Wortarten nach Montessori


  • Hallo Krümelmama,


    danke für die Erklärung!
    Ich denke, dass ich das Grundprinzip nun soweit verstanden habe. Es sollen quasi strukturelle Beziehungen zwischen einzelnen Wortarten (jeweils verschiedene Dreiecke für Artikel, Adjektiv, Nomen bzw. "Namenwort") dadurch dem Kind bildlich veranschaulicht werden.


    Ganz grundlegend funktioniert das sicherlich noch sehr gut (wenn Nomen wirklich auf die greifbaren Dinge reduziert werden und alles konkret und anschaulich bleibt), aber könnte das eben nicht vielleicht dazu führen, dass dabei der von Anfang an ja schon ausgeprägte abstrakte Charakter von Sprache zu sehr unter den Tisch fällt?


    Auch dein Beispiel mit dem Pferd finde ich dahingehend etwas schwierig, da das Kind ja nicht das "falsche" Pferd bringt, es wurde ihm vorher noch nicht gesagt, dass es ein bestimmtes (das fressende Pferd) bringen soll. Die vom Kind erkannte Gattung "Pferd" war ja korrekt, dass das Pferd dasjenige sein soll, was gerade frisst (einer bestimmten Tätigkeit nachgeht), war noch nicht erklärt.


    Aber vielleicht gehe ich wirklich etwas zu kritisch an die Sache ran. Ich kenne das eben so nicht, habe es nie so gelernt und empfinde es momentan als eher verkomplizierend und weniger als Erleichterung. Gerade eben hinsichtlich komplexeren, nachfolgenden Sprachbetrachtungen, die ggf. durch den extrem anschaulich-praktischen Zugriff erschwert sein könnten.


    Das höre ich z.B. ständig: "Das kann man doch nicht anfassen, wieso muss ich es dann groß schreiben?" In manchen Köpfen sitzt das bombenfest.


    der Buntflieger

  • "Anfassen können" ist ja nicht die einzige Nomenprobe, die es gibt.
    - Hat es einen Artikel?
    - Kann ich es in die Mehrzahl setzen?
    - Kann ich es anfassen?
    Alles Nomenproben, von denen die ersten beiden genauer sind. Meine Zweitklässler kennen die alle.


    Man muss aber gerade bei den Kleinen sehr vom Konkreten und Einfachen ausgehen, bevor es abstrakter und komplizierter wird.


  • Hallo Kathie,


    ich kenne die Proben natürlich und habe auch schon damit gearbeitet, bisher allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Die Artikel-Probe ist praktisch gesehen unpraktisch. Oft steht kein Artikel vor Nomen oder Artikel lassen sich auch anderen Wortarten beifügen (ob das syntaktisch Sinn ergibt, kann das Kind oft nicht beurteilen, es richtet die Probe ja meist nur auf das Wort selbst).


    Beispiel: "Fritz sitzt lachend auf dem Pferd, denn REITEN bereitet ihm große Freude!"


    Das ist ein Klassiker, da hier eine Tätigkeit, die man natürlich nicht anfassen kann, keine Pluralbildung zulässt und auch nicht zwingend einen Artikel verlangt, plötzlich ganz dreist als Nomen fungiert.


    Hier müsste man - so meine ich - von Anfang an vom Satz (bzw. Prädikat) aus auf die Wortarten zugreifen und ihre Funktion innerhalb des Satzes syntaktisch beleuchten. "Reiten" wird hier z.B. genannt, der Sprecher verweist darauf, es wird nicht als Tätigkeit im Satz selbst durchgeführt.


    der Buntflieger

    Einmal editiert, zuletzt von Buntflieger () aus folgendem Grund: Korrektur

  • Ja gut, genau genommen ist es in deinem genannten Satz aber natürlich "das Reiten", von daher funktioniert die Artikelprobe da schon.
    Und so wie du das beschreibst, geht es in den ersten beiden Jahrgangsstufen schlichtweg nicht, weil es eine totale Überforderung wäre.

  • Ja gut, genau genommen ist es in deinem genannten Satz aber natürlich "das Reiten", von daher funktioniert die Artikelprobe da schon.
    Und so wie du das beschreibst, geht es in den ersten beiden Jahrgangsstufen schlichtweg nicht, weil es eine totale Überforderung wäre.


