Freiwilliges Wiederholen der 1. Klasse

  • Hallo liebe Kollegen!
    Ich "missbrauche" das Forum mal als Mutter und würde gerne auf eure Erfahrungen zurückgreifen. Zur Situation: meine Tochter ist als Septemberkind, 1 Woche vor Stichtag eingeschult worden. Ansich nichts Außergewöhnliches, aber in ihrem Fall erwies es sich als Fehler. Sie hatte enorme Startschwierigkeiten, vor allem im emotionalen Bereich. Es war ihr alles zu viel, sie reagierte auf Vieles mit Weinen, was ihr wiederum das Prädikat "Heulsuse" einbrachte. Sie zog sich zunehmend zurück und redete zu Hause nur wenig, über Schule gar nicht. Das war für mich ein untrügliches Zeichen von Überforderung. Das ging ungefähr bis zum ersten Halbjahr. Dann festigte sie sich zunehmend, es wurde besser, aber auch nicht so, wie man es sich als Mutter vorstellt: dass das Kind morgens mit Freude in die Schule geht. Im zweiten Halbjahr zeigten sich dann zunehmend Schwierigkeiten in Mathematik. Fast jede Hausaufgabe musste ich mit ihr ausführlich besprechen. Oft hörte ich von ihr ein "Ich kapier das nicht!". Im Lesen und Schreiben ist sie super. Nun bin ich ganz hin- und hergerissen. Die Einschulung empfinde ich bis heute als großen Fehler und ich frage mich, ob ich das duch ein Wiederholen der ersten Klasse wiedergutmachen kann. Nächstes Jahr werden ihre alten Kindergartenfreunde eingeschult, zu denen sie noch immer regen Kontakt hat - von dieser Seite wäre es kein Problem.
    Am meisten Bauchschmerzen bereitet mir das Fach Mathematik. Ich sehe bei meinem Sohn, dass der Stoff - spätestens im 2. Halbjahr - doch sehr anzieht und ich frage mich, ob ich jetzt einfach mal schauen soll, wie sie zurecht kommt oder ob ich nicht gleich Nägel mit Köpfen machen soll. Ich bin wirklich ratlos. Sie hat zum Ende des ersten Schuljahres noch richtig zugelegt und auch weiter an Selbstbewusstsein gewonnen, aber Mathe bereitet mir Bauchschmerzen. Ich weiß einfach nicht, wie lange man in so einem Fall warten soll. Bis das Kind ganz in den Brunnen gefallen ist? Sie selber ist sich unschlüssig. Einerseits ist sie - zurecht - stolz darauf bald zu den Zweitklässlern zu gehören, andererseits sagt sie selber, dass sie in Mathematik nicht mitkommt - wobei sie auch hier seit den Pfingstferien einen deutlichen Schub gemacht hat. Allerdings nur im Bereich der reinen Arithmetik. Bei Textaufgaben und Aufgaben, wo Transferleistungen erfordert werden, kommt sie alleine gar nicht weiter. Derzeit denke ich, dass sie erst einmal weiter in die zweite Klasse gehen soll, andererseits wäre ein Neustart im Kreise alter Freunde, auch gut denkbar. Welchen Ratschlag gebt ihr in solchen Fällen? Ein Gespräch mit der Lehrerin steht noch aus. Sie hat mir in einem früheren Gespräch ebenfalls mitgeteilt, dass meiner Tochter ein weiteres Jahr im Kindergarten sehr gut getan hätte. :( Ich bin einfach total verunsichert und möchte auf jeden Fall verhindern, dass sie mit täglichen Mathebauchschmerzen aus der Schule kommt. Und natürlich hätte sie im Fall der Wiederholung auch die Chance noch ein wenig "nachzureifen".
    Übrigens kommen wir aus Baden-Württemberg und das freiwillige Wiederholen während der Klassen 1-3 ist bei uns Elternrecht. Von dieser SEite gäbe es kein Problem.


