Vertrauensverhältnis gestört

  • Guten Tag,


    vielleicht kann mir jemand einen Hinweis auf eine brauchbare Rechtsgrundlage zu folgendem Fall geben:


    Nach einer Schulhofschlägerei mit geringfügigen Blessuren erwägen Eltern eine Anzeige gegen mehrere Aufsicht führende Lehrkräfte.
    Meiner Ansicht nach ist es für alle Seiten unzumutbar, das Kind danach weiterhin zu unterrichten, da das Vertrauensverhältnis massiv ge/zerstört ist.
    Gibt es eine schulrechtliche Regelung oder sonstige konstruktive Lösungsmöglichkeiten für einen solchen Fall ?


    Vielen Dank im Voraus für brauchbare Tipps.

    • Offizieller Beitrag

    Das scheint mir doch auf den ersten Blick bzw. angesichts der spärlichen Informationen ziemlich übertrieben.


    Die Eltern erwägen Anzeige, also ist es unzumutbar, den Schüler weiter an der Schule zu beschulen und man dreht seitens der Schule den Spieß nun rum und erklärt, dass das Vertrauensverhältnis gestört ist?


    Falls die Lehrkräfte etwas falsch gemacht haben, ist doch wohl eher das Vertrauensverhältnis durch diese gestört und nicht durch das Vorgehen der Eltern - oder habe ich da etwas falsch verstanden?


    Gruß
    Bolzbold

  • Ich bin jetzt schulrechtlich nicht so auf der sicheren Seite, aber kann bei solchen Dingen nicht nur eine Anzeige gegen den Dienstherren stattfinden? Und der prüft dann disziplinarrechtliche Maßnahmen gegenüber seinen Beschäftigten?


    Außerdem, du schilderst, dass eine Schlägerei stattgefunden hat und es leichte Blessuren gab. In meinen Augen haben die Eltern da durchaus das Recht, die Situation unabhängig überprüfen zu lassen. Nichts anderes ist eine Anzeige ja erstmal. In meinen Augen ergibt sich dadurch keine gestörtes Vertrauensverhältnis, dass zu einer Unbeschulbarkeit führt. Tut mir echt leid, aber wenn meinem Kind irgendwo was passiert, können (nicht müssen!) solche Schritte von Seiten der Eltern erwogen werden. Wenn ihr eure Aufsicht geführt habt, ist doch nichts zu befürchten. Aufsicht bedeutet ja nicht, dauerhaft alles zu überwachen - das geht ja gar nicht. Aufsicht bedeutet, dass man theoretisch jederzeit überwacht werden KANN. Wenn du auf dem Schulhof rumläufst, ist das gegeben. Wenn du im Lehrerzimmer Kaffee trinkst, ist das eher nicht gegeben.

  • Unabhängig davon, ob sie in der Sache Recht bekommen werden, steht es den Eltern durchaus zu, anzuzeigen/Strafantrag zu stellen. Letztendlich haben sie auch eine Verantwortung für ihr Kind, das sie ja in dieser Angelegenheit vertreten. Da finde ich schon, dass es ein Geschmäckle hätte, wenn das zu Konsequenzen für das Kind führe.


    Ob die Anzeige der Eltern womöglich unverhältnismäßig ist, mag ich nicht beurteilen. Da könnte ich auch nur raten. Aber unmöglich ist es erfahrungsgemäß nicht. Aber auch dann, und auch wenn die Eltern rechtlich bestätigt bekämen, dass niemand etwas aufsichtsmäßig verkehrt gemacht hätte, käme ich nicht auf die Idee, den Fehltritt der Eltern "am Kind auszulassen."


    Wohl kann man die Eltern fragen, ob sie es nicht angesichts der Konstellation für angemessen hielten, ihr Kind woanders unterrichten zu lassen.



    Doofe Situation insgesamt. Man sollte da umsichtig agieren. Irgendwelche Maßnahmen sollte der SL federführend vornehmen.


    Pausi

  • Wohl kann man die Eltern fragen, ob sie es nicht angesichts der Konstellation für angemessen hielten, ihr Kind woanders unterrichten zu lassen.


    Wobei es hier ja scheinbar um eine Förderschule geht. Da ist das mit dem woanders unterrichten lassen nicht ganz so einfach, wie an der Regelschule.
    Ich finde jetzt die Argumentation, das Kind wegen der Eltern nicht mehr unterrichten zu können allerdings auch etwas überzogen. ich würd erstmal abwarten, ob sich da tatsächlich was tut, oder ob die Eltern nur im ersten, aufgebrachten Moment sowas gesagt haben (schon oft gnug erlebt...)

