Die Welt draußen richtet sich nicht nach den realen Schülervoraussetzungen !

  • Einen wunderschönen guten Tag !
    Im Nachbarthread "Was sollen Grundschüler können...?" vertreten einige ehrenwerte Kolleginnen und Kollegen die Meinung, dass sich z.B. die Sek1-Lehrer in Kl. 5 mehr nach der Grundschulmethodik und den Voraussetzungen der ehem. Grundschüler orientieren sollten. Natürlich ist es so, dass wir in Kl. 5 danach schauen, was die Schüler alles so können oder wissen und dieser Erkenntnis nach unseren Stoff vermitteln. Aber auf der anderen Seite finde ich es verhängnisvoll, eine Orientierung ausschließlich nach unten zu fordern.


    Unser geehrter Silicium hat es sehr treffend formuliert :

    Ich brauche dem nichts mehr hinzufügen (Silicium hat Recht !), mache mir aber so meine Gedanken, warum einige KollegInnen eher eine Rückwärtsorientierung für sinnvoll halten. Ich denke, diese KollegInnen betrachten unsere Gesellschaft und ihr Wirtschaftsgefüge aus einer (ehrenwehrten) idealistischen Perspektive. Gemäß der Maxime " Die Wirtschaft ist für den Menschen da, aber der Mensch nicht für die Wirtschaft !" hätten die o.g. KollegInnen mit ihrem Ansatz der Rückorientierung durchaus Recht, wenn unsere Gesellschaft so funktionieren würde.


    Bloß, die Realisierung der o.g. Maxime erweist sich leider und auch dank der Globalisierung immer mehr als eine Utopie. Die Wirtschaft bestimmt von welchem Arbeitskräftepotential sie Gebrauch machen möchte oder nicht. Und da gibt es zwischen dem, was unsere Schüler an Voraussetzungen mitbringen und was die Firmenbosse erwarten, immer größere Diskrepanzen. Und ich persönlich kenne aus meinem Umfeld keinen einzigen Personalchef, der sich die Frage stellen würde, wo man die Schüler abholen müsse.


    Ich mache in jedem Jahr im Gegenteil die Erfahrung, dass der Forderungskatalog der Arbeitgeber an die Schulen/Schüler immer größer wird. An unseren Praktikumsschülern werden signifikant häufiger Rechenfähigkeiten (Kopfrechnen), Umgang mit Sprache und Text sowie Allgemeinbildung kritisiert. Ein Personalchef stimmt mit mir überein, dass die Situation vor ca. 30 Jahren da noch viel erfreulicher aussah. Eine Forderung nach mehr selbstständigem Lernen und Offenen Unterricht kam von den Personalchefs bisher nie. Letztgenannter Chef hat mit mir übereingestimmt, dass man sich in den Schulen wieder etwas mehr auf das Pauken von Inhalten besinnen sollte, da die Schüler immer weniger wissen würden. Ein Praktikumsschüler im Gartenbau z.B. kannte nicht die Pflanzenarten, die sie tagtäglich eingebuddelt haben.


    Wir Praktikumsbetreuer nehmen das von den Unternehmen als konstruktive Kritik hin und werden versuchen, unseren Unterricht inhaltlich effizienter zu gestalten und unsere Schüler mehr auf Trab zu bringen. Manche Gutmütigkeit und zu viel Nachsicht schleichen sich halt in der Schulstube doch manchmal zu sehr ein. Auf jeden Fall hegen wir nicht die Erwartung, dass sich die Betriebe und weiterführenden Schulen uns (!), bzw. unseren Schülern, anpassen werden. Da müssen wir, die Schüler, Eltern und Lehrer, ordentlich in die Hände spucken und ran !


    Summa summarum möchte ich mit meinem Thread aussagen, dass die Welt draußen sich nicht nach Rückwärts und nach unten orientiert, sondern knallhart ihre Forderungen artikuliert.


    Und niemals vergessen : Unser Arbeitsmarkt wird bald für gut ausgebildete asiatische Arbeitskräfte weiter geöffnet werden ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    3 Mal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • ...dass die Welt draußen sich nicht nach Rückwärts und nach unten orientiert, sondern knallhart ihre Forderungen artikuliert.