    Danke und liebe Grüße
    Mara

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

  • Hallo mara,
    ich würde auf jeden Fall das Gespräch mit der Lehrerin abwarten und sie anhören. Gäbe es bei euch auch die Möglichkeit, deine Tochter erst zu den Herbstferien zurückzunehmen? Denn ich habe schon öfter erlebt, dass Kinder während der Ferien und danach einen Entwicklungssprung gemacht haben. Vielleicht könnte man so lange abwarten. Denn die Grundbegriffe - was Schule angeht - kennt sie ja doch schon, und nochmal eine Schultüte und der ganze Kram ist wahrscheinlich für deine Tochter nur bedingt schön. Nach acht oder zehn Wochen wäre dann vielleicht ein guter Zeitpunkt zum Zurückwechseln, wenn es sich dann noch als nötig herausstellt.


    Ich wünsche euch alles Gute und schöne Ferien!
    Gruß venti :-)

  • Die Idee von venti hatte ich auch, der Sommerferienschub wird erst in den ersten Schulwochen sichtbar und dann gucken und entscheiden. Deine Bauchschmerzen und Unsicherheiten kann ich verstehen. Man/frau ist immer verunsichert besonders, wenn man das Rad am liebsten zurückdrehen würde. Mach dir keine Vorwürfe deshalb. Niemand kann vorhersehen, wie es läuft.

  • Ich glaube, ich würde das Kind von Anfang an die 1. Klasse wiederholen lassen.
    Zwar habe ich in solchen Fällen in meiner Klasse bisher auch immer bis zu den Herbstferien abgewartet und auch die Eltern wollten es so, allerdings würde ich es aus heutiger Sicht anders machen.
    Gerade in der Anfangszeit werden ja auch neue Freundschaften geschlossen, da war es für die Neuankömmlinge nach den Herbstferien gar nicht so einfach,
    da rein zu kommen. Und auch wenn man meint, am Anfang würde das Kind in der 1. Klasse nicht viel verpassen, gerade das kann ein Trugschluss sein.
    Wenn ich so an Mengenerfassung in Mathe etc denke - das schadet bestimmt nicht, wenn das Kind das alles nochmal mit macht. :)


    Aber ich kann die Unsicherheit gut verstehen.
    Warte doch mal ab, was die Lehrerin meint ;)

  • Hallo Mara !


    Ich würde ihnen vorschlagen das ihre Tochter in der 2. Klasse besser aufgehoben währ , als das Schuljahr nochmals zu Wiederholen ! Sie sagten ja bereits das sie ihre "Kindergartenkinder" vermisst , ich denke sie vermisst sie wirklich. Vom Kindergarten zur Grundschule ist ein sehr Schwerer schritt dahmann den ersten "Druck" zu spüren bekommt (Hausaufgaben, Lernen). Also um auf dem Punkt zu kommen ich fände es besser wenn ihre Tochter zur 2.Klasse geht. Weil auch eine Klasse zu wiederholen wehre natürlich nur gut wenn die Leistungen nicht ensprächent währen. So jetzt zu Mahte: Ihre Tochter wird in Deutsch und Englisch spitze sein aber in Mahte nicht. Deswegen würde ich für sie vorschlagen das sie ab der 3. Klasse (Aber wirklich ab der 3.) ein Nachhilfelehrer hinzu ziehen.


    Ich hoffe ich konnte sie Helfen !


    Viele Grüße Herr.Daniel

  • @ klosterfee: Der Gedanke kam mir auch grade... die armen Kinder! Wer heute so alles Lehrer in der Sek I ist...X(.


    Vielleicht ist der Lehrermangel aber auch schon so groß, dass man auf so Kleinigkeiten keine Rücksicht mehr nehmen kann!:D


    Aber das kann ein Mod sicher schnell klären.



    Wieder zurück zu der ursprünglichen Anfrage: Ich wäre ebenfalls dafür, die Kleine noch einmal die erste Klasse wiederholen zu lassen, und zwar von Anfang an. Wie du selbst festgestellt hast, werden ihre Kindergartenfreunde dann auch eingeschult und deshalb wäre der Gruppenwechsel mit Sicherheit nicht weiter dramatisch. Gerade die Zeit bis zu den Herbstferien erlebe ich als Erstklasslehrerin immer wieder als wichtige Findungsphase. Die Kinder beginnen, eine Schulklasse zu werden und da sollte deine Tochter besser mit dabei sein. So bekommt sie auch keinen Sonderstatus. Zudem werden - wie bereits erwähnt - bereits zum Schuljahresbeginn grundlegene Zahlverständnisse angebahnt, die deiner Tochter sicherlich gut täten.


