Klassenfahrt. Kann mein Chef mich zwingen? Ja, kann er!

  • Hallo zusammen. Ich habe keine Klasse. Mein Direktor möchte, dass ich als Kollege eine Klassenfahrt begleite. Als ich ihm sagte ich müsse noch überlegen, da ich wichtige private Dinge in dieser Woche zu tun habe sagte er: "Sie müssen aber!" Hat er recht?

  • Grundsätzlich kann die Begleitung einer Klassenfahrt durchaus angeordnet werden, da so etwas zum normalen Tätigkeitsbereich eines Lehrers gehört, wenn keine gewichtigen Gründe dagegen sprechen und die Belastungen im Kollegium gleichmäßig verteilt werden. Allerdings wird dies in der Praxis aus einem einfachen Grund nicht gemacht: bei angeordneten Dienstfahrten hat man Anspruch auf volle Kostenerstattung und das Budget der meisten Schulen ist viel zu gering, um allen Lehrern ihre Fahrtkosten bei Klassenfahrten zu erstatten.

  • Der niedersächsische Erlass sagt:


    6.2 1) Die Teilnahme an Schulfahrten mit Übernachtung ist für Lehrkräfte sowie für die Schülerinnen und Schüler freiwillig.


    Quelle: [URL=http://www.schure.de/22410/35,82021.htm]http://www.schure.de/22410/35,82021.htm[/URL]


    Wie das in Hamburg ist, kann ich allerdings nicht sagen.

  • So habe ich das im Seminar auch gelernt: Es ist grundsätzlich freiwillig. Anordnen könnte höchstens die Bezirksregierung, nicht aber der Schulleiter.
    Aber das ist halt NRW...

  • ..Dem Schulleiter ist grundsätzlich Folge zu leisten..
    Ob es nun im Fall einer Klassenfahrt Extraregelungen gibt, weiss ich nicht. Schau doch mal bei dir ins Schulgesetz..

  • Zitat

    Original von Janneken
    ..Dem Schulleiter ist grundsätzlich Folge zu leisten..


    Das ist so nicht richtig und ich hoffe, dass sich die meisten Lehrkräfte in Deutschland dessen bewusst sind.
    Eine solch pauschale Behauptung gepaart (im Extremfall) mit unreflektierter Obrigkeitshörigkeit gibt der Schulleitung mehr Macht und (Schein)Befugnisse als sie mitunter laut Gesetz hat.
    Leider kennen die meisten Lehrer weder ihr eigenes Schulgesetz noch ihre tatsächlichen Rechte und Pflichten. Deshalb kann der SL ja auch in vielen Fällen machen, was er will.


    Gruß
    Bolzbold

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Es ist sinnlos, hier zu spekulieren, da hat Bolzbold Recht - jedes Bundesland hat seine eigenen Regeln. In Hessen heißt es zum Beispiel in der Dienstordnung

    Zitat

    (2) Zu den Aufgaben der Lehrkräfte gehört auch die Mitwirkung bei Veranstaltungen der Klasse oder Lerngruppe, insbesondere die Vorbereitung und Durchführung von Wandertagen, Wander- und Studienfahrten, Betriebsbesichtigungen, Exkursionen und Betriebspraktika.

    , somit sind Klassenfahrten Dienstpflicht.
    Trotzdem sollte kein Schulleiter, der halbwegs Ahnung von der Führung seines pädagogischen Betriebes hat, einen Kollegen dazu verdonnern mit einer Klasse, die er nicht kennt, gegen seinen Willen auf Klassenfahrt zu fahren. Da hat keiner was davon, die Schüler meist ganz besonders nicht. Zum "Müssen" sagt nur die Hamburger Dienstordnung was, da musst du nachgucken. Überhaupt sollte man diese und das Personalvertretungsgesetz unbedingt sehr gut kennen... im eigenen Interesse.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Nun ja, wer googlet, der findet.


    Falls diese Richtlinie nicht bereits durch eine andere abgelöst wurde, wobei der dienstrechtliche Teil vermutlich gleich geblieben sein sollte, würde ich hier mal nachsehen.


