Nachteilsausgleich in NRW - Verwirrung

  • Ich bin gerade etwas verwirrt, weil ich an unterschiedlichen Stellen Unterschiedliches lese.


    Ich es so verstanden: Wenn ein Schüler/eine Schülerin "besondere Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesen und Schreibens hat" - und dies kann auch durch Migrationshintergrund oder ein bildungsfernes Elternhaus sein -, hat der Schüler (ich schreibe das jetzt mal pauschal auch für die Mädchen) in SekI und II Anspruch auf individuelle Förderung. Bei der Bewertung der Leistung können in der Sek I seine Schwierigkeiten berücksichtigt werden und bei den Klassenarbeiten kann ihm z.B. mehr Zeit gegeben, andere oder weniger Aufgaben gestellt werden usw. Es kann in der Sek I darauf verzichtet werden, die Rechtschreibleistung zu bewerten. Ein Gutachten von externer Stelle muss nicht vorliegen.
    Richtig?


    Aber wer entscheidet dies? An einer Stelle habe ich gelesen die Schulleitung unter Berücksichtigung der Aussagen der Lehrer, an anderer Stelle die Lehrer 'allein'.
    Und verstehe ich es richtig, dass keinen Anspruch auf eine bestimmte Art des Nachteilsausgleiches gibt?


    Für Dyskalkulie habe ich gelesen, dass kein Nachteilsausgleich gewährt wird (http://www.brd.nrw.de/schule/g…ausgleich_an_Schulen.html) - Heißt dass, dass die Schüler nur Anspruch auf individuelle Förderung haben, aber in der Klassenarbeiten schreiben müssen wie alle?

  • Grundsätzlich muss für einen Nachteilsausgleich ein Klassenkonferenzbeschluss (!!) her.
    In Jg. 5 und 6 kann der Deutschfachlehrer aufgrund des Duisburger Sprachstandstest LRS diagnostizieren (RS-Leistung u 10 Punkten). Das kann (aber muss nicht!) zu einem NTA führen (wieder über die KK).



    Dyskalkulie ergibt kein NTA; das ist richtig. Der muss genau die gleichen Arbeiten schreiben.

  • Nochmal die Nachfrage: Mein Kollege behauptet, es müsse für die Gewährung des Nachteilsausgleiches bei LRS ein EXTERNES Gutachten her, ich finde aber nirgendwo die Aussage! Ich sehe nur, dass die Schule diese Diagnose stellt (und dann gewissermaßen selbst erkennt, dass ggf die Rechtschreibung nicht bewertet wird. Was stimmt?


    Wenn Eltern ein externes Gutachten haben, bestimmt aber dennoch die klassenkonferenz die Art des nachteilausgleichs, oder?


    Dieses Dokument bezieht sich ja allgemeiner auf den NTA, zB bei Behinderung, sonderpäd. Förderbedarf
    http://www.brd.nrw.de/schule/g…ausgleich_an_Schulen.html

  • noch einmal einige Nachfragen


    habe ich richtig verstanden, dass
    1. die Schule die LRS-Probleme diagnostizieren muss und eine externe Bescheinigung nicht eingefordert werden kann, sondern beigebracht werden sollte?
    - die Schüler ein Recht auf Förderung haben?


    - ist dass, was im LRS-Erlass in Bezug auf die Klassenarbeiten steht, schon ein Nachteilsausgleich?
    - wer legt die zB Nicht-Bewertung der Rechtschreibung fest? Schulleitung oder klassenkonferenz?

  • Zu deinen Fragen (vieles davon findest du aber auch im LRS-Erlass):


    - Nein, es muss KEIN externes Gutachten her.
    - Der Deutschlehrer sollte in der Lage sein, eine LRS zu diagnostizieren. Dies reicht aus.
    - Sobald dies geschehen ist (und erst recht, wenn Eltern ein externes Gutachten vorlegen) DARF die Rechtschreibleistung in KEINEM Fach gewertet werden. Das gilt für Deutscharbeiten ebenso wie für Vokabeltests in den Fremdsprachen. Insofern legt also weder die Schulleitung noch die Klassenkonferenz die Nichtbewertung der Rechtschreibleistung fest. Liegt ein Gutachten vor, darf diese nicht bewertet werden. Dies steht so explizit im LRS-Erlass. (4.1) https://www.schulministerium.n…ht/Erlasse/LRS-Erlass.pdf
    - Ein Nachteilsausgleich ist wiederum etwas anderes. Nicht jeder LRS-Schüler erhält einen Nachteilsausgleich, der i.d.R. sowieso nur so aussieht, dass die SuS mehr Zeit bekommen.
    - Ja, die SuS haben ein Recht auf Förderung, d.h. individuelle Förderung in deinem Unterricht sowieso, aber die Schulleitung sollte sich auch um entsprechende Förderkurse kümmern, die im besten Fall auf LRS-SuS ausgerichtet sind.
    - Informationen zum Nachteilsausgleich findest du hier: http://www.brd.nrw.de/schule/g…ausgleich_an_Schulen.html

  • Hallo MrGriffin, danke! Genau diese Sachen habe ich bereits aus den beiden Erlassen herangeführt und die einzelnen Abschnitte angeführt, aber ich werde nicht so recht erhört ... Das nervt mich.

