Rechtsfrage: Tendenznoten in NRW verboten?

  • Immer wieder höre ich von Lehrern anderer Schulen, dass Tendenznoten (also mit + und -) an NRWs Grundschulen verboten seien. Fragt man dann genauer nach, wo das denn steht, konnte mir dazu bisher nie jemand Auskunft geben. "Hat meine Schulleitung gesagt." oder "Hat man uns im Schulamt gesagt."


    Ich habe dazu natürlich auch schon die BASS bemüht, konnte aber im Schulgesetz, in der AO-GS und in den sonstigen Erlassen eigentlich nichts derartiges finden. Aber vielleicht ist ja auch gerade hier der Hund begraben? Weil es nicht explizit erlaubt ist, ist es (automatisch) verboten? §48 SchulG sieht ja nur 6 Notenstufen vor ...

  • Sechs Notenstufen sind sechs Notenstufen - und die sehen Tendenzen in der Tat nicht vor.
    Ich bin dazu übergegangen, immer die Notenstufe auszuschreiben und dann in Klammern die Tendenz zu setzen, um eine präzisere Rückmeldung zu geben. Justiziabel sind aber nur die Notenstufen an sich.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Interessantes Thema.
    Ich kenne es von vielen Schulen so, dass statt plus und minus einfach andere Formulierungen gewählt werden, die zur Note geschrieben werden.
    ("Das war knapp" "fast besser..." usw.)
    Da geht es dann aber auch nur darum, dass die Schüler / Eltern die Leistung in der Arbeit oder im Test besser einschätzen können.

  • §5 AO-GS und §48 SchulG kennen keine Tendenzen - das heißt aber nicht, dass weiterführende Erläuterungen auf den Klassenarbeiten verboten wären. Entweder ist das ungeregelt oder eben per Erlass auf BR-Ebene, bzw. durch einen Beschluss der SchuKo.

  • Formal-rechtlich ist dann aber eine 2- eine 2 und keine 2,5. Es soll ja durchaus Lehrer geben, die die Zeugnisnote nur aus dem Durchschnittswert der schriftlichen LZKs ziehen (bzw. Eltern, die glauben, es ginge so einfach).

  • Formal-rechtlich ist dann aber eine 2- eine 2 und keine 2,5.

    Es gibt in NRW formal-rechtlich keine 2, 2- oder 2,5. Formalrechtlich gibt es sehr gut, gut, befriedigend, ausreichend, mangelhaft und ungenügend. Wie die definiert sind, steht im Schulgesetz.


    Zitat

    Es soll ja durchaus Lehrer geben, die die Zeugnisnote nur aus dem Durchschnittswert der schriftlichen LZKs ziehen (bzw. Eltern, die glauben, es ginge so einfach).

    Ja, es gibt sicherlich Lehrer die gegen die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen verstoßen und gegen das ausdrückliche Verbot, Noten arithmetisch zu bilden. Aber daraus lassen sich ja keine Schlussfolgerungen ziehen, wie eine korrekte Klausurbenotung auszusehen hat. :)

  • Gefühlt werden die Noten-Rechner durch die vielfältigen Lehrer-Apps eher mehr. Ist ja so schön einfach und nur ein Wisch auf dem Display bis zur Note ...

  • Ich weiß nicht, was daran schlimm ist, seine Note zu errechnen. Ich rechne ja meine Noten aufgrund vielfältiger Entscheidungen aus, pädagogischer Entscheidungen, die in einen Zahlenwert übertragen werden. Was ich am Ende nicht machen darf, ist mich allein darauf zu berufen und den am Ende stehenden Zahlenwert als unumstößlich anzusehen. Ich prüfe dann, ob die am Ende herauskommende Note so für mich stimmig ist. Wenn nicht, gebe ich durchaus auch davon abweichend die Endnote. Arithmetisch ermittel habe ich vorher trotzdem.

  • Ich weiß nicht, was daran schlimm ist, seine Note zu errechnen.

    Für meinen Schultyp beendet die APO-WbK §17(2) die Diskussion:


    Zitat

    Eine rechnerische Bildung der Kursabschlussnote istunzulässig.