    Oh ja, und wenn die Welt da draußen knallhart fordert, dann bereiten wir die Rekruten darauf vor! Ist das keine Rückwärtsorientierung?
    [Blockierte Grafik: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/1d/Unclesamwantyou.jpg/220px-Unclesamwantyou.jpg]

    Religion, eine mittelalterliche Form der Unvernunft, wird, wenn sie mit modernen Waffen kombiniert wird, zu einer echten Gefahr unserer Freiheiten. (Salman Rushdie)

  • Oh ja, und wenn die Welt da draußen knallhart fordert, dann bereiten wir die Rekruten darauf vor! Ist das keine Rückwärtsorientierung?

    Selbstverständlich muss man immer abwägen, welche der Forderungen der Wirtschaft oder "der Welt da draußen" sinnvoll sind und welche nicht. Die Schule soll ja auch nicht nur blind für die Wirtschaft ausbilden und alles befolgen, was dort gerade gewünscht wird.


    Dennoch sollte man sich, und da finde ich Elternschrecks Beitrag sehr wichtig und augenöffnend, mal überlegen, ob es sinnvoll ist, wenn die landeseigene Wirtschaft Probleme hat qualifizierten Nachwuchs zu bekommen. Immerhin hängt unser aller Lebensstandard vom Gedeihen der Wirtschaft ab!


    Überspitzt formuliert, wem nützt es wirklich etwas, wenn wir durch die Veränderungen der Schullandschaft nun extrem selbstbewusste, Plakate wunderschön bunt gestaltende, frei redende, kreativ tanzende Buchhalter haben, die aber keine elementaren Mathematikkenntnisse mehr haben, keine Vorstellung mehr von Mengen so, dass eine Überschlagsrechnung im Kopf als Rettungsanker ausfällt, und sie obendrein keine 45 Minuten am Stück mehr arbeitend auf dem Bürostuhl hocken können, weil sie einen unbezähmbaren (und jahrelang geförderten) Bewegungsdrang haben.
    Ich denke, dass es schon berechtigt ist zu hinterfragen, was an Wissen und Kompetenzen wirklich wichtig für die Wirtschaft ist und, ob diese in ausreichendem Maße gefördert werden.


    Auch das Stichwort Globalisierung ist genau an richtiger Stelle gefallen. Wenn ich an die Arbeitsgruppen an der Uni denke, was die Asiaten da wegschaffen und, was der Russe an Mathematikkenntnissen mitbringt (warum ist Mathematik in Deutschland so ein Stiefkind?!), dann wird man sich warm anziehen müssen und so einiges beim Personaler durch seine Kreativität (oder was auch immer "wir" besser können?!) wettmachen müssen, sofern die Märkte immer mehr zusammen rücken.

  • Elternschreck meint aber: "Nicht für das Leben, sondern für den Arbeitsmarkt lehren wir."

    Religion, eine mittelalterliche Form der Unvernunft, wird, wenn sie mit modernen Waffen kombiniert wird, zu einer echten Gefahr unserer Freiheiten. (Salman Rushdie)

  • Na hoffentlich spielt die Arbeitslosenquote da mit. Ich bin da mehr für fifty/fifty. :P

    Religion, eine mittelalterliche Form der Unvernunft, wird, wenn sie mit modernen Waffen kombiniert wird, zu einer echten Gefahr unserer Freiheiten. (Salman Rushdie)

  • Ich finde auch, dass man das Arbeitsleben nicht so einfach abtun kann. Natürlich gibt es mehr als die Arbeit und die Schule muss auch Werte vermitteln, die Kultur bewahren und so weiter.


    Dennoch denke ich, dass der Fokus deutlich auf dem Wirtschaftsleben liegen muss. Denn Kultur und alles andere erhält sich nur, wenn es dem Land wirtschaftlich gut geht.
    Ich empfinde, dass diesem Fokus in der Schule nicht genug Rechnung getragen wird.
    Sehr positiv allerdings sehe ich zum Beispiel die Einfühung des Faches NWT. Das war mehr als nötig!