    Hallo Kathie,


    ich behaupte, dass es für viele Kinder genauso überfordernd ist, zwischen formalen (morphologisch ausgerichteten) Proben (z.B. Artikel-Probe, Pluralprobe) und inhaltlichen Bezugnahmen (kann ich etwas anfassen) zu unterscheiden und dann darüber hinaus die Funktion eines Wortes im Satz richtig einzuordnen.


    Oft hapert es ja gerade beim letzten Schritt, weil der zuvor wahrscheinlich (aus Angst vor Überforderung?) stets weitestgehend ausgeblendet wurde. Meines Erachtens ergeben viele Wortarten aber ohnehin erst aus dem Satz (bzw. Kontext) heraus ihren Sinn als Wortart.


    Und wenn man eben (wie wohl beim Montessori-Ansatz ganz stark) z.B. Verb/Prädikat nur als Tunwort (was man bzw. das Kind konkret macht bzw. tun soll auf Anweisung der Lehrperson) einführt, dann mag das natürlich sämtliche Schwierigkeiten umschiffen, aber es ist auch zum Preis einer extremen Vereinfachung.


    Beispiel: Das Kind lernt, dass Prädikate das besagen, was im Satz getan wird. Dann lautet auf einmal die Frage, welches Wort im Satz "Die Kerze brennt" dann das Prädikat sei. Hier wird einfach davon ausgegangen, dass das Kind versteht, dass hier das Brennen der Kerze eine Tätigkeit ist. Inhaltlich ist das zumindest fragwürdig. Und das ist nur ein Beispiel von vielen, die mir beim Durchstöbern aufgefallen sind.


    der Buntflieger

  • Die Probleme, die du beschreibst, sind aber ja keine genuinen Probleme der Montessori-Methode, sondern - meiner Erfahrung nach - die gängige Praxis im Unterricht, oder? ;)

    Am I out of touch? :/ No, it's the children who are wrong. :musik:

  • Die Probleme, die du beschreibst, sind aber ja keine genuinen Probleme der Montessori-Methode, sondern - meiner Erfahrung nach - die gängige Praxis im Unterricht, oder? ;)


    Hallo tibo,


    korrekt, aber die Montessori-Vorgehensweise treibt es offenbar diesbezüglich auf die Spitze, sofern ich das richtig sehe. ;)


    der Buntflieger

  • Hallo Kathie,


    ich behaupte, dass es für viele Kinder genauso überfordernd ist, zwischen formalen (morphologisch ausgerichteten) Proben (z.B. Artikel-Probe, Pluralprobe) und inhaltlichen Bezugnahmen (kann ich etwas anfassen) zu unterscheiden und dann darüber hinaus die Funktion eines Wortes im Satz richtig einzuordnen.

    Ich verstehe nicht so ganz, wie du das meinst.
    Die Artikelprobe, Pluralprobe und auch die Frage "Kann ich es anfassen" können sich doch ergänzen, und zumindest meine Zweitklässler kommen damit gut zurecht. Das ist keine Überforderung.


    Dass die Wortarteneinführung nach Montessori eine Vereinfachung ist, ist richtig. Wie vieles in der Grundschule!!! Es muss nämlich vereinfach bzw didaktisch reduziert werden. Montessori macht es sehr sichtbar, indem Artikel, Adjektiv und Verb die gleiche Form und eine ähnliche Farbe haben und hintereinandergestellt werden können.


    Subjekt, Prädikat, Objekt kommt in der 2. Klasse noch nicht vor, wohl aber das Verb.
    In deinem Satz "Die Kerze brennt" würde man fragen "Was tut die Kerze?" - "Sie brennt." -> brennen ist das Verb. Klar schaffen die meisten Kinder das.
    IMir ist nicht klar, was du meinst zu gewinnen, wenn du in der 2. Klasse schon ganze Sätze zerlegen und Prädikate heraussuchen willst - was im Endeffekt nichts anderes ist, als nach dem Verb zu fragen ;-). Natürlich kucken wir auch mal einen ganzen Satz an und suchen Nomen, Verb und Adjektiv heraus, aber erst, wenn wir die einzelnen Wortarten kennen.
    Einführen würde ich genau so, wie Krümelmama das beschreibt.

