Versetzungsketten wg. Lehrermangels

  • Als ich mich vor ein paar Jährchen um eine Planstelle bewarb, konnte ich entweder (eine) bestimmte Schule(n) ankreuzen, einen Landkreis oder ganz RLP.
    Uns Bewerbern wurde exakt eine Planstelle angeboten, sollte man denn einen oberen Listenplatz innehaben; lehnte man diese Planstelle ab, wurde man mit viel Glück in 6 Monaten wieder von der ADD kontaktiert. Umgekehrt wurde einem aber auch nur dort eine Stelle angeboten, wo man sein Kreuz gemacht hatte, sofern denn dort eine Stelle zu vergeben war.


    Hat sich dieses Prozedere seitdem geändert? Wie könnten sich sonst Junglehrer ihre Stellen aussuchen? Mir ist das Prinzip aufgrund meiner eigenen Einstellungserfahrung gerade nicht ersichtlich.

    Das Procedere hat sich nicht geändert - aber die Rahmenbedingungen in Ba-Wü.


    - Vor einigen Jahren wurden vom Kumi und Finanzministerium Einsparungspläne veröffentlicht, die eine Streichung von mehr als 10.000 Lehrerstellen in den folgenden Jahren vorsahen.
    - Studienwillige, die ein Grundschulstudium beginnen wollten, mussten verpflichtend Mathematik als 3.Fach studieren. Die Herren Professoren an den PHs behielten jedoch ihren hohen fachwissenschaftlichen Anspruch bei, sodass die Studenten reihenweise durch die Prüfungen fielen und das Studium abbrachen
    - Studienwillige, die ein Grundschulstudium mit den Fächern Kunst, Musik oder Sport beginnen wollten, müssen seit einigen Jahren für die Studienzulassung eine Eignungsprüfung ablegen.
    - Es wurde ein NC für das Grundschulstudium eingeführt
    Konsequenz: Es begannen weniger Abiturienten ein Lehramtsstudium


    Das Studium für Grund- und Hauptschullehrer wurde umstrukturiert und getrennt. Nun gibt es einen eigenständigen Studiengang Grundschule, der weiterhin 6 Semester+Prüfungssemester umfasst und einen Studiengang Sekundarstufe1, der Realschullehrer und Hauptschullehrer gemeinsam mit einer Regelstudiendauer von 8 Semestern + Prüfungssemester ausbildet. Dafür werden die Hauptschullehrer in Zukunft - wie Realschullehrer - nach A13 besoldet.
    Dadurch entstand eine "Absolventenlücke" von einem Jahr und es wurde unattraktiver ein Studium der Grundschulpädagogik zu beginnen, weil dort zum höheren Deputat auch das niedrigere A12-Gehalt "lockt".
    Konsequenz: Es gibt weniger Absolventen des Studienganges Grundschule.


    - An der Grundschule wurden ab 2016/17 je zwei weitere Unterrichtsstunden für Mathematik und Deutsch eingeführt.
    - Die Leitungszeit für Schulleiter an Grundschulen wurde erhöht.
    - Durch Krankheit und Zurruhesetzung sind mehr Kollegen aus dem Dienst ausgeschieden als prognostiziert
    - Vor 6 Jahren wurden mehr Kinder gezeugt, als erwartet, es kamen auch mnehr Migranten samt Kindern nach Baden-Wütrttemberg


    Konsequenz: Es fehlen - WELCHE WUNDER - WELCH ZUFÄLLIGE FÜGUNG - in Baden-Württemberg Lehrer. Viele. Derzeit kann an Grundschulen kaum der Regelunterricht gewährleistet werden.


    Die Absolventen der Ausbildugsseminare werden umworben und können sich die Stellen aussuchen - auch in anderen Bundesländern.
    Weil es sich Baden-Württemberg "leistet" (d.h. spart), die Referendare über die Sommerferien in die Arbeitslosigkeit zu entlassen und erst zum ersten Arbeitstag im September wieder einzustellen - Baden-Württemberg zudem mit dem Ende der Sommerferien das Schlußlicht darstellt - lockt die finanziell klammen Reffis die Soforteinstellung in Berlin, Hamburg, der Schweiz usw. Und weg sind sie. Die sind nämlich flexibler, als ihnen unterstellt wird.


    Würde Baden-Württemberg die (bereits als Beamte auf Probe) eingestellten Lehrer nicht entlassen, sondern die verdienten Ferien bezahlen, hätte sich mancher Referendar wohl überlegt, ob er/sie die Beamtenstelle kündigt, um in ein anderes Bundesland zu ziehen.


    Aber das schwäbische Finanzministerium denkt da eben anders. Leider kann man diese Entenklemmer nicht für die Misere an den Schulen am Wickel packen. Wie gerne würd' ich sie schütteln. Aber mehr Verstand entsteht dadurch bei denen auch nicht.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Alias, danke für Deine Aufzählung. Ich persönlich denke man sieht daran gut, dass auch die Arbeitsbedingungen und (damit) Besoldung von Beamten, auch Lehrern, dem Prinzip von Angebot und Nachfrage folgen.
    Hier im Forum sehen das ja einige anders.

  • Im Nachhinein war es sicher auch ein großer Fehler, so viele Haupt- bzw. Werkrealschulen zu schließen.
    Auf dem Land und den Städten wurde die Hauptschule nahezu überall dicht gemacht, was wiederum zu Problemen in den Grundschulen führte.
    Warum? Weil gerade die Hauptschullehrer viele viele Stunden Vetretung in der Grundschule gemacht haben. Bei uns viel früher reihenweise Unterricht in der Hauptschule aus, um den Unterricht in der Grundschule aufzufangen. Stichwort verlässliche Grundschule.
    Jetzt gibt es das nicht mehr, da es entweder Gemeinschaftschulen sind oder die Hauptschule wie oben beschrieben, dicht gemacht sind.
    Dumm gelaufen und wahrscheinlich ebenso wie die Abschaffung der Haupt- und Werkrealschulen ein ganz großer Fehler...

Werbung