  • Ich bin da sehr gespalten. Einerseits denke ich schon, dass insbesondere z.B. das Gymnasium bestimmte Erwartungen an Grundschüler stellen darf und soll ... andere in dem Thread geäußerte Erwartungen (Fähigkeit zur Konzentration, der Wille etwas zu lernen) wären vor einigen Jahren wohl noch Selbstverständlichkeiten gewesen, die keiner Diskussion bedurft hätten. Die meisten Dinge, die ich mir von der Grundschule wünschen würde, haben übrigens weniger etwas mit Fähigkeiten als mit Verhalten zu tun ... andere Wünsche müsste ich eher an die Eltern richten, als an die Grundschule, denn mit bestimmten Dingen sind Lehrer, egal ob Grundschule oder Sekundarstufe, ohne die Mithilfe der Eltern einfach auf verlorenem Posten.


    Aber: ein Schüler der 5. Klasse ist vom Arbeitsleben nun doch noch etwas entfernt - insofern ist mir das hier zu reißerisch. Ein Schüler der 5. Klasse ist ein Kind und die sollten schon noch das Recht haben, vom bösen "wirklichen Leben" noch etwas geschützt zu sein.

  • Hallo Dead Poet,


    danke für den Beitrag.

    andere in dem Thread geäußerte Erwartungen (Fähigkeit zur Konzentration, der Wille etwas zu lernen) wären vor einigen Jahren wohl noch Selbstverständlichkeiten gewesen, die keiner Diskussion bedurft hätten

    Ja, erstaunlich, dass man darüber heute diskutieren muss. Die Gründe dafür sind vermutlich sehr vielfältig und wiederum einen eigenen Thread wert.


    Die meisten Dinge, die ich mir von der Grundschule wünschen würde, haben übrigens weniger etwas mit Fähigkeiten als mit Verhalten zu tun

    Das finde ich interessant, in dem anderen Thread wurde das ja auch bereits mehrfach gewünscht. Zum Beispiel Änderungen bezüglich des anscheinend oftmals verbreiteten Verhaltens, dass Schüler einfach losrennen, ohne vorherige Meldung antworten und ohne Aufforderung am Pult stehen. Was wären Deine konkreten Wünsche an das Verhalten?


    andere Wünsche müsste ich eher an die Eltern richten, als an die Grundschule, denn mit bestimmten Dingen sind Lehrer, egal ob Grundschule oder Sekundarstufe, ohne die Mithilfe der Eltern einfach auf verlorenem Posten.

    Was wären das konkret für Wünsche, die Du an die Eltern hast?


    Aber: ein Schüler der 5. Klasse ist vom Arbeitsleben nun doch noch etwas entfernt - insofern ist mir das hier zu reißerisch. Ein Schüler der 5. Klasse ist ein Kind und die sollten schon noch das Recht haben, vom bösen "wirklichen Leben" noch etwas geschützt zu sein.

    Da hast Du natürlich recht. Man kann in der Grundschule noch nicht alles 1:1 umsetzen, was später im Arbeitsleben gefordert ist. Man muss die Schüler da Schritt für Schritt heranführen. Ich denke aber schon, dass die Schritte bereits in der Grundschule beginnen können. Je früher man beginnt, desto einfacher ist es darauf aufzubauen.
    Um es konkret zu machen, wenn in der Grundschule die Schüler (natürlich nicht JEDE Stunde, Methodenwechsel als Stichwort) auch mal trainiert werden eine zeitlang nicht herumzulaufen, sondern es eben auch Stunden gibt, in denen mal konzentriert und ruhig auf dem Platz gesessen und gearbeitet oder auch gar mal dem Lehrervortrag zugehört wird (auch das Zuhören eines Vortrags muss geübt werden, an der Uni muss man langwierige Vorlesungen durchstehen können), dann fällt es am Gymnasium leichter darauf aufzubauen. Schritt für Schritt geht es vom Kindlichen dann ins Erwachsene über. Am Ende steht dann der Beruf, in dem der Chef erwartet, dass man 8 Stunden mit kurzer Mittagspause konzentriert arbeiten kann.


