Zwei meiner Schüler lernen nicht lesen

  • Hallo zusammen,


    ich bin zwar nur als Zweitbesetzung in meiner eigenen Klasse im Deutschunterricht eingesetzt, aber dennoch frage ich mich was ich tun kann.
    Folgendes Problem:
    Ich habe zwei Schüler die partout nicht lesen lernen.
    Sie schaffen es die einzelnen Buchsstaben zu erkennen und nacheinander vorzulessen. Das Verbinden (Zusammenschleifen) der Buchstaben funktioniert NULL. Habe schon Silbenlesen mit Gummiband probiert und noch ein paar andere Übungen.
    Hat jemand noch Tipps für mich?

  • Wie lange sind die beiden denn schon dabei? Nach welcher Methode/ mit welchem Werk arbeitet ihr?

  • Lass sie einfach schreiben mit der Anlauttabelle ... manche brauchen einfach länger ...


    Schreiben, schreiben, schreiben und irgendwann klappt es dann schon.

  • Ich hatte auch einen Schüler, der geschlagene zwei Jahre keinerlei Fortschritte im Lesen gemacht hat. Egal was ich versucht habe, er war nicht in der lage die einzelnen Laute
    zusammenzuziehen. Wir haben auch mit Anlauttabelle gearbeitet und zunächst gehofft, wenn er nur lange genug schreiben würde, würde es irgendwann "klick" machen. Passierte aber nicht. Zum Glück habe ich irgendwann gemerkt, dass er ein ungewöhnlich gutes visuelles Gedächtnis hatte und habe es dann mit der Silbenmethode (ABC der Tiere) versucht. Das war für ihn genau richtig! Er musste bei dieser Methode eben keine Laute zusammenziehen (das konnte er bis zum Schluss nicht) aber er konnte sich die Silben als ganzes merken. Er hat dann im dritten Jahr der SaPh endlich lesen gelernt (und sich unglaublich gefreut) und dann auch ziemlich schnelle Fortschritte gemacht, so dass ich ihm zum Ende des Schuljahres nur noch teilweise differenziertes Material anbieten musste. Auch mit dem Schreiben klappte es dann viel besser und er fing sehr motiviert an kleine Texte zu verfassen.
    Das heißt jetzt natürlich nicht, dass das auch für deine Schüler das richtige sein muss, es zeigt aber wie wichtig es ist unterschiedliche Zugänge anzubieten (worauf man aber in der Ausbildung leider nicht wirklich vorbereitet wird...).

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Um welche Klassenstufe handelt es sich denn?
    Neben den bereits genannten Vorschlägen kann ich dir noch das "Lesedil" empfehlen, aus dessen Schnauze ein Wort versteckt wird. Zunächst wird nur der erste Buchstabe herausgezogen. Die Schüler sollen diesen "erlesen" und überlegen, welches Wort in der Schnauze versteckt sein könnte (hilft auch bei der Sinnbildung des Lesens). Dann wird der zweite Buchstabe herausgezogen, zusammengeschliffen und neu überlegt. Gibt es auch als "Leseschieber" bei Beenen.


    http://www.cornelsen.de/lehrkr…87/titel?back_link=search


    Oder du lässt die Kinder mit einer Abdeckkarte arbeiten, bei der nur der zu erlesene Buchstabe aufgedeckt wird.

  • Wie lange sind die beiden denn schon dabei? Nach welcher Methode/ mit welchem Werk arbeitet ihr?

    Wir sind jetzt in der 2. Klasse und arbeiten mit Tinto - also dem Buchstabenhaus.


    Lass sie einfach schreiben mit der Anlauttabelle ... manche brauchen einfach länger ...

    Das hilft leider nicht und darauf möchte ich mich auch nicht nur verlassen..... Einer von den beiden hat nämlich nebenher auch noch einen so starken Aussprachefehler, dass die Arbeit mit der Anlauttabelle eigentlich nur mit Hilfe funktioniert.



    Ansonsten: Vielen Dank für die Tipps.. Werde den Eltern auch nochmal das Silben lesen ans Herz legen.
    Allerdings stellt sich mir als Nich-Fachfrau dann auch nochmal die Frage: "Wie lesen Kinder Silben, wenn sie die Buchstaben nicht zusammenschleifen können?"
    Also als Beispiel "Ba-na-ne" Sie müssen doch dann in der Lage sein, aus dem B und dem a das Ba zu lesen oder? Damit wäre ich dann wieder beim Anfangsproblem....


  • Sie schaffen es die einzelnen Buchsstaben zu erkennen und nacheinander vorzulessen. Das Verbinden (Zusammenschleifen) der Buchstaben funktioniert NULL. Habe schon Silbenlesen mit Gummiband probiert und noch ein paar andere Übungen.
    Hat jemand noch Tipps für mich?