  • Diese Argumentation ist nicht nur überzogen, sie wird von jedem Verwaltungsrichter oder wahlweise der vorgesetzten Behörde zerpflückt und der resultierende Beschluss einkassiert werden. Ein Fehlverhalten der Eltern - das hier nicht mal vorliegt, denn einen Sachverhalt zur Anzeige zu bringen, ist grundsätzlich erst mal jedermans gutes Recht - kann niemals zu einem Ausschluss des Kindes führen. Der Versuch würde (möglicherweise auch zu Recht) als Vesuch die Eltern unter Druck zu setzen gewertet werden und könnte durchaus zu weiteren Problemen führen.


    Was man machen kann, ist sich in Zukunft besonders abzusichern, also Elterngespräche nur noch mit Zeugen zu führen, darauf zu achten sich im Zweifelsfall zu allem eine schriftliche Einverständniserklärung dewr Eltern zu holen, etc.

  • Wir hatten auch schon mit Anzeigen zu tun, aus sehr ähnlichen Gründen (U.a. Kind mit Förderbedarf GG prügelte sich jede Pause. Da es sehr schmächtig und schwach war, zog es jedes Mal den Kürzeren. Eltern waren der Meinung, ihr Kind würde bei uns gemobbt und fertig gemacht). Deshalb kommt aber doch kein Pädagoge zu dem Schluss, das Kind sollte die Schule wechseln. Wenn das Verhalten unberechenbar erscheint, kann über die Beschulbarkeit entschieden werden (ggf. Verkürzung der Unterrichtszeit). Aber wegen einer Anzeige den Schulwechsel vorzuschlagen, erscheint mir eine sehr emotionale Entscheidung. Auch wenn mich ein Kind persönlich beleidigt oder sogar mal tritt etc. muss ich als Pädagoge hinterher in der lage sein, einen neutralen, objektiven Umgang mit dem Kind zu pflegen.
    Für mich ist das alles sehr merkwürdig und ich sehe schon wieder Trolle... (OT: Wir brauchen einen Trollsmiley...)

  • In Anbetracht dessen, dass die Aufsicht führenden Lehrkräfte mit Sicherheit ihren "Job" gemacht haben, kann man einer "kritischen Nachfrage", etwa in Form einer Anzeige, doch sehr gelassen entgegen sehen. Im Gespräch mit den Eltern kann man doch deren Fragen beanntworten. Sollten die Eltern weiterhin dringende Fragen haben, kann man sie nur darin bestärken, extern bei offiziellen Stellen ihre Fragen zu formulieren, damit "moderiert" und für die Eltern nachvollziebar ihre Fragen beantwortet werden.
    Dass die Eltern dabei ihre Nachfragen "angemessen" vorbringen, sich an die richtigen Stellen wenden, sollte auch im Interesse der Eltern für ihr Kind liegen. Ich glaube kaum, dass Lehrkräfte "nachtragend" sein werden. Solche Vorgänge - wenn sich denn herausstellt, dass diese überzogenen Nachfragen haltlos waren - schwächen doch sehr leicht die Position des Kindes innerhalb der Schülerschaft. So setzen Eltern ihr Kind den Hänseleien der Mitschüler aus...

  • Danke zunächst für eure Antworten.
    (Jazzy: Kein Troll. So etwas habe ich nicht nötig.)
    Die Anzeige würde sich im Ernstfall auf 4 Schüler (von denen einer versucht hatte, zu schlichten) und 3 Lehrkräfte (die ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen sind) erstrecken.
    Da niemand eine rechtliche Grundlage genannt hat, gehe ich davon aus, dass es keine gibt.
    Also wird das Kind wohl an der Schule bleiben.
    Ich sehe tatsächlich das Problem des Vertrauensentzugs, ebenso ein Problem, wenn sich die betroffenen Schüler weiterhin begegnen.

    • Offizieller Beitrag

    Ich sehe tatsächlich das Problem des Vertrauensentzugs, ebenso ein Problem, wenn sich die betroffenen Schüler weiterhin begegnen.