    @KleinerGruenerFrosch: Ganz genau, ich denke auch, dass Elternschreck es nicht nur auf die Grundschule bezieht sondern auch für alle Schulformen (also auch nicht nur Gymnasium als weiterführende Schule) offen lässt.
    Ich denke Elternschreck hat nichts dagegen, wenn auch andere Schulformen hier mitdiskutiert werden.
    Die Primarstufe ist davon eben die Basis und ihr kommt deshalb so eine zentrale Rolle zu, weswegen wir auch immer wieder auf das Thema zurückkommen.

  • Wie heißt das so schön: "Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir."


    Nein, gerade nicht. Im Original heißt es bekanntermaßen: Non vitae, sed scholae discimus



    Überspitzt formuliert, wem nützt es wirklich etwas, wenn wir durch die Veränderungen der Schullandschaft nun extrem selbstbewusste, Plakate wunderschön bunt gestaltende, frei redende, kreativ tanzende Buchhalter haben, die aber keine elementaren Mathematikkenntnisse mehr haben, keine Vorstellung mehr von Mengen so, dass eine Überschlagsrechnung im Kopf als Rettungsanker ausfällt, und sie obendrein keine 45 Minuten am Stück mehr arbeitend auf dem Bürostuhl hocken können, weil sie einen unbezähmbaren (und jahrelang geförderten) Bewegungsdrang haben.


    Meine mittlerweile jahrelange Berufserfahrung sagt mir: Schule ist eine bildungspolitische Veranstaltung. Und wenn die Damen und Herren in der Bildungspolitik, in den Bildungsministerien (und mittlerweile auch in der pädogigischen Forschung) mir als weisungsgebundenem Beamten befehlen, dass Sozialkompetenzen, methodische Kompetenzen und Selbstkompetenzen gleichrangig mit inhaltlichen Kompetenzen zu behandeln sind, dann ist das eben so. Kann ich nicht ändern. Oder überspitzt formuliert: Sollten demnächst in den Kenrcurricula der fünften Klasse des Gymnasiums die Kompetenzen "der Schüler bleibt 45 Minuten ruhig auf seinem Platz sitzen", "der Schüler kann sich die Schuhe zubinden" und "der Schüler klaut seinem Nachbarn nicht das Handy" verbindlich vorgegeben sein, dann wird der "Unterricht" entsprechend ausgerichtet.


    Und nebenbei: Die absolute Mehrheit (>95%) der Schüler UND Eltern am Gymnasium ist nur daran interessiert, dass erstere möglichst "stressfrei" den angestrebten Abschluss "Abitur" mit einer möglichst guten Note erreichen. Ob dabei etwas für das spätere Leben fachlich und wirtschaftlich Nutzbares gelernt wird, ist dabei völlig sekundär (tertiär?). Hat man den Abschluss erst einmal in der Hand, kann man sich im Anschluss im Bekanntenkreis, in den Medien (eventuell sogar als "Online-Praktikant"), in der pädagogischen Forschung, in der Wirtschaft oder wo auch immer noch reichlich über die Schule und die unfähigen Lehrer auskotz... Was wäre aus einem nur geworden, wenn einem die Lehrkräfte etwas nützliches beigebracht hätten???


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    2 Mal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • @ Silicium:


    Meine Wünsche an Schüler bzw. ihr Verhalten nach der Grundschule:
    - wenn man etwas möchte, melden und warten bis man dran ist ... nicht zum Lehrerpult kommen
    - auf ein "Guten Morgen" des Lehrers ein ganz normales "Guten Morgen" zurück ... oder anders gesagt: bestimmte Grundregeln der Höflichkeit einhalten
    - Sozialverhalten: mittlerweile sind alle Klasslehrer der 5. Klassen bei uns (Gymnasium) über eine Woche beschäftigt, den SuS (mit Hilfe von Beratungslehrern, Schulpsychologen usw) die Grundregeln einer Gemeinschaft beizubringen (Ich lasse den anderen ausreden, ich beleidige niemanden, ich rufe nicht dazwischen, ich ärgere meine Mitschüler nicht etc etc)
    - ein Mindestmaß an "Ich kann mich selbst organisieren": Hausaufgaben zuverlässig in das Hausaufgabenheft schreiben, Bücher dabei haben (ok, jetzt sind wir eher bei den Fähigkeiten als beim Verhalten)


