten auch tagsüber Unterricht an, aber es heißt nicht, dass du jedes Semester ein oder zwei Abende frei hast und DAS schlaucht, da dein soziales Umfeld "normale" Arbeitszeiten hat. Nicht jede Schule hat einen festen Konferenztag, und die finden vor dem Unterricht statt.
    Aber wie Super-Lion schon sagte, wenn du ein-, zweimal deinen Standpunkt deutlich machst, ist das Arbeiten meistens entspannter. Du hast halt "fertige Leute" vor dir sitzen, die auf offensive Erziehnungsarbeit entsprechend reagieren und die Gesetzeslage bezüglich ihrer Rechte genau kennen (Fehlzeiten, Kopfnoten u.ä.).
    Ich überlege manchmal, ob ich zurückgehen möchte, aber wenn ich den Tagesschulkollegen genau zuhöre und die Politik beobachte, dann kann ich mich mit den Arbeitszeiten ziemlich zügig wieder arrangieren.


    Viel Erfolg
    Danae

  • Hallo Danae,
    vielen, vielen lieben Dank! Das hilft mir ebenfalls sehr weiter! Im Moment tendiere ich dazu, es tatsächlich zu versuchen...

  • wie läuft das denn, wenn man an einer Abendschule unterrichten will? Sind das private Schulen oder kann man da auch verbeamtet werden?

  • Die meisten Abendschulen/Kollegschulen sind staatliche Schulen, an denen du den gleichen Status hast, wie jeder andere Lehrer auch. Du kannst also auch verbeamtet werden.

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