    Wenn du das starke Gefühl hast, dass es besser für dein Kind wäre (und sie das in Mathe auch so sieht), kann ich dir nur raten, diesem Gefühl nachzugeben.


    Ich habe öfter Schüler erlebt, die mitgezogen wurden, obwohl sie an ihrer Leistungsgrenze angelangt waren. Bei etlichen führte dies rasch zu einer Verweigerung gegenüber dem Fach oder sogar der Schule als Gesamtheit. Dann ist eine Wiederholung meist zu spät und nicht mehr hilfreich.


    LG,


    Melanie01

  • Ich bitte darum, die Beiträge von Dan99 zu ignorieren. Bleibt einfach beim Thema, er darf erst wieder hier schreiben, wenn er nachgewiesen hat, dass er Lehrer ist (also wahrscheinlich eher nie *g*).
    Lieben Gruß, jotto

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

  • Liebe Mara,


    ich würde sie auch wiederholen lassen, da sie selbst ja auch der Meinung ist, dass sie es nicht kann und ihr anscheinend die Wiederholung nichts ausmachen würde, vielleicht hofft sie ja
    auch insgeheim darauf, da sie ja dann mit ihren Freundinnen und Freunden aus dem Kindergarten in eine Klasse gehen würde.
    Ich selbst habe so einen Schüler, dem am Ende der 2. Klasse noch immer der Reifegrad fehlt, leider habe ich es verabsäumt ihn wiederholen zu lassen bzw. in die Vorschule damals zurückzustufen.
    Darf ich fragen wieso ihr sie zu früh eingestuft habt?


    LG MM

  • Ich würde sie auch wiederholen lassen, wenn ihr alle ein gutes Gefühl damit habt.
    Auch ich habe Schüler, denen es gut tun würde, die Klasse zu wiederholen, weil sie einfach noch sehr jung und verspielt sind. In Hamburg ist das aber nicht mehr möglich...

  • Liebe Mara,
    ich würde anhand deiner Informationen auch zur Wiederholung raten.
    Ich persönlich kenne bisher keinen Fall, bei dem eine Wiederholung dazu geführt hat, dass wir Lehrer in 3/4 uns gedacht hätten: "Ach hätte der/die doch nur nicht damals wiederholt."