  • Dass die Wortarteneinführung nach Montessori eine Vereinfachung ist, ist richtig. Wie vieles in der Grundschule!!! Es muss nämlich vereinfach bzw didaktisch reduziert werden. Montessori macht es sehr sichtbar, indem Artikel, Adjektiv und Verb die gleiche Form und eine ähnliche Farbe haben und hintereinandergestellt werden können.


    Subjekt, Prädikat, Objekt kommt in der 2. Klasse noch nicht vor, wohl aber das Verb.
    In deinem Satz "Die Kerze brennt" würde man fragen "Was tut die Kerze?" - "Sie brennt." -> brennen ist das Verb. Klar schaffen die meisten Kinder das.


    Hallo Kathie,


    also "meine" bzw. unsere Fünftklässler kommen leider mit der Großschreibung und Nomenfindung größtenteils gar nicht gut zurecht. Die Artikelprobe kennen alle, können sie aber nicht - aus den von mir genannten Gründen - richtig einsetzen und das mit dem Anfassen ist wie gesagt kaum mehr aus den Köpfen zu bekommen.


    Bei Montessori ist ja das Verb ein roter Kreis und das Nomen ein schwarzes Dreieck? Hier wird eben einfach die formale Klassifikation anhand von Symbolen veranschaulicht (man könnte auch sagen: Anstatt Bezeichnungen in Form von Worten einzuführen, werden eben vorerst Symbole benutzt). Ein Mehr an Funktion bzw. didaktischem Nutzen kann ich da bisher leider nicht erkennen.


    Kann eine Kerze eine Tätigkeit vollführen?
    Eine Kerze befindet sich vielleicht in einem bestimmten Zustand, sofern sie vorher durch eine Tätigkeit in diesen versetzt wurde: "Hans zündet die Kerze an, damit sie brennt."


    Manche Kinder stolpern sehr wohl über solche inhaltlichen Ungenauigkeiten, die von Erwachsenen möglicherweise gar nicht (mehr) als solche wahrgenommen werden.


    Beispiel: "Hans schläft."
    Lehrerfrage: "Was tut Hans?"
    Kind X: "Er schläft!"
    Lehrperson: "Sehr gut X!"
    Kind Y: "Das stimmt ja gar nicht, Schlafen kann man nicht tun!"


    Und jetzt? Kind Y hat ja insofern Recht, als dass der Schlaf genau genommen ein Zustand ist und keine bewusst durchgeführte Aktivität.


    Es muss doch auch für die Grundschule abseits von klassifikatorischen Vorgehensweisen Zugriffe auf das Sprachverstehen geben, die die syntaktische Funktionalität in den Vordergrund stellen? Ich kenne mich da gar nicht aus, aber werde mich mal bei Gelegenheit diesbezüglich kundig machen. Das scheint mir ein interessantes Thema (bzw. Baustelle) zu sein! ;)


    der Buntflieger

  • Lieber Buntflieger, mir scheint du denkst teilweise zu weit und zu kompliziert. Ich habe in den vergangenen Jahren mit den Symbolen von Montessori in den ersten vier Schuljahrgängen gearbeitet und sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Fast alle Symbole waren bei mir von Anfang an im Klassenzimmer zu sehen und wurden dann sukzessive eingeführt. Viele Kinder haben so aus eigenem Interesse heraus bereits in der zweiten Klasse neben den üblichen Wortarten Nomen, Artikel, Verb und Adjektiv auch schon Pronomen, Konjunktionen und Präpositionen kennen gelernt und konnten diese ihrem Niveau entsprechend anwenden. Die Symbole ersetzen übrigens auch nicht die Bezeichnung, sondern ergänzen diese, was zumindest meinen Schülern geholfen hat.
    Das Thema Groß- und Kleinschreibung zieht sich aber ja nun Mal bis in die 9./10. Klasse hinein. Insofern kann nicht erwartet werden, dass in der fünften Klasse sämtliche Nomen erkannt werden. Und wenn die Schüler als einzige Probe das Anfassen kennen, ist es ihnen eventuell in der Grundschule oder zu Hause falsch vermittelt worden.
    Dein Beispiel mit dem Schlaf hinkt meiner Meinung nach insofern, als du aus dem Verb schlafen ein Nomen „dervSchlaf“ gemacht hast. Und natürlich ist schlafen eine Tätigkeit. Zumindest würden meine Grundschüler dies nicht in Frage stellen.

