Arbeitszeit und Arbeitsbelastung

  • Hallo liebes Forum,



    ich bin seit geraumer Zeit stiller Mitleser und finde einige Beiträge sehr hilfreich und hoffe auf diesem Wege, eine Beantwortung meiner Fragen zu finden. Seit einiger Zeit wachsen in mir die Zweifel, ob ich den Lehrerberuf ergreifen möchte. Meine Sorgen beziehen sich v.a. auf Berichte bezgl. überdurchschnittlich langer Arbeitszeiten:



    > 50-60 Stunden in der Woche


    > arbeiten an den Wochenenden


    > Korrekturen und Unterrichtsvorbereitungen bis in den späten Abend/Nacht


    > Folgen: Burnout, Frühpension usw.



    All das neben dem ohnehin psychisch anspruchsvollen Unterrichten.Für mich hört sich das nach permanentem Stress an und würde die hohe Anzahl an Frühpensionierungen erklären. Ich weiß nicht, ob man das über Jahre aushalten kann. Ich bin davon ausgegangen, dass der Beruf familienfreundlich ist. Wie soll das funktionieren, wenn man beruflich so sehr eingespannt ist. Lebt man dann nur von Ferien zu Ferien?Das Kontrastprogramm wäre eine Tätigkeit im Übrigen öffentlichen Dienst. Dort sind die Arbeitszeiten fest geregelt und jede Minute darüber wird als Überstunde angerechnet.



    Meine Fragen richten sich v.a. an Sek I und Sek II Lehrer mit geisteswissenschaftlichen Korrekturfächern.



    1. Wie viel arbeitet man als Lehrer in der Woche?


    2. Ist es möglich als Lehrer effizient zu arbeiten, so dass man nicht zu späten Abendstunden und zusätzlich an den Wochenenden arbeiten muss?


    3. Stellt sich mit den Berufsjahren ein routinierter Umgang mit den Herausforderungen ein oder ist es eher so, dass der Beruf einen über die Jahre zermürbt?



    Ich würde mich über Erfahrungsberichte sehr freuen. Vielen Dank im Voraus!

  • Hallo und herzlich willkommen.


    Dein Anliegen ist hier in den letzten Jahren immer wieder ausführlichst in verschiedensten Threads diskutiert worden. Sei es die Korrekturbelastung, die Arbeitszeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf etc.
    Als "stiller Mitleser" benutzt Du am Besten die Suchfunktion, die Dir die entsprechenden Beiträge anzeigt.


    Hier mal ein Auszug vom Suchbegriff "Arbeitszeit" nur auf Threadtitel reduziert:
    http://www.lehrerforen.de/inde…46/&highlight=Arbeitszeit


    Und hier vom Suchbegriff "Arbeitsbelastung".
    http://www.lehrerforen.de/inde…ighlight=Arbeitsbelastung

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Geistes- und Sozialwissenschaften, zur Zeit 7 Lerngruppen, 6 davon sind Korrekturgruppen.
    und ich bin im zweiten Jahr der Planstelle, also mit bisher sehr wenig "im Schrank"
    Ich arbeite abends NIE. NIEMALS. Gut, manchmal im Notfall schnell was. Aber mein "abends" ist 21uhr. Ich mache nach 19/20 uhr NIX.
    Ob ich vorher effizient gewesen bin? das weiß ich nicht. Es ist mir egal. Abends und nachts schlafe ich.
    Am Wochenende mache ich im SChnitt einen kompletten Arbeitstag. Aber auch das hängt von der Korrekturphase ab. und ob ich unter der Woche ein bisschen mehr Luft haben möchte.
    Also ja: den Tag am Wochenende (bei mir sind es eher ineffizient genutzte zwei Tage, wo ich gleichzeitig / parallel auch was anderes mache, viel unterbreche, und so weiter) brauche ich. Das merke ich spätestens, wenn ich zum Beispiel den Tag der offenen Tür am Samstag hatte.
    Aber ich ändere auch mal die Haltung. Ich hab in den Ferien 3 Korrekturstapel gehabt. und werde ziemlich sicher nur 2 Sätze zurückgeben. Gut, schlechtes Wochenende in Aussicht aber ich hatte wunderbare Ferien. mit viel Sport, Treffen, Freunden, Fernseh. Egal was, aber keine Korrekturen.
    In den Sommerferien hatte ich sehr viel vorgearbeitet und habe bis zu den Herbstferien fast nur aus der Reserve gelebt. also neben der Schule quasi nur die Korrekturen.
    Ich kann mir also sehr gut vorstellen, dass es in 3-4 Jahren sehr schön sein wird, wenn ich dann nur noch Stunden verbessern kann, wenn ich es muss oder will. Wahrscheinlich ist es optimistisch. Ich merke gerade, die Stunden werden erst "okay" beim 2. Durchgang. Aber auch mit den Stunden des 1. Durchgangs ist kein Kind gestorben, also im Notfall geht es gut.


