Wem geht / ging es im Referendariat auch so schlecht?

  • Och, das ist doch nur die Fürsorgepflicht. Wer meint, die teilweisen abstrusen Ideen der pädagogischen Elfenbeinturm-, ich meine natürlich unversitären, Forschung an einer Schule umsetzen zu können, wird i.d.R. grandios scheitern und auf dem Weg dahin auch seine Gesundheit ruinieren...
    Gruß !


    Der von dir kritisierte (bzw. als "unwissenschaftlich" abgewertete) Autor hat doch gar nichts konkret zur Umsetzung an Schulen vorgeschlagen, sondern lediglich Sichtweisen auf die Lehrerausbildung (Sozialisation) angeboten. Dass das offenbar einen provokativen (oder wachrüttelnden?) Effekt mit sich bringt, stelle ich anhand der bisherigen Reaktionen fest.


    Meine Gesundheit litt bisher nicht durch das Umsetzen von wissenschaftlich fundierten Lehr- u. Lernmethoden, sondern eher auf Grund diffuser Leistungsvorgaben von Ausbildungsseite, die sich beinahe täglich ändern und völlig beliebig zu sein scheinen. Das war meine persönliche Erfahrung an dieser (für mich leider sehr wichtigen) Schule und dass es auch anders geht, weiß ich. Deshalb verallgemeinere ich meine Erfahrungen auch nicht vorschnell; wenn das gelegentlich so wirkt, dann liegt das daran, dass ich - im Gegensatz zu den Lesern hier - gerade ziemlich persönlich betroffen bin und daher (erfahrene Pädagogen könnten das evtl. mal als mildernde Umstände berücksichtigen) nicht immer ganz gefasst bin in meinen Äußerungen.


    der Buntflieger

  • Bastel dir also einen Aluhut, um dich vor der allgemeinen Verschwörung zu schützen, oder- wenn du Lehrer werden willst- mach deine Ausbildung zu Ende. Diese Entscheidung liegt nur bei dir.

    Hallo Krabappel,


    natürlich werde ich meine Ausbildung fortsetzen und hoffentlich auch beenden.
    Das werde ich aber in Würde tun und dafür kämpfe ich falls nötig auch. Den von dir erwähnten Punkt (c) habe ich bereits versucht und dieser (und somit nicht die Ausbildungsstrukturen selbst, sondern indirekte Instanzen) wird mir hoffentlich das mit der "Würde" ermöglichen. Hoffentlich!


    der Buntflieger

  • Den von dir erwähnten Punkt (c) habe ich bereits versucht und dieser (und somit nicht die Ausbildungsstrukturen selbst, sondern indirekte Instanzen) wird mir hoffentlich das mit der "Würde" ermöglichen.

    Das klingt doch mal nach nem Plan und nicht nach "alle doof". Ich drücke Dir die Daumen, dass sich was in Deinem Sinne tut! :rose:

  • ...ein letzter schulmeisterlicher Rat: dokumentiere und benenne Probleme genau und sachlich nach Analyse deiner LAPO. Wenn du dich so wie hier verhältst, nimmt dich keiner ernst.

  • Als langjährig erfahrener Lehrer in der Erwachsenenbildung kann ich nur sagen: dem ist nicht so. Erwachsenenpädagogik ist ein anspruchsvolles und komplexes Tätigkeitsfeld, das einen großen Unterschied bei den Arbeitsergebnissen und der Persönlichkeitsentwicklung der Lerner ausmacht. Gleiches gilt für die Didaktik, die bei Erwachsenen zwar anders ist als bei Jugendlichen aber nichtsdestotrotz unverzichtbar. Wenn Fachleiter meinen, dass sie pädagogisch auf ihre Referendare keine Rücksicht nehmen zu brauchen und dass öde 90 Minuten Frontalvortrag oder sinnlose Methodenklimmzüge im Seminar einen Lerneffekt erzeugen würden, dann sehe ich da erheblichen Bedarf zu Nachschulung.


    Hallo Studienseminare - wenn ihr mich als Fortbilder dafür mieten wollt, bitte sehr!

    Sehr geehrter Herr Meerschwein,



    - danke, aber: Nein danke.