    Was wir aber sehr häufig erleben ist folgendes Szenario:
    Ein Kind wird sehr jung oder noch zusätzlich vorzeitig eingeschult. (Das soll jetzt nicht gegen dich gerichtet sein.)
    In der ersten Klasse läuft es noch nicht so gut, aber das kann ja noch kommen. Schließlich muss das Kind sich ja erst eingewöhnen.
    Irgendwann wird es wirklich etwas besser. Was man da aber nicht aus den Augen verlieren sollte: Wo stehen bereits die Mitschüler?
    Eine Wiederholung des eigenen Kindes wünscht sich keiner, also legt man die Hoffnung in die zweite Klasse. Sollte es nicht klappen, könnte das Kind dann ja noch vor Weihnachten zurückgehen.
    Die zweite Klasse beginnt, vieles aus der ersten Klasse wird wiederholt. Es sieht doch ganz gut aus.
    Vor Weihnachten ist man sich dann wieder unsicher. Schließlich hat das Kind ja jetzt schon mit der Schreibschrift begonnen und jetzt nochmals die 1. Klasse besuchen???
    Man kämpft also weiter. Die häuslichen Bemühungen werden noch verstärkt. In der 2. Klasse geht es eben jetzt mit einem schnelleren Tempo voran und das Kind muss sich eben da erst einfinden.
    Im zweiten Halbjahr gibt es Noten bei uns. Jetzt tut es weh. Aber zumindest ist das Kind ja in Fach XY ganz gut. Wenn man aber nun das Kind wiederholen lässt, reißt man es aus der doch so gut entwickelten Klassengemeinschaft heraus. Und die neue Klasse kennt sich nun ja auch schon ein Jahr lang. Kann das Kind da überhaupt seinen Platz finden? Wird es sich außerdem nicht furchtbar langweilen?
    Man paukt also mit dem Kind dort, wo es Probleme hat.
    Es naht die 3. Klasse. Auch hier erfolgt eine Wiederholung der Inhaltes des letzten Schuljahres, in Mathematik liegt das Kind so im Bereich 3-4. Besser als nichts, vor allem da es bei der Rechtschreibung auch nicht so toll aussieht.
    Man beruhigt sich damit, dass ein Lehrerwechsel stattfand, das Tempo jetzt noch etwas höher ist und sich das Kind eben auch daran gewöhnen muss.
    In Mathe zeigt sich immer deutlicher, dass das Verständnis fehlt. In allen Fächern reicht fleißiges Lernen nun nicht mehr aus, sondern es wird erwartet, dass Erlerntes seine Anwendung findet. Das Kind scheitert regelmäßig, obwohl Lehrer und Eltern das Gefühl haben, dass das Kind eigentlich besser sein müsste.
    Der Gedanke an eine Wiederholung kommt wieder. Das Kind jetzt wiederholen zu lassen würde bedeuten, ein paar Monate Lehrer X, dann wieder ein Wechsel auf Lehrer Y in der erneuten 3. Klasse. Dem Kind möchte man diese vielen Wechsel ersparen. Auch soll es sich nicht wie ein Dummkopf fühlen. Es reicht ja schon, dass ein Mitschüler vor einigen Tagen bemerkt hat: "Die X rafft in Mathe eh nix!"
    Um es dem Kind etwas leichter zu machen, gibt es nun regelmäßig Nachhilfe.
    Das Kind kommt in die 4. Klasse. Egal, wie bis dahin der Übertritt bei euch aussieht, es wird sich in diesem Jahr entscheiden, wohin es in der 5. Klasse geht. Auch unter den Kindern wird darüber gesprochen. Die letzte 5 in Mathe baut da nicht wirklich auf. Auch nicht das letzte Zeugnis in dem vermerkt ist, dass X sich nur zögerlich meldet und in Mathe noch Schwierigkeiten hat den Zahlenraum bis zur Million zu durchdringen.
    Obwohl fleißig gelernt wird, scheint bei Proben im Kopf des Kindes alles durcheinander zu gehen und die Leistungen in HSU gleichen sich fast denen in Mathe an.
    Es wird weiter fleißig gekämpft. Nachdem sich weder nach den Sommerferien noch nach den Winterferien der lange erhoffte Entwicklungsschub einstellt, denkt man nun doch wieder ernsthaft an eine Wiederholung. Da man das Kind jetzt auch nicht so auf die letzten Meter aus dem Klassenverband reißen möchte, ringt man sich dazu durch, das Kind nach der 4. Klasse und den Sommerferien wieder in die 4. Klasse zu schicken. Mit Hängen und Würgen kämpft man sich noch durch die letzten verbleibenden Wochen und verbringt die sechs Wochen Sommerferien damit, sich auszumalen, was alles schief gehen kann.


    Dann beginnt endlich erneut die 4. Klasse.


    Mit etwas flauem Gefühl im Magen kommt X in die neue Klasse. Meistens kennen die Wiederholer schon jemanden aus der neuen Klasse und der erste Tag wird ganz gut überstanden. Die erste Woche geht schnell vorbei und nach kurzer Zeit spielt es keine Rolle mehr, ob Wiederholer oder nicht. X scheint nun trotz neuer Lehrkraft und neuer Klasse gelöster und sicherer. Die ersten Proben fallen nun deutlich besser aus und verleihen Auftrieb. In einigen Bereichen ist X den anderen voraus und kann damit ganz gut leben. In Mathe kommt er/sie nun besser mit und schreibt das erste Mal nun auch bessere/gute Noten. Die neue Lehrkraft versichert den Eltern, dass X in der Klasse als Wiederholer nicht weiter auffällt und nun anscheinend genau am richtigen Platz sei.