    und weil wir bei Fähigkeiten sind: Grundregeln der dt. Sprache - es bringt mir nichts, wenn das Kind auf Englisch bis zehn zählen kann, aber nicht weiß, wie man in einem Satz das Subjekt und das Objekt erkennt ... bzw. von Satzzeichen und Groß- und Kleinschreibung noch nie etwas gehört hat.


    Meine Wünsche an die Eltern:
    - Mikael hat es schon angesprochen: Es wäre schön, wenn die Eltern die Schule darin unterstützen würden, den Kindern zu zeigen, dass eine gewisse Leistungsbereitschaft auch dazu gehört (wie schnell werden bessere Klassenkameraden als "Streber" abgetan, schlechte Leistungen des Kindes mit "unfähiger Lehrer" bzw. "unfaire Schulaufgabe" erklärt oder sogar mit dem Satz "eine vier reicht doch" verharmlost. Natürlich reicht eine vier ... aber in jedem Fach in der 6. Klasse? Das eigene Kind wird auf einen Sockel gestellt und ist über jeden Zweifel erhaben, eher lügt der Lehrer, als das eigene Kind.)
    - etwas mehr Vertrauen also in die Kompetenz der Lehrer und etwas mehr kritisches Augenmerk auf die eignen Kinder
    - die Schule nicht als "Kinderaufbewahrungsanstalt" sehen (soll ich das länger ausführen? Würde dauern ...)


    Sind Wünsche ... träumen darf man ...

  • Das deckt sich sehr gut mit meinen Vorstellungen von Disziplin. Also das sind auch Dinge, die ich als sehr wichtig erachte und von denen ich sagen würde es wäre schön, wenn diese bereits an der Grundschule erarbeitet worden wären.
    Wie könnte man das erreichen? Vielleicht, wie Mikael in seinem Post erwähnt hat, solche Dinge ins Kerncurriculum der Grundschule aufnehmen? Oder existiert da schon so etwas?

    - Mikael hat es schon angesprochen: Es wäre schön, wenn die Eltern die Schule darin unterstützen würden, den Kindern zu zeigen, dass eine gewisse Leistungsbereitschaft auch dazu gehört (wie schnell werden bessere Klassenkameraden als "Streber" abgetan, schlechte Leistungen des Kindes mit "unfähiger Lehrer" bzw. "unfaire Schulaufgabe" erklärt oder sogar mit dem Satz "eine vier reicht doch" verharmlost. Natürlich reicht eine vier ... aber in jedem Fach in der 6. Klasse? Das eigene Kind wird auf einen Sockel gestellt und ist über jeden Zweifel erhaben, eher lügt der Lehrer, als das eigene Kind.)


    - etwas mehr Vertrauen also in die Kompetenz der Lehrer und etwas mehr kritisches Augenmerk auf die eignen Kinder


    - die Schule nicht als "Kinderaufbewahrungsanstalt" sehen (soll ich das länger ausführen? Würde dauern ...)