  • Mal ganz ernsthaft: Wie komme ich denn auf eine nachvollziehbare Abschlussnote, wenn ich nicht berechnen darf?
    Dass ich dieses Ergebnis dann noch pädagogisch abwäge (also z.B. eine 5 in einer Arbeit, wenn alle anderen 2 sind, dann als Ausrutscher zu zählen), finde ich nur natürlich.
    Aber wenn 5 von 6 Arbeiten 5 sind und die 6. meinetwegen 2, Mitarbeit bis drei Wochen vor Notenschluss auch eher 4-5 und der Schüler sich erst dann zusammenreißt, kann ich doch trotzdem keine 2 rechtfertigen?

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Mal ganz ernsthaft: Wie komme ich denn auf eine nachvollziehbare Abschlussnote, wenn ich nicht berechnen darf?

    Sehr einfach - indem du die Note findest. Du bildest einen operationalisierten, verbal definierten Erwartungshorizont, der verschiedene Kompetenzen verbalisiert. Dann vergleichst du die Schülerleistungen mit diesem Erwartungshorizont. Dann wendest du die Definitionen des Schulgesetzes an, was eine befriedigende, eine ausreichende, eine gute Leistung ist, bzw. ob dieser Bereich nach oben oder unten überschritten wird. (Ich mache das übrigens genau in dieser Reihenfolge.) Dann stellst du Tendenzen fest, indem du entscheidest, ob das ein Grenzfall ist oder nicht.


    Diesen ganzen Entscheidungsprozess kann man seinen Schülern erklären. Da ich in meiner Schulform ausschließlich Erwachsene unterrichte findet bei mir der Notenfindugnsprozess übrigens anstatt des Elterntages in einem individuellen Beratungsgespräch statt. Meine Strategie funktioniert ausgezeichnet, genauso wie meine Schüler durchweg positiv reagieren, wenn ich zu Beginn des Semesters erkläre, wie ich ihre Bewertungen bilde und dass ich nicht mit einem Taschenrechner arbeite. Konfliktfälle habe ich fast nie, obwohl in den Notenkonferenzen immer feststelle, dass ich trotz meines gegenteiligen subjektiven Eindrucks zu den "harten Notengebern" gehöre.


    Woher in Dreigottesnamen kommt bloß diese naive Vermutung, dass eine Einschätzung objektiver ist, wenn man sie einen Taschenrechner eintippen kann!?

  • Das Noten objektiv sind, habe ich nie behauptet, genau so wenig, dass das Zusammenrechnen es objektiver mache als ein anderes Verfahren. Ich hing halt an der Stelle, dass mir nicht klar war, wofür ich sozusagen Einzelnoten mache (sowohl für die Klassenarbeiten/ Klausuren als auch die sonstige Mitarbeit), wenn ich diese nicht in die Gesamtnote miteinbeziehen darf.


    Aber noch mal für Doofe, bitte, sorry:
    So sagt z.B. das Schulgesetz: "Die Note „befriedigend“ soll erteilt werden, wenn die Leistung im Allgemeinen den Anforderungen entspricht."
    Du hast ja, nehme ich an, die Klausuren deiner Schüler entsprechend bewertet. Wenn jetzt also meinethalben die beiden (?) Klausuren in Englisch des Schülers x im Allgemeinen entsprechen, du also beide mit "drei" bewertet hast, dann hätte die Bewertungskategorie "schriftliche Leistungen" doch auch als Ergebnis ein "Befriedigend", oder?


    Mir ist da nicht ganz klar, wenn ich dein Vorgehen denn richtig verstanden habe, wo denn da de facto der Unterschied liegt, abgesehen davon, dass ich die Bewertungskriterien formuliere -- was ich, aus meiner Sicht, bei Klausuren ja mithilfe eines Bewertungsbogens mache, und ich gebe meinen Schülern ihre Rückmeldung zur sonstigen Mitarbeit eigentlich immer schriftlich in Form eines kurzen Gutachtens, wenn man es so nennen möchte, das offen legt, welche Bereiche ich in die Beurteilung miteinbeziehen. Ist das dann nicht im Prinzip ähnlich?
    Für die Endnote betrachte ich alle Einzelbewertungen, bei denen ich ja detaillierte Kriterien zu Grunde (und auch offen gelegt) habe, im Gesamtbild und erhalte so eine Endnote (und natürlich halte ich mich nicht automatisch sklavisch an das, was das Programm ausspuckt, sondern überprüfe die Daten).



