'Schreiben lernen' eines Kindergartenkindes

  • Ist es sinnvoll, wenn ein Kindergartenkind (4,5 Jahre) bereits "Schreiben" übt? Die junge Dame ist motorisch schon sehr geschickt und interessiert sich nun für Buchstaben. Also hat man ihr eine Zaubertafel gekauft, zu der ein Heft gehört mit den einzelnen Buchstaben (hier sind auch Schreibrichtungen angegeben). Sie übt und übt nun, befolgt aber die Pfeile nicht und 'verkrüppelt' auch manche Buchstaben. Mein Hinweis, dass es sinnvoll ist, die Schreibrichtungen zu beachten oder wenn schon mit Übungen zum Nachspuren o.ä. zu arbeiten, wurden damit beantwortet, dass das dann zu frustrierend für das Kind seien, wenn es auf so etwas achten müsse.
    Meiner Meinung nach ist aber das Einüben von Buchstaben nach einem eigenen 'Richtungs-Prinzip' für den späteren schulischen Schreiblernprozess nicht so günstig. Stimmt das?

  • Ich habe mal 3 Monate in einem Kindergarten gearbeitet (zwischen Ref und KV-Stelle). Damals habe ich mich auch gewundert, dass die Erzieherinnen die Kinder einfach schreiben ließen. Teilweise war die Stifthaltung total verkrampft, die Buchstaben und Zahlen wurde wie du sagst verkrüppelt. Ich habe damals auch die Erzieherinnnen gefragt warum sie das den Kinder nicht richtig zeigen. Und ich habe ich die Antwort bekommen, dass das den Spaß verderben würde. Als ich dann gesagt habe, dass das die Kinder aber vielleicht in der Schule dann durcheinander bringen könnte wussten sie auch nichts mehr.
    Ich würde mal vermuten, dass es a) für Erzieherinnen da noch keine Vorgaben gibt und b) sie selbst auch nicht mehr wissen wie es "richtig" sein soll. Wenn ich Erwachsenen heute beim Schreiben zusehe gruselt es mich ja auch manchmal :-).

  • Achso ... dann würde ich aber folgendes sagen: Meistens wollen doch die Kindergartenkinder so lernen wie die Schulkinder. Also ist das Argument mit dem Spaß verderben hinfällig. Und dass es das Kind vielleicht in der Schule durcheinander bringen wird, wenn es dann plötzlich nicht mehr so schreiben darf wie es gewohnt ist?

  • Ja, ich halte das für sehr vernünftig, wenn das Kind das will, es auch zu lassen.



    Und ja, mein 4,5 Jahre altes Kind hat Schreiblernbücher und -Hefte und nutzt sie wenn sie Lust hat oder lässt es eben.


    Den Einkaufszettel versucht sie auch zu schreiben, ihren Namen, den ihrer Schwester und der Freundin kann sie. Also warum sollte ich dann sagen, wenn sie nach Buchstaben frage. "das sage ich dir nicht!"?

  • Es ging mir nicht darum, OB es das üben soll, sondern WIE - wenn es 'falsch' übt, könnte das eventuell kontraproduktiv sein ... aber ich weiß es eben nicht, deswegen habe ich hier die Primarstufler gefragt

  • Ich glaube nicht, dass es schadet, wenn das Kind jetzt erste freie Schreibversuche macht. Es wird kaum bei Schuleintritt alle Buchstaben flüssig schreiben können. Und wenn, wär dann die Schreibrichtung auch grad egal. ;)
    Aber ich weiß, was du meinst! Es ist die Angst, die Kinder könnten es falsch lernen und dann in der Schule Schwierigkeiten bekommen.
    Doch die Schreibrichtung und die Einhaltung der Linien sind eine Sache. Viel wichtiger - oder zumindest genau so wichtig - ist am Anfang die lautliche Erfassung und Zuordnung der Buchstaben. Und wenn dieses Kind das schon kann, ist das doch prima!
    Es weiß, wie Buchstaben aussehen, hat sogar schon versucht sie zu schreiben, und weiß, wie man sie ausspricht. Ob es das "a" krakelig scheibt oder nicht, wär mir erstmal egal.
    Die Befürchtung, Kinder würden etwas, das sie ein- oder mehrmals falsch geschrieben haben, verinnerlichen, kennen wir Primis ja vom freien Schreiben bzw. Lesen durch Schreiben. Doch wenn es so einfach wär, könnten wir uns viel Unterrichtszeit sparen und den Kindern die Buchstaben und Wörter mehrmals zeigen, sie abschreiben lassen und sie könnten sie fortan fehlerlos aufschreiben. Doch so funktioniert das nicht.
    Der Schriftspracherwerb verläuft in Entwicklungsstufen (die ich dir gerne raussuchen kann, wenn du es genauer wissen willst). Eine Art "Kritzelphase" wie beim Malen, gehört dazu.
    Also stimme ich dem Vater zu: lasst das Kind schreiben. Wenn es fragt, kann man ihm ja die richtige Schreibweise zeigen.