    Meine Erfahrung: Organisation ist das wichtigste. Zeitlich natürlich (da bin ich super schlecht), aber auch was die Unterrichtsmaterialien angeht.
    chili

  • Und niemals das Pareto-Prinzip vergessen:



    Zitat

    Das Paretoprinzip, benannt nach Vilfredo Pareto, auch Pareto-Effekt, 80-zu-20-Regel, besagt, dass 80 % der Ergebnisse mit 20 % des Gesamtaufwandes erreicht werden. Die verbleibenden 20 % der Ergebnisse benötigen mit 80 % die meiste Arbeit.

    Gerade im Lehrerberuf verfuddelt man unglaublich viel Zeit durch völlig unnötigen Kleinkram - die Zeit sollte man besser in sein eigenes Leben und seine Erholung investieren.


    Zu 2: Ja, man kann effizient arbeiten. Ein gut sortiertes digitales Archiv hilft dabei genau so, wie die Angewohnheit immer nur recyclebare Arbeitsmaterialien herzustellen. (Also z.B. nichts, was endlos zurechtgeschnippselt werden muss und hinterher kaputt ist, wie es Referendare gerne praktizieren.)


    Zu 3: ich habe so ungefähr 6-7 Jahre gebraucht, bis ich richtig effizient und routiniert geworden bin. Ganz wesentlich dabei ist übrigens, dass man ein robustes berufliches Selbstbewusstsein entwickelt. Dann kommt die lebensnotwendige Gelassenheit schon von alleine.

  • Als Beamter / Lehrer hat man eine Wochenarbeitszeit von - bei uns - 40 Stunden. Man hat mehr Ferien als die 6 Wochen Urlaub, die einem Arbeitnehmer sonst zustehen, diese zusätzlichen freien Tage müssen irgendwo "reingearbeitet" werden. Und das geschieht auch ... 50 - 60 Stunden Wochen sind durchaus, je nach Zeitpunkt im Schuljahr und anderen Faktoren (welche Jahrgangsstufen, Klassleitung, Abiturprüfungen etc), häufig.


    In Vollzeit würde ich den Beruf nicht als familienfreundlich bezeichnen, denn (zumindest bei uns) der Trend geht immer mehr zur ganztägigen Beschulung oder zumindest Beaufsichtigung der Schüler und die Zahl der Konferenzen wird nicht weniger.


    Ja, es ist möglich, dass man spätabends oder am Wochenende wenig arbeiten muss, dann sind aber die Nachmittage an denen man selbst keinen Unterricht hat auch komplett dicht (ist das familienfreundlich?).


    Die Unterrichtsvorbereitung wird tatsächlich nach einigen Jahren deutlich einfacher, was mir extrem Zeit nimmt, sind die Korrekturen, insbesondere Oberstufe. Und da sind Klausuren in Geschichte nicht weniger zeitaufwändig als Englischarbeiten ... nur fast noch nerviger, weil viele Schüler sich nicht einmal in der Muttersprache so ausdrücken können, dass man es ohne langes Nachdenken versteht. Da wir "positiv" korrigieren sollen (das heißt, der Schüler soll auf seiner Arbeit lesen können, wie es richtig gewesen wäre), schreibe ich manchmal bei der Korrektur fast soviel wie ein Schüler (bzw. ich sollte, ich tu es oft nicht, weil es kaum zu schaffen wäre).
    Hier habe ich bisher (nach ca. 15 Jahren!) nicht das Gefühl, dass mehr Routine zu schnelleren / einfacheren Korrekturen führt.


