steigende Arbeitsbelastung Lehrer und Akzeptanz in der Bevölkerung

  • Hallo zusammen,


    ich habe das Gefühl, dass unsere Arbeitsbelastung immer mehr steigt. Gründe hierfür sind vielfältig:


    - Qualitäsanalyse
    - Inklusionsdebatte, die bei uns an der Schule zum Glück bisher noch nicht angekommen ist,
    - steigende Anzahl an Schülern, die für das Gymnasium nicht geeignet sind und beratungsresistente Eltern, die dieses trotz zahlreicher Elterngespräche nicht einsehen möchten.
    - sinnfreie Regelungen, dass am letzten Schultag vor Weihnachten bitteschön der Unterricht auch am Nachmittag stattfinden soll und das zum Halbjahr hin die Zeugnisse bitte erst in der 6. Stunde ausgeteilt werden dürfen (gibt es eine solche Regelung eigentlich auch zum Schuljahresende hin ???)


    An die Aspekte Konferenzen am Nachmittag, Elternsprechtage am Nachmittag, diverse Zusatzveranstaltungen hat man sich gewöhnt bzw. sind für uns junge Kollegen selbstverständlich (wir kennen es auch gar nicht anders). Ältere Kollegen wissen aber zu berichten, dass diese früher auch im Vormittagsbereich angesiedelt waren.


    ... und wie ich unsere Landesregierung respektive unser Schulministerium kenne, wird sie dafür sorgen, dass die Arbeitsbelastung weiter steigen wird ... und sei es nur, dass beim nächsten Regierungswechsel das Schulsystem erneut reformiert wird ... und wir als Lehrer haben keine Handhabe dagegen ...


    Hinzu kommt, dass die meisten Kollegen in den Ferien noch viele Klausuren / Klassenarbeiten zu korrigieren haben / Klausuren stellen müssen oder sonstige Tätigkeiten ausüben müssen.


    Auf der anderen Seite ist die Akzeptanz des Lehrerberufs in der Bevölkerung nicht gestiegen. Nach wie vor wird argumentiert, dass wir ja ein Viertel Jahr Ferien hätten, ein normaler Arbeitnehmer nur 30 Tage Urlaub habe. Ein Bekannter sagte zu mir, dass Lehrer, die in den Ferien Klausuren korrigieren müssten, ein Zeitmanagementproblem hätten, eine Unverschämtheit (was dieser ja nicht einsehen möchte, statt dessen ist er weiter unverschämt geworden!
    Außerdem würde irgendwann ja auch die Vorbereitungszeit wegfallen (da man die Unterrichtsreihen ja schon mehrmals gemacht habe), sodass man viel Freizeit habe. Andere Berufe seien auch sehr stressig. Der Lehrerjob sei krisensicher und die Lehrer würden viele Vorteile als Beamte haben (PKV, hohes Gehalt, bei Krankheit soziale Absicherung, ...). Dass es auch angestellte Lehrer gibt, die bei gleicher Leistung weniger Lohn bekommen, wissen viele nicht.
    Und diese negative Meinung ist in der Bevölkerung weit verbreitet!


    Ich möchte nicht jammern (ich mach den Job gerne), aber ich musste meinem Ärger gerade einmal Luft machen.


    lg

  • Ich würde mich darüber nicht beklagen, wenn unser Gehalt dafür saftig erhöht werden würde ! Für wesentlich mehr Geld würde ich (fast) alles machen ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Sind alles keine neuen Aspekte, man hört ja immer wieder die gleichen Sprüche. Da kann man nur raten, darüber zu stehen, auch wenn ich das selbst nicht immer schaffe.


    Schön ist auch die Milchmädchenrechnung über unsere Arbeitszeit vor Ort in der Schule.
    "25 Stunden pro Woche (=volles Deputat am Gym in BaWü)?
    Eigentlich hast du doch nur 45 min x 25, das sind nicht mal 19 Stunden."


    Selbst, wenn man tatsächlich die Arbeitszeit zu Hause weg lässt (wie von Flipper gesagt, fällt die ja völlig weg, wenn man alles schon einmal unterrichtet hat), finde ich es unverschämt, dass solche Argumentationen die Pausen und Hohlstunden ("Freistunden" kann man sie wohl kaum nennen) tatsächlich als Freizeit deklarieren.


    Würde man diese Art der Arbeitszeitberechnung auch bei den Leuten mit Bürojobs ansetzen, würde aus der 40-Stundenwoche abzüglich der Toilettengänge (die wir ja in den Pause erledigen), Wartezeiten am Kopierer (bei uns ebenfalls in der Pause), der Schwätzchen mit Kollegen und privaten Surferei im Internet ganz schnell eine 30-Stundenwoche (beim einen mehr, beim anderen noch weniger).

