Gültigkeit ärztlicher Atteste

  • Hallo,


    die Tochter einer Freundin ist chronisch krank und fehlt daher oft. Wie an der Schule vorgeschrieben, bringt sie dann ein ärztliches Attest mit. Nun haben ihr ihre Lehrer erklärt, dass sie diese Atteste für vorgeschoben halten.


    Können sie das überhaupt?


    Wenn ja, wie kann man dann weiter verfahren?


    Das Mädchen ist ziemlich verzweifelt, zumal sie bereits 18 ist und sich die Lehrer weigern, zuzulassen, dass ihre Mutter sie bei einem entsprechenden Gespräch begleitet.


    Grüße Enja

  • Hallo Enja


    Zu Schulzeiten hatte ich oft Migräne, vor allem ab ca. 14 Uhr, vermutlich wegen zu wenig Trinken/Essen. Da ich aber vor allem in der Oberstufe jeden Tag Nachmittagsunterricht und ob der Migräne-Häufigkeit ein ähnliches Glaubwürdigkeitsproblem hatte, haben meine Tutorin und ich vereinbart, ein Amtsärztliches Attest vorzulegen. Was soll's, ich habe halt einen Schrieb meiner Hausärztin mit zum Amtsarzt genommen und der hat nach den üblichen Untersuchungen das gleiche Attest ausgestellt und der Schule zukommen lassen. Ab diesem Zeitpunkt war es ok, wenn ich innerhalb der üblichen Frist (3 Tage) eine schriftliche Entschuldigung für mein Fehlen in Stunde xy eingereicht habe.


    Die Tochter kann ihrer Mutter übrigens mit einer schriftlichen Vollmacht ihre Mutter "beauftragen", das Problem gemeinsam mit den Lehrern zu klären, bzw. mit einer Vollmacht ihrer Mutter "erlauben", am Gespräch teilzunehmen.


    LG, das_kaddl.

  • Das Problem hat sie schon die ganze Schulzeit über. Es spitzt sich nur jetzt zum Abitur zu. Es steht die Drohung im Raum, künftig keine Klausuren mehr nachschreiben zu lassen, sondern die Leistung in dem Fall mit 6 zu benoten. Ich halte das nicht für machbar, aber wenn man erst einmal mit dem Anwalt in die Schule muss, ist meist nicht mehr viel zu richten. Sie würden gerne die Schule wechseln, aber das geht nicht mehr so recht.


    Ein amtsärztliches Gutachten, zwei Jahre alt, liegt bereits vor. Sie wollen sich bemühen, das noch einmal zu erneuern.


    Ist es erforderlich, den Lehrern über die Art der Krankheit detailliert Auskunft zu geben? Das Mädchen hat Angst, dass sich dann einzelne darüber lustig machen werden. Das kann man natürlich nicht ausschließen.


    Grüße Enja

  • Vielleicht wäre es ja eine Möglichkeit nur einen Vertrauenslehrer oder den Tutor genauer über die Erkrankung zu informieren und den dann zum Gespräch dazuzubitten, damit der seinen Kollegen klar macht, dass die Sache real ist.
    Eine Klausur mit 6 zu bewerten, obwohl eine ärzliche Krankschreibung vorliegt halte ich für eine leere Drohung. Was allerdings passieren kann, ist, dass ihr einzelne Kurse nicht angerechnet werden, wenn sie da so viel Fehlzeiten hat, dass die Leistung nicht mehr bewertet werden kann. Da helfen auch Atteste nicht.

  • Hallo Enja


    Zitat

    Enja schrieb am 15.05.2006 11:50:
    Ist es erforderlich, den Lehrern über die Art der Krankheit detailliert Auskunft zu geben? Das Mädchen hat Angst, dass sich dann einzelne darüber lustig machen werden. Das kann man natürlich nicht ausschließen.