    Bevor hier lautes Geschrei losgeht: Mir ist bewusst, dass eine freiwillige Wiederholung kein Allheilmittel ist. Mir ist auch klar, dass man ADHS/LRS/Dyskalkulie oder was auch immer nicht durch eine Wiederholung wegradiert. Wir haben aber pro Jahrgang immer wieder 2 bis 5 Schüler (von ca. 70) bei denen es genau so läuft und denen man es gewünscht hatte, dass die Wiederholung bereits nach der 1. Klasse stattgefunden hätte.



    Bibo

  • Reduziert lautet deine Frage:


    versetzen und Töchterlein schafft es, aber hat es nicht leicht
    oder
    wiederholen und sie hat es (in Zukunft) leicht.


    Was wünschst du dir für dein Kind? Ich habe mich als Kind selbst immer für den leichteren Weg entschieden, und würde für mein Kind auch so entscheiden. Außerdem: was soll sie nach der 10. Klasse im Alter von gerade noch 15 Jahren auf dem Arbeitsmarkt? Kinder erwerben in diesem Alter einen großen Teil ihres Selbstbildes. Wenn sie wiederholt, wird ihr Selbstbild ein anderes sein, als wenn sie ständig merkt, die Aufgaben dauern ihr zu lang, sie kann noch nicht so gut abstrahieren (auch Aufsatztipps umsetzen). Ein Baum wächst nicht dadurch schneller, dass man an seinen Ästen zieht.


    Da sie selbst schon Freundinnen in der neuen 1. Klasse wähnt, würde ich auch empfehlen: zurückstellen vom 1. Schultag an, dann ist sie von Anbeginn an in der neuen Klassengemeinschaft dabei, kann schon ganz viel und muss nur noch damit klar kommen, dass ihr ab nun alles superleicht fällt, denn viel "Schule" kennt sie ja schon.

  • Menno...jetzt habe ich mit der Lehrerin gesprochen, mich zu einer Entscheidung durchgerungen und lese jetzt eure Kommentare, die doch eindeutig ausfallen. Vor allem "Bibo" bringt auch meine Befürchtungen auf den Punkt ;( . Noch mal kurz zum Alter meiner Tochter: Ich habe sie nicht frühzeitig eingschult, sondern sie ist 1 Woche vor Stichtag geboren (September) und somit die Jüngste in der Klasse. Im Kindergarten wurde ihre Schulfähigkeit nie angezweifelt.
    Also das GEspräch mit der Lehrerin ergab folgendes:
    Meine Tochter sei eine liebe und ausgleichende Schülerin. Ihre Leistungen sind gut, aber sie traue sich wenig zu. Sie brauche eine große Anzahl an Wiederholungen, bis sie sich - vor allem in Mathe - etwas zutraut - so auch der Grundtenor im Zeugnis! Neuen Aufgabenstellungen verschließe sich meine Tochter. (Ist ja auch kein Problem, wenn man eine Mama hat, die nachmittags alles noch einmal durchkaut). Trotzdem meinte die Lehrerin, dass sie meine Tochter nicht gleich zu Beginn wiederholen lassen wolle. Sie würde sich in D sehr langweilen und überhaupt macht man das eben nicht an dieser Schule. Da ich selber so unsicher in dieser Frage bin, habe ich es so hingenommen. In den zaghaften Gesprächen mit meiner Tochter zeigte sich, dass sie doch lieber in die 2. gehen würde. Das kann ich auch verstehen. ENDLICH sind sie nicht mehr die Kleinen und jetzt soll sie als einzige zurück gehen?
    Man o man. Im Kindergarten wird gerne lapidar gesagt: Wenn es nicht klappt, einfach noch einmal ein Grundschuljahr wiederholen lassen. Jetzt merke ich, dass man mit dieser Entscheidung weitaus mehr hadert, als mit einer eventuellen Rückstellung im Kindergarten. Es ist doch eine Zäsur. Und natürlich möchte man das Kind auch nicht verunsichern und ihr einreden, sie sei schlecht...was so ja auch nicht stimmt. Die fachlichen Schwierigkeiten wären für mich kein Grund für die Wiederholung. Ich habe nur ständig das Gefühl, dass sie in Zukunft hinter ihren Möglichkeiten bleiben wird, eben weil sie sich wenig zutraut. Und das ist zum Teil genetisch bedingt ;) , aber zum anderen Teil eben auch eine Frage der Reife.
    Lange REde kurzer Sinn: die Lehrerin meinte, man solle bis zum Halbjahr abwarten. Ich befürchte das beschriebene Szenario von Bibo. Und dann gibt es da ja noch den Vater, der der Mutter wilden Aktionismus vorwirft. Seine Tochter schaffe alles!


