Möglichkeiten, wenn der Dienstweg nichts bringt?

  • Hallo zusammen.
    Ein etwas heikles Thema, drum kann ich nur relativ vage beschreiben, worum es geht...


    Wir haben an der Schule ein massives Problem mit dem Schulträger (=die Stadt), der seinen Pflichten nicht nachkommt. Es handelt sich - soviel kann ich sagen - um keine Lappalie.
    Der Schulträger wurde zigfach per Dienstweg darauf hingewiesen, die Antwort ist stets "kein Geld da". Tatsache ist aber, dass er gesetzlich verpflichtet ist, das Problem in irgendeiner Weise zu beheben, sich aber einen Sch... darum schert.


    Da nun der Dienstweg mehrfach beschritten wurde, stellt sich mir die Frage, was kann ich denn als "Otto-normal-Lehrer" weiterhin tun? Mein oberster Dienstherr (="das Land") hat tatsächlich auch schon gedrängt, aber die Antwort war, wer hätt's gedacht, "kein Geld da". Und so wirkliche Maßnahmen ergreifen können - oder wollen - die auch nicht.


    Weiterhin stellt sich mir folgende Frage: Aus Erfahrung wissen wir, dass öffentlicher Druck das einzige ist, was den Schuträger zum Handeln veranlasst. In ähnlichen Situationen war DANN auf einmal Geld da. Allerdings waren es bisher immer die Betriebe oder die Azubis, die an die Öffentlichkeit gingen. Was droht mir den als "Otto-Normal-Lehrer", wenn ich die Presse einschalte? Ich habe ja eine Loyalitätspflicht und eben die Pflicht, den Dienstweg einzuhalten.
    Weiß vielleicht jemand - nur um mal einen ungefähren Anhaltspunkt zu haben - was mit denjenigen passierte, die "damals" an der Rütli-Schule den Brandbrief öffentlich gemacht haben?


    Gruß,
    DpB


    PS: Der ÖPR ist auch schon tätig. Ihr werdet nicht glauben, was er als Antwort bekommt ;)



    PPS: Bevor das Thema jetzt von den üblichen rechten Trollen gekapert wird: Die Rütli-Schule dient nur als Vergleich, weil es der einzige mir bekannte Fall ist, in dem Lehrer an die Öffentlichkeit gingen. In meinem Fall hat das Problem absolut nichts mit der Schülerklientel zu tun!

  • Guck mal ob du das Problem irgendwie auf den Sicherheitsaspekt schieben kannst, zusammen mit einer Aktenspur zu einem Verantwortlichen in der Verwaltung.
    Mit der Taktik kamen die bei uns immer in die Puschen, weil in der Verwaltung keiner Bock hat für sowas Verantwortung zu übernehmen. ;)


    Edit: 2 Leute ein Gedanke. :D

  • Es IST ein Sicherheits/Gesundheitsaspekt (sogar mehrere). Und trotzdem, es schert den Schulträger einen feuchten Dreck.

  • Könnt ihr die Situation durch Verweigern irgendwie umgehen? Mir fällt da spontan ein ziemlich übler Unfall in der Chemieabteilung des Kant-Gymnasiums in Weil am Rhein ein. Dort wurde der Schule seitens der Stadt mehrfach die Ausstattung mit belüfteten Chemikalienschränken verwährt. Am Ende mussten sowohl Rektor als auch Chemielehrer eine saftige Strafe zahlen und sind nur knapp einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung entkommen. In diesem Fall wäre mein Rat an den Kollegen gewesen: Verweigern, weil Gefahr für Leib und Leben.


    Ach, was mir noch einfällt. Ihr habt doch sicher sowas wie eine Schulaufsichtsbehörde? Oder auch die entsprechende Berufsgenossenschaft, die man für eine Sicherheitsbegehung einbestellen kann.

    Einmal editiert, zuletzt von Wollsocken80 ()

  • Ich habe mitunter schon den Unterricht abgebrochen, wenn es zu unerträglich wurde, und die Klasse heimgeschickt (es war keine Pflichtschule, da würd' das wohl heikler). Natürlich mit einer hochoffiziellen Mail an die SL (die auch nichts dafür kann) mit Hinweis auf meine Fürsorgepflicht gegenüber der Gesundheit der Schüler und mir selbst. Nur, das interessiert ebenfalls niemanden. Die Frage ist auch, wie exzessiv man mit so einer Verweigerung gehen kann. Außerdem ändert das halt nix am Grundproblem.


