Diktate in der ersten Klasse

  • Hallo, ich habe ein Problem. Mein Sohn besucht die erste Klasse . Er hat leider einen Lehrer , der mit den Kindern das Schreiben nicht ausführlich übt. Das heißt, sie lernen einen neuen Buchstaben (mittlerweile in Schreibschrift), schreiben ihn ein paar Mal in ihren Schreiblehrgang und das war es. Jetzt schreibt er ein Diktat, welches für Erstklässler anspruchsvoll ist(ich glaube, ich kann es beurteilen, da ich schon zwei ältere Kinder habe). Meine Frage ist jetzt: Darf in der ersten Klasse (NRW) schon die Rechtschreibung beurteilt werden? Bei meinen Mädchen wurde nämlich nur die Sinnerfassung des Wortes beurteilt. Das heißt, ob das Wort Hund mit d oder mit t geschrieben war, war nicht wichtig. Hauptsache man konnte den Sinn des Wortes verstehen. Ich wäre froh, wenn mir jemand weiterhelfen würde. Besten Dank im Voraus

  • Hallo Blümchen,
    ich weiß nicht, wie es in NRW ist. In Bayern sollen die Kinder am Ende der 1. Klasse lautgetreu schreiben können. Andere Schreibweisen sind ihnen teilweise bekannt, sie müssen sie aber nicht beherrschen. Somit schreibe ich auch nur kleine lautgetreue Diktate. Hund mit t ist z.B. beim eigenen Schreiben o.k., weil die Kinder ja ein t hören.
    LG Meike

  • Hallo Blümchen,


    ich glaube, das ist von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich.
    Meine Tochter, auch 1. Klasse, macht beides. Sowohl schreiben wie hören und geübte Lernwörter richtig schreiben. Als Diktat, im eigentlichen Sinne, würde ich das allerdings nicht verstehen. Und das wird auch beurteilt.
    Gruß
    woman123

  • Danke für eure Antworten, ich weiß auch nicht wie ich das einschätzen soll. Mein Sohn hat zum Beispiel Schwierigkeiten den Unterschied zwischen dem kurzen und dem langen i zu hören. Er weiß also nicht hundertprozentig welches er nehmen soll. Muss ein Kind in der ersten Klasse das denn schon können? Zumal in der Schule so gut wie gar nicht geschrieben wird.
    Blümchen

  • Hallo!
    Ich finde es wichtig, dass die Kinder zu diesem Zeitpunkt halbwegs lauttreue Wörter richtig schreiben können. Wenige Kinder in meiner Klasse haben damit auch noch Probleme. Viele haben sich aber auch schon Besonderheiten von Wörtern gemerkt, z. B Straße mit ß. Eben solche Wörter, die wir schon oft geschrieben und gelesen haben. Extra "Rechtschreibstunden" habe ich aber noch nicht gemacht. Bei häufigen Wörtern mache ich aber die Kinder auf die Schwierigkeit aufmerksam - manche merken sich`s - manche nicht.
    Das ie finde ich besonders schwierig. Es gibt doch auch Wörter, in denen ein i auch lange gesprochen wird, z. B. wir, Tiger,...
    LG,
    Birgit

  • Hallo Bigandi, es geht mir nicht um extra Rechtschreibstunden. Mein Sohn hat sein erstes Schreibheft im Februar bekommen. Vorher hatte er keins, und dieses kleine Schreibheft ist noch nicht mals zur Hälfte voll. Und extra Schreibblatter hat er auch sehr wenig. Er schreibt einen neuen Buchstaben ungefähr zehn mal in seinen Schreiblehrgang und dann muss er ihn können. Auch in Wörter einbinden können.
    Blümchen

  • Hallo,
    meine Freundin musste mit einem Lehrbuch arbeiten, das in der ersten Zeit nur die Erarbeitung der Buchstaben und motorische Übungen (Schwungübungen) vorsieht. Das Schreiben der Buchstaben wurde auch erst viel später eingeführt. Vielleicht wurde bei deinem Sohn nach einem ähnlichen Konzept gearbeitet. Die Kinder lernen zwar schneller das Lesen, aber für mich gehören das Lesen und das Schreiben der Buchstaben eben zusammen.
    Hast du schon mit Müttern seiner Klassenkollegen gesprochen? Ich kann mir vorstellen, dass es den anderen auch noch schwer fällt.
    Birgit

  • Hallo Birgit, mein Sohn hat nicht als einzigster Schwierigkeiten. Er hat auch keine Schwungübungen gemacht. Ich war mal dabei , wie die Kinder einen neuen Buchstaben lernen. Der Lehrer erzählt eine Geschichte in der der Buchstabe oft vorkommt, dann zeigt er ihnen ein paar Bilder dazu und dann müssen sie den Buchstaben in ihren Schreiblehrgang schreiben (ca. 10 mal) und das war es dann. Und dann darf man doch nicht erwarten, dass die Kinder orthographisch richtige Diktate schreiben können. Oder denke ich da falsch.
    Blümchen

  • Hallo Blümchen!