    Die Wünsche an die Eltern sind auch nachvollziehbar. Was gäbe es für Wege die Eltern dahingehend zu beeinflussen? Es ging ja früher auch anders, es gab (zu Zeit meiner Eltern) eine Zeit, in der der Lehrer grundsätzlich recht hatte und die Kinder ihren Eltern bloss nichts erzählt haben von ihrem Streß mit dem Lehrer, um zuhause nicht noch einmal Ärger zu bekommen.
    Heute ist es (teilweise) wohl wirklich so, dass grundsätzlich bei manchen Eltern erstmal das Kind recht hat und Lehrer etwas falsch macht.
    Ideal sind beide Extreme nicht, sondern eine Objektivität seitens der Eltern wäre wünschenswert. Wenn man nun sagt, das ist eben schwierig, weil es die eigenen Kinder sind, dann wundert es mich, dass die Eltern früher der Aussage des Lehrers mehr Wert zumaßen als dem eigenen Kind. Zumindest wurde meinen Eltern von deren Eltern noch gesagt: "Wenn Du eine schlechte Note hast und der Herr Lehrer sagt Du sollst mehr lernen, dann tue das (gefälligst)". Heute heißt es dann, der Test war schlecht konzipiert etc.
    Wenn es so einen Wandel gab, dann muss es doch prinzipiell möglich sein wieder zurückzurudern, also, dass das Kind von dem Dir angesprochenen Sockel wieder heruntergenommen wird.
    Nur zur Anmerkung, das ist natürlich pauschalisierend, es gibt auch Eltern, die objektiv sind und prima mit Lehrern zusammenarbeiten, aber der Trend gegenüber früheren Generationen lässt sich ja nicht ausblenden.


    Diese Einstellung der Eltern und Schüler ist zwar natürlich etwas kurzsichtig, aber durchaus verständlich. Die Übersicht, also das Bewusstsein dafür, dass es nicht egal ist was gelernt wird, sondern, dass unbedingt Sinnvolles gelernt werden sollte, sollte bei denen, die die Bildungspläne gestalten, vorhanden sein. Wenn die Schüler eh das lernen, was man ihnen vorsetzt, egal ob fachlich / wirtschaftlich nutzbar oder nicht, dann setze ich ihnen doch lieber Sinnvolles vor.

    • Offizieller Beitrag

    Hm, nur ein paar Zwischennotizen


    a) Ich habe Bauchweh dabei, wenn mir Wirtschaftsbetriebe sagen, was ich meinen Schülern beibringen soll - Ich sehe die Realschule nicht als Ausbildungszentrum für einen wie auch immer gearteten spezifischen Beruf. Das ist deren Sache.
    Und beständig zu jammern, dass vor 30 Jahren alles anders war, ist irgendwie öhhh...bisschen seltsam - das liegt doch auf der Hand, dass vor 30 Jahren alles anders war. Und wer sich darüber aufregt, kann sich auch mal überlegen, was denn in den letzten 30 Jahren gleich geblieben ist?


    Ja, sagt ihr: aber es war besser. Dann frage ich: besser als was? Wo liegen die Maßstäbe? Und: sollte man nach 30 Jahren nicht vielleicht auch die Maßstäbe ändern?


    Wir können doch nicht ernsthaft behaupten, dass Schule, so wie sie jetzt seit 200 Jahren existiert, weiter existieren muss, angesichts enormer Veränderungen in den Gesellschaften.



    b) Ich kann mir nicht helfen, aber viele Postings hier sind so stark pauschalisierend, dass mir das so ein wenig wie Stammtisch vorkommt...einer sagt etwas und alle anderen klopfen auf dem Tisch rum und stimmen reflexhaft zu.


    Die Schüler, die hier beschrieben werden, kenne ich so nicht. Meine Schüler grüßen mich, nicht ausnahmslos, aber überwiegend. mich grüßen auch Schüler, die ich nicht im Unterricht habe. Meine Schüler grüßen mich auch, wenn sie mich auf der Straße sehen. Und so kann ich für viele Beispiele hier Gegenbeispiele bringen.


    Also: Was soll's?



    Nix für gut.


    H.



    Interessanter TED-Talk dazu:


    http://www.ted.com/talks/sir_k…ng_on_the_revolution.html


    Besonders interessant ist die Idee des organischen Lernens / Lebens im Gegensatz zur Überzeugung, dass Leben und Lernen immer linear erfolgen. Ebenso wie der Gedanke, dass für alle Schüler bestimmte Fähigkeiten gleichermaßen relevant sein müssen, um ihre Talente zu entwickeln.

  • Hawkeye,


    a) sehe ich (fast) absolut genau so.


    b) "Solche Schüler kenne ich nicht ... meine Schüler grüßen mich (nicht ausnahmslos": Das ist Deine Erfahrung ... wenn nun andere Lehrer andere Erfahrungen haben, pauschalisieren sie? Ist nicht jeder Beitrag so zu verstehen, dass es sich dabei um die Erfahrungen bzw. die Wünsche der jeweiligen Individuen handelt? Hat irgendjemand hier für sich in Anspruch genommen, für alle Kinder, für alle Schulen, für alle Lehrer zu sprechen? Wenn jemand zustimmt, dann evtl. auch, weil er ähnliche Erfahrungen hat?