    Ich danke euch allen für eure Antworten!


    Liebe Grüße
    Mara

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

  • da wird mir ja fast schlecht, wenn ich lese, dass sie im kindergarten sagen einfach dann ein jahr wiederholen lassen!
    so einfach ist das gar nicht...mal abgesehen von problemen denen jedes kind in der situation dann gegenübersteht (neue klasse, neue lehrer, wieder zu den kleinen,...)
    das ganze kann ja weitreichendere konsequenzen haben, als man erst mal denkt und desewegen sollte man so eine wiederholung schon gut überlegen!


    uns wird immer wieder eingebläut, dass nur wiederholt werden soll, wenn auch wirklich (!!) eine Verbesserung zu erwarten ist, denn: nicht jeder geht heute mit mindestens einem hauptschulabschluss aus der schule (war es so früher, ich glaub ja?), sondern, man muss innerhalb von 10 jahren die 9. klasse geschafft haben, um überhaupt ohne antrag den abschluss machen zu können! das heißt nach diesem wiederholen (ob "sitzenbleiben" oder freiwillig ist egal) gibt es keine weitere chance mehr. sollte das kind dann doch noch mal sitzen bleiben (in der pubertät wirds ja auch nicht einfacher), ist der hauptschulabschluss auf "normalem" weg schon futsch! das müssen wir den eltern in so einem fall auch immer erklären!
    -->ich hoffe ich hab jetzt keinen mist erzählt, bin grad zu faul es noch mal genau nachzulesen! oder ist das vielleicht auch wieder bundeslandabhängig?

  • Dieses eine Jahr wird ja nicht auf die Schulpflicht angerechnet, insofern ist das ja kein Nachteil.
    Diese Regelung mit den 10 Jahren ist mir so gar nicht bekannt, da werd ich gleich mal googlen, das interessiert mich auch mal.


    @ Mara:
    Ich hatte auch schon den Fall, dass ein Kind (hier auf Wunsch der Mutter) erst zum Halbjahr zurückversetzt wurde.
    Ich persönlich halte das irgendwie für zu spät, auch wenn es diesem Fall recht problemlos geklappt hat.
    Allerdings hab ich jetzt auch schon länger nicht mehr nachgefragt, wie sich das Kind entwickelt hat.
    In meiner 1. Klasse hatte ich gleich 3 Kinder, die die Klasse von Anfang an wiederholt haben und ich bin der Meinung, dass die Kollegen und Eltern da richtig entschieden haben.
    In zwei Fällen merkte man vor allem ganz deutlich, wie die Kinder mehr Selbstvertrauen entwickelten, eben weil sie einen kleinen Vorsprung hatten und plötzlich ganz viel mitarbeiten konnten, sich auch an schwierige Aufgaben herantrauten, als Helferkinder eingesetzt wurden usw...


    LG

  • Mara:


    Zu ein paar Aussagen muss ich noch etwas anmerken:


    Zitat

    Im Kindergarten wurde ihre Schulfähigkeit nie angezweifelt.


    Das deckt sich mit unseren Erfahrungen. Es gibt eben Kinder, bei denen die Überforderung dann erst ans Tageslicht tritt, wenn die Anforderungen steigen. Im Kindergarten gibt es noch kleinere Gruppen, mehr Bewegung, etc.