    Vielleicht ist das die Erfahrung meiner Schule, aber wenn die Einzelbewertungen, die ich im Verlauf eines Schuljahres den Schülern gebe, sich in der Gesamtbewertung nicht wiederfinden, hast du hier schneller die Eltern auf dem Plan, als du gucken kannst. Und die Bezirksregierung gibt denen in so Fällen Recht. Zumindest deute ich deren Entscheidungen so, dass da die Einzelnoten sehr wohl eine Rolle spielen, aber da kann ich natürlich auch falsch liegen. Aber bei einem Widerspruch muss ich ja sehr detailliert darlegen, wie ich bewertet habe und eben auch die Einzelnoten für Klausuren/ Klassenarbeiten und sonstige Mitarbeit anführen (und natürlich belegen, dass die Schüler und Eltern diese Rückmeldungen auch erhalten haben).


    Zumal ich jetzt gerade noch mal die APO-GOSt durchgeguckt habe, so eindeutig finde ich das da nicht:



    Zitat von APO_GOSt

    Im Kurssystem der gymnasialen Oberstufe ergibt sich die jeweilige Kursabschlussnote in einem Kurs mit schriftlichen Arbeiten (Klausuren) aus den Leistungen im Beurteilungsbereich „Klausuren“ (§ 14) und den Leistungen im Beurteilungsbereich „Sonstige Mitarbeit“ (§ 15). Die Kursabschlussnote wird gleichwertig aus den Endnoten beider Beurteilungsbereiche gebildet. Eine rein rechnerische Bildung der Kursabschlussnote ist unzulässig, vielmehr ist die Gesamtentwicklung der Schülerin oder des Schülers im Kurshalbjahr zu berücksichtigen.


    Ja, da steht "eine rein rechnerische Bildung" ist unzulässig. Aber auch, dass die Kursabschlussnote gleichwertig aus den Endnoten beider Beurteilungsbereiche (Klausuren/ SoMi) gebildet wird. Vielleicht verstehe ich das dann falsch, aber eigentlich heißt das doch zumindest dafür, dass ich meine Beurteilung der Klausuren und die der sonstigen Mitarbeit jeweils 50:50 einbeziehen muss.


    Irgendwo stehe ich auf dem Schlauch...?

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • aber wenn die Einzelbewertungen, die ich im Verlauf eines Schuljahres den Schülern gebe, sich in der Gesamtbewertung nicht wiederfinden, hast du hier schneller die Eltern auf dem Plan, als du gucken kannst.

    Hier könnte man allerdings auch den Schluss ziehen, dass schriftliche Leistungsüberprüfungen eben genau die Bandbreite an Kompetenzerwartungen abbilden sollten, die neleabels Erwartungshorizont entspricht. Wenn mir dies bei der Gestaltung der Bewertungssituationen gelingt, dürfte es ja eigentlich keine Diskrepanz zwischen Gesamtbewertung und den Einzelbewertungen geben.

  • Das ist klar. Passiert auch eigentlich nicht.


    Für mich klang das nur so, als ob es theoretisch möglich wäre, die Einzelbewertungen für die Gesamtbetrachtung außer Acht zu lassen - und das kann dann aus meiner Sicht zu massiven Problemen mit Eltern führen.
    Aber vermutlich stehe ich gerade einfach irgendwo auf dem Schlauch...

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • @katta Kann sein. Ich sage ja nicht, dass man Einzelbewertungen außer Acht lassen soll. Ich sage nur, dass die arithmetische Berechnung unnötig (und sinnlos) ist. Ein Taschenrechner erhöht per se nicht die Genauigkeit.

Werbung