  • Die Satzglieder werden ja auch in der Grundschule behandelt, nur erst in Klasse 3/4, da davon ausgegangen wird, dass es sinnvoll ist, dass die Kinder schon vorher einmal etwas über Wortarten gehört haben. Ist wie im Geometrieunterricht - man fängt zuerst mit der Länge an, dann kommt die Fläche, zuletzt das Volumen.


    Es ist sicher nicht verkehrt, wenn Kinder das Nomen automatisch mit einem Symbol oder einer Farbe verbinden, aber dann würde ich es dennoch parallel einführen, wobei, wie ich dich verstanden habe, die Symboleinführung zuerst folgt, oder?


    Zu dem Schlafbeispiel: Ich sehe da jetzt nicht so recht das Problem. Man kann künstlich zwischen Zustand und Aktivität unterscheiden, aber ich bezweifle, dass sich Kinder darüber großartig Gedanken machen. Für die zweite Klasse tut es die "Tut-Frage" und wenn dann noch Schritt für Schritt die Möglichkeiten der Flexion eingeführt werden (Tempus, Numerus, Person, später auch Modus, Genus verbi, infinite Verbformen,...), wird die Sache auch mit der Zeit klarer - auch hinsichtlich möglicher Ausnahmefälle ;) .

  • Hey! Ich stehe diesen Symbolen persönlich eher kritisch gegenüber, denn ich kann darin bisher keinen Mehrwert zu verschiedenen Farben als Unterscheidungshilfe erkennen. Was mich allerdings noch skeptischer macht, ist die Frage, wie viele Lehrer an den weiterführenden Schulen nach dieser Methode lehren? Ich meine, lässt sich der ... Aufwand, so erscheint es mir, in der weiterführenden Schule aufrecht erhalten? Beziehungsweise wann werden die Symbole wieder weggelassen? Erfolgt eine schrittweise Nichtanwendung? Arbeitet hier jemand in der weiterführenden Schule mit den Symbolen? Das würde mich sehr interessieren :) .

  • Ist das denn überhaupt möglich? Die Schüler kommen doch zusammengewürfelt aus verschiedenen Grundschulen an die weiterführende Schule, weswegen der Deutschlehrer in Klasse 5 gar nicht davon ausgehen kann, dass alle Schüler besagtes System kennen (Ausnahme: Es ist im Bildungsplan der Grundschule vorgeschrieben).

  • Dein Beispiel mit dem Schlaf hinkt meiner Meinung nach insofern, als du aus dem Verb schlafen ein Nomen „dervSchlaf“ gemacht hast. Und natürlich ist schlafen eine Tätigkeit. Zumindest würden meine Grundschüler dies nicht in Frage stellen.


    Hallo Nordseekrabbe,


    das ist ein Missverständnis.
    Die semantisch-lexikalische Bedeutung hat sich ja nicht verändert, ob ich nun das Verb nominalisiere oder nicht, spielt hier gar keine Rolle. Ich muss mich auf das Beispiel ja konkret beziehen, dafür nenne ich es (also nominalisiere das Verb).


    Und nein, das Schlafen ist im obigen Beispiel sicherlich keine Tätigkeit. Selbst dann nicht, wenn man mit Semantik eher großzügig hantiert. Es ist und bleibt ein Zustand. Ob man nun schläft oder man sich im Schlaf befindet. ;)


    Vielleicht bin ich aber was Montessori und Grundschulgrammatik etc. anbelangt etwas zu skeptisch eingestellt. Ich selber habe als Grundschüler keinen Zugang zur Grammatik gefunden und eigentlich erst im Laufe des Studiums verstanden, was das alles soll und warum ich als Schüler viele Dinge gar nicht verstehen konnte!


    Das Beispiel mit dem Schlafen stammt übrigens von mir. Ich war Schüler Y. :)


    der Buntflieger


  • Und nein, das Schlafen ist im obigen Beispiel sicherlich keine Tätigkeit. Selbst dann nicht, wenn man mit Semantik eher großzügig hantiert. Es ist und bleibt ein Zustand. Ob man nun schläft oder man sich im Schlaf befindet. ;)

    Für unser Gehirn ist Schlafen definitiv eine Tätigkeit. Was macht man dann mit Träumen? Träumt man in der Nacht, ist es ein Zustand, und träumt man am Tag auf der Wiese, ist es eine Tätigkeit? Ist doch irgendwie albern und überspitzt. Dieser Begriff "Zustand" klingt so lebensfern, insbesondere für Kinder. Das wird mir auch immer von SuS um die Ohren gehauen, wenn ich in Englisch frage, welche Farbe etwas hat und die Antwort lautet Schwarz oder Weiß. "Schwarz und Weiß sind keine Farben, das sind Zustände." - "Nein! Es sind Farben, aber eben unbunte Farben. Was soll es denn sonst sein?"

