Quereinsteiger-Debatte in Grundschulen

  • Was ich mich aber frage: wo kommen diese vielen Quereinsteiger her? Besinnen sich da alle plötzlich auf ihre Liebe zum Kind und ihre verkannte Berufung zum Unterrichten?

    Diejenigen bei uns kommen entweder direkt aus dem Studium, weil sie merken, dass ein Orchideenfach doch nicht die Miete zahlt oder aus ständigen Befristungen und fühlen sich sehr entspannt im sicheren System öffentlicher Dienst.
    Was ich spannend finde zu sehen, ist, wie aus dem einen bei uns ein Lehrer wird. Am Anfang war das eine einzige Katastrophe, aber so langsam (nach etwa 1,5 Jahren, davon seit 1 Jahr im Ref) sieht man eine tolle Entwicklung. Problem bleibt: dies ist auf Unterricht bezogen. Erzieherisch ist er nach wie vor viel zu inkonsequent und lasch, aber das sind die meisten Männer in Grundschulen. (Ich lass die These mal so im Raum stehen)

  • Sich durchzusetzen lernt man ja auch nicht im Studium, allenfalls im Ref ansatzweise. Und durchsetzen allein reicht auch nicht für (Anfangs-) unterricht. Das System mit 2 Staatsexamen ergibt schon Sinn...


    Ich las irgendwo, dass Polen anfangs bei Pisa schlecht abschnitt, weil auch Hinz und Kunz unterrichtet hat. Es fehlt nur noch, dass hier Erzieher für die ersten 2 Schuljahre eingestellt werden :flieh:

  • Als nur sehr sehr unregelmäßige Foren-Besucherin möchte ich mich trotzdem mit zu Wort melden.


    In Berlin wurden, wie bereits richtig bemerkt wurde, mehr als 40% Quereinsteiger eingestellt, um den Lehrkräftebedarf in der Grundschule decken zu können.
    Die Betreuung dieser Quereinsteiger leisten die bereits angestellten Lehrkräfte "nebenbei" - für eine Quereinsteigerin, die nun in NAWI (Naturwissenschaften, anderswo Bio) in 5/6 und Mathe sowie Deutsch in 1/2 unterrichten soll, dürfen die zuständigen 3 Kollegen sich eine theoretische Ermäßigungsstunde teilen. In der Praxis gibt es diese Stunde aber leider nicht, außerdem hätte so eine Stunde ja nur 15 min (bei 45 min Stunde geteilt durch 3 ;-)).
    Für die Besprechung und Betreuung meiner Deutsch-Quereinsteigerin gehen aber wöchentlich meist 1 bis zu 1 1/2 Zeitstunden drauf. Diese leiste ich unentgeltlich.


    OK, die Quereinsteiger brauchen unsere Unterstützung, ohne wird es noch schwieriger. Sehe ich alles ein. Was mich aber fuchsig macht, ist die Tatsache, dass mir nun 5 meiner 7 Deutschstunden "fehlen" und regelmäßig an die Wand gefahren werden, so dass ich die restliche Zeit auch noch mit dem Aufarbeiten / in Ordnung bringen von Themenbereichen verbringe... Die fachliche Kompetenz (klar, wenn man Deutsch als Muttersprache spricht, kann man es doch auch locker mal unterrichten) gipfelte vor kurzem darin, die Grundform "sein" von der "wir-Form" ableiten zu wollen. Hat nicht geklappt, aber man kann es ja mal versuchen ;-)
    Auch Gedichte schreiben mit 2. Klässlern ist nicht so leicht und Kurzgeschichten schreiben die auch nicht so einfach, ist schon merkwürdig, was man den Kleinen erst alles so beibringen muss. Na gut, Ironie ausschalten.