    Ich habe / hatte gerade 14 Tage Weihnachtsferien ... und verbringe sie u.a. mit der Korrektur von 8 Seminararbeiten (so ca. 150 Seiten insgesamt). Ich hab mal genauer auf die Zeit geachtet, verteilt auf 14 Tage (also auch die Feiertage und Sonntage) waren es im Schnitt über 2 Stunden pro Tag, so ca. die Arbeitszeit einer vollen Arbeitswoche. Wenn ich jetzt die Feiertage einrechne, bleibt von meinen "zwei Wochen Ferien" also nicht viel mehr übrig, als jeder andere Arbeitnehmer auch hat. Und leider rege ich mich über schlechte Arbeiten und verpasste Chancen immer noch viel zu sehr auf ...


  • Und leider rege ich mich über schlechte Arbeiten und verpasste Chancen immer noch viel zu sehr auf ...

    das ist das Erste, was man besser abstellt :D
    Ein dickes Fell brauchts ganz unbedingt als Lehrer, in (fast) jeder Beziehung. Dazu gehört auch:
    nicht so viel persönlich nehmen, Eigenverantwortung an die Schüler zurückgeben, Humor, Humor und noch mal Humor.


    Gutes Zeitmanagment vorausgesetzt, aber das hat man mit mehreren eigenen Kindern doch sowieso. Oder nicht? 8)

  • Gutes Zeitmanagment vorausgesetzt, aber das hat man mit mehreren eigenen Kindern doch sowieso. Oder nicht? 8)

    Das kann man auch ohne eigene Kinder haben. 8)

  • Dann gebe ich auch einmal meinen Senf dazu (vieles wurde ja schon gesagt und ich kann es nur bestätigen):


    - Die ersten Jahre (und insbesondere das Referendariat) sind schon sehr zeitaufwändig


    - Mit der Zeit gibt sich das. Wichtig ist ein "recyclebarer" Materialfundus und der Verzicht auf Pefektion (man sollte als Lehrer schon Improvisationstalent haben!)


    - Die Arbeitsbelastung ist ungleichmäßig. Es gibt immer wieder Hochphasen (viele Korrekturen) und dann wird's auch wieder ruhiger.


    - Man braucht unbedingt einen Ausgleich jenseits der Schule, sonst brennt man aus. Wirklich "schulfreie" Tage sind unglaublich wichtig (der Beruf verleitet dazu, immer etwas zu tun, denn man findest immer etwas, was man noch machen könnte...)


    - Zur "Familienfreundlichkeit": Praktisch alle Frauen bei uns mit jüngeren, teilweise auch älteren, Kinder haben auf Teilzeit gewechselt. Die halbe Stelle ist da die Regel. Ist das "familienfreundlich"? Zumindest bedeutet das den Verzicht auf das halbe Gehalt.


    - Und noch etwas: Natürlich hat man beim Unterrichten selbst einen gewissen (methodischen) Freiraum. Aber letztendlich ist man weisungsgebundener Beamter. Das merkt man an sehr vielen Stellen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Hallo,


    ich bin nun im 2. Jahr und komme nun gut mit der Arbeitsbelastung zurecht. Da ich im Studium und Ref oft vieles unorganisiert und auf den letzten Drücker gemacht habe, achte ich nun umso mehr auf mein Zeitmanagement. D.h. ich schreibe mir gedanklich meine Arbeitsstunden auf und schreibe mir tatsächlich meine Urlaubstage auf.
    Das bedeutet konkret: Es gibt Tage, da habe ich um 11 Uhr Unterrichtsschluss, oder fange erst mittags um halb 2 an. Früher hätte ich den Nachmittag bzw. Morgen rumgedaddelt, anderes erledigt, nicht gearbeitet. Dann bleibt der Kram natürlich bis zum Abend oder Wochenende liegen. Jetzt versuche ich viel disziplinierter ranzugehen und schreibe mir "gedanklich" meine Stunden auf. D.h. schlafe ich mal länger und fange erst um 10 an zu arbeiten, schaue ich, dass ich trotzdem meine 8h zusammen bekomme und arbeite bis 18/19 Uhr.