    Mit verbindlichem Gruß
    Die deutschen Studienseminare



    :)

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Ihr Lieben,

    ich kann einfach einige Dinge, die hier geschrieben wurden sehr gut nachvollziehen. Deshalb schreibe ich einfach mal unter diesen Punkten hier:

    Ich kann einfach nicht mehr. Das Referendariat ist einfach die Hölle. Meine Mentoren beobachten mich ständig. In jeder Stunde. Dieses ist einfach nur belastend. Die SuS sind meine Motivation. Mir ist einfach nur noch übel, wenn ich in die Schule muss. Die ewigen Beobachtungen, die ewige Kritik. Alles mache ich falsch. Due Unterrichtsbesuche finde ich angenehmer, als mit den Mentoren Gespräche zu führen. Ich weiß einfach nicht mehr, wie ich das schaffen soll. Meine Kraft, jeden Tag mein Bestes zu geben, neigt sich dem

    Ende zu. Ich frage mich einfach, warum einige Lehrer so grausam sind, zu Referendaren. Kein Verständnis, keine Hilfe einfach nur alles einfordern, weil man eben im Referendariat ist.Mehr Engagement zeigen, am besten Referate auf der Konferenz halten, Präsenz zeigen.. Leider ist man machtlos, nichts hilft und es ist einfach nur die Hölle.

    Hat jemand Tipps, wo man Kraft tranken kann, um diesen Weg durchzuhalten? Ich bin einfach kurz davor zu sagen , dass ich nicht mehr will, obwohl mir der Job wirklich Spaß macht 😰😰😰

  • Hallo LHM,

    wie lange dauert dein Ref denn noch? Du schreibst ja, dass du keine Hilfen bekommst. Kannst du die vielleicht einfordern? So nach dem Motto: "Sie sagen, ich habe xy nicht richtig gemacht. Was kann ich denn ändern, um es beim nächsten Mal besser zu machen?" Ansonsten wäre es eine Idee, wenn du auch Mal bei anderen Lehrern unterrichten kannst, die dich mehr unterstützen und dich voranbringen. Es gibt bestimmt Kollegen, die dir diese Chance gerne geben. Auch wenn das erstmal mehr Arbeit ist, kann das sehr gut sein für die Entwicklung und auch das Selbstbewusstsein, wenn du dort mehr Erfolge hast.

    Alles Gute weiterhin und gib nicht auf. Wenn du den Lehrberuf an sich gerne ausführen möchtest (was ich bei dir rauslese), dann schaffst du das Ref!

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • So blöd das auch klingt: So ganz ungewöhnlich sind deine Erfahrungen leider nicht LHM. Das heißt natürlich nicht, dass es in Ordnung ist, dass das Referendariat so verläuft. Eigentlich müsste da dringend etwas geändert werden. Aber oft ist das Problem, dass Referendare selbst keine Zeit haben zu protestieren (und oft auch Angst haben) und man nach dem Ref erst mal so froh ist, dass es vorbei ist, dass man sich dann auch nicht mehr einsetzt.


    Meine Erfahrungen waren nicht ganz so krass. In der Schule war es eigentlich gut, aber den Druck ständig beobachtet zu werden hatte ich dort auch. Viel schlimmer fand ich allerdings das Seminar. Ich hatte das Gefühl, da wird jeder Atemzug, den man macht bewertet. Einmal habe ich in einem UB eine schlechtere Note bekommen, weil die Fachleiterin der Meinung war, mein Oberteil sei zu kurz gewesen (es ging mir bis über den Po, aber sie hatte immer Oberteile, die bis zur Mitte der Oberschenkel gingen). Darauf hin habe ich mir auch drei so lange Oberteile gekauft: für's Seminar und für die UBs bei ihr, weil ich genau wusste, dass sie nicht locker lassen wird, bis ich diese Oberteile anziehe.


    Kraft gezogen habe ich ehrlich gesagt von nirgendwo, ich hatte gar keine Zeit. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, wenn ich mehr als fünf Stunden geschlafen habe, weil ich das Gefühl hatte, ich müsste mehr arbeiten. Ich habe in einem Gespräch mit dem Hauptseminarleiter mal gesagt "ich bin jetzt bei 5 Stunden Schlaf pro Nacht, noch weiter kann ich nicht runtergehen" und die Antwort erhalten "das ist auch der Einsatz, den wir von Ihnen erwarten". Hat nicht dazu geführt, dass ich mich besser gefühlt habe, wenn ich 5,5 Stunden geschlafen habe.