    Gruß,
    DpB

  • Eine Sicherheitsbegehung veranlassen? Offenbar geht es ja um eine Belastung mit Giftstoffen. Mach das unbedingt, Dir und Deinen Schülern zuliebe. Bei uns an der Uni war das immer die BG Chemie die dafür einbestellt wurde, wenn z. B. eine Kollegin schwanger war. Da muss es doch auch eine Behörde geben, die für die Schule zuständig ist.

  • Tja, die Instanzen, die für Sicherheitsbegehung etc. zuständig sind, sch... uns auch was. Super, gell?


    Ich kann echt nicht mehr ins Detail gehen und bitte deshalb darum, dass wir uns auf die Fragen im Ausgangsbeitrag beschränken. Da uns alle hängen lassen, ist wohl der "was passiert, wenn ich die Presse einschalte"-Teil der wesentliche.

  • Waaah ... das ist ja mega scheisse. Kennst Du privat jemanden, der eine Messung der Belastung durchführen könnte? Irgendjemanden der in der chemischen Industrie arbeitet (vllt sogar in einem Ausbildungsbetrieb)? Oder gibt es bei euch an der Schule einen Kollegen, der sowas kann? Im Idealfalls solltest Du ja belastbares Material vorlegen können, wenn Du Dich an die Presse wendest.


    Auch wenn ich Dir sonst nicht weiterhelfen kann ... Ganz viele gedrückte Daumen!!! :rose:

  • Alles bereits passiert, auf alles wird gesch..., es ist ja kein Geld da.


    Die Frage ist echt: "Was kann ich tun, wenn alle offiziellen Wege gescheitert sind?" und "Was kann mir passieren, wenn ich als verbeamteter Lehrer (übrigens ohne jegliche Karriereambitionen... die Frau verdient gut :D ) die Presse einschalte?"

  • Vielleicht gehst du mal über die SuS. Die sind im BK schon etwas älter und könnten bei Unterrichtsausfall mal etwas bei FB und Co. posten oder sich an eine lokale Zeitung wenden (selbst wenn's nur dieses kostenlose Ding ist).

  • Also, gesundheitliche bzw. Verletzungsrisiken sind erfahrungsgemäß der beste Motivator...
    ...aber das muss nicht zwingend über die Presse gehen - schon mal schlicht und einfach geklagt? Wegen entsprechender Gefährdung, ich bin ja keine Juristin, aber ein "Zwang unter unzumutbar gefährlichen Bedingungen zu arbeiten" klingt für mich nach Nötigung und Inkaufnahme möglicher Körperverletzung... das sind Straftatbestände, und ein gericht verdonnert im zweifelsfall, da interessiert dann "kein Geld da" nicht mehr, dann hat das da zu sein, dann holt das notfalls der Kuckuckskleber...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Wollen nicht Schüler / Eltern die Presse einschalten? Denen fällt doch sicher auf, dass etwas schief läuft...

    Gemeinsam mit den Betrieben, die wollen ja auch nicht, dass Unterricht ausfällt ... :pfeifen:
    Habt ihr bei euch so etwas wie Schülersprecher, SMV? Die könnten ja vielleicht direkt an die Presse gehen.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Ignoranz vor rechtlichen Vorgaben durch den Schulträger gibt es wohl an vielen Schulen.
    Ich denke da an fehlende Fluchtwege, nicht durchgeführte Tafelprüfungen oder die Wiederkehrende Prüfung ortsveränderlicher Arbeitsmittel. Aber auch Luftbelastungen (Schimmel, PCB) oder zu hohe/niedrige Raumtemperatur (Verstoß gegen die Arbeitsstättenverordnung, hier ein Beitrag zur Gültigkeit der Arbeitsstättenverordnung für Schulen).


    Die SL möge sich jemand von der zuständigen Behörde für Arbeitsschutz (Arbeitsschutz RLP) ins Haus holen, wenn die (Städtischen) "Instanzen für Sicherheitsbegehungen" ihren Aufgaben nicht nachkommen.