    Ich schaue, dass ich nicht die kompletten Ferien frei mache. Ich notiere mir meine freien Tage und bei (wie ein normaler Arbeitnehmer) 30 Urlaubstagen komme ich super hin, wenn ich die restlichen Ferientage für Korrekturen und Vorbereitungen nutze.


    Fazit nach 2 Jahren: Wochenends mache ich nichts, feiertags nichts, und spät abends auch nicht.


    Es hilft mir, dass ich mir die Klausuren vor die Ferien lege, so kann ich die Stapel während der Ferien wegkorrigieren. Während des normalen Unterrichtsbetriebs ist es wirklich schwierig noch nebenher zu korrigieren. Das würde dann tatsächlich nur wochenends gehen bzw. mal ein Klassensatz über mehrere Nachmittage verteilt.


    Mein Eindruck ist, dass vielen Kollegen die Ferien heilig sind. Das ist dann ein anderer Ansatz und auch okay. Das ist der Vorteil unseres Berufs, dass wir uns die Zeit frei einteilen können. Aber wer fast jede Ferien komplett zum Erholen nutzt oder wegfährt, korrigiert dann eben wochenends. Es kommt darauf an wie man sich die Arbeit einteilt.



    Ich habe eine Sprache und Mathematik und unterrichte an einer beruflichen Schule, ich habe gute Lehrbücher zur Verfügung. An Grundschulen oder Gemeinschaftsschulen, wo viel Material selbst erstellt werden muss, oder mit zwei Sprachen kann es natürlich vom Zeitaufwand um einiges höher sein als bei mir.


    Grüße

  • Ich kenne zwar die typischen 60-Stunden-Wochen auch, aber die sind nicht unbedingt die Regel und hängen wirklich stark davon ab, ob man unterrichtsfreie Tage/Wochen zum Arbeiten nutzt oder nicht. Ich korrigiere i.d.R. nicht in den Ferien und an Wochenenden nur in Ausnahmefällen...z.B. während der Abiturzeit. Auch steigt die Arbeitszeit nicht unerheblich durch teils freiwillige Zusatzaufgaben an. Mit Fachleitung, Steuergruppe und mehreren Arbeitskreisen kommt da einiges zusammen, was aber zumindest theoretisch keine Pflicht wäre.


    Ich kann mich den Vorrednern nur anschließen bei der Empfehlung sich selber als Eigenschutz zu definieren, wann man arbeitet und wann nicht...und diese Zeiten auch einzuhalten. In meinem ersten Jahr habe ich teilweise bis in die Nacht hinein korrigiert...und letztes Jahr war die Versuchung wieder groß, als zentral gelegte 11er Klausuren genau in die heißé Abi-Phase reingrätschten und ich im Abi gleichzeitig Referent, Koreferent und Fachprüfungsleiter war. Ich konnte aber widerstehen und dann mussten die Kurse und Klassen halt mal 1-2 Wochen länger auf eine Klausur warten...damit kann ich gut leben.


    Da ich im Moment auch ein kleines Kind zu Hause habe: Ich empfinde den Beruf durchaus als sehr familienfreundlich...im Regelfall kommt man eben nicht erst 18 Uhr aus dem Büro, sondern hat erst einmal nachmittags Zeit für die Kinder und kann abends nochmal arbeiten, wenn die schon schlafen. Das geht nicht unbedingt an jedem Wochentag, aber da muss man glaube ich auch mal ehrlich zu sich selbst sein und die Ansprüche prüfen: Ein Vollzeitjob geht eben nicht mit nur 9-12 Uhr Anwesenheit. Mit meinem Stundenplaner war jedenfalls zu reden, so dass ich an 3 Tagen später kommen kann, um den Kleinen in Ruhe in die Kita zu bringen und nur an 2 Tagen Nachmittagsunterricht habe, so dass ich ihn an den anderen 3 Tagen auch entspannt abholen kann.