    Zitat

    Sie würde sich in D sehr langweilen...


    Schön. Und weil das Kind sich in Deutsch langweilen könnte, lässt man es sich doch lieber in Mathe weiter quälen. Ich würde mich lieber in einem Fach langweilen und das andere Fach einigermaßen beherrschen (auch wenn es dafür keine Sicherheit gibt), als in einem Fach ständig am Abgrund zu stehen. Wie viele Kinder kennen die anwesenden GS-Lehrer, die wegen der Langeweile ernsthaft Probleme in der Schule bekommen??? Ich kann im Unterricht differenzieren, aber ich kann ihn nicht 28fach halten. Einige Kinder werden mit gelegentlicher Langeweile leben müssen. Nicht jedes Kind findet jedes Fach toll, auch da wird sich Langeweile einstellen. Bestimmte Themen sind nicht besonders spannend, aber der Lehrplan sieht sie vor. Auch das wird einige langweilen. Man muss auch lernen, mit der Langeweile klarzukommen.


    Zitat

    ...und überhaupt macht man das eben nicht an dieser Schule.


    Ob eine Wiederholung stattfindet, sollte man aber vom Kind abhängig machen, nicht von der Grundeinstellung der Schule. ;)
    Am freiwilligen Wiederholen scheiden sich die Geister. Auch bei uns gibt es Kollegen, die sich nicht genau genug das Kind ansehen und ganz lapidar meinen: "Es muss auch schlechte Schüler geben."
    Ich würde auch mal einen Blick auf die Klassengröße der nächsten 1. Klassen werfen. Sollte die recht groß sein und kann der Klassenteiler aber nicht erreicht werden, kann die Bereitschaft der Schule für eine Wiederholung ganz schnell schwinden.


    Zitat

    ...zeigte sich, dass sie doch lieber in die 2. gehen würde.


    Die Bereitschaft bei den Kindern zur Wiederholung kommt meiner Meinung nach erst in den höheren Klassen. Von den 4. Klassen kenne ich das, von den 1. und 2. Klassen kenne ich keinen einzigen Fall. Trotzdem kenne ich Kinder, die mit der Wiederholung letztendlich doch sehr glücklich waren. Von einem Kind mit 7 Jahren kannst du nicht erwarten abzuwägen, was sinnvoll ist. Das klappt erst später.


    Zitat

    Und dann gibt es da ja noch den Vater, der der Mutter wilden Aktionismus vorwirft.


    So einen Fall haben wir aktuell auch. Nach jetzt 4 Jahren hat der Vater dann doch eingesehen, dass es für sein Kind leichter wäre, wenn es etwas älter wäre. 4 Jahre mit angezogener Handbremse. Da weiß man doch gar nicht, wem man gratulieren soll? Dem Vater, weil er jetzt einsichtig ist? Der Mutter, die 4 Jahre kämpfen musste? Dem Kind, weil es ab sofort hoffentlich leichter wird? :X:


    Zitat

    Seine Tochter schaffe alles!


    Die Frage ist nur zu welchem Preis.


    Manchmal lässt sich das Problem lösen, indem der Vater dann mal für die Hausaufgaben zuständig ist. Ich kenne 2 Fälle, die dann ganz schnell ihre Meinung änderten. :evil:



    Bibo

  • Ich finde ein Zurücktreten auch innerhalb eines Schuljahres nicht so schlimm, das wird an unserer Schule auch häufiger praktiziert. Ich habe im letzten Schuljahr auch zwei Schüler nach dem zweiten Halbjahr abgegeben, für die wäre ein neuer Beginn sofort mit den neuen Ersties eher schwierig geworden. So stand ich mit den Eltern und den Erstklasslehrerinnen im ständigen Kontakt, wann ein Zeitpunkt erreicht ist, an dem ein erfolgreiches Arbeiten eben nicht mehr möglich ist.