    Mein Tipp:


    Geduld, Geduld, Geduld.


    Kärtchen mit Silben und passende Bildkarten dazu.
    z.B.
    Ma-Mama, Marmelade, Mappe
    Mi-Milch, Mimi, Mist
    Mo-Mond, Motorrad
    Mu-Mund, Murmel
    Me-Messer, Meer
    Dabei nur Laute nehmen, die man lange sprechen kann (Vokale, M, R, L, N, S, W usw.---Mit T, D, B, P, klappt das am Anfang bei diesen Kindern nicht.)


    Und dann "mit dem Kind zusammen" die erste Silbenkarte lautieren: mmmmmmmmmmma
    Dabei mit dem Finger mitzeigen
    Dann eine passende Bildkarte suchen.
    Immer immer wieder!


    Und wenn es mit Ma, Me, Mi, Mo, Mu klappt mit Sa, Se, Si, So, Su.....

  • Der Knackpunkt bei der Sache ist, dass die Kinder bei der Silbenmethode eben nicht ein b und ein a zu "ba" zusammenziehen, sondern sich die ganze Silbe "ba" einprägen (mit Übungen wie schon von indidi beschrieben). Wir haben auch mit Silbenkärtchen geübt und ich hatte das Arbeitsheft zum ABC der Tiere (Förderausgabe) angeschafft, in dem genau dazu viele Übungen angeboten werden. Z.B wird am Anfang die Silbe "mi" geübt, indem Bilder vorgegeben sind, darunter sind die Silbenbögen angegeben und das Kind soll hören, welche Silbe das "mi" ist und den entsprechenden Silbenbogen markieren. Gut war bei "meinem" Kind, dass es die einzelnen Buchstaben und Laute schon kannte. Das hat ihm dann auch geholfen, sich die verschiedenen Silben zu merken. Wenn er zum Beispiel nicht mehr wusste, wie "mu" gelesen wird, hat es ihm geholfen zu sagen "Das ist ein u , auf u reimt sich "mu." Erstaunlicherweise mussten wir dann auch gar nicht alle Silben, die das Arbeitsheft behandelte einüben, sondern ab einem bestimmten Zeitpunkt hat es sich verselbständigt und er hat plötzlich auch ungeübte Silben und Wörter gelesen (ich muss zugeben, dass ich nicht wirklich verstanden habe, wie das funktioniert... aber das war mir in dem Moment dann auch erstmal egal: ich hab mich einfach nur gefreut...).

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Noch ein Tipp
    http://www.amazon.de/Ich-kann-schreiben-lesen-Leseanf%C3%A4nger/dp/3940596159/ref=sr_1_3?ie=UTF8&qid=1348308869&sr=8-3&tag=lf-21 [Anzeige]
    Das ist Lernmaterial, das den Kindern nicht erklärt werden muss. Es gibt dazu keine Arbeitsanweisungen, weil sie nicht notwendig sien.
    Nach kurzer Zeit fangen Kinder an, selbstständig eigene Mitteilungen zu schreiben.

    2 Mal editiert, zuletzt von robischon () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Huhu,


    und was spricht gegen auswendig lernen von Wortsilben?
    Ich habe meinen Kindern in der ersten Klasse bis Weihnachten nur Texte angeboten, die sie auswendig lernen konnten.
    Wir lesen ja auch abgespeicherte Wortbilder. Dazu gab es mal einen Text,.... dabei waren der erster und der letzte Buchstabe des Wortes an der richtigen Stelle,
    alle anderen Buchstaben waren in der Mitte des Wortes gemischt.
    Beispiel:
    Desein Txet knasnt du sciehr acuh lseen.


    Ich habe mit den Kindern viele Blitzleseübungen gemacht.
    Wörter in Spalten untereinander, die sie schnell lesen mussten.


    Außerdem habe ich viel mit Lautgebärden gearbeitet.


    LG MM

  • Ich habe sehr gute Erfahrungen mit den Lautgebärden gemacht: http://www.abc-der-tiere.de/le…be/handuch-lautgebaerden/ --> download Lehrerhandbuch.
    Ich habe im letzten Jahr einen Wiederholer bekommen (machte das ganze erste Schuljahr noch einmal), er konnte keinen einzigen Buchstaben erkennen, keinen einzigen Laut heraus hören und dadurch natürlich auch nicht ansatzweise Lesen oder Schreiben. Ich habe mit ihm mit den Lautgebärden gearbeitet und nun, im zweiten Schuljahr, kann er richtig gut Lesen und Schreiben.
    Viel Erfolg!

