Wiederholen der 2. Klasse

  • Hallo,


    ich bin etwas ratlos, ob es Sinn macht, dass einer meiner Sch das 2. Schuljahr wiederholt und ein 3. Jahr in der Schuleingangsphase verbleibt.


    Es wurden im besagten Fall schon Störungen in der visuellen Wahrnehmung sowie eine Rechenschwäche diagnostiziert. Durch Therapien und ganz viele Übungen zu Hause holt das Kind aber langsam auf und hat sich in Deutsch und Mathe auf eine schwache 4 hochgearbeitet. Die Arbeitshaltung im Unterricht insgesamt ist: verträumt, etwas faul, still, unmotiviert. Die frei geschriebenen Texte sind manchmal gruselig und kaum verständlich, dann aber auch wieder klar und nachvollziehbar.


    Macht eine Wiederholung des 2. Schuljares Sinn? Wonach kann ich das entscheiden? Wie kann ich sicher sein, dass die Entscheidung richtig ist?


    Die Eltern wollen von mir eine klare Entscheidung und zwar die Richtige (Logisch). Sie wollen, dass im Falle der Wiederholung dann ganz individuell gefördert wird (was natürlich auch bei einer Wiederholung des 2. Schuljahres nur im Rahmen möglich ist) und alle Leistungen wirklich besser werden.


    Alem

  • Diesen Satz gebe ich Eltern gerne mit an die Hand, wenn ich dazu rate, die erste oder zweite Jahrgangsstufe freiwillig zu wiederholen:


    "Wenn ihr Kind nicht schwimmen kann, werfen sie es dann mehrmals hintereinander ins tiefe Wasser (= Wiederholung dann der dritten Jahrgangsstufe) und hoffen darauf, dass es das Schwimmen dadurch schon lernen wird oder ziehen Sie ihm wieder die Schwimmflügel an und melden es nochmals zu einem Schwimmkurs an (= Freiwillige Wiederholung einer "Grundlagenklasse")"


    (übrigens habe ich gerade zwei freiwillige Wiederholer in meiner zweiten Jahrgangsstufe, und - so schwer die Entscheidung Lehrern und Eltern gefallen ist - das zusätzliche Jahr hat beiden gut getan, auch wenn sie sich notenmäßig derzeit beide auf einer stabilen drei bewegen)

  • Bevor ein Kind Gefahr läuft, im dritten Schuljahr wiederholen zu müssen, weil die Leistungen bereits im zweiten Jahrgang nicht stabil sondern eher schwach sind, würde ich einen Verbleib in der Schuleingangsphase befürworten. Gerade auch im Hinblick auf das zusätzliche Jahr, was eben nicht auf die Schullaufbahn angerechnet wird, ist dies m.E. verantwortungsbewusster. Ein Wiederholen der Klasse 3 bedeutet auch immer ein voll gezähltes Schuljahr mehr auf dem Buckel, was später noch von Bedeutung sein könnte.


    Ob das in deinem Fall jedoch zutrifft, wird dir keiner sagen können. Auch ob du die richtige Entscheidung triffst, weißt du erst in einem Jahr. Deswegen solltest du diese Entscheidung nicht treffen (es sei denn eine Nicht-Versetzung ist klar) sondern es sollte gemeinsam mit den Eltern beraten werden. Das ist das, was ich Eltern in solchen Fällen immer sage, wir beraten gemeinsam und treffen auch gemeinsam eine Entscheidung, was das Beste für dieses Kind ist.

  • Ich hatte auch schon ähnliche Fälle in meiner Klasse.
    Zwei Kinder sind ein 3. Jahr in der SEP verblieben und es war definitiv die richtige Entscheidung, das muss man im Nachhinein ganz klar sagen.
    Klar, 100%ig sicher kann man sich nicht sein, die Eltern musste man auch überzeugen, aber mittlerweile ist es für diese Kinder einfach nur ein Vorteil, noch ein Jahr in Ruhe den Stoff der 2. Klasse zu festigen und noch mehr "Schulreife" zu erlangen.


    LG

  • Deswegen solltest du diese Entscheidung nicht treffen (es sei denn eine Nicht-Versetzung ist klar) sondern es sollte gemeinsam mit den Eltern beraten werden. Das ist das, was ich Eltern in solchen Fällen immer sage, wir beraten gemeinsam und treffen auch gemeinsam eine Entscheidung, was das Beste für dieses Kind ist.


    Genau das habe ich der Mutter im gemeinsamen Gespräch auch gesagt. Die Eltern wollen aber, dass ich die Entscheidung treffe, weil sie sich selbst uneins sind. Sie sagen, ich sei die Lehrerin und müsste das wissen. Ich habe gesagt, dass ich das Wiederholen befürworte, die Gründe dafür dargelegt und darin eine Chance sehe. Hellsehen und Garantien geben, könne ich auch nicht. Sie sind nun der Meinung, ich stehle mich aus der Verantwortung.