    Zehnmal einen Buchstaben schreiben ist zu wenig. Von Fortbildungen weiß ich, dass die Kinder mindestens 50mal einen Buchstabe schreiben sollten. Weniger kann man gegen Ende der ersten Klasse machen, dann aber auch nur die guten, die meist die Buchstaben auch so schon kennen.


    Macht denn der Lehrer in der Klasse auditive Übungen? Also hat er z.B. Bilder und die Kinder müssen erkennen, an welcher Stelle im Wort der Buchstabe kommt (Anfang, Mitte oder Ende)?? Das ist nämlich sehr wichtig, um lautgetreu zu schreiben.


    Ich habe das mit meinen Schülern so gemacht: wir haben uns mit einem Buchstaben beschäftigt, Wörter dazu gesucht und diese Wörter dann natürlich auch öfter geschrieben. Am Ende jeder Woche habe ich so ein kleines Diktat gemacht. Man muss natürlich abwägen, ob das in einer Klasse gut geht. Bei mir ging es gut. Die Kinder waren es gewohnt, jeden Morgen drei Sätze von mir diktiert zu bekommen, die sie dann aufgeschrieben haben. Damit haben wir das lauttreue schreiben gut geübt und ich hatte jeden Morgen einen Überblick. Meistens mussten sie auch noch einen Satz von der Tafel abschreiben. Die Diktate am ende der Woche wurden nicht benotet, da in der ersten Klasse keine Ziffernoten gegeben werden. Ich konnte aber daran erkennen, wo noch geübt werden muss, um zu differenzieren.


    Viele Grüße
    Simsa

  • Hallo!


    Ich muss zugeben, dass ich auch nicht so viel schreibe mit den Kindern wie simsalabim - im nachhinein würde ich es wahrscheinlich auch anders machen. In den letzten drei Wochen habe ich zum Beispiel viel lesen geübt, da das noch nicht so geklappt hat wie es sollte - da kam das Schreiben wirklich etwas kurz.
    Ich habe die Klasse Anfang März übernommen und bis dahin hatten sie noch nie in ein Heft geschrieben - mittlerweile ist es ca. halb voll (evtl. etwas weniger) und wenn ich höre, wie viel manche von euch schreiben mit den Kindern bekomme ich ein richtig schlechtes Gewissen - habe ich etwas falsch gemacht? :(



    Aber: nur ein paar Mal den Buchstaben schreiben finde ich auch wenig - schreiben die Kinder keine Wörter oder müssen sie nicht auch mal in den Übungsheften etwas lesen und das dann zumindest abschreiben (so ist es in unseren Übungsheften zumindest). Außerdem habe ich auch zwischendurch kleine Schreibanlässe zum freien / kreativen Schreiben. Gibt es das bei auch gar nicht? Das fände ich dann schon sehr komisch!



    Jetzt aber noch Mal zu deiner Frage: Ich habe bis jetzt drei Mini-Diktate geschrieben (kannten die Kinder vorher gar nicht).
    Das 1. bestand nur aus einzelnen Wörtern (8 Stück, glaube ich) und war mit anschließender Selbstkontrolle --> so konnte ich sehen, wo die Kinder sowohl bzgl. des lauttreuen Schreibens und des eigenen Korrigierens von Fehlern standen). Das zweite habe ich eingesammelt und für mich die Schreibungen der Kinder notiert --> korrigiert habe ich da nichts, da ich eben nicht wollte, dass die Eltern dachetn, ich würde solche Diktate bewerten.
    Ende letzter Woche habe ich nun ein 2-Satz-Diktat kombiniert mit einem kleinen Lesetest geschrieben, wobei alle Wörter lauttreu waren (drei kleine Schwierigkeiten waren eingebaut: ein ei bei dem Wort "Leiter" und ein ch bei dem Wort "Buch" und ein st bei dem Wort "Streit" ). Das habe ich "korrigiert" und die Eltern werden es auch zu sehen bekommen. Bei diesem Diktat war mir - wie beim Lehrer deines Kindes - auch nur die lauttreue Schreibung wichtig, das heißt die Kinder sollten die Wörter so schreiben wie sie sie hören. Schreibt ein Kind dann auch alle / einige Schwierigkeiten (s.o.) korrekt, ist das schön (war Gott sei Dank schon bei ca. der Hälfte so), allerdings muss dies laut Lehrplan Ende der 1. Klasse nicht sein - wenn dein Kind also Hunt statt Hund schreibt ist das völlig o.k. meiner Meinung nach und zwischen langem und kurzem Vokal zu unterscheiden gelingt auch vielen Kindern im 3. Schuljahr noch schlecht!


    LG


    Sina

  • Zitat

    Blümchen schrieb am 14.06.2005 12:21:
    Ich war mal dabei , wie die Kinder einen neuen Buchstaben lernen. Der Lehrer erzählt eine Geschichte in der der Buchstabe oft vorkommt, dann zeigt er ihnen ein paar Bilder dazu und dann müssen sie den Buchstaben in ihren Schreiblehrgang schreiben (ca. 10 mal) und das war es dann. Und dann darf man doch nicht erwarten, dass die Kinder orthographisch richtige Diktate schreiben können. Oder denke ich da falsch.