    Beim Gang an die Presse kann es sich wohl um einen Verstoß gegen das Verbot der Flucht in die Öffentlichkeit handeln. In Berlin (weil du die Rütli-Schule ansprichst gab es laut Welt mal einen "Maulkorberlass" und Disziplinarverfahren "... gegen fünf Leiter von Oberstufenzentren ein Disziplinarverfahren eingeleitet, weil sie sich öffentlich über fehlendes Geld und Personal beklagten". Allerdings beruht das Verbot wohl auf der Treuepflicht gegenüber dem Dienstherren - Land - und nicht gegenüber dem Schulträger (Stadt/Kommune).
    Die Antwort auf die Frage "Was kann mir passieren, wenn ich als verbeamteter Lehrer [...] die Presse einschalte?" lautet wohl "die Einleitung eines Disziplinarverfahrens." Ich halte weder die Einleitung eines solchen Verfahrens und noch weniger eine Disziplinarstrafe für wahrscheinlich, aber ein solches Verfahren kann mit der Entfernung aus dem Dienst enden.


    Vielleicht ist ja auch ein anonymer Hinweis an die Presse möglich?


    Ebenfalls in Berlin gibt es die Klage einer Schülerin wegen fehlenden Fluchtwegs.

  • @DePaelzerBu: ich weiß nicht wie die Verwaltung Deines Schulträgers organisiert ist, aber manchmal gibt es parallel zur Verwaltung eine politische Ebene die stark mit dieser Verwaltung konkurriert. (Z.B. ein Gemeinderat) Ein Lokalpolitiker lässt sich ja auch gerne mal eine Schule zeigen und da kann es natürlich passieren, dass man an der kaputten Treppe vorbei läuft oder auf das Giftfass im Keller zu sprechen kommt.


    Eine andere Möglichkeit wäre, mal über den Mißstand zu schimpfen, wenn Du jmd. vom größten Betrieb an der Strippe hast. ("Da müsste man echt mal was machen, aber uns als Schule sagen die immer nur 'kein Geld'"!)


    Vielleicht ist ja auch ein anonymer Hinweis an die Presse möglich?

    Wäre auch eine (vielleicht die letzte) Möglichkeit.
    Ich würd's vorher über die Betriebe versuchen. Macht doch mal einen schönen Rundbrief an die Betriebe in der Ihr um Geld bittet, dass Euch der Schulträger nicht gibt, obwohl er eigentlich müsste. Vielleicht genügt das schon um etwas ins Rollen zu bringen.

  • Es IST ein Sicherheits/Gesundheitsaspekt (sogar mehrere). Und trotzdem, es schert den Schulträger einen feuchten Dreck.

    Aber du gehst weiterhin fröhlich jeden Tag hin? und fragst uns, statt einen Anwalt? es ist doch eure Entscheidung. Euer Körper, der nur begrenzt reparabel ist. Du, deine Kollegen, deine Schulleitung- selbst die Schüler sind erwachsen. Ich verstehe nicht, auf was ihr wartet.

  • In manchen Bundesländern darf sich die Gesamtkonferenz (- nicht der Einzellehrer!) in Angelegenheiten, die in ihre Entscheidungsbefugnisse fallen, an die Öffentlichkeit wenden. Du solltest also prüfen, ob dein "Problem" in den Entscheidungsbereich der GeKo fällt und ob sich die GeKo bei euch an die Presse wenden darf (Schulgesetz/Konferenzordnung).
    Ansonsten könntest du mal in Erfahrung bringen, ob sich bei euch vielleicht die Personalversammlung an die Presse wenden darf (Personalvertretungsgesetz; Nachfrage bei übergeordnetem Personalrat/GEW).


    Überhaupt würde ich mich mal an den übergeordneten Personalrat und/oder die GEW (und sei es dort auch nur die Rechtsstelle) wenden.

  • Erstmal vorweg: Nein, du darfst der Presse grundsätzlich gar nichts mitteilen. Dieses Recht obliegt allein dem Schulleiter.


    Ohne die genaue Angabe der Gefahr lässt sich natürlich kein soo super Rat geben. Ist es aber wirklich eine Gefahr für die Gesundheit der SuS hast du Fürsorgepflicht. Somit alle raus aus dem Raum. Geht in die Aula, nach draussen, teils anschließend dem Schulleiter mit. Ist das alles nicht möglich jede Stunde beim Schulleiter stehen und sagen, dass leider kein Unterricht durchgeführt werden kann, du aber deiner Aufsichtspflicht nachkommst. Bei Berufsschulen weiß ich jetzt nicht ob du die einfach nach Hause schicken darfst.


    Ansonsten: Du sagst ja selbst du bist Beamter. Du musst hier dann selbst entscheiden ob dir der Gang zur Arbeit oder deine Gesundheit wichtiger ist.

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