    Genau das aber müssen die Schüler auch lernen: dass man nicht weglaufen kann, wenn es Konflikte gab, sondern dass man trotzdem sachlich miteinander umgehen kann. Keiner verlangt, dass sie dicke Freunde werden. Und oft haben Schüler in der Hinsicht wesentlich weniger Probleme, als die Eltern befürchten.
    Das Obige gilt natürlich für Lehrer und ihr professionelles Vorgehen ebenso.
    Einen Vetrauensbruch kann ich darin auch nicht erkennen, wenngleich ich die Vorstellung, gegen mich läuft eine Anzeige, auch extrem unangenehm finde. Aber du wirst da nichts zu befürchten haben, wenn du deiner Aufsichtspflicht nachgekommen bist.

  • Mal ganz nebenbei: Eine Verletzung der Aufsichtspflicht ist für sich genommen gar kein Straftatbestand- Strafrechtlich relevant wird es höchstens dann, wenn die Grenze zur unterlassenen Hilfeleistung oder fahrlässigen Körperverletzung überschritten wird, und da muss schon einiges passieren. Wenn man also zur Polizei geht und jemanden wegen "Verletzung der Aufsichtspflicht" anzeigt, wird die in der Regel gar nicht tätig werden, sondern auf den zivilrechtlichen Weg verweisen, auf dem gegebenenfalls Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden können. In Frage würde höchstens noch eine Dienstpflichtverletzung kommen, dafür ist aber ebenfalls nicht die Polizei zuständig sondern der Dienstherr.

  • Da wir unserer Aufsichtspflicht ich nachgekommen sind, habe ich auch keine diesbezüglichen Befürchtungen.


    Die ganze Geschichte ist sehr verfahren.
    Das Kind lebt nicht bei den Eltern. Es ist probeweise seit eineinhalb Jahren Schüler unserer Schule.
    Die Lehrer wurden über laufende Aktion zunächst über Dritte (, die damit nichts zu tun hatten,) informiert.
    Die Schüler sind vom Verhalten her alle extrem schwierig, sodass der gewünschte sachliche und konstruktive Umgang der kids untereinander nach einer Anzeige erschwert sein dürfte.
    Mein Vorschlag war, dass die Schüler eine Wiedergutmachung in Form einer (beaufsichtigten) gemeinsamen Aktion, z.B. Schwimmbad und Eis essen, leisten, auch, um sich gegenseitig als positiv zu erleben.
    Zu diesem Vorschlag fehlt mir nun eine Rückmeldung der Schulleitung, ohne die ich nichts unternehmen kann.


    Es ist durchaus so, dass ich körperliche Angiffe und Beleidigungen von Schülern als "tägliches Brot" kenne und damit professionell (meine ich zumindest) umgehen kann.
    Aber in diesem speziellen Fall findet keine angemessene Kommunikation statt. Das ist es, was mir Probleme bereitet.
    Da Eltern und Betreuer das Kindes den direkten Informationsaustausch vermieden hatten, wundere ich mich, dass man uns weiterhin den Schüler anvertraut.

  • Sind die anderen betroffenen Schüler überhaupt schon strafmündig? Falls nein, werden sie von der Anzeige auch nichts mitbekommen, da die Polizei nicht ermittelt, wenn die Möglichkeit einer strafrechtlichen Relevanz überhaupt nicht gegeben ist.

  • Drei sind strafmündig und haben es durch die Verbreitung per "Flurpost" sowieso schon mitbekommen.
    Der vierte weiß, dass er nicht belangt werden kann, er hat bereits einschlägige Erfahrungen in dieser Hinsicht, eine Möglichkeit, die er regelmäßig ausgiebig nutzt.
    Schon alleine deshalb hätte ich gerne eine einvernehmliche Lösung.
    Da ich aber nur über "Gerüchte", über Dritte, eigentlich Unbeteiligte, erfahre, was gerade läuft, muss ich abwarten.
    Ich finde jedenfalls, in einem solchen Fall kann man nicht von Vertrauensverhältnis sprechen, das eine gesunde Basis sein sollte, ein Kind zu unterrichten.

  • muss ich abwarten.

    Das ist sowieso das Beste.

    Ich finde jedenfalls, in einem solchen Fall kann man nicht von Vertrauensverhältnis sprechen, das eine gesunde Basis sein sollte, ein Kind zu unterrichten.

    Und deshalb möchtest du einen Versetzungsantrag stellen oder den Beruf wechseln?


    Fände ich übertrieben.


    Pausi

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