  • Zitat

    - sinnfreie Regelungen, dass am letzten Schultag vor Weihnachten bitteschön der Unterricht auch am Nachmittag stattfinden soll und das zum Halbjahr hin die Zeugnisse bitte erst in der 6. Stunde ausgeteilt werden dürfen (gibt es eine solche Regelung eigentlich auch zum Schuljahresende hin ???)


    Sorry, aber diese Regelungen finde ich nicht sinnfrei. Im Gegenteil, die Tage vor Ferienbeginn sind normale Schultage und ich finde es unmöglich dass dort Unterrichtszeit vergeigt wird.
    Ich habe übrigens am Dienstag Nachmittag (Mittwoch war in Hessen der erste Ferientag) meinen Unterricht gehalten.


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Jemand:

    Eigentlich hast du doch nur 45 min x 25, das sind nicht mal 19 Stunden."

    Ich: "Joo, und dafür bekomme ich A13 mit Aufstiegschancen. Privatversichert und pensionsberechtigt. 12 Wochen Ferien im Jahr. Vormittags habe ich recht und nachmittags habe ich frei. Bei uns an der Schule werden noch Lehrer gesucht, wir nehmen auch gerne Quereinsteiger. Bewerb' dich doch, lohnt sich."


    Jemand: "Nee, lass' mal ...


    ... das ist nichts für mich, ich weiß ja gar nicht, wie mit den Kindern umgeht/ihnen etwas beibringt."


    ... ich habe ja gar nicht studiert."


    ... ich bin lieber mein eigener Herr. Die ganzen Vorschriften, auf die man als Beamter achten muss."


    ... ich habe schon von Lehrern gehört, die wegen Stress frühpensioniert wurden."


    Und so weiter.


    Insbesondere die Qualitätsanalyse absorbiert zunehmend Energie, die dann anderswo fehlt. Ich schätze, dass ich etwa 10% meiner Arbeitszeit und 20% meiner Nerven nur hierfür aufwende.

    QA interessiert mich nicht. Ist eh 'ne Luftnummer. dabei kommt gerade gar nichts 'raus und davon nur die Hälfte. Ich mache 'ne ganze Menge außerunterrichtlich und da suche ich mir Sachen heraus, die Spaß machen. Da kann ich mir die Scheiße besser vom Hals halten. Wenn mir jemand erzählen möchte, was ich sonst noch machen will, packe ich die schlimmste Drohung des Beamten aus: "Ich kann auch Dienst nach Vorschrift machen."


    Die Zeit und Nerven, die in die QA fließen, fehlen den Schülern. Das sehe ich nicht ein. Da mache ich nicht mit.


    Aber ja, die QA ist nie die einzige au, die regelmäßig durchs Dorf getrieben wird. Ständig meint irgendein Experte mit einem anderen Scheiß um die Ecke kommen zu müssen. Alles immer zu Lasten der Unterrichtsqualität. Da muss man sich jedes Mal etwas einfallen lassen, wie man das umschifft.

    2 Mal editiert, zuletzt von Lehrkraft A ()

  • @ Lehrkraft A:
    *lol* Ist inzwischen auch meine Argumentation! Es steht doch zumindest den Menschen mit Abitur frei, Lehrer zu werden. Auch Menschen ohne Abi können über Umwege in den Schuldienst. Wenn unser Job so easy ist (s. Punkte der Lerher-Basher) - wieso reißen sich die Leute denn noch darum Lehrer zu werden. *gggg*


    Grüße vom
    Raket-O-Katz, das sich leider immer noch über diese Idioten aufregen kann

  • Zitat

    Sorry, aber diese Regelungen finde ich nicht sinnfrei. Im Gegenteil, die Tage vor Ferienbeginn sind normale Schultage und ich finde es unmöglich dass dort Unterrichtszeit vergeigt wird.Ich habe übrigens am Dienstag Nachmittag (Mittwoch war in Hessen der erste Ferientag) meinen Unterricht gehalten.


    Wir haben am Donnerstagnachmittag auch Unterricht abgehalten, nachdem morgens teilweise Weihnachtsfeiern in den Klassen liefen. Ich war zum Glück nicht betroffen vom Nachmittagsunterricht, aber die Kollegen, die ran mussten, waren hoch erfreut, da die Kids schonvor den Weihnachtsfeiern aufgedreht waren ...


    Zitat

    Bei uns an der Schule werden noch Lehrer gesucht, wir nehmen auch gerne Quereinsteiger. Bewerb' dich doch, lohnt sich."


