Klassenkonferenz Ordnungsmaßnahmen

  • Hallo liebe Kollegen,


    ich bin jetzt zwar schon zum zweiten Mal in der Situation wegen dem Verhalten eines Schülers eine Klassenkonferenz einberufen zu müssen, aber diesmal ist es wesentlich schwieriger.
    Der entsprechende Elternteil wird rein aus Prinzip auf jeden Fall alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen unseren Beschluss anzufechten. Hat jemand von euch schon Erfahrung mit einer enstprechenden Klage? Wie wasserdicht muss ich die Vorfälle vortragen? Ich habe unendlich viele Vorfälle, aber er wird alles abstreiten und die Geschichten verbiegen und verdrehen um sich selbst als Opfer darzustellen. Muss es zu jedem Punkt konkrete Zeugen geben? Anscheind sollte man als Lehrer auch juristisch vorgebildet sein :( Ich hoffe, ich habe die Situation halbwegs verständlich geschildert und irgendjemand hat Erfahrungen, die in diese Richtung gehen?
    Viele Grüße
    isi

  • Ja, auch als Lehrer sollte man juristisch vorgebildet sein...genauer gesagt, gehört es zur Dienstpflicht, sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen seiner Arbeit in Kenntnis zu setzen. Aber das tust du ja. Zur genaueren Einschätzung wäre es gut, wenn du noch etwas zum Fall schreibst...was ist vorgefallen, wurde bereits zu Erziehungsmitteln gegriffen oder ist der Fall so schwer, dass direkt mit einer Ordnungsmaßnahme reagiert werden muss?


    Grundsätzlich kannst du relativ beruhigt sein in deinem Tun...vor allem als Person. Eine Klassenkonferenz ist keine Gerichtsverhandlung und es muss dem Schüler und seinen Eltern nur die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, nicht mehr und nicht weniger. Kommt die Konferenz zu dem Schluss, dass eine hinreichend schwere Pflichtverletzung des Schülers stattfand (nachhaltige, schwere Beeinträchtigungen des Unterrichts oder ernste Gefährdung von Personen oder Sachen), dass vorangegangene Erziehungsmittel erfolglos waren (oder von vorneherein nicht ausreichen), dann kann eine geeignete Ordnungsmaßnahme aus der abschließenden Liste nach §61 des Nds. SchulG verhängt werden. Die Schule würde dann einen entsprechenden Bescheid erlassen.


    Gegen diesen kann Widerspruch eingelegt werden (dann müsste nochmals geprüft werden) und falls dieser erfolglos bleibt, kann noch eine Anfechtungsklage vor einem Verwaltungsgericht eingereicht werden (nicht gegen dich als Einzelperson). Sowohl Widerspruch als auch Klage haben in Nds. keine aufschiebende Wirkung, die Maßnahme greift also dennoch zunächst. Auch wenn Eltern nicht selten damit drohen, sieht dies schon anders aus, wenn auf einmal Kosten damit verbunden sind. Im Übrigen haben die wenigsten Rechtsschutzversicherungen eine Kostenübernahme für Verwaltungsrecht inbegriffen :)



    Um dich/euch dennoch abzusichern, empfehlen sich folgende Überlegungen:
    -> ist der Fall wirklich gravierend genug für Ordnungsmaßnahmen wie Unterrichtsausschluss, Überweisung in eine andere Klasse usw.
    oder geht es eher um das Auffinden einer erzieherischen Einwirkung? Erziehungsmittel, bei denen der pädagogische Charakter im Vordergrund steht, sind i.d.R. keine
    Verwaltungsakte und daher auf dem Rechtsweg auch nicht überprüfbar
    -> möglichst lückenlose Dokumentation der Vorfälle sollte vorhanden sein zur späteren Einsichtnahme. Damit kann die Aufrechterhaltung einer Maßnahme bei formeller Prüfung
    durch ein Gericht stehen und fallen
    -> es sollte eine Art Gefahrenprognose vorhanden sein...würde das Fehlverhalten ohne Verhängung der Ordnungsmaßnahme die Schule künftig erheblich beeinträchtigen?
    Ist also von einer Wiederholung o.ä. auszugehen?
    -> die Aussagen der Anhörung von Schüler + Eltern sollte ebenfalls dokumentiert werden
    -> die Maßnahme muss, sofern sie von der Konferenz beschlossen wurde, schriftlich angeordnet und ausreichend begründet sein

  • Der entsprechende Elternteil wird rein aus Prinzip auf jeden Fall alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen unseren Beschluss anzufechten. Hat jemand von euch schon Erfahrung mit einer enstprechenden Klage? Wie wasserdicht muss ich die Vorfälle vortragen?

    Wieso Klage? Du bist nicht Angeklagte, sondern der Schüler erhält eine Ordnungsmassnahme von deinem Schulleiter. Wenn jemand deswegen Widerspruch erheben möchte kann er das doch gerne tun?