  • Im LRS-Erlass steht ja nichts von einem externen Gutachten, daher kann man dort hierzu auch nichts finden. Du kannst natürlich, um deine KollegInnen zu beruhigen, einmal diese Frage an die BezReg weiterleiten. Dann hättest du also auch dies schwarz auf weiß.


    Aber mach dir nichts draus: An unserer Schule wissen auch ganz viele nicht, wie LRS bei Noten zu berücksichtigen ist. Der Erlass ist ja auch ein wenig schwammig formuliert, so bin ich beispielsweise über das Wort "Übungen" gestolpert und habe seiner Zeit auch angefragt, ob hier Vokabeltests mit eingeschlossen sind (weil ich persönlich unter dem Wort "Übung" nicht unbedingt eine Lernerfolgskontrolle verstehe). Mir wurde dann mitgeteilt, dass auch VokTests eingeschlossen sind.

  • Der NTA kann neben/statt der Zeitverlängerung auch andere Hilfen umfassen, z.B. Lapop statt Stift und Papier, vergrößerte Schrift, vorstrukturiertes Arbeitsblatt ...
    Art und Umfang des NTAs legt der Deutschlehrer fest.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Nach dem KLP S. 58 dürfen ja auch Diktate Teil einer Klassenarbeit sein.
    Wie verfahrt ihr denn, wenn ich LRS-Schüler in der Klasse habt? Ist es so, dass die Schüler in einer KA dann ja Kompetenzen anwenden müssen, die sie in der Unterrichtseinheit ja erworben haben sollten, sodass die Leistung hier auch bewertet wird? Oder wie gestaltet ihr solche Klassenarbeiten, in denen es konkret um Rechtschreibung geht?

  • Im LRS-Erlass steht ja nichts von einem externen Gutachten, daher kann man dort hierzu auch nichts finden

    Dort gleich zu Beginn:

    Zitat

    In der Regel beantragen die Erziehungsberechtigten formlos für ihre Kinder die Gewährung eines Nachteilsausgleichs unter Vorlage eines ärztlichen Attests. Die Schule prüft in Kontakt mit den Erziehungsberechtigten die Voraussetzungen, gewichtet die pädagogischen Erfordernisse, entscheidet und sichert die Umsetzung in den Unterrichtsfächern. Verantwortlich ist die Schulleiterin oder der Schulleiter. Eine kontinuierliche und konstruktive Elternarbeit ist unerlässlich.

    http://www.brd.nrw.de/schule/g…ausgleich_an_Schulen.html


    Ein ärztliches Attest ist wohl "extern"...
    Eine zurückhaltende Benotung ist ein Nachteilsausgkleich bei LRS. Ohne Schulleitung geht gar nix.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Aber im LRS-Erlass steht das nicht so explizit, der von dir, alias, zitierte Erlass nennt nur explizit als Grunlage dauerhafte Behinderung, sonderpäd. förderbedarf und zeitliche Behinderung - LRS ist doch keine Behinderung oder unter sonderpäd. Forderbedarf fallend ...

  • Das kommt auf die Ursache und Ausprägung der LRS an.
    LRS kann Ausdruck einer Entwicklungsverzögerung sein, aber auch hirnorganische oder okulare Ursachen haben.
    Daher sollte die Diagnose von speziell ausgebildeten Fachleuten - und nicht vom Deutschlehrer (nach Lektüre des Erlasses und von zwei Fachbüchern) erfolgen.
    Dasselbe gilt für sämtliche Teilleitungsstörungen, wie z.B. Dyskalkulie oder ADS/ADHS.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Noch einige Fragen zum Nachteilsausgleich (in der Oberstufe):


    In der APO-GOst heißt in es §13 ja "(7) Soweit es die Behinderung oder der sonderpädagogische Förder-bedarf einer Schülerin oder eines Schülers erfordert, kann die Schulleiterin oder der Schulleiter Vorbereitungszeiten und Prüfungszeitenangemessen verlängern und sonstige Ausnahmen vom Prüfungsverfahren zulassen; in Prüfungen mit landeseinheitlich gestellten Aufgaben entscheidet an Stelle der Schulleiterin oder des Schulleiters dieobere Schulaufsichtsbehörde. Entsprechendes gilt bei einer besonders schweren Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens.Die fachlichen Leistungsanforderungen bei Abschlüssen und Berechtigungen bleiben unberührt."


    1) Wenn ein Schüler wegen einer attestierten LRS eine Verlängerung der Arbeitszeit bekommt, wird dann die Rechtschreibleistung 'normal' gewertet oder nicht?
    2) In dem Abschnitt ist ja die Rede von "besonders schwere Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens" - wer stellt denn fest, ob die Beeinträchtigung "besonders schwer" ist? Dann kann doch nicht nach Gefühl gemacht werden ....

  • Zu 2)
    Zumindest bei uns muss für LRS in der Sek I eine lückenlose Diagnostik vorgelegen haben, um den NTA auch in der Sek II zu erhalten. Und für den NTA in den Abiturprüfungen muss der NTA auch vorher in der gesamten Sek II gewährt worden sein. (Letzteren bewilligt aber die Bezirksregierung.)


    zu 1) (ohne Gewähr!)
    Soweit ich weiß, wird die Rechtschreibleistung normal gewertet. Die Zeitverlängerung soll dazu genutzt werden, für die Rechtschreibung einen Duden heranzuziehen.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

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