    Hmmm, ich muss sagen, ich traue Lehrern schon zu, dass sie die Krankheiten von Schülern ernst nehmen und den teufel tun werden sich darüber lustig zu machen. Vor allem, wenn es amtsärztlich bescheinigt ist.


    Den Mitschülernn würd ich es (wenn es denn tatsächlich was ist, wo man bedenken haben muss, dass sich jemand lustig macht) nicht erzählen, auch nicht ansatzweise.
    Aber es geht doch um Oberstufenschüler, also auch schon fast Erwachsene. Aber nun gut, die Mitschüler wird das Mädchen am besten einschätzen können.


    Aber ich würde es mindestens dem Direx oder halt dem Vertrauenslehrer erzählen! Wegen der transparenz.


    Wobei, da kommt mir grad noch was. Auf dem Attest, muss da nicht ne Diagnos draufstehen (weiß ich echt nicht)? Dann wüsste doch zumindest der direx worum es geht. Und ne Detaillierte Beschreibung der Symptome wird den Direx wohl auch gar nicht wirklich interessieren!


    Das mit der Klausurdrohung halte ich für unhaltbar!


    LG, Sunny

    Tschacka!


    <img src="http://img113.imageshack.us/img113/6624/zwanzigklein7xb.jpg">

  • Auf den Attesten ist die Krankheit nicht bezeichnet. Die werden übrigens jedem einzelnen Lehrer vorgelegt. Die Mitschüler wissen alle bescheid und unterstützen das Mädchen.


    Der Tutor ist nicht besonders fürsorglich (vorsichtig ausgedrückt). Der Vertrauenslehrer ist nett und verständnisvoll, redet aber eher nicht mit den anderen Lehrern.


    Ich kann das gut nachvollziehen. Meine Tochter war letztes Jahr in einer ähnlichen Situation. Ihr Tutor war ausgesprochen fürsorglich und hilfsbereit. Einzelne Lehrer machten aber trotzdem weiter "witzige" Bemerkungen. Die Angelegenheit ließ sich ohne ein Gespräch mit dem Schulleiter nicht regeln. Noch als sie auf der Intensivstation lag, waren einzelne Lehrer überzeugt davon, sie inszeniere das bloß, um die Schule zu schwänzen.


    Im Falle so einer chronischen Erkrankung, die ich zwar viel schlimmer finde, die aber nicht so spektakulär wirkt, ist das sicher noch schwieriger.


    Die Sache mit der 6 halte ich auch für eine leere Drohung. Sollte man auf eigene Initiative zum Amtsarzt gehen? Oder kann die Schule das fordern?


    Grüße Enja

    • Offizieller Beitrag

    Hi Enja,


    ich würde im Gesundheitsamt nachfragen, ob es auch auf Eigeninitiative geht, denn dann kann die Schule ihr nichts mehr unterstellen. Mit 6 bewerten kann die Schule die Klausuren sicher nicht, eher kann ich mir vorstellen, dass sie nicht die Pflicht hat, Klausuren nachschreiben zu lassen bzw. dies zu ermöglichen. Über die Gesetzeslage bin ich jedoch nicht informiert.
    Abgesehen davon halte ich es für ein Unding, mit 6en zu drohen.
    Verstehen könnte ich schon eine Verärgerung, da es sehr viel Mehrarbeit ist, wenn einzelne Lehrer sehr oft für sie neue Klausuren konzipieren müssen.


    Ich denke auch, dass es sicher hilfreich wäre, einzelne Lehrer über die Krankheit und ihre Folgen zu informieren - natürlich nur Lehrer, denen man vetrauen kann, dass es nicht bald die ganze Schule weiß. Eventuell könnte sie auch nur Direktor oder Konrektor einbeziehen.


    Die Mutter nicht an Gesprächen teilnehmen lassen zu wollen sollte sich die Tochter Deiner Freundin verbieten. Ich kenne das genauso wie kaddl es schildert.


