Wer entscheidet bei Förderkindern über den Schulbesuch?


  • .... Weil jetzt aber die Noten in allen schriftgebundenen Fächern total unterirdisch waren, ...


    Bezieht sich diese Aussage auch auf Mathematik, oder kommt das Kind in Mathe gut zurecht?
    Wie kommt das Kind im Allgemeinen klar, versteht es Aufgabenstellungen, wenn du sie mündlich erklärst usw?


    Vielleicht liegt sogar eine Legasthenie vor. Eine außerschulische Förderung wäre da dringend vonnöten, das kannst du in der Schule nunmal nicht auffangen. Auf jeden Fall musst du die Mutter in die Pflicht nehmen, das Kind benötigt sicher weitergehende Förderung!


    Mit Anwenden des Nachteilsausgleichs und Aussetzen der Noten (in NRW Lesen/Rechtschreiben) könnte das Kind ja vielleicht "durchkommen".
    Wenn es jedoch auch in Mathematik leistungsmäßig katastrophal ist und eine schwache Merkfähigkeit hat etc., dann kann man schon eher davon ausgehen, dass es eine allgemeine Lernbehinderung ist und nicht nur eine LRS. Das sollte dann schon nochmal überprüft werden.

  • Paulchen hat seinen eigenen Thread nicht verlassen, sondern nur eine Mörder-Woche hinter sich, sodass er sich jetzt erst mit Muse über die vielen konstruktiven Beiträge freuen kann! :);)
    Vielen Dank fürs Lesen und Mitdenken! :top:
    Jetzt aber:


    Bezieht sich diese Aussage auch auf Mathematik, oder kommt das Kind in Mathe gut zurecht?

    Das Kind kann geschriebenen Text nicht verstehen. Mittlerweile hat es sich durch viel Übung einen sehr langsamen und stockenden Lesefluss erarbeitet; diese Vorleseleistung schluckt aber so viel Energie und konzentration, dass es nicht mehr ausreicht, um den Sinn des Gelesenen zu verstehen. Wenn das Kind liest "Lena und Tom gehen ins Schwimmbad" kann es hinterher fast nicht sagen, wer etwas tut, und was getan wird. Der Schülerakte nach konnte es im ersten Schuljahr nicht richtig sprechen und hat nur Ein-Wort-Sätze produziert. Das ist jetzt nicht mehr so, spricht in Sätzen, die allerdings von Grammatik und Satzbau her falsch sind. Weil das Lesen also quasi nicht möglich ist, kommt das Kind auch in Mathe und Sachunterricht nicht zurecht, weil es mit Schrift nicht umgehen kann. Es kann einigermaßen Kopfrechnen; bestimmte Algorithmen funktionieren wenn sie lange und intensiv geübt wurden; schriftliches Addieren funktioniert z.B. nach zwei Wochen täglichem Training. Lerninhalte in SU, Reli, Mus, die zusammen besprochen oder über Bilder eingeführt werden (und relativ schriftunabhängig sind) kann das Kind aufnehmen und teilweise wiedergeben, aber nur in dieser Stunde. Am nächsten Tag ist alles wieder weg; es hat also Probleme mit dem Abspeichern und Abrufen.
    Deshalb kommt das Wiederholungsgutachten auch zu dem Schluss, dass L-Förderbedarf besteht, obwohl im ersten Gutachten nur Förderbedarf im LRS-Bereich bescheinigt wurde.


    Das Problem ist, dass die Schule, auf das besagtes Kind wechseln müsste, auch in zumutbarer Nähe zum Wohnort des Kindes liegen muss. RLP ist sehr ländlich strukturiert, da kann es schon mal vorkommen, dass eben keine Schwerpunktschule vor Ort ist, was bedeutet, dass das Kind eben bleibt, wo es ist, da es ja die Schule sowieso in absehbarer Zeit wechseln wird, da Grundschule.
    Und wenn die Eltern sich weigern, ihr Kind an eine andere Schule zu schicken, wird sie auch niemand zwingen, etwas anderes zu tun.

    Genau da liegt nach Ansicht der Eltern das Problem. Jeweils 15km von uns entfernt befinden sich eine Schwerpunktschule und eine L-Förderschule (mit dem Bus erreichbar). Ab der 5. Klasse fahren alle Kinder unserer Schule mit dem Bus dahin um die weiterführenden Schulen zu besuchen; aber die Eltern lehnen es bisher kategorisch ab.


