Bewertung Klasse 1

  • Ein -ich sag mal- "mir bekanntes Kind" ist seit 3 Monaten Schulkind. In unserem Bundesland gibt es im ersten Schuljahr keine Noten. Der/die Lehrer/in bewertet jedoch alle schriftlichen Arbeiten (Buchstabendiktate, Wortdiktate, Mathearbeiten von einer Seite länge) als auch das Sozialverhalten mit einem 4-stufigen Stempelsystem.


    Nun ergeben sich daraus mehrere Probleme. Erstens hat es mehrere Wochen gedauert, bis die Eltern (die Kinder wissen es bis
    heute nicht) herausgefunden haben, wieviele Stempel es überhaupt gibt. Zweitens ist nicht klar, für welches Verhalten oder welche Leistung man welchen Stempel bekommt. Drittens wird auf Noten ausdrücklich verzichtet, für die Kinder ist jedoch die Symbolik der Stempelbilder weitaus demotivierender, als es Noten wären (z.B. ein abstürzender Vogel mit dem ungenauen Hinweis "das kannst du besser", der auf jeder 3. Seite erscheint.). Die Sauberkeit der Schrift und ob Ziffern spiegelverkehrt geschrieben wurden ist ebenfalls Teil der Bewertung. Somit ist kaum einem Kind der "lachende Stempel" vergönnt, da nach Gaußscher Verteilung die wenigsten Schüler herausragende Leistungen (inklusive Graphomotorik) zeigen.


    Da ich an Förderschulen unterrichte und wir da mit ganz anderen Problemen zu kämpfen haben, würde ich gerne von Grundschulkollegen wissen, ob sie das Vorgehen für Schulanfänger in Ordnung finden oder wie man dem/der Klassenleitung vermitteln kann, dass die Eltern keine Bestempelung wünschen bzw. wenigstens eine Offenlegung der Bewertungsgrundlagen. Gespräche hat es deswegen schon mehrfach gegeben, da viele Eltern die schwindende Lernfreude bei ihren Kindern wahrnehmen.


    Ich hoffe, ich habs verständlich und ausreichend wertschätzend formuliert :sterne:

  • Hm, und der Lehrer hat das so kommuniziert, dass das sein festes Bewertungssystem ist?


    Ich nutze auch verschiedene Stempel, z.B. Smileys in 3 Farben, dann habe ich auch "Gut gemacht" oder ein "Das kannst du besser" oder manchmal gar ein "Noch einmal!". Dieses stellt bei mir jedoch kein festes, notenartiges Bewertungssystem dar. Ein Kind mit immer vorbildlicher Schrift, welches bei einer HA dann mal eher schmiert erhält dann bei mir auch mal "nur" einen gelben Smiley oder ein "Das kannst du besser", während das Kind, welches große feinmotorische Probleme hat durchaus für exakt dieselbe Schrift (rein hypothetisch, da keine Schrift der anderen gleicht) einen "Gut gemacht" oder grünen Smiley erhält. Grundsätzlich versuche ich mit Kommentaren/Stempeln zu ermutigen - d.h. ein "Das kannst du besser" ist ein absoluter Ausnahmestempel.
    Verstehst du, wie ich das meine? Ich wäre aber bisher nie darauf gekommen, dass Eltern das als notenähnliches Bewertungssystem sehen könnten?!
    Ist das denn tatsächlich ein Problem der ganzen Klasse oder evtl. nur ein Problem eines einzelnen Kindes (welches vll. vermehrt tendenziell negative Stempel erhält?

  • Ich habe seit September auch wieder ein erstes Schuljahr und genieße diese notenfreie Zeit!


    "Buchstabendiktate, Wortdiktate, Mathearbeiten(???)" mache ich, um individuelle Lernfortschritte (für mich) zu messen und entsprechende Fördermaßnahmen, wenn nötig, zu ergreifen.
    Ich habe auch einige Stempel (wie alle Grundschullehrer, da bin ich sicher), zig positive mit verschiedenen Tiermotiven o.ä., aber auch einen "traurigen" Smilie. Der kommt dann zum Einsatz, wenn das Kind wirklich bewusst schmiert, wegen " kein Bock" zu wenig arbeitet, andere stört etc., also eher selten.


    So ein ausgefuchstes Stempel"system", was ja nichts anderes ist als verkappte Noten, ist in der ersten Klasse kontraproduktiv.
    Die Eltern der Klasse können allerdings nichts ausrichten, wenn die Lehrerin das so machen will und auch schon mehrere Gespräche deswegen stattgefunden haben. Gebt ihr doch einen motivierenden Stempel:

    Zitat

    "Abstürzender Vogel mit dem ... Hinweis "das kannst du besser"

  • Hm, und der Lehrer hat das so kommuniziert, dass das sein festes Bewertungssystem ist?
    ...
    Ist das denn tatsächlich ein Problem der ganzen Klasse oder evtl. nur ein Problem eines einzelnen Kindes (welches vll. vermehrt tendenziell negative Stempel erhält?

    Ja, es betrifft viele Kinder und die negativen Stempel überwiegen bei vielen Kindern deutlich. Es gab auch noch andere Vorfälle, sodass sich Eltern überlegen weitere Schritte zu gehen. Ich will nicht so ins Detail gehen.


    Dass das ein festes Bewertungssystem ist wurde am Elternabend gesagt, nur hat da keiner weiter nachgefragt, für die meisten ist es ja das erste Mal, dass ihr Kind in die Schule kommt. Daher hatten jetzt Eltern gebeten, zu sagen, wie ihr Kind einen positiven Stempel erhalten kann, dazu gab es aber keine Antworten. Viele Eltern sind halt frustriert, weil der Schulstart mit so vielen negativen Erfahrungen belegt ist und die Kinder regelrecht Angst haben, etwas ins falsche Heft zu schreiben, die Schere zu vergessen o.ä.


    Ich hab meine Schüler auch schonmal angebrüllt oder weiß auch, wie anstrengend Eltern sein können und wie ärgerlich es ist, wenn sie sich beim Schulleiter über einen beschweren, ohne vorher mal nachzufragen. Daher finde ich eine "Stellungnahme" schwierig. Aber wenn die halbe Klasse Angst vor der Schule entwickelt, stimmt was nicht.

  • Wenn soviele Kinder betroffen sind, würde ich das mit dem Elternbeirat erörtern und diesen Bitten, ein Gespräch mit der Lehrerin zu suchen um eine Lösung zu finden.
    So soll Schule ja nicht sein-- gerade in der 1 sind die Mäuse doch super motiviert....

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