  • Für unser Gehirn ist Schlafen definitiv eine Tätigkeit. Was macht man dann mit Träumen? Träumt man in der Nacht, ist es ein Zustand, und träumt man am Tag auf der Wiese, ist es eine Tätigkeit? Ist doch irgendwie albern und überspitzt. Dieser Begriff "Zustand" klingt so lebensfern, insbesondere für Kinder. Das wird mir auch immer von SuS um die Ohren gehauen, wenn ich in Englisch frage, welche Farbe etwas hat und die Antwort lautet Schwarz oder Weiß. "Schwarz und Weiß sind keine Farben, das sind Zustände." - "Nein! Es sind Farben, aber eben unbunte Farben. Was soll es denn sonst sein?"

    Hallo Frapper,


    ich muss sagen, dass ich doch einigermaßen erstaunt darüber bin, wie groß die Schwierigkeiten zu sein scheinen, eigentlich einfache Wortbedeutungen korrekt einzuordnen. Hängt das vielleicht ein Stück weit damit zusammen, dass Verben von Anfang an häufig bzw. fast ausschließlich als Tätigkeitswörter vermittelt werden?


    Im Sprachalltag bezeichnen die am häufigsten verwendeten Verben jedenfalls gar keine Tätigkeiten, sondern Vorgänge und/oder Zustände.


    Auch das Verb "träumen" bezeichnet natürlich in der Regel einen Zustand, es sei denn, man verwendet es in spezifischer, abgeleiteter Weise: "Heinz träumt mal wieder im Unterricht von seinem neuen Computerspiel."


    Ich weiß jetzt nicht, was daran lebensfern sein soll, dass das Träumen oder Schlafen oder Liegen etc. keine Tätigkeiten sind, die auf einer aktiven Handlung beruhen, sondern Zustände, in denen Menschen sich befinden. Für mich war das als Kind schon gar nicht anders denkbar.


    Wenn wir es im Grammatikunterricht nicht schaffen, zwischen Tätigkeiten und Zuständen klar zu unterscheiden, haben die Kinder später zwangsläufig ein größeres Problem damit, die richtige Verwendung syntaktischer Einheiten zu verstehen.


    "Mir ist gerade ziemlich mulmig zumute." Vorsicht, das ist natürlich - wie so oft - wiederum keine Tätigkeit (auch wenn in meinem Bauch vielleicht Botenstoffe tätig sein mögen), sondern das ist aus gängiger semantischer Perspektive eine Zustandsbeschreibung.


    der Buntflieger

    • Offizieller Beitrag

    @Buntflieger:
    deine Vorbehalte kann ich (teilweise) nachvollziehen, wenn es um ältere Schüler geht.
    Aber vergiss bitte nicht, dass es um Grundschüler geht !!!


    Sowohl schlafen wie auch träumen sind freilich Tätigkeiten, etwas, das man tut.
    Viel schwieriger aber wird die Frage nach der Tätigkeit bei Verben wie z.B. heißen, bei Modalverben oder gar bei sein als Vollverb.
    Aber das alles sind Fragen, die für den Anfangsgrammatikunterricht bei Grundschülern völlig überzogen sind.
    Du fängst an der GS ja auch nicht mit Prozentrechnung an ;)

  • Sowohl schlafen wie auch träumen sind freilich Tätigkeiten, etwas, das man tut.
    Viel schwieriger aber wird die Frage nach der Tätigkeit bei Verben wie z.B. heißen, bei Modalverben oder gar bei sein als Vollverb.