    Ich habe selbst nochmal in der FöS-Ordnung nachgeschaut: Bei Förderbedarf entscheidet die ADD im Benehmen mit den Eltern über den weiteren Schulbesuch. Demzufolge mache ich mir keine großen Hoffnungen, dass etwas passiert...


    Natürlich versuche ich zu differenzieren, soweit ich kann; aber so langsam gehen mir Ideen und Material aus. Während die anderen Kinder eine Bildergeschichten geschrieben haben, sollte das Gutachtenkind in 1-zu-1-Betreuung durch die FSJ-lerin 6 Satzstreifen den jeweiligen Bildern zuordnen. Die FSJ-lerin hat vorgelesen, das Kind konnte trotzdem keinen einzigen Streifen richtig zuordnen. ;(

  • Nun denn, wenn die Eltern keinen Wechsel wollen, dann ists halt so. Das letzte Grundschuljahr geht auch noch rum. Wenn es jetzt den Förderbedarf anerkannt bekommt hat, kannst du wohl zieldifferent unterrichten. Sprich, du guckst in den Lehrplan der "Förderschule Lernen" und das Kind bekommt die Aufgaben, die es schaffen kann. Da tuts auch mal das passende Arbeitsheft, man muss nicht täglich doppelt vorbereiten sage ich mal wenig inklusiv aber pragmatisch.


    Und du gibst dem Kind durchaus was mit, auch wenn dir das im Moment vergleichsweise wenig erscheint. Du kümmerst dich, du förderst, du versuchst es in die Klassengemeinschaft zu integrieren und es kann schon bis 10 rechnen und erliest ganze Wörter... das ist doch was :)
    An der Förderschule passieren auch bloß keine Wunder, der Anspruch sinkt bloß...

  • Das war auch mein erster Gedanke!
    Deshalb hab ich versucht, das Kind für ein S-Gutachten zu melden; wir haben sogar eine Sprachförderschule in der Nähe.
    Aber im fortschrittlichen, bildungsfreundlichen und inklusionsfördernden Rheinland-Pfalz kann man S-Gutachten nur in Klasse 1 und 2 stellen.
    :traenen:

  • Für mich klingt das nicht nach FS Sprache, sondern nach FS Lernen oder der Kombination FS Sprache im Bildungsgang Lernen.


    Natürlich hat das Kind enorme sprachliche Schwierigkeiten, keine Frage, aber erstens kann es, wenn ich die Aussagen so lese, nicht zielgleich unterrichtet werden (was es aber ja im FS Sprache müsste) und zweitens verfügt es nicht über eine angemessene Merkfähigkeit.
    Und gerade letzteres spricht doch dann für den FS Lernen, wo es dann zieldifferent unterrichtet werden könnte.


    Wenn die Eltern keine Förderschule wollen, kannst du nichts machen.

  • Abgesehen davon, dass allein die obige Beschreibung eineindeutig L ist, ist unsere Meinung auch unerheblich. Das Kind hat bereits ein Gutachten.


    Und ehrlich gesagt verstehe ich Eltern, die erst mal nicht wollen, dass ihr Kind auf die Förderschule kommt. Ich überrede Eltern auch nie zur Förderschule. Ich versuche ihre Ängste zu nehmen, zeige ihnen das Schulhaus, dass nichts ins Wanken gerät, wenn ihr Kind dorthin käme. An allen Schulen sind Tafeln und Kinder. Ich sage ihnen, was für ein tolles Kind sie haben, wie gut es dies oder jenes kann und dass es nach meiner Meinung in einer Grundschulklasse untergehen wird. Auch, dass sie selbstverständlich gegen unsere Empfehlung und den Schulamtsbescheid Widerspruch einlegen können. Ich hab selten (und auch nicht selber) erlebt, dass Eltern sich dann stantepede geweigert hätten.


    Eltern wollen das Beste für ihr Kind und wenn nicht der Kampf mit dem Schulsystem als solchem im Vordergrund steht und keiner ihr Kind loswerden möchte, haben sie auch Vertrauen in die Empfehlungen von LehrerInnen.

  • Danke für den Tipp, Nordseekrabbe!
    Ich versuche mein möglichstes, behutsam auf die Eltern einzuwirken. Vielleicht wird ja doch noch was draus.
    Vielen Dank jedenfalls fürs Mitdenken!!! :top:

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