  • Es kommt doch sehr auf die Schulform und den Einzelfall an.
    - An der Gesamtschule arbeite ich deutlich mehr Stunden als vorher am Gymnasium. Ist mein persönlicher Erfahrungswert.
    - Mit Klassenleitung arbeite ich wesentlich mehr als ohne.
    - In Abiturjahrgängen und mit Leistungskursen hat man mehr Arbeit.
    - Wenn die Schule gerade im Schulentwicklungsbereich sehr aktiv ist und neue Konzepte umgesetzt werden, hat das gesamte Kollegium wesentlich mehr Arbeit als im laufenden Betrieb (außer denen, die sich drücken).
    - Hat die Schule eine ausgeprägte Team- und Konferenzkultur, geht für Besprechungen ebenfalls viel Zeit drauf.
    Für all das bekommt man in der Regel keinen Ausgleich.


    Hat die Schule einen ausgesprochenen Team-Charakter, kann das auch stark entlasten.
    Hat man Kollegen, die kooperationsbereit sind, ist das Gold wert.
    Wenn das Schulkonzept vorsieht, dass man überwiegend im selben Jahrgang mit Parallelkursen unterwegs ist, spart das auch Zeit.
    Wenn die Schule die Kapazitäten für Ausgleichsstunden für Korrekturen u.a. hat, entlastet das ebenfalls, wenn auch meistens nur in geringem Maße.


    Sicherlich ist es aber auch politisch gewollt, dass Lehrer am Limit oder darüber arbeiten. Anders kann man die Entwicklungen der letzten Jahre nicht erklären.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Ich möchte auch mitsenfen.


    Ich arbeite nun seit 2 1/2 Jahren in der Sek 1. Die Schule geht an drei Tagen bis 15:30 Uhr. An dem vierten Tag findet jede Woche irgendeine Konferenz statt, die bis 15 Uhr angesetzt ist. Der fünfte Tag geht offiziell bis 13 Uhr plus AG´s. Da allerdings inzwischen so viele interne Fortbildungen und Arbeitskreise etc. stattfinden müssen, wird nun auch der fünfte Tag immer häufiger als Nachmittag hinzugezogen. Schulbeginn ist übrigens 7:30 Uhr.
    Es ist schwierig, die Springstunden effektiv zu nutzen, da wir insgesamt sechs Arbeitsplätze besitzen (wovon in der Regel 4 defekt sind) und zwei Drucker für ca. 85 Kollegen. Auch befinden sich nur 2 Arbeitsplätze auf dem Flur mit den Druckern. Alle anderen Arbeitsplätze sind auf anderen Stockwerken und häufig verbringt man viel Zeit damit, zu überprüfen, ob die AB überhaupt angekommen sind (in 20 % der Fälle nicht). Auch kann natürlich jeder beliebige Kollege seine Druckaufträge vom Computer in der Klasse aus schicken, so dass man nie weiß, wann einem einer der Kollegen wieder dazwischen funkt. Wenn ich anfange, in einer Springstunde die neue Deutscharbeit zu kopieren, kann ich direkt mit dem Frust meiner Kollegen rechnen.


    Fazit: Ich könnte unter anderen Bedingungen viel Unterrichtsvorbereitung in der Schule vornehmen. Diese Bedingungen sind jedoch nicht gegeben. Bei dem Konzept der Ganztagsschulen fehlt definitiv der Blick auf das Kollegium. Ich verlange keinen eigenen Arbeitsplatz, aber es sollte schon möglich sein, Springstunden effektiv zu nutzen.


    Meine Korrekturzeiten sind übrigens aktuell noch sehr überschaubar. Ich besitze nur zwei Deutschkurse. Dies liegt allerdings darin begründet, dass ich Fortbildungen gemacht habe und noch andere Kurse als meine eigentlichen Fächer besetze (z.B. LRS, Schwimmunterricht).