    Aber in einem Punkt hast Du Recht: Ich hätte darauf hinweisen sollen, dass ein beträchtlicher Teil meiner SuS und ein (etwas weniger) beträchtlicher Teil der Eltern meinen "Wünschen" schon entspricht bzw. ihnen nahe kommt ... dass ich dazu tendiere, den Verhaltensweisen, die mir nicht gefallen, mehr Beachtung zu schenken bzw. sie länger im Gedächtnis zu behalten, ist eine Schwäche von mir ... und von daher kann es wohl so wirken, als wären alle meine Schüler unhöflich etc ... sollte es nicht. Dennoch bleibt der Wunsch (und ich weiß auch, dass Wünsche nicht immer realistisch sind), dass die Grundschulen da teilweise etwas mehr gegensteuern könnten.

  • Grundregeln der dt. Sprache - es bringt mir nichts, wenn das Kind auf Englisch bis zehn zählen kann, aber nicht weiß, wie man in einem Satz das Subjekt und das Objekt erkennt ... bzw. von Satzzeichen und Groß- und Kleinschreibung noch nie etwas gehört hat.


    Das solltest du umformulieren in "Sie behaupten, noch nie etwas davon gehört zu haben." Ich bin laut Lehrplan verpflichtet, den Sus in der Grundschule die von dir angesprochenen Dinge beizubringen (momentan sind wir gerade beim Dativ- und Akkusativobjekt in der 4. Klasse), aber es gibt nunmal immer Kinder, die davon noch nie etwas gehört haben, wenn man sie dann in der 5. vor sich sitzen hat. In meiner Klasse sind zwei Jungen, die mich immer wieder groß und überrascht anschauen, wenn ich ihnen sage, dass man Satzanfänge groß schreibt. Oder dann gibt es da das Mädel, dass mir ein Adjektiv nennen soll und "Baum" sagt. Was inhaltlich unterrichtet werden muss, daran wird sich jede Lehrkraft wohl halten (müssen), auch wenn es der persönlichen Überzeugung nicht entspricht. Wie Mikale schon sagte, muss ich es tun, weil mein Dienstherr es mir vorschreibt. Also sollten alle SuS auch das können, was der Lehrplan vorgibt. Theoretisch wohlgemerkt.


    Darüber hinaus kann ich mich nur Haweye anschließen. Meine Schüler grüßen mich. Freiwillig. Sie fragen, wie's mir geht, sagen "Bitte" und "Danke" und fragen ob sie mir etwas abnehmen können, wenn ich vollgepackt im die Ecke flitze. Sie sind keine Genies aber auch keine Dummköpfe, wissen wie man sich durchwurschtelt. Computer können sie besser als ich bedienen und sie sind in der Lage ein "ganz reales" Buch in der Bücherhalle (Bücherei) auszuleihen. Ein Junge kann dir erklären, was eine Kernschmelze ist, fragt aber wegen jedem Pups nach. Sie setzen sich durch, wenn der Busfahrer sie über's Ohr hauen will und ihnen zu wenig Wechselgeld gibt (das geht hin bis zum Aufschreiben der Busnummer und dem selbstständigen Anrufen beim Busunternehmen).
    Sprich: Sie sind ganz normal und das ist auch gut so. :rolleyes:

    • Offizieller Beitrag

    Noch einmal der Hinweis an alle:


    Elternschreck hatte netterweise ein neues Thema aufgemacht, weil er hier diskutieren will, was die gewunschten Anforderungen NACH der Schullaufbahn betrifft.
    Für Antworten zum Thema " Meine Wünsche im 5. Schuljahr" solltet ihr hier schreiben.


    kleiner gruener Frosch, Moderator


    Edit: ich habe drei Beiträge mal mit rüberkopiert.

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