    Mein Motto war einfach "Augen zu und durch" und die Hoffnung, dass es danach besser wird. Die ersten zwei Jahre im Job fand ich auch fürchterlich, danach ging es dann deutlich besser.

  • Aus Zeitgründen nur ein paar kurze Anmerkungen.

    Mal davon abgesehen, dass ich mein eigenes Ref - das aber nun schon fast 20 Jahre zurückliegt - nicht als so schlimm empfunden habe, kann ich durchaus nachvollziehen, dass du dich sehr unter Druck gesetzt fühlst.

    Kurze Frage: Du schreibst, deine Mentor*innen würden dich in jeder Stunde beobachten. Das verstehe ich z. T., denn das sollen sie ja auch, sonst würde es schwierig, dir Feedback über deinen Unterricht zu geben. Aber andererseits müsstest du doch auch "eigenverantwortlichen Unterricht" haben, in dem du allein bist. Ist das bei dir nicht so? Unsere Refis haben mehrere Stunden eigenverantwortlichen Unterricht, wo kein/e Mentor/in mitgeht.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

    Einmal editiert, zuletzt von Humblebee ()

  • an einer Schule, an der ich auch schon mal war, haben die Referendare im 1. Jahr auch immer wen mit drin sitzen. Das fände ich auch sehr unangenehm, zum Glück war ich davon nicht betroffen.

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

  • Ich habe in einem Gespräch mit dem Hauptseminarleiter mal gesagt "ich bin jetzt bei 5 Stunden Schlaf pro Nacht, noch weiter kann ich nicht runtergehen" und die Antwort erhalten "das ist auch der Einsatz, den wir von Ihnen erwarten". Hat nicht dazu geführt, dass ich mich besser gefühlt habe, wenn ich 5,5 Stunden geschlafen habe.

    Wenn ein Vorgesetzter so etwas von sich gibt, verletzt er mutwillig die Fürsorgepflicht. Außerdem ist es natürlich ein Armutszeugnis für aus menschlicher Sicht.

  • Solche Sprüche habe ich zwar nicht expressis verbis zu hören bekommen, die Erwartungshaltung war seitens der Seminarausbilder jedoch vergleichbar.

    Andererseits: Es gibt und gab auch immer LAAs, die wahlweise zu akribisch gearbeitet haben, weil sie alle Vorgaben um jeden Preis umsetzen wollten. Das führt dann u.U. auch zu nur 5 Stunden Schlaf pro Nacht.

    Dass man angeblich immer zu wenig arbeitet, ist ein Gefühl, das man vermittelt bekommt, weil man immer noch dieses und jenes und sonstwas machen könnte und eben noch nicht die Erfahrung hat, dass dadurch die Welt auch nicht besser wird.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Dass man angeblich immer zu wenig arbeitet, ist ein Gefühl, das man vermittelt bekommt, weil man immer noch dieses und jenes und sonstwas machen könnte und eben noch nicht die Erfahrung hat, dass dadurch die Welt auch nicht besser wird.

    Genau das!

    Es hat bei mir auch tatsächlich nach dem Ref noch etwas gedauert, bis ich mir selber sagen konnte, dass nicht alles perfekt sein muss.
    Ich hab das dann Schritt für Schritt gemacht. ZUnächst hatte ich für mich selber die Regel, dass ich in der Woche um 21 Uhr den Schreibtisch verlasse, und am Wochenende um 18 Uhr. Zusätzlich, dass ich am Wochenende nicht vor 9 Uhr anfange zu arbeiten (das war eine klare Verbesserung zum Ref und ich hatte damals noch kein Kind).
    Dann irgendwann habe ich in der Woche die Grenze 19 Uhr gesetzt.
    Inzwischen bereite ich meinen Unterricht jeweils Samstags und Sonntags nachmittags für die kommende Woche vor. Was bis Sonntag Abend 18 Uhr nicht geplant ist, ist halt nicht geplant. In der Woche korrigiere ich Abends bis maximal 22 Uhr (fange aber auch erst um 19:30 Uhr an, da ist das Kind im Bett) und das auch nur, wenn es wirklich eng wird, oder, wenn ich selber Klausuren unbedingt weg haben will.Wann immer es geht mache in der Woche Abends gar nichts mehr oder nur noch Stundenplan- bzw. Vertretungsplanarbeit (das ist inzwischen an mindestens der Hälfte aller Tage der Fall). Wobei ich inzwischen kein Mitleid mehr mit KollegInnen habe, die mir um 21:30 Uhr schreiben, dass sie am nächsten Tag nicht kommen können und bitte ganz dringend wissen müssen, wer sie dann in den Stunden 1-6 vertritt. Es tut mir leid, wenn die KollegInnen (oder ihre Kinder) krank sind, aber um 21:30 Uhr gehe ich nicht mehr an den Vertretungsplan.