    Wirklich interessant wird es dann, wenn nun rauskommt, dass die bereits angestellten Lehrkräfte Berlins nichts vom "Aufstieg" nach A13 spüren werden, während die von ihnen ausgebildten "Neu-Lehrer" gleich höher eingruppiert werden. Da hat sich die GEW mal fein vorführen lassen und hat wohl ein bisschen zu früh gefeiert. Natürlich können die Referendare, Quereinsteiger und auch Gymnasiallehrer, die plötzlich auch in den ja so verachteten Grundschulen auftauchen nichts dafür - ich persönlich bin aber am Überlegen, mein Engagement an kollegialer Unterstützung zurückzufahren. Immerhin hat mir der Berliner Senat ja bescheinigt, dass mein Studium mit 1. und 2. Staatsexamen sowie 2jährigem Referendariat mich nicht ausreichend qualifiziert hat und die langjährige Arbeit in der Grundschule zusammen mit ständiger Fortbildung auch nicht für eine Höhergruppierung taugt.
    Berlin wird als Arbeitgeber immer uninteressanter. Wie gut, dass es dann noch die Quereinsteiger gibt ;-))

  • In Sachsen derselbe Frust. Ich schriebs an anderer Stelle: jeder, der irgendwas studiert hat darf vertreten (ist ja z.B. bloß Sonderschulöööö) und bekommt mehr als die Primarlehrkraft mit DDR-Ausbildung und 30 Berufsjahren. Der Vertretende kann ja nichts dafür. Nur: die, die dessen Arbeit mitmachen muss halt auch nicht.


    Auf der anderen Seite: der neue Kultusminister will verbeamten, alle anderen (bis auf die AfD) sind dagegen (zu teuer) oder GEW (zu ungerecht). Da ist man in Berlin wenigstens gleich höher eingestuft... auf ewig Neueinsteigern weniger zu bezahlen, weils unfair ist, ist halt auch keine Lösung, um mehr Lehrer zu bekommen!

  • ^^Bitte nicht vergessen, dass man mit E13Stufe5 fast Spitzensteuersatz und mit die höchsten Sozialabgaben zahlen darf. Unterm Strich nehmen sich die E13er und A13er nach Krankenkasse dadurch wenigstens nicht mehr viel - mehr verdienen tun (tututut) die Angestellten NICHT.

  • @Krabappel: Sorry, da hast du mich vielleicht falsch verstanden. Ich meinte nicht, dass man Neueinsteigern weniger bezahlen soll, sondern dass es ungerecht ist, die Bestands-Lehrkräfte, die jahrelang brav sämtliche unsinnigen Reformen umsetzen und den Karren am Laufen halten, von Steigerungen auszuschließen. Vor allem mit der Begründung, wir wären "unterqualifiziert". Das ist einfach nur frech vom Berliner Senat. So schafft man jede Menge Unfrieden unter der Lehrerschaft und die Ungerechtigkeit im Lehrerzimmer bei der Bezahlung wird immer größer. Es ist ja jetzt schon so, dass nicht "gleiches Geld für gleiche Arbeit" gezahlt wird. Wir haben Beamte, Angestellte, Quereinsteiger, PKB-Kräfte mit befristetem Vertrag. Dazu nehmen die Gymnasiallehrkräfte ihr Gehalt mit in die Grundschule, auch wenn sie dort ja nur noch "Kleine" unterrichten und davon meist auch herzlich wenig Ahnung haben. Würde eine GS-Lehrkraft, die ja in ihrem Fach auch bis Klasse 10 unterrichten darf, aber in eine Sekundarschule gehen, bleibt sie trotzdem vom Gehalt gleich. Gerecht ist das irgendwie nicht. Ich sehe da den verzweifelten Versuch Berlins, doch noch irgendwie Lehrkräfte auf das sinkende Schiff zu kriegen ;-))


    Und die Situation in Sachsen ist natürlich auch weit entfernt von "in Ordnung". Dass es dort ebenfalls sehr ungerecht zugeht, war ja im letzten GEW-Blättle zu lesen.


    frkoletta: Stimmt, mehr Gehalt macht auch mehr Steuern. Würde meine Gehaltsstufe steigen, würde ich persönlich meine Stundenzahl runterfahren, um mehr "vom Leben" zu haben und weniger abgehetzt in die Schule zu gehen. Berlin hat mit 28 Stunden auch eine der höchsten Unterrichtsverpflichtungen. Aber macht das den Beruf nicht sofort attraktiver?

  • ^^Es werden "lediglich" die LuKs ausgeschlossen, weil die GEW das versaut hat bzw. der Senat durch die schwammig GEW Argumentation ein Schlupfloch fand. Und wie gesagt: bei dieser Debatte geht es um Angebot und Nachfrage, wie schon mehrfach gesagt wurde. Nicht um Inhaltliches.