    Coole Argumentation Lehrkraft! Muss ich mir merken, wenn der Nächste meint schlaue Sprüche abgeben zu müssen. Wir könnten auch noch Seiteneinsteiger in manchen Fächern gebrauchen! Tja aber so lukerativ scheint der Lehrerjob ja dann doch nicht zu sein
    ... Argumente hat Lehrkraft gebracht. Gerne kommt auch das Argument
    "Dafür bin ich doch schon zu alt" und "Der Lehrerjob muss eine Berufung sein" ...
    Ich kenne eher die umgekehrte Argumentationsweise: Wenn euch der Job so viel Spaß macht, dann schult doch einfach um, statt immer nur jammern! 8o



    Achja: Der erwähnte Bekannte entgegnete auf meine Argumentation gäbe Studien, die belegen, dass Lehrer häufig an Burn-Out leiden bzw. mehr als anderen Berufsgruppen zu den Risikomustern B und A leiden würde (die häufig eben Burn Out) zuf Folge haben, wie folgt: Ja, diese Studien wurden ja auch von Lehrerverbänden in Auftrag gegeben. :cursing:

  • Coole Argumentation Lehrkraft! Muss ich mir merken, wenn der Nächste meint schlaue Sprüche abgeben zu müssen. Wir könnten auch noch Seiteneinsteiger in manchen Fächern gebrauchen! Tja aber so lukerativ scheint der Lehrerjob ja dann doch nicht zu sein

    Was ich für mich immer ein bisschen hinterfragen muss ist, ob man sich als Lehrer überhaupt freuen kann, wenn man die Argumentation dadurch gewonnen hat, dass das Gegenüber einsieht, dass die positiven Aspekte des Berufs sehr hart erkauft sind bzw. dass es eine Menge sehr negativer Aspekte gibt, die die Gegenseite (noch) nicht sieht.


    Wenn das Gegenüber über diese informiert wird und dann durch die Blume mehr oder minder sagt: "Ja, Du hast eigentlich recht, der Beruf ist gar nicht so attraktiv. Im Gegenteil, er ist so unattraktiv, dass ich ihn nicht machen wollte / tauschen wollte", dann habe ich zwar die Argumentation gewonnen (den anderen zur Einsicht gebracht) aber was sagt das über meinen Beruf aus?


    Aus so einem "Argumentationssieg" gehe ich dochauf Lehrerseite nicht positiv heraus, denn es wertet doch gleichzeitig meinen Beruf ab!
    Ehrlich gesagt bin ich in meinem Umfeld auch wenig mit Neid im Sinne von "Ahso, Lehrer willst Du werden, eine faule Kugel schieben und dafür noch abkassieren" etc. konfrontiert, sondern eher mit Mitleid im Sinne von "Willst Du Dir das wirklich antun?". Ich argumentiere dann immer mit "Naja, zuhause zu arbeiten wird halt richtig toll, da kann ich nebenher Musik hören und und und" oder "ich habe genug Zeit für Hobbies" um das Gegenüber davon zu überzeugen, dass der Beruf durchaus einer ist, auf den man neidisch sein kann oder zumindest anerkennen kann, dass die Wahl gar nicht so schlecht ist.


    Ich finde es immer schöner zu hören, dass jemand gerne mit einem tauschen würde, denn dann hat man ja wohl eine richtige Wahl getroffen, als wenn jemand sagt "Dazu hätte ich keine Lust, für kein Geld der Welt würde ich....."

  • dann habe ich zwar die Argumentation gewonnen (den anderen zur Einsicht gebracht) aber was sagt das über meinen Beruf aus?

    In einer Argumentation sollten wohl auch Argumente vorkommen. Stammtischgeprolle gehört da wohl nicht dazu. Entweder bleibt es dabei und beim Gegenüber bleibt hängen, dass der Lehrer nicht nur faul sondern auch arrogant ist. Dann ist das so. Oder er merkt durch den satirischen Einspieler, dass die Welt nicht so einfach ist, dass sie in kleine Köpfe passt. Da schließen sich dann meist interessante Gespräche an.


    Ich muss Leute, die mir dumm kommen, von nichts überzeugen. Ich muss mit denen nicht argumentieren. Ich muss mich mich gar nicht mit denen unterhalten. Da mache ich mir doch lieber das Späßchen, anstatt Zeit und Nerven in eine fruchtlose Diskussion zu stecken. Letztendlich kommt man dann eh nur in eine Rechtfertigungsposition.


    L. A

    Einmal editiert, zuletzt von Lehrkraft A ()

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