  • Diese klare Trennung von Arbeit und Freizeit bzw. Privatleben habe ich mir für meine Rückkehr in den Schuldienst auch vorgenommen.
    Die Sache mit den Kolleginnen, die Dich am fortgeschrittenen Abend noch anhauen, ist von einer anderen Seite aus betrachtet auch wieder ein wunderbares Beispiel für diese fehlende Trennung zwischen diesen beiden Welten.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Ich versuche am Wochenende nix zu machen und das klappt meistens auch, von Prüfungskorrekturen mal abgesehen. Für eine 7 Tage Woche müsste ich schon viel mehr verdienen oder im Kanzleramt tätig sein ;). Es gibt so viel vorhandenes Material wenn man bereit ist dieses auch zu nutzen. Meine Hauptaufgabe nach dem Ref bestand darin, dieses in geeigneter weise zu archivieren und für mich zu strukturieren. Unterrichte lassen sich damit sehr schnell entwerfen und ich kann mich dann eher auf den Unterricht fokussieren anstatt mich immer und immer wieder in Details verlieren. Das sind dann solide Unterrichte die hier und da mal nachjustiert werden, gespickt mit gelegentlichem zünden von Feuerwerken nach Seminarrichtlinien. Ganz nach Vilfredo Pareto :gruss:



    LHM: Dir wünsche ich viel Kraft und Durchhaltevermögen. So ein Seminar wünscht sich niemand, scheint wohl aber sehr oft Realität zu sein.

  • solide Unterrichte die hier und da mal nachjustiert werden, gespickt mit gelegentlichem zünden von Feuerwerken nach Seminarrichtlinien

    Das ist ein sehr wichtiges Prinzip und für mich der einzige Weg, auch ein Privatleben zu haben. Im Referendariat wurde uns der Eindruck vermittelt, jede Unterrichtsstunde müsse auf Examensniveau sein. Hinzu kamen Sprüche von Seminarleiter wie "denken Sie daran, nach dem Referendariat sind Sie in der Probezeit. Sie werden weiter konstant beobachtet". Das habe ich zwar nicht geglaubt, aber es hat mir trotzdem am Anfang ein komiches Gefühl gegeben.

  • Das ist ein sehr wichtiges Prinzip und für mich der einzige Weg, auch ein Privatleben zu haben. Im Referendariat wurde uns der Eindruck vermittelt, jede Unterrichtsstunde müsse auf Examensniveau sein. Hinzu kamen Sprüche von Seminarleiter wie "denken Sie daran, nach dem Referendariat sind Sie in der Probezeit. Sie werden weiter konstant beobachtet". Das habe ich zwar nicht geglaubt, aber es hat mir trotzdem am Anfang ein komiches Gefühl gegeben.

    Mir ist nicht ein einziger Fall bekannt, wo nach dem Examen ein Kollege wegen "zu wenig Feuerwerksstunden" seinen Job verloren hat. Kann sich heute doch auch gar keiner mehr leisten...

  • Zumal das nicht die Kriterien sind, nach denen sich das Bestehen der Probezeit richtet.

  • Im Referendariat wurde uns der Eindruck vermittelt, jede Unterrichtsstunde müsse auf Examensniveau sein. Hinzu kamen Sprüche von Seminarleiter wie "denken Sie daran, nach dem Referendariat sind Sie in der Probezeit.

    Solche Aussagen können im Ref natürlich einschüchternd wirken. Am Ende sind im Seminar Lehrerkollegen tätig, die aus welchen Gründen auch immer, freiwillig dort hin gewechselt sind und somit auch weniger unterrichten müssen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt :teufel:

    Natürlich gibt es noch andere Motive am Seminar tätig zu sein aber ich würde behaupten das sind dann die guten Fachleiter.

    Ich hatte sehr gute Fachleiter die nichts unmenschliches verlangt haben und auch bezüglich Lehrergesundheit aufmerksam gemacht haben.

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