    In NRW sind die ersten beiden Schuljahre eine feste Einheit, es gibt keine Versetzung. Es sollte die Regel sein, dass (vorausgesetzt man arbeitet nicht jahrgangsgemischt) ein Kind in seiner Jahrgangsgruppe auch im zweiten Besuchsjahr der Schuleingangsphase verbleibt. Wichtig ist hier außerdem das erfolgreiche Mitarbeiten. Wenn ein Kind also gute Leistungen im Bereich Deutsch erbringt, würde ich nicht unbedingt eine Zurückstufung vom ersten Tag an befürworten. Bei Kindern, die bis auf wenige Bereiche eigentlich gute Leistungen erréichen, ist Langeweile eine Strafe. Bei einem Kind, was von Anfang an zurück in die erste Klasse zurückgestellt würde, müsste ich davon ausgehen, dass grundlegene Kenntnisse überhaupt nicht erworben wurden. Das scheint hier aber nicht der Fall zu sein. Weiß man denn, wie im neuen ersten Schuljahr differenziert würde, wenn es einen Rücktritt gäbe?


    Ich habe in meiner jetzt abgegebenen zweiten Klasse (jetzt dritte) viele sehr junge Kinder, die auch kurz vor dem Stichtag geboren sind. Da machen Zeiträume wie die Sommerferien eine Menge aus, die eine Entwicklung positiv beeinflussen können. Als Lehrerin würde ich vielleicht raten, bis zu den Herbstferien zu warten. Man kann einen möglichen Entwicklungsschub berücksichtigen. Wenn es doch zur Rückstellung kommt, dann ist es besonders im Bereich Deutsch leichter, auf die vorhandenen guten Fähigkeiten des Kindes einzugehen. Mit dieser Vorgehensweise habe ich bisher eigentlich gute Erfahrungen gemacht.

  • Ich finde ein Zurücktreten auch innerhalb eines Schuljahres nicht so schlimm, das wird an unserer Schule auch häufiger praktiziert. Ich habe im letzten Schuljahr auch zwei Schüler nach dem zweiten Halbjahr abgegeben, für die wäre ein neuer Beginn sofort mit den neuen Ersties eher schwierig geworden. So stand ich mit den Eltern und den Erstklasslehrerinnen im ständigen Kontakt, wann ein Zeitpunkt erreicht ist, an dem ein erfolgreiches Arbeiten eben nicht mehr möglich ist.


    In NRW sind die ersten beiden Schuljahre eine feste Einheit, es gibt keine Versetzung. Es sollte die Regel sein, dass (vorausgesetzt man arbeitet nicht jahrgangsgemischt) ein Kind in seiner Jahrgangsgruppe auch im zweiten Besuchsjahr der Schuleingangsphase verbleibt. Wichtig ist hier außerdem das erfolgreiche Mitarbeiten. Wenn ein Kind also gute Leistungen im Bereich Deutsch erbringt, würde ich nicht unbedingt eine Zurückstufung vom ersten Tag an befürworten. Bei Kindern, die bis auf wenige Bereiche eigentlich gute Leistungen erréichen, ist Langeweile eine Strafe. Bei einem Kind, was von Anfang an zurück in die erste Klasse zurückgestellt würde, müsste ich davon ausgehen, dass grundlegene Kenntnisse überhaupt nicht erworben wurden. Das scheint hier aber nicht der Fall zu sein. Weiß man denn, wie im neuen ersten Schuljahr differenziert würde, wenn es einen Rücktritt gäbe?


    Ich habe in meiner jetzt abgegebenen zweiten Klasse (jetzt dritte) viele sehr junge Kinder, die auch kurz vor dem Stichtag geboren sind. Da machen Zeiträume wie die Sommerferien eine Menge aus, die eine Entwicklung positiv beeinflussen können. Als Lehrerin würde ich vielleicht raten, bis zu den Herbstferien zu warten. Man kann einen möglichen Entwicklungsschub berücksichtigen. Wenn es doch zur Rückstellung kommt, dann ist es besonders im Bereich Deutsch leichter, auf die vorhandenen guten Fähigkeiten des Kindes einzugehen. Mit dieser Vorgehensweise habe ich bisher eigentlich gute Erfahrungen gemacht.

Werbung