    Dort steht unter Punkt 3 folgendes:


    Zitat


    3 Leitung
    3.1 Vorbereitung und Durchführung von Schulfahrten gehören zu den dienstlichen Aufgaben der Lehrkräfte. Dabei kooperieren die Lehrkräfte – im Regelfall die Klassenlehrerin oder der Klassenlehrer, die Kursleiterin oder der Kursleiter bzw. die Tutorin oder der Tutor – eng mit Schülerinnen und Schülern sowie Eltern, die je nach thematischen Schwerpunkt Planungsteile übernehmen.
    3.2 Ist eine Lehrkraft durch Krankheit oder durch andere zwingende Gründe gehindert, die Vorbereitung und Leitung einer Schulfahrt zu übernehmen, so verständigt sie unverzüglich die Schulleitung. Diese sorgt für eine angemessene Vertretung.


    Was nun konkret "zwingende Gründe" sind, ist sicherlich ggf. noch einmal gesondert erläutert. Ein schlichtes "ich habe keine Lust" zählt da sicherlich nicht dazu, denn dienstliche Aufgaben richten sich nicht nach der persönlichen Laune der Lehrkraft.
    "Private Gründe" wie Hochzeiten, Beerdigungen etc. sind sicherlich in den Bereich "zwingend" einzuordnen. Partys, Urlaub oder Autoreparaturen eher nicht.
    Ein Gespräch mit der Schulleitung ist da sicherlich hilfreich. Ein "sie müssen aber" ist wie gesagt so nicht statthaft.


    Gruß
    Bolzbold

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    Einmal editiert, zuletzt von Bolzbold ()

  • Als zwingenden Grund sehe ich z.B: auch fehlende Kinderbetreuung, denn die Alternative, so wie mein Klassenlehrer das in der Grundschule gemacht hat, das Kind mitzunehmen, finde ich für niemanden schön!

  • Vielen Dank für Eure Hilfe. So schön klar und deutlich ("niemand kann gegen seinen Willen gezwungen werden") wie in NDS haben wir es in HH leider nicht. Hier in HH wurde sehr viel darüber diskutiert (nach der Einführung der Lehrerarbeitszeitmodells und der damit verbundenen automatischen Anhebung der Wochenarbeitszeit) überhaupt noch auf Klassenfahrt zu fahren. Aber darum geht es ja hier nicht.


    Ich bin jetzt 3 Jahre in HH und hatte auch noch nie so eine hierarchische Schulleitung. Früher hätte ich mit meinem SL "auf Augenhöhe" diskutiert. Vielleicht hätte er mich angefleht und ich hätte auch sofort zugestimmt. Weil er niemand anderen hat. Aber hier wird gar nicht diskutiert. Der Grundtenor ist: "Ich bestimme und Sie machen. Basta."
    Unter dieser Voraussetzung kommt es also automatisch zum Krampf.


    Ende vom Lied: Ich fahre. Auch und vor allem wegen der Kollegen. Um sie nicht hängen zu lassen. Trotzdem würde ich meinem SL gerne noch ein Blatt in´s Fach legen auf dem steht, dass er mich aber grundsätzlich nicht zwingen kann. Auch wenn er das denkt.


    Nur...


    Dieses Blatt existiert NICHT!!!


    Das einzige was ich gefunden habe ist folgender Beitrag aus der GEW-Lehrerzeitung:


    http://www.gew-hamburg.de/hlz/0505/klassenfahrten.htm


    Hier steht:


    "• Lehrerkonferenzen sollten beschliessen,
    dass keine Lehrkraft gegen
    ihren Willen zur Durchführung einer
    Klassenreise angewiesen wird."


    ... sollten beschließen!"


    Da es für die Mehrheit des Kollegiums kein Problem darstellt wird natürlich nix beschlossen.


    Bin ich zu negativ?

  • Zitat

    Bin ich zu negativ?


    Nö, biste nicht.


    Laß dir von deinem Chef schriftlich bestätigen, dass du unter Protest und nur auf seine Anweisung hin fährst und dass du keinerlei Verantwortung (weder moralische, noch juristische) für seine Entscheidung übernehmen wirst. :evil:


    Aber im ernsthaft... im Zweifel kann man sich durchaus mal schnell das Kreuz verziehen. Letztlich ist es eine Frage der Gegenseitigkeit, wenn dein Chef kein Verständnis für dich hat, mußt du auch keins für ihn haben.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_)Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Einmal editiert, zuletzt von SteffdA ()

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