  • Wie ich einem heute zugestellten Brief der GEW Berlin entnehmen konnte, werden nicht nur die LUK-Lehrer ausgeschlossen, sondern auch sämtliche Bestandslehrkräfte.
    Die in den Koalitionsvereinbarungen vereinbarten Beschlüsse zu "zeitnahen und niedrigschwelligen qualifizierenden Maßnahmen" für die Bestandslehrkräfte ist nicht mehr vorgesehen. Das war auch auf der Personalversammlung im Oktober zu erfahren.


    Insofern ziehe ich das Fazit: Papier ist geduldig. Der Vertrauensvorschuss der GEW gegenüber dem Berliner Senat war ein Schuss in den Ofen. Das steht (nicht wörtlich) auch so in diesem Schreiben. Explizit gilt die höhere Gehaltsstufe für alle neu eingestellten "Erfüller". Und das ist ungerecht gegenüber denjenigen, die schließlich auch nach gültigem Recht ihre Ausbildung absolviert haben.

  • Kannst du da mal einen Link einstellen?Ich war bei der Personalversammlung im Kino International im Oktober mit dem wirklich sehr sympathischen und empathischen Herrn R. und dort teilte er nur mit, dass LuKs ausgeschlossen sind.

    https://www.gew-berlin.de/14447.php Etwa so, Brief kürzer.
    Es werden jedes Jahr ein paar Leute mehr bekommen. Ist doch logisch, dass es Unfrieden gibt. Die GEW hat sich so richtig an der Nase herumführen lassen. Ich habe nach dieser freudestrahlenden siegessicheren Ankündigung der GEW bzgl. der Wahlversprechen, damals kurz vor den Wahlen überlegt, ob das ernst gemeint oder ein Spaß ist.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Danke fürs Einstellen des Links. :-)


    Der Brief trägt den Titel "Jetzt schlägts 13" und ruft zu diversen Kundgebungsterminen im November auf, die aber alle außerhalb des Unterrichts stattfinden werden. Zugleich steht darin, dass die GEW nicht mehr zu Arbeitsniederlegungen aufrufen darf, es also keine Streiks mehr geben wird zu diesem Thema. Bestimmt bekommst du den auch noch zugeschickt, wenn du in der Berliner GEW bist.


    Die Infos gab es für den Bereich Tempelhof-Schöneberg am 17.10. auf der Personalversammlung, wo verkündet wurde, dass die Bestandslehrkräfte keine Fortbildungen erhalten, de facto von der Höhergruppierung ausgeschlossen sind.

  • Es gab vor kurzem schon mal einen Brief, der hatte denselben Titel. Der Inhalt unterscheidet sich aber: das heutige Schreiben enthält mehr Daten für Kundgebungen / Versammlungen und ist auch leicht unterschiedlich was die Zeiten für Höhergrupperung angeht. Das vorige Schreiben hat noch Fortbildungen in Aussicht gestellt, dieses nun nicht mehr. Ist wahrscheinlich irreführend, dass es denselben Titel trägt. Naja, einfach mal abwarten...

  • Ich würde gerne in einer Grundschule als Seiteneinsteigerin arbeiten. Habe gehört, dass es Bedarf in den Schulen besteht, merke aber gar nichts. Überall , wo ich mich sogar auf Vertretungsstelle bewerbe, bekomme ich Absagen. Ich habe eine ausländisch Lehramtsbefähigung in Deutsch als Fremdsprache. Das reicht hier nicht für die Schulen. Hat jemand Tipps was man machen könnte?

  • Ich würde gerne in einer Grundschule als Seiteneinsteigerin arbeiten. Habe gehört, dass es Bedarf in den Schulen besteht, merke aber gar nichts. Überall , wo ich mich sogar auf Vertretungsstelle bewerbe, bekomme ich Absagen. Ich habe eine ausländisch Lehramtsbefähigung in Deutsch als Fremdsprache. Das reicht hier nicht für die Schulen. Hat jemand Tipps was man machen könnte?

    Su brauchst einen Hochschulabschluss, Bachelor reicht, entweder in Musik, Englisch, Kunst oder Sport. Damit kannst du dich auf Stellen bewerben, die hier ausdrücklich auch für Seiteneinsteiger ausgeschrieben sind: https://www.schulministerium.nrw.de/BiPo/LEO/angebote

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