    Du denkst da ganz richtig, Blümchen. Das darf und kann man dann nicht erwarten.
    Zudem wird in NRW im ersten Schuljahr kein "Rechtschreibunterricht" gemacht..
    Manchmal muss man sich wirklich wundern.


    Gruß, Sabi

  • Hallo, Blümchen!


    Jetzt muss ich noch mal schreiben, weil ich dich - glaube ich - falsch verstanden habe: Zuerst habe ich gedacht, du würdest dich ärgern, dass der Lehrer deines Sohnes "Hunt" hat durchgehen lassen. Jetzt habe ich (irritiert durch Sabis letzten Beitrag) noch eimal alles gelesen und gemerkt, dass die Lehrer deiner älteren Kinder die lauttreue Schreibung haben durchgehen lassen (was ich auch so mache), der deines Sohnes aber anscheinend nicht - und das ärgert dich (meiner Meinung nach zurecht).


    LG


    Sina

  • Hallo Sina, du hast Recht . Der Lehrer hatte uns zu Beginn des Schuljahres gesagt, daß wir die Rechtschreibfehler der Kinder nicht korrigieren sollen. Und jetzt erwartet er , daß die Kinder die Wörter richtig schreiben. Dies ist das Diktat: Im Zoo sind viele Tiere: Affen, Löwen , Elefanten und Kamele. Wir Kinder besuchen sie. (Und jetzt in Schreibschrift weiter:) Udo will lesen. Er holt seinen Umi. Das ist schon recht schwierig , oder?
    Blümchen

  • Diktate dieser Art haben meine Kinder in etwa in der 1. Klasse auch geschrieben. Das waren dann die Wörter, die sie vorher gelernt und geübt hatten. Die mussten richtig geschrieben werden.


    Und das ist heute nicht mehr nötig? Die Gymnasien haben aber meines Wissens ihre Anforderungen nicht heruntergesetzt. Oder geht es dann irgendwann doppelt zur Sache?


    In unserem Bekanntenkreis habe ich in letzter Zeit auch öfter gehört, dass die Kinder sich diese falschen Schreibweisen zum Teil ganz stark einprägen und davon nicht wieder runterkommen, während die Lehrerinnen erwarten, dass die quasi von selbst verschwinden.


    Grüße Enja

  • Hallo Enja, mir geht es nicht darum, daß mein Sohn nicht von Anfang an richtig schreiben lernt.Sondern darum, daß nicht alles auf lautgetreu ausgelegt werden kann, und dann ein ortographisch richtiges Diktat erwartet wird. Ich persönlich finde es auch besser, wenn die Kinder es von Anfang an richtig lernen., dann aber bitte auch konsequent. Ich habe meinen Sohn immer verbessert, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass er zwei Jahre falsch schreiben darf und dann plötzlich richtig schreiben muss. Mein Sohn übt übrigens in der Schule sehr wenig schreiben. Aber das habe ich schon mehrfach geschrieben.
    Blümchen

  • Vielleicht schreibt ja noch jemand von den Lehrern, wie die Kinder vom lautgetreuen auf das orthografisch richtige Schreiben kommen sollen. Ich weiß es nicht.


    Grüße Enja

  • Für das Lesenlernen ist es sehr wichtig, in die Worte hineinzuhorchen und möglichst viele Laute zu hören. Zunächst hören die Kinder nur wenige Laute, vielleicht nur den An- oder nur den Endlaut, oder nur die Konsonaten (was da Kind dabei produziert, nennt sich "Skelettschreibung" und korrespondiert mit dem Fakt, dass alte Sprachen, z. B. das Hebräische, keine Vokale kennen, das Kind holt hier also einen frühen Entwicklungsschritt der Menschheit nach).


    Auch beim Schreibenlernen ist es wichtig, dass das Kind sich eine Technik aneignet, die Gliederung der Worte in Silben und die Laute in den Silben zu hören. Es lernt dann auch, dass zu jeder Silbe ein Vokal (oft "Silbenprinz oder ähnlich genannt) gehört.


    Beim Abschreiben, das ein Aufschreiben nach genauem Anschauen des Wortes sein sollte, ist das Kind gehalten, sich alle Stellen zu markieren, die für sein Ohr anders geschrieben werden als sie klingen - an dieser Schnittstelle liegt der Übergang zur korrekten Rechtschreibung.


    Wird z. B. mit der 5-Fächer-Kartei gearbeitet, so soll das Kind nach einem Fehler die Markierungen für dieses Wort auf seiner Karteikarte entsprechend anpassen.


    Aufgabe des lehrers ist es, behutsam von lautgetreuen Wörtern zu Wörtern mit rechtschreiblichen Besonderheiten überzugehen und die Ranschburg´sche Ähnlichkeitshemmung zu beachten.


    Grundlage bleibt immer das Mitsprechen des Wortes beim Aufschreiben.


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

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