  • Hallo,


    also erst einmal muss ich sagen, dass mir der Beruf Spaß macht und daher auch die Arbeitszeitbelastung relativiert wird.
    Ohne jedoch eine Debatte über die Fächerwahl heraufbeschwören zu wollen, denke ich jedoch, dass schon viel davon abhängt - und natürlich auch von dem Einsatzplan.
    Ich werde überwiegend in der Oberstufe eingesetzt, habe jedes Jahr Abitur - häufig in Deutsch UND in Englisch. (Und in Deutsch MÜSSEN ja alle Schüler ins Abi...)
    Dazu kommen natürlich die normalen Korrekturen für die Klausuren, die in der Oberstufe ebenfalls umfangreich sind. Wenn ich mal in einer Woche nur 50 Stunden arbeite, dann war das eine gute Woche. Sicherlich kann man jetzt sagen, dass ich vielleicht etwas falsch mache, ich habe jedoch schon häufiger darüber nachgedacht und andere Strategien versucht, von daher weiß ich nicht, was ich momentan noch ändern könnte.
    Wenn ich keine Korrekturen habe (also meistens jeweils die ersten 3-4 Wochen im Schulhalbjahr), dann schaffe ich es in der Regel bis 19-20 Uhr mit der Arbeit fertig zu sein, manchmal sogar früher. Am Samstag mache ich in der korrekturfreien Phase auch nichts. Sonntags bereite ich jedoch wieder vor.
    In der Korrekturphase geht das mit dem freien Tag leider nicht, außerdem sitze ich dann deutlich länger als 19-20 Uhr am Schreibtisch. Wenn ich nach Hause komme, mache ich allerdings schon noch so eine Stunde Pause, bevor ich wieder loslege. Außerdem brauche ich auch ein kleines Päuschen zwischen den Klausuren, d.h., ich schaffe es von der Konzentration her selten, 5 Stunden durchzukorrigieren. In einer 'mittleren' Korrekturphase bin ich dann so um 22 Uhr fertig. In einer heftigeren (z.B. Abizeit oder so), wird es dann schon mal später.
    In den Herbst- und Osterferien habe ich selten korrekturfrei, arbeite dann aber nur 5-6 Stunden am Tag, also deutlich weniger. In den Weihnachtsferien schaffe ich es aber schon, eine Woche oder mehr frei zu haben.
    Was ich allerdings schon merke ist: Es wird besser! Zumindest die Vorbereitung nimmt weniger Zeit in Anspruch. Auch wird man in anderen Bereichen entspannter. Anfangs habe ich z.B. jedem Schüler noch eine halbe Seite (ausgedruckt) zu seiner Klausur aufgeschrieben. Das mache ich nicht mehr . Hat meiner Meinung nach eh nichts gebracht. Stattdessen bespreche ich bei Bedarf die Klausur nochmals mit jedem Schüler kurz einzeln. Ich gebe sowieso 2x mündliche Zwischennoten. Dabei frage ich auch immer nach der Klausur und gebe gegenfalls noch Tipps. (Sollte jetzt nur ein Beispiel sein, dass man manche Dinge nicht mehr so ernst sieht).


    Vielleicht als kleines Fazit: Ich (persönlich) finde, dass das Lehramt mit zwei korrekturintensiven Fächern und in der Oberstufe viel Arbeit ist, aber auch viel Spaß macht. Dennoch würde ich mich heute - evtl. zusätzlich als drittes Fach oder als Ersatz für ein Korrekturfach - für eine andere Kombination entscheiden. Dies ist in meinem Fall aber nur so, weil ich sowieso auch naturwissenschaftlich interessiert war/bin und das damals auch hätte studieren können und es beinahe gemacht hätte. Zum Teil bereue ich, es nicht gemacht zu haben. Das liegt einerseits daran, dass ich es schon gerne gemächt hätte und mich es interessiert, andererseits aber auch an den vielen Korrekturen in meinen Fächern. Das soll NICHT heißen, dass die Naturwissenschaftslehrer weniger Arbeit haben - ich denke, es ist nur anders. Sie stecken sicherlich mehr Arbeit in die Vorbereitung (schon allein Versuchsauf und -abbau) und haben dafür (nach eigener Aussage) weniger Korrekturen. Es ist meiner Meinung nach aber nicht sinnvoll, nur etwas zu studieren, weil man es für eine gute Fächerkombi hält.


    Viel Erfolg!


    Sylvana

  • also erst einmal muss ich sagen, dass mir der Beruf Spaß macht und daher auch die Arbeitszeitbelastung relativiert wird.

    Sämtliche staatliche Organe, die Lehrern immer mehr Aufgaben aufdrücken und sie nicht angemessen oder überhaupt bezahlen, danken dir für diesen Satz.