    Außerdem wollen die Eltern, dass ich dem Kind mitteile, dass und warum es wiederholen soll. Ich bin aber der Meinung, dass dies Aufgabe der Eltern ist. Ich kann ihnen zwar empfehlen, die Sache möglichst positiv dem Kind darzustellen, aber wie soll ich Wortlaute etc. geben... Ich kann höchstens ergänzend mit dem Kind sprechen, oder? Ist das wirklich meine Aufgabe? Von wem haben eure Schüler erfahren, dass sie wiederholen werden?


    Alem

  • Du stiehlst dich nicht aus der Verantwortung, es geht hier ja um ein Kind, dessen Leistungen eine Nicht-Versetzung bedingen. Da sollte man immer abwägen und im Gespräch sein. Wir sind nicht beim Kartenspiel und schieben uns gegenseitig den "Schwarzen Peter" zu. Eltern sein heißt auch, Verantwortung zu übernehmen!


    Genauso sehe ich das auch mit dem Gespräch mit dem Kind. Ich würde auch nur ergänzend die Gründe erläutern, aber nicht das eigentliche Gespräch führen. Vielleicht solltest du die Eltern freundlichst darauf hinweisen, dass sie nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten haben und Verantwortung für ihr Kind nicht an der Schultür abgeben können.

  • Oh Mann, wenn ich sowas schon wieder lese, von wegen DU sollst die Entscheidung treffen, DU sollst es dem Kind sagen, u.s.w., ich kann es nicht glauben, manche Eltern machen es sich echt einfach. Ich hatte heute auch noch ein Elterngespräch, wo die Mutter auch meinte, dass WIR doch ihr Kind zu erziehen haben....ja, nee, ist klar. Bald brauchen die Eltern gar nix mehr machen.
    Nun aber zum eigentlichen Thema, sorry, dass ich so abgeschweift bin. ;) Ich kann aus Erfahrung sagen, dass es mit Sicherheit nicht schaden wird, wenn das Kind das 2. Schuljahr wiederholt, wenn es doch jetzt schon so große Schwächen zeigt. Und wir alle wissen doch, wieviel eigentlich wirklich im 3. Schuljahr verlangt und vorausgesetzt wird. Ich habe jetzt auch gerade ein 3. Schuljahr und habe auch einen Schüler gehabt, der, allerdings auf absoluten Wunsch der Eltern, die 2. Klasse wiederholt. Ich finde, du solltest den Eltern nochmal ganz deutlich sagen, dass DU zwar die Wiederholung befürwortest, aber SIE die Entscheidung treffen müssen. Soviel Verantwortung muss man als Eltern schon übernehmen. Du kannst das schon allein aus dem Grund nicht entscheiden, weil es ja ein freiwilliger Rücktritt ist, den ja auch die Eltern unterschreiben müssen (und nicht du ;-)).
    Und zum Thema, ob es deine Aufgabe ist, dem Kind, dies mitzuteilen: ganz klar NEIN! Das ist Aufgabe der Eltern, es ist doch ihr Kind! Du kannst natürlich anschließend auch nochmal mit dem Kind darüber sprechen, aber erstmal müssen es natürlich die Eltern tun. Lass dich da nicht verunsichern!

  • Mann, solch ein Elternverhalten regt mich echt auf! Denen würd ich ganz schön die Meinung geigen, von wegen elterlicher Fürsorgepflicht etc. X(
    Leider geben heute immer mehr Eltern die Verantwortung für ihre Kinder gerne an andere ab. Es ist ja sooo bequem, und wenn was nicht so läuft wie gewünscht, hat man auch gleich einen Schuldigen zur Hand. Wie praktisch!


    Nein, lass dich da nicht verunsichern. Ich kann allen anderen nur zustimmen - wir Lehrer haben in so einem Fall beratende Funktion, und das wars dann auch. Den Antrag auf freiwillige Wiederholung müssen sowieso die Eltern stellen, und damit ist und bleibt es letztlich einfach ihre Entscheidung. Du hast völlig richtig gehandelt, und mehr würde ich in diesem Fall auch nicht machen. Auf gar keinen Fall würde ich als Lehrer dem Kind mitteilen, dass es wiederholen soll. Man könnte höchstens den Eltern anbieten, mit ihnen gemeinsam ein Gespräch mit dem Kind zu führen - aber auch da würde ich erstmal den Eltern die Gesprächsführung überlassen.


    Es ist ja ein auf Freiwilligkeit basierender Prozess und kein gezwungenes Sitzenbleiben, wo die Schule den Prozess der Wiederholung einleitet. Und selbst da liegt es in erster Linie bei den Eltern, mit ihrem Kind darüber zu sprechen. Deshalb kommt ja die Post (bei absehbarer Nichtversetzung) nach Hause zu den Eltern, und es wird den Kindern nicht in der Schule mitgeteilt.


    Wie gesagt, du machst das schon richtig so. Wenn die Eltern dann motzig werden, weil du ihnen ihren Job nicht abnehmen willst, dann ist das deren Problem, nicht deins.

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