    Für mich gibt es wichtigeres im Leben als die Schule.


    (Mark Twain)


    Auf dem Weg zur Weltherrschaft! :teufel:

  • Habe vor einer Woche eine 1. Kalsse bekommen, mit denen cih täglich "schreibe". Dabei benutzen wir ALLE Buchstaben und haben erst von einem die Schreibrichtung gelernt. Alle anderen Buchstaben werden gemalt. Nachund nach werden die Schreibrichtungen eingeführt udn die Kinder gewöhnen sich um, dennoch haben sie vom ersten Schultag an alle Buchstaben zur Verfügung, klar "erfinden" sie da die Schreibrichtung, aber ist es nciht viel wichtiger, dass sie die Buchstaben mögen und sich freuen, sie zu benutzen. SO wird schreiben positiv belegt und dann auch später sicherlich lieber in einer vorgegeben Schreibrichtung angewendet als wenn es am Anfang auf nur einen oder zwei Buchstaben beschränkt ist, die dafür schon in perfekter Form und Schreibrichtung.
    Das aus der ersten Klasse nun übertragen auf das Kindergartenkind: GROSSARTIG, dass es Buchstabend und Schrift für sich entdeckt hat!!! Viel Spaß damit!!!

  • Ich glaube nicht, dass es schadet, wenn das Kind jetzt erste freie Schreibversuche macht. Es wird kaum bei Schuleintritt alle Buchstaben flüssig schreiben können. Und wenn, wär dann die Schreibrichtung auch grad egal.

    DAs sehe ich auch so. ZUmal ja bei sämlithcne Ansätzen, wo gleich mit Schreiben angefangen wird, nicht alle Buchstaben erst besprochen werden.

  • Hallo,
    eigentlich ist m.E. das wichtigste schon gesagt, dennoch möchte ich noch eine kurze Anmerkung machen. Ich habe im dritten Schuljahr immer noch zwei Schüler die z.B. die 1 von unten nach oben schreiben. Ich bekomm eine Gänsehaut, wenn ich es sehe. Wenn ich es nicht sehe gibt es aber auch keine anderen Auffälligkeiten. Beide haben ein sauberes Schriftbild, arbeiten zügig und verhältnismäßig genau. Ich hatte schon oft ein schlechtes Gewissen, wenn Kollegin XY ankam und meinte "du, hast du das gesehen, das musst du noch mal mit denen üben!" Klar, bin ich ja erstens selber noch nie drauf gekommen und zweitens hab ich ja sonst nichts zu tun. Diese Kinder haben sich trotz intensiver Bemühungen gegen die Konvention entschieden und sofern die Konvention für sie keinen nachweisbaren Vorteil bringt, lasse ich sie von jetzt an machen!
    M.E. wird sich ein Kind, das in die Schle kommt auf eine Schreibrichtung einlassen, wenn es merkt, dass damit Vorteile verbunden sind. Die Kinder lernen ja auch ihren Namen "neu" zu schreiben, obwohl sie bisher ihr Leben lang in der Regel nur Großbuchstaben verwendet haben.
    Gruß Cyan

  • Das mit der Schreibrichtung, zumindest bei den Zahlen, ist doch heute eh nicht mehr so bedeutend. Es ist doch völlig egal ob die 8 links oder rechts rum geschrieben wird,oder eben die 1 von unten. Ich habe einen Linkshänder in einer meiner 4. Klasse der schreibt fast alle Buchstaben und Zahlen komisch. Was solls.
    LG Anja

  • Ich kenne das sowohl von meinen Erstklässlern, als auch von meinem eigenen Sohn:
    Die Buchstaben und/oder Zahlen werden erst einmal "verkehrt" "gelernt" ..... mein Sohn wollte sich auch partout NICHT von mir (Lehrerin, aber halt " Mama" ;-) ) sagen lassen, wie es denn richtig ist. Also hab ich ihn gelassen.


    Das ist auch alles halb so wild: In der ersten Klasse lernen es die Kinder dann "richtig" und haben kein Problem damit, sich umzustellen.


    Bei Kindern gibt es ja immer "Zeitfenster", in denen sie für bestimmte Lernprozesse besonders empfänglich sind. Dazu gehört ja auch das Interesse an Buchstaben, das Lesen und/oder Schreiben. Das muss ja nicht zwingend erst mit 6 Jahren der Fall sein...... da jedes Kind ja anders ist.


    Also würde ich dem Interesse des Kindes immer Futter geben und es einfach "machen lassen".


    ......und mich freuen :-)


    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

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