    Also ich hab noch nie erlebt, wie soetwas abliefe. Dass der Richter dann sagt: "Na also das was Frau isi83 da dokumentiert hat, das glaube ich nicht. Da klingt mir der nicht dabeigewesene cholerische Vater viel plausibler" kann ich mir nicht vorstellen. Und selbst wenn, mehr als dass die Ordnungsmassnahme zurückgenommen wird kann nicht passieren. Ich schlage vor:


    1. du hast Vorfälle mit Datum notiert.
    2. die KollegInnen haben Vorfälle mit Datum notiert.
    3. im besten Falle habt ihr die Eltern bereits früher über Probleme informiert.
    4. im besten Falle sind schon Erziehungsmassnahmen gelaufen, dann auch die notieren!
    5. du trägst vor: ihr Sohn hat am soundsovielten bla und am Tag darauf blabla. Sie erinnern sich, ich habe gleich angerufen/ schriftlichen Verweis erteilt/ Ihrem Sohn eine geklebt :P
    6. Vater darf sich äußern, aufregen, dagegen sein, mit Anwalt "drohen" und dann gehen alle heim.


    Du machst das schon :top:


    Edit: Um dem Elternteil den Wind aus den Segeln zu nehmen kannst du auch versuchen, auf ihn einzugehen und dein Unbeteiligtsein vermitteln. Also z.B. so in der Art: "Wissen Sie, ich mag ihren Sohn. Er kann echt witzig sein. Und er ist richtig gut in Mathe, aber auf diese Weise wird er bei jeder Lehrstelle rausfliegen. Ich unterrichte XY vielleicht noch ein oder zwei Jahre, mit mir brauchen Sie sich nicht zu streiten. Es geht mir darum, dass er jetzt lernen muss, wie man angemessen mit Konflikten/ Mitschülern/ Vorgesetzten umgeht. Und das schaffen wir nur zusammen!" Oder ähnlich.
    Das Elternteil versteift sich gerade auf die böse Schule, die ihrem Kind nur Schlechtes will und auch noch versucht, die Eltern zu erziehen, die das offensichtlich nicht alleine gebacken kriegen. Vermittle ihm, dass sein Kind ein prima Kerl ist und du dich nicht an ihm rächen willst. Hey, Elternteil, jeglicher Nebenkriegsschauplatz ist für die Katz, schließlich ist das Kind nicht ewig bei uns...

    Einmal editiert, zuletzt von Schantalle ()

  • Jo, sollen sie doch mal klagen... Das Schlimmste, das passieren kann, ist dass die Maßnahme verzögert oder aufgehoben wird. Wenn die Drohung überhaupt wahr gemacht wird... Ich sehe solchen Androhungen immer ganz entspannt entgegen.

  • Zitat von Schantalle

    Also ich hab noch nie erlebt, wie soetwas abliefe. Dass der Richter dann sagt: "Na also das was Frau isi83 da dokumentiert hat, das glaube ich nicht. Da klingt mir der nicht dabeigewesene cholerische Vater viel plausibler" kann ich mir nicht vorstellen. Und selbst wenn, mehr als dass die Ordnungsmassnahme zurückgenommen wird kann nicht passieren. Ich schlage vor:

    Ich weiß nicht, wie es in anderen Bundesländern ist, aber in NRW wäre das auch gar nicht möglich. Widerspruch und Klage gegen einen Konferenzbeschluss kann in NRW nur aufgrund von gemachten (Verfahrens-) Fehlern erfolgreich sein. Dass ein Richter eine Situation einfach anders einschätzt und so ein Urteil ändert, ist bei uns nicht möglich.


    Wichtig ist z.B., dass ihr keinen Fehler bei der Zusammenstellung der Konferenz oder den Abläufen macht, Fristen einhaltet usw.

  • Also ich hab noch nie erlebt, wie soetwas abliefe. Dass der Richter dann sagt: "Na also das was Frau isi83 da dokumentiert hat, das glaube ich nicht. Da klingt mir der nicht dabeigewesene cholerische Vater viel plausibler" kann ich mir nicht vorstellen.

    :P Haha, das stimmt wahrscheinlich.
    Danke für eure Antworten, das ist schonmal hilfreich!
    Bei einer Drohung wird es vermutlich nicht bleiben, der liebe Vater verklagt sehr gerne Schulen und Lehrer ;)
    Wichtig scheint mir neben diesen formalen Dingen wie Zusammensetzung der Konferenz auch das man belegen kann, welche Erziehungsmaßnahmen wann und warum schon erfolgt sind und welche Ordnungsmaßnahme aus welchen Gründen angemessen ist.
    Jetzt habe ich auf jeden Fall seeehr viel zu schreiben :grimmig:

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