    Gruß leppy

  • Das Mädchen hat sich nun dem Tutor anvertraut. Er meinte, sie sähe nicht so aus als hätte sie diese Krankheit.


    Der Amtsarzt wird ein entsprechendes Attest verfassen. Der Termin ist schon vereinbart. Geht auf Eigeninitiative.


    Grüße Enja

  • Zitat

    Enja schrieb am 16.05.2006 20:01:
    Das Mädchen hat sich nun dem Tutor anvertraut. Er meinte, sie sähe nicht so aus als hätte sie diese Krankheit.


    Ist doch bei fast allen Krankheiten ein nettes Kompliment. :)


    - Martin

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

  • Hie mal von mir eine ganz andere Frage.: Hat der Lehrer nicht auch soetwas wie eine "ärztliche" Schweigepflicht? ich finde es unmöglich sich auch noch über die Schülerin lustig zu machen, Sie hat bestimmt schon genug mit ihrer Krankheit zu tun. Die Tatsache, daß die Eltern an jeglichen Gesprächen nicht teilnehmen sollen nur das mädchen schon 18 jahre alt ist, finde ich unzumutbar. Schließlich hat jeder mensch ein recht auf Bildung, aber in diesem fall scheint es mir eher so, als sollte dieses Mädchen dazu keine Chance bekommen.


    Tut mir leid, dazu fällt mir nichts mehr ein.


    Freundliche Grüße


    starlight


  • Der Lehrer ist in allen Angelegenheiten zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Ausnahme sind Tatsachen, die als allgemein bekannt erachtet werden.
    Also wenn ein Schüler z.B. in stationärer psychiatrischer Behandlung war und von einem großen Teil der Klasse besucht wurde, kann man diese Tatsache als allgemein bekannt annehmen.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Ich denke, hier muss man zwei Dinge unterscheiden: die Schweigepflicht und das "drüber lustig machen". Als Lehrer kann ich meine Kollegen durchaus über häusliche Probleme, gesundheitliche Probleme, etc. meiner Schüler informieren. Vorraussetzung ist allerdings, dass diese Probleme von Relevanz für die informierten Kollegen sind, es darf also nicht um "Klatsch und Tratsch" gehen, sondern um Sachliche Information über Dinge, die ich im Unterricht und in meinem Umgang mit meinem Schüler berücksichtigen muss. In diesem Fall würde ich da keinen Verstoß gegen die Schweigepflicht sehen.
    "Sich drüber lustig machen" ist natürlich in keinem Fall in Ordnung.

  • In so einem Fall fände ich es dann gut, wenn man das mit dem Kind kurz absprechen würde, so dass es dann weiß, woran es ist. Die Kinder nehmen es übel, wenn sie vertraulich mit jemandem sprechen und hinterher feststellen, dass diese Botschaft die Runde gemacht hat.


    Grüße Enja

  • So wie kein Arbeitgeber ein Anrecht auf die Mitteilung der konkreten Diagnose hat - siehe Krankschreibungsformular GKV ohne Durchschriftteil Diagnose - , so hat auch die Schule keinerlei Anspruch auf Nennung der Krankheit (Grundgesetz Persönlichkeitsschutz). Selbst der Amtsarzt darf keine Diagnose angeben, sondern nur, dass die Schülerin an einer chronischen Krankheit leidet und deswegen öfters fehlen muss.
    Meines Erachtens sollte man dieses Prinzip konsequent durchhalten. Auch uns Lehrer fragen die Vorgesetzten gern nach der genauen Krankheit, ohne dass ihnen diese Frage dienstlich erlaubt ist! Hier sollten Personalräte immer mal wieder daran erinnern.
    Und Vertrauenslehrer für die Schüler - auch die SV.


    Nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (§ 14 Abs.4) hat jeder das Recht auf einen Beistand. Das kann außer Rechtsanwälten jeder sein, der nicht erwerbsmäßig "Beistand" ist - die eigene Mutter ganz sicher.