  • Und wenn das alles nichts nützt, dann müssen andere Möglichkeiten her.
    Ein Kind hat einen Aussprachefehler? Klar- dann hört sie die Laute nicht raus. In den Tinto-Handreichungen gibt es Kunstwörter, die nachgesprochen werden sollen. Das würde ich bei dem Schüler machen. Wenn es die Wörter nicht richtig nachsprechen kann, soll ein Logopäde zugezogen werden. Falls das alles schon läuft, gibt es auch Förderschulen für Sprache. In der Regel bleiben die Kinder dann nur so lange auf der Schule, bis der Sprachfehler behoben ist.
    Ansonsten musst du abwarten. Wenn sich bis zum Ende des Schuljahres nichts tut, würde ich den Eltern die dreijährige Schuleingangsphase anraten. Ein Schüler der nicht lesen kann, wäre im 3. Schuljahr heillos überfordert. Falls alle Stricke reißen würde ich ein AOSF machen.

  • aber um auf die förderschule sprache zu gehen, muss man doch erst das AOSF lostreten? und wenn das bewilligt ist, kann das kind auf die FÖ-SP.
    ich hab auch ein mädel, dass ich extremst schwer tut mit dem lesen. sie ist auch nicht in der lage, wörtr korrekt zu erlesen, und das nach 3 jahren SEP und die ist dennoch im 3. schuljahr. die geht jetzt probeweise an die FÖ- SP und dann wird weiter geschaut....

    Wenn das Leben einfach wäre, wäre es ja langweilig!
    Oder nicht?

  • Ich habe gute ERfahrungen mit den LEsekarten von Fröhler gemacht: http://www.froehler.at


    Für ganz harte Nüsse (habe ich bislang aber noch nicht gebraucht) gibt es das:


    http://www.amazon.de/Lesen-Rechtschreiben-lernen-IntraActPlus-Konzept-individualisiertes/dp/364225585X/ref=sr_1_7?ie=UTF8&qid=1348405817&sr=8-7&tag=lf-21 [Anzeige]



    Ich weiß, dass es nicht gängige MEinung ist, das LEsetraining als TEchniktraining zu sehen. Wenn du aber merkst, dass du mit den gängigen Vorgehensweisen nicht klar kommst, ist es nicht schlecht, sich umzuschauen, was noch sonst auf dem Markt ist. Wenn man sich bei LRS Instituten umschaut, merkt man, dass sie alle viel kleinschrittiger arbeiten und über die Silbe gehen. Und das schon jahrzehntelang. Versuch es einfach und du wirst sehen, dass es klappt.


    flip

  • Hänge eine Karte mit einem Buchstaben an die Tafel, am besten einen Langklinger wie "M".


    Dann schiebst du von rechts nach links eine andere Buchstabenkarte z.B. das "a" an die erste Karte heran.


    Den Kindern erklärst du, dass sie den ersten Buchstaben so lange sprechen müssen (im Sinne von langezogenem Sprechen), bis die zweite Karte "andockt" wie ein Waggon. Sobald die zweite Karte andockt, muss der zweite Buchstabe gesprochen werden.


    Also: Mmmmmmmmmmmmmmmmmma


    Ich weiß, dass das wenig spektakulär klingt und ich war selber skeptisch, doch ich war erstaunt, wie hilfreich die Idee des Andockens war.


    Viel Erfolg!

  • Die Abbaumethode nach Hiltraud Prem find ich toll und sie funktioniert.


    Ein Ganzwort präsentieren, gemeinsam lesen, von hinten abbauen und die Wortreste lesen lassen.
    Wenn das Wort abgebaut ist, dann mit beweglichen Buchstaben wieder zusammensetzen lassen. Aber die Zusammensetzung nicht lesen lassen.
    Die Synthese vollzieht sich von selbst.


    Oma
    Om
    O

  • Zitat

    Wie Einer von den beiden hat nämlich nebenher auch noch einen so starken Aussprachefehler, dass die Arbeit mit der Anlauttabelle eigentlich nur mit Hilfe funktioniert.


    Was für eine Aussprachstörung konkret hat er denn? Er erhält diesbezüglich doch hoffentlich (schulisch) Förderung? Wie wird denn in dieser vorgegangen und zeigen sich da Fortschritte?



    Zitat

    Ein Kind hat einen Aussprachefehler? Klar- dann hört sie die Laute nicht raus.


    Diese Notwendigkeit ("klar") musst du mir erklären. Kinder mit rein phonetischer (Artikulations-)Störung haben meines Wissens und meiner Erfahrung nach in der Regel keine spezifischen Probleme im Schriftspracherwerb. Bei Kindern mit phonologischen Störungen muss genauer geschaut werden, welche Prozesse vorkommen und wie die rezeptive Ebene aussieht. Prinzipiell ist Schrift bei phonologischen Störungen sogar eine sehr gute Hilfe, die mündlichen Schwierigkeiten zu überwinden, wenn sie gezielt eingesetzt wird (vgl. meine obige Frage).

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