    Hallo Friesin,


    ich weiß mir langsam nicht mehr anders zu helfen und muss wohl auf eine offizielle Grammatik verweisen, um das Missverständnis auszuräumen, dass es sich bei den Verb "schlafen" etc. um Tätigkeiten handele:


    "1 schlafen: sich im Zustand des Schlafes befinden"
    http://hypermedia.ids-mannheim…&v_buchstabe=S&v_id=10865

    "Die kategorielle Bedeutung ist die Bedeutung, die üblicherweise Wörter verschiedener Wortarten voneinander unterscheidet. Die kategorielle Bedeutung gibt die Art der Entität an. So haben Nomina üblichererweise die kategorielle Bedeutung 'Sache', 'Sachverhalt', 'Gegenstand' u.ä., während z.B. Adjektive üblicherweise die kategorielle Bedeutung 'Eigenschaft' haben oder Verben die Bedeutung 'Tätigkeit', 'Zustand' usw. Bei Wortbildungsprodukten wird die kategorielle Bedeutung der Basis dagegen mitunter übernommen, so dass z.B. Nomina die für Adjektive übliche Entität bezeichnen. So bezeichnet [i]Schönheit eine Eigenschaft."


    Quelle: IDS-Grammatik Mannheim



    Grammatik kann man natürlich so stark vereinfachen, dass Kinder das rudimentäre Modell, welches man ihnen dann bietet, problemlos verstehen. Aber der Bezug zu jener Sprache, die sie tagtäglich selbst sprechen, wird dadurch nicht hergestellt und wenn es doch versucht wird, gerät es regelmäßig zum Frustrationserlebnis. Ich spreche hier aus eigener leidvoller Erfahrung.



    der Buntflieger

    • Offizieller Beitrag

    Aber der Bezug zu jener Sprache, die sie tagtäglich selbst sprechen, wird dadurch nicht hergestellt und wenn es doch versucht wird, gerät es regelmäßig zum Frustrationserlebnis. Ich spreche hier aus eigener leidvoller Erfahrung.

    damit habe ich im Anfangsunterricht der Fremdsprache auch stark zu kämpfen.


    Aber genau das ist auch meine Aufgabe:
    vom rudimentären Basicwissen zur spezielleren, differenzierteren Sprachbetrachtung zu führen.
    Das ist aber nicht Aufgabe der Grundschule, kann es auch nicht sein.


    Wo haben denn die Schüler ein Problem, den Bezug zu ihrer tagtäglich gesprochenen Sprache herzustellen?


    Vll verallgemeinerst du deine persönlichen Erfahrungen hier?

  • Wo haben denn die Schüler ein Problem, den Bezug zu ihrer tagtäglich gesprochenen Sprache herzustellen?


    Vll verallgemeinerst du deine persönlichen Erfahrungen hier?


    Hallo Friesin,


    also, ich habe ja nicht verlangt, dass man Grundschüler wahllos mit komplizierter Grammatik überhäufen soll. Das hat man mir im Verlauf der Diskussion einfach angedichtet. Vielleicht aus der Annahme heraus, dass, wenn man es nicht auf die eine Weise erklären kann (nämlich mit einseitigem bis falschem Inhaltsbezug), es wohl gar nicht einfach erklären könne. Dem ist sicherlich nicht so.


    Dass ich bezüglich Grundschule auf meine persönlichen Erfahrungen angewiesen bin, liegt einfach daran, dass ich dort nicht unterrichte und mich auch - wie hier schon mehrmals gesagt - nicht in der gängigen Didaktik bezügl. Grammatiken auskenne. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass es auch dort Ansätze gibt, die die gängigen Probleme, von denen ich hier schreibe (ich habe das ja nicht alles erfunden, sondern selbst aus Fachliteratur gelernt), umschiffen.


    Der Montessori-Ansatz scheint das aber gerade nicht zu leisten, jedenfalls nicht nach dem, was ich davon bisher kennengelernt habe. Es kann gut sein, dass ich hier etwas vorschnell urteile, das habe ich ja auch schon mehrfach zugegeben.


    Schön wäre es trotzdem, wenn man wenigstens einsehen könnte, dass Verben durchaus nicht nur Tätigkeiten bezeichnen, sondern selbstverständlich z.B. "schlafen" in erster Linie einen Zustand meint. Wenn man sich schon darauf nicht einigen kann, haben wir - fürchte ich - wirklich ein gravierendes Problem in der Verständigung über bzw. bei der Vermittlung von grammatischen Kerninhalten.


    der Buntflieger

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