  • Vielleicht als kleines Fazit: Ich (persönlich) finde, dass das Lehramt mit zwei korrekturintensiven Fächern und in der Oberstufe viel Arbeit ist, aber auch viel Spaß macht. Dennoch würde ich mich heute - evtl. zusätzlich als drittes Fach oder als Ersatz für ein Korrekturfach - für eine andere Kombination entscheiden. Dies ist in meinem Fall aber nur so, weil ich sowieso auch naturwissenschaftlich interessiert war/bin und das damals auch hätte studieren können und es beinahe gemacht hätte. Zum Teil bereue ich, es nicht gemacht zu haben. Das liegt einerseits daran, dass ich es schon gerne gemächt hätte und mich es interessiert, andererseits aber auch an den vielen Korrekturen in meinen Fächern. Das soll NICHT heißen, dass die Naturwissenschaftslehrer weniger Arbeit haben - ich denke, es ist nur anders. Sie stecken sicherlich mehr Arbeit in die Vorbereitung (schon allein Versuchsauf und -abbau) und haben dafür (nach eigener Aussage) weniger Korrekturen. Es ist meiner Meinung nach aber nicht sinnvoll, nur etwas zu studieren, weil man es für eine gute Fächerkombi hält.

    Ich habe neben den beiden Sprachen auch ein naturwissenschaftliches Fach studiert und kann deine Annahme nur bestätigen. Es IST definitiv weniger Arbeit. Weswegen ich mich auch Jahr um Jahr ärgere, dass ich so wenig Bio-Kurse habe und für die Sprachen verheizt werde. Man kann also mit Voraussicht studiert haben und dann kommt es trotzdem anders.
    Naja, ich versuche nun nächstes Jahr wieder mein Glück und hoffe, dass die Stunden und Kurse gerechter verteilt werden.

  • Ich kann mit Physik nicht bestätigen, dass es weniger Arbeit ist...sondern nur die Ausgangsthese stützen, dass diese anders ist. Gerade in der Oberstufe Physik steckt einiges an Vorbereitungsarbeit in der Justierung der Versuche...Experimente zu Quantenphysik etc. sind bei weitem nicht in 5 min aufgebaut und getestet. Dafür sind Korrekturen sicher weniger Zeitaufwendig, aber auch hier erlebt man 20 Seiten Fließtext pro Schüler. Was im Korrekturvergleich zu Sprachen manchmal übersehen wird: In den NaWis und vor allem in Mathe sind zwar die Texte der Schüler kürzer, dafür kann jedes einzelne Zeichen in (längeren) Rechenwegen den Sinn total verdrehen...hier ist also auch aufmerksames und mehrmaliges Lesen gefordert, so dass man auch hier deutlich über 1 Stunde pro Schüler brauchen kann. Ich gebe aber zu: all das gilt nur für die Oberstufe. In der Sek I ist eine Mathearbeit um ein vielfaches schneller korrigiert, als eine Deutscharbeit.


    Ganz allgemein denke ich, dass jedes Fach seine besonderen Arbeitsbelastungen hat: die Sprachen klassischerweise die aufwendigeren Korrekturen, die NaWis die Experimente, Musik und Kunst sind die ersten, die wegen irgendwelchen Zusatzveranstaltungen angesprochen werden, die Gesellschaftswissenschaften sind häufig in Projekte eingebunden und die Sportkollegen dürfen sich als Ausgleich zu fehlenden Korrekturen die Nachmittage auf Wettkämpfen herumschlagen. Ich will damit nur den Blick mal über die Korrekturen hinaus lenken.

  • Ich habe neben den beiden Sprachen auch ein naturwissenschaftliches Fach studiert und kann deine Annahme nur bestätigen. Es IST definitiv weniger Arbeit. Weswegen ich mich auch Jahr um Jahr ärgere, dass ich so wenig Bio-Kurse habe und für die Sprachen verheizt werde. Man kann also mit Voraussicht studiert haben und dann kommt es trotzdem anders.Naja, ich versuche nun nächstes Jahr wieder mein Glück und hoffe, dass die Stunden und Kurse gerechter verteilt werden.