    Es spielt sich wohl in Hessen ab. So wie die Eltern volljähriger Schüler nach dem Schulgesetz wieder Anspruch auf Information durch die Schule haben, so haben logischerweise die Schüler Anspruch auf Unterstützung durch ihre Eltern.


    Zitat

    Verwaltungsverfahrensgesetz § 14(4): Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht.


    Den zweiten Satz sollten Eltern und Schüler im Vorhinein bedenken. Eltern könnten ihre Tochter fragen: "Bist du einverstanden, wenn ich das (.....) jetzt so sage / festhalte?"


    PS: Jede Besprechung mit der staatlichen Schule - alles was öffentliche Schule betrifft - ist ein "Verwaltungsakt".


    Gruß, reiski

  • Zitat

    reiski schrieb am 23.05.2006 01:26:


    PS: Jede Besprechung mit der staatlichen Schule - alles was öffentliche Schule betrifft - ist ein "Verwaltungsakt".


    Gruß, reiski


    Diese Bemerkung ist in ihrer Verallgemeinerung falsch und der Gebrauch des Fachterminus Verwaltungsakt in Anführungszeichen macht es nicht besser. Ein "Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist." ( § 35 BVwVfG)
    Ein beratendes Gespräch ohne Rechtsfolgen ist kein Verwaltungsakt, sondern pures Verwaltungshandeln. Wichtig ist das deswegen, weil einem der ordentliche Rechtsweg bei Verwaltungshandeln (Widerspruch, Abhilfe/Widerspruchsbescheid, Klage beim Verwaltungsgericht) nicht offen steht.
    Auch z.B. eine "Anhörung" zu einer Notenentscheidung, die nicht für eine Versetzung oder ein Schulabschlusszeugnis relevant ist, gehört zum Bereich des Verwaltungshandelns!


    Dass niemanden Diagnosen mitgeteilt werden müssen, ist klar. Bei einem vertrauensvollen Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern/Eltern halte ich es bei vielen Fällen für förderlich, wenn man den Lehrer vertrauensvoll hinzuzieht. Ich kann aber auch verstehen, dass man bei gewissen Kollegen oder auch manchem Arbeitgeber lieber keine Auskunft geben möchte.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Das Mädchen liegt inzwischen im Krankenhaus und wird danach zur Kur müssen. Sie wollten das in die Sommerferien schieben, klappte aber nicht. Die Lehrer diskutieren immer noch.


    Für das betroffene Mädchen spielt das nun irgendwie keine Rolle mehr. Aber der Vertrauensverlust bei den anderen Schülern ist erheblich.


    Grüße Enja

  • hallo! ich habe ähnliches in meiner schulzeit erlebt, habe auch aus krankheitsgründen oft gefehlt.
    aus eigener erfahrung also mein tipp: am besten die klasse komplett wiederholen, denn wenn man so oft fehlt, bringe auch das ganze nachschreiben nichts mehr.


    viele grüße

  • Bislang waren ihre Noten eigentlich in Ordnung. Es ging nur um die Frage, ob sie betrügt oder nicht. Vermutlich bleibt ihr jetzt nichts anderes mehr übrig, als zu wiederholen. Und das dann am besten an einer anderen Schule.


    Grüße Enja

  • Moderatorin Meike schrieb im Unterforum "Forum" auf die entsprechende Frage:


    "Meines Wissens wird die Rubrik Eltern und Schüler fragen Lehrer für neue Themen geschlossen, die noch offenen können weiter beantwortet werden. Ob diese Rubrik dann bleibt oder später mal verschwinde, weiß ich nicht.
    Wer ein hier angefangenes Thema im schulthemen-Forum noch einmal diskutiert haben will, kann den thread da ja ein weiteres Mal starten, die bisherigen Antworten lassen sich ja dann hier nachlesen. "


    Das war aber nun mit Sicherheit mein letzter Beitrag hier. Keine Panik. Bringt doch sowieso nichts.


    Grüße Enja

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