Die schönen Seiten....

  • Ihr Lieben,
    kennt ihr so Momente, in denen ihr denkt: Hach, und deshalb mach ich den Job? Erzählt doch mal.


    Anbei eine Anekdote von mir:
    Ich bin an meiner jetzigen Schule schon seit meines Studiums. Dort habe ich mit Streicherklassen aufgebaut, ganz langsam, natürlich mit wachsendem Alter immer mit Schwundseitens der Schüler. Das ist jetzt 6 Jahre her. Mittlerweile leite ich dieses Orchester und letzte Woche habe ich ein Experiment gewagt, die Kids in kleine Quartette einzuteilen und in verschiedene Räume zu schicken.
    Ich ging dann also währenddessen durch das Haus und überall erschallte Musik. Da hab ich aufm Flur leise vor Freude ein Tränchen verdrückt und gedacht, ach DESWEGEN hab ich 5 Jahre in dieses Projekt gesteckt.


    Ich finde, manchmal muss man auch die schönen Dinge miteinander teilen :)

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin mit vielen Ex-Schülern in sozialen Netzen verbunden, die sagen immer wieder Dinge, die den "deswegen macht das Sinn"-Effekt auslösen: entweder weil sie sich an schöne Momente erinnern "Frau Meike! Ich bin gerade da und da! Wissen Sie noch wie wir über das und das gesprochen/gestritten/gelacht haben? Genau so ist es hier - jetzt halt live!" oder weil sie mir das Vertrauen oder die Unterstützung danken, das ich in sie setzte: "Frau Meike! Ich bin jetzt / mache jetzt das und das! Wissen Sie noch wie Sie mir gesagt haben, ich könnte/sollte mal/..ausprobieren/ wie Sie mir geholfen haben, so und so ...?" oder weil sie etwas posten woran ich sehe, dass sie einfach noch tollere Menschen geworden sind, als sie es eh schon waren. :)


    Mit den aktuellen Schülern gibt es eigentlich dauernd sinnstiftende Momente. Ich glaube, man muss lernen, nach den kleinen Dingen zu schauen. Diese Vorstellungen wie "ich rette dieses Kind ..." sind eben nur das: Filmscripts. Der eigentlich Sinn findet so ganz leise zwischen den großen, dramatischen Tönen statt.
    Wenn die Sätze, die ich zwecks Belobigung der Verbesserungsleistung einer immer noch nur mitteldollen Arbeit drunterschreibe, mehr und länger sind, als die, in denen ich Verbesserungen anrege oder Falsches markiere und die Schülerin die ganze Stunde vor sich hingrinst.


    Oder wenn ein Schüler und ich uns politisch nicht einig sind, und im Unterrichtsgespräch minutenlang fetzen, während die anderen schon leicht ängstlich gucken, ob wir uns gleich hauen, ich ihm am Ende der Debatte dann sage "Wacker gekämpft, heute Bestnoten!" und der Schüler die folgenden Stunden so losgelöst diskutiert wie nie, weil er das Vertrauen hat, dass er seine (meines Erachtens nach völlig schwachsinnige ;) ) Meinung eben auch einfach haben und äußern darf und, sofern er das Fachvokabular und die Argumentationsschritte parat hat, diese auch in Punkten gewertschätzt wird. Insgesamt: wenn Diskussionen Diskussion sind und ich merke, dass mir nicht nach dem Mund geredet wird, sondern ich so viel Vertrauen genieße, dass man sich eben wirklich am Thema abarbeitet.


    Schwätzchen in der 5 Minutenpause, in denen mir die Jugendlichen Privates oder Sorgen / Freuden erzählen, und mich an Dingen teilhaben lassen, die nicht notenrelevant sind (wie viele Führerscheine hab ich schon mental begleitet :D ..) und wenn sie dann beim Abiball sagen "Das war so toll, dass Sie immer wussten, wer grad Geburtstag, Führerschein, Liebeskummer, Bayram oder sonstwas hat und wen man fragen muss, wie es ihm geht oder wem man gratulieren oder in Ruhe lassen muss."


    So Sachen halt. Wenn man nach denen Ausschau hält, gibt es sie eigentlich jeden Tag.
    Ist schon ein schöner Beruf. So alles in allem.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    • Offizieller Beitrag

    --wenn ich vermittelnd zwischen meiner Klasse und dem neuen, sehr streng wirkenden Kollegen einwirken kann
    --wenn jemand in Latein sagt: ohhh, das haben wir doch mal vor Jahren im anderen Fach gemacht (bei mir)
    --wenn ich meiner Klasse zutraue, mit neuen Freiheiten umzugehen, -- und sie die neue Freiheit nicht missbrauchen
    --wenn jemand sagt: Latein ist eigentlich wirklich ganz einfach: nur Vokabeln lernen und ansonsten logisches Denken :D
    -- wenn Schüler sich an dem Autor, den wir gerade lesen, reiben, mitgehen, diskutieren, sich eine Meining jenseits von Gääähn bilden
    -- wenn jemand ungefragt historische Parallelen zu heutigen Machthabern zieht
    -- wenn mich ein Schüler "Frau Gott" nennt :lach2:

  • Meine Lieblingsgeschichte ist die von einem Jugendlichen. Er/sie wurde vom Gymnasium an die Hauptschule durchgereicht, letztlich wegen Verhaltensproblemen. Saß dann nur noch mit Musik auf den Ohren die Zeit ab und verarschte zu Hause die Eltern. Ich hab im Grunde nur alle an einen Tisch geholt, samt Dolmetscher, weil die Kommunikation eingefroren war und jedem die Möglichkeit gegeben, mal auszureden. Und jetzt macht dieser lang übersehene Mensch den Realschulabschluss :top:

  • Wenn die Vertretungslehrerin den Einsatz verpennt und meine Klasse recht lieb ( kichernd und flüsternd aber lieb) in Klassenraum 15 min wartet, bis die Kollegin dann was merkt ... Die Klassensprecher waren bereits auf Suche, dadurch bekam ich es mit ...


    Neues Aufgabenformat in einer seit einem halben Jahr übernommenen recht schwierigen Klasse und es läuft, wie nie zuvor und wie nie erhofft, dass das mal möglich wäre


    Überhaupt mitdenkende Kinder ...


    Großeltern, die sich für meinen Newsletter bedanken " als Leser in zweiter Reihe"


    Eltern, die zum Elternsprechtag kommen (oh Gott) und dann sagen, sie wollen mal die Lehrerin kennenlernen, bei der ihr Kind so voller Freude vom Unterricht erzählt... Entschädigt ... So sehr ...



    Bis auf den letzten Teil alles in den letzten 2Wochen gewesen, sehr frisch, tschakka.

  • Wenn ich frühs ins Lehrerzimmer gehe und weiß, dass ich dort meine Freunde treffe.
    Ich bin nun das 15. Jahr an meiner Schule und hatte bisher keinen einzigen Tag, an dem ich unglücklich oder mit einem schlechten Gefühl in den Laden gegangen bin.


    Sarek

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