    Dann unterrichtest Du Biologie mit wenig praktischen Anteilen, oder? Die Bio-Kollegen bei uns, die eine Sprache haben (Englisch z.B.), sagen, dass der Korrekturaufwand in der Sprache etwas höher ist, aber die Stundenvorbereitung deutlich weniger aufwändig. Der Einsatz von Workbook und so weiter ermöglicht vorgefertigte Übungsstunden, die man (im Notfall, wenn mal Zeitnot ist) nicht groß vorbereiten braucht.
    Ich selbst könnte spontan ein bessere (obwohl nicht studiert) unvorbereitete (Unterstufen) Englischstunde halten, als ich es bei meinem eigenen studierten Fach (Biologie) könnte. Da würde mir spontan ohne Material, vorbereite Texte und Aufgaben nicht so eine sinnvolle Stunde einfallen.


    Auch sagte eine Kollegin: Wenn ich mal absolut keine Zeit habe, dann kann ich mit den SuS einfach Sprechanlässe schaffen (Tell me about your weekend. Or Let's talk about terrorism. What do you know about the recent events?") oder die etwas Kreatives schreiben lassen. Dererlei Konzepte sind in Biologie, generell in Naturwissenschaften, nicht möglich. Ich weiß, dass man auch Englisch Stunden enorm aufwändig vorbereiten kann und gute Kollegen das tun. In Naturwissenschaft kann man nur meines erachtens viel schwerer improvisierte Stunden abhalten. Das macht es im stressigen Arbeitsalltag sehr schwer.


    Und wenn man halbwegs oft praktisch arbeitet mit den SuS, dann artet das in enormer Vor- und Nachbereitung aus. So ein Praktikum will hingestellt und zurückgestellt werden, und ja, natürlich werden SuS einbezogen, aber es macht trotzdem total Arbeit. Immer wieder, auch wenn die Abläufe gut ausgearbeitet sind.


    Auch ist die Vorbereitung als Berufsanfänger viel aufwändiger als in nicht experimentellen Fächern. Ein Chemiepraktikum, das vllt 30 Min dauert in der Stunde, braucht beim (aller)ersten Mal in der Vorbereiung locker 2 Zeitstunden fürs Ausprobieren (mit Suchen, Putzen, Messen ob Ergebnisse hinkommen etc.). Damit ist aber NUR das Experiment fertig, also die Durchführung. Es fehlt noch der Rest der Doppelstunde, und das Experiment will auch noch konkret didaktisch eingebaut werden. Sprich erwartete Beobachtungen müssen formuliert werden und ein Tafelaufschrieb zur Ergebnissicherung zur Deutung ausgearbeitet werden.
    Klar, dafür ist Chemie ein Kurzfach und man hat nicht so viele Klassenstufen vorzubereiten.





    Korrekturaufwand von Bio in der Mittelstufe, wirklich sehr gering, akzeptiert. Oberstufenklausuren? Stehen einer Deutschklausur in nichts nach. In Bio wird sich auch ein Wolf geschrieben und in Chemie muss man sich ständig überlegen, wie man jetzt Fehler bewertet. Denn auch dort kann in der Symbolik ein kleiner Unterschied (Zahl vor ein Symbol geschrieben anstatt als Index etc.) ganz andere Dinge bedeuten. Dies dann jeweils als Fehler zu gewichten ist eine Höllenarbeit. Gut, vllt sollte man es sich leicht machen und einfach nur falsch / richtig abhaken, so wie es an der Uni gemacht wird.

  • Ich selbst könnte spontan ein bessere (obwohl nicht studiert) unvorbereitete (Unterstufen) Englischstunde halten, als ich es bei meinem eigenen studierten Fach (Biologie) könnte.

    Und wie genau kannst du einschätzen, wie "gut" deine Englischstunde wäre, wenn du doch das Fach und seine Didaktik nicht studiert hast? Weil dir deine Kollegin was von Workbooks und Sprechanlässen erzählt hat? Ernsthaft?


    Ansonsten bin ich auch schon seit längerer Zeit Sephs Meinung, dass die Arbeitsbelastung in anderen Fächern einfach anders verteilt ist. Obwohl ich mir nur schwer vorstellen kann, dass es Arbeiten gibt, die nerviger/lästiger/deprimierender sind als das Korrgierien. Aber das ist vermutlich nur ein Fall von "the grass is always greener on the other side of the pasture!" und als Musik-/Sport-/NaWi-Lehrer würde ich vielleicht genau umgekehrt denken.


    Damit zurück zu den Korrekturen

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