Darf eigentlich jeder unterrichten?

  • Die Antwort ist doch einfach, das kostet dann später mehr Geld und jetzt in der Ausbildung Geld, das spart man lieber ein. Denn für Kinder und Bildung Geld ausgeben hat man in Berlin noch nie gerne gemacht.

    Traurig aber wahr...


    (ich habe mich in der Tat auch gar nicht ernsthaft gefragt, warum das so ist, sondern nur festegestellt, dass ich das nicht nachvollziehen kann...)

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Zu den a) bereits genannten von irgendwoher organisierten Troubleshootern und b) sich in der Schule bereits länger häuslich eingerichteten unfähigen/unmotivierten/falsch motivierten voll ausgebildeten Kollegen möchte ich an dieser Stelle noch c) die jungen LehrerkollegInnen hinzufügen, die irgendwie durch Abi, Studium und 2. Staatsexamen gerutscht sind.


    Bei uns hat in diesem Jahr eine Deutschkollegin Examen gemacht, in deren Bewerbungsschreiben nach erfolgreich bestandenem Ref es vor Rechtschreibfehlern nur so wimmelte.
    :schreck:

  • "Vielleicht ist ja die personelle Lage nach einem Jahr noch schlechter"


    Davon ist auszugehen.
    Wenn es denn wenigstens so wäre, dass der Engpass nur ein kurzfristiges Probelm ist, das mit den nicht ausgebildeten Lehrkräften nur temporär überbrückt werden muss... aber so?


    Ich finde es ja auch grundsätzlich richtig, genau zu gucken, wer sich da bewirbt, aber ich verstehe nicht, weshalb dabei die Einschätzungen der Schulen nicht mehr ins Gewicht fällt. Wenn die Kollegen da schon seit über über einem Jahr (und zum Teil deutlich länger!!!) tagtäglich arbeiten, sollte man den Schulen doch vielleicht auch zugestehen, dass sie die Befähigung der Kanditaten halbwegs realistisch einschätzen können. Auch die fachliche Eignung kann mit Sicherheit an der Schule besser eingeschätzt werden. Da wird nach irgendwelchen formalen Kriterien geguckt, die mit dem realen Bedarf gar nichts zu tun haben. Ich habe eine Bekannte, die in ihrem Studium jede Menge naturwissenschaftliche Anteile hatte, die ihr aber lange nicht anerkannt wurden, weil sich kein eindeutiger Schwerpunkt in einem Fach ausmachen ließ. Sprich: sie hatte zu breit gestreues Wissen (eben nicht nur Biologie sondern auch noch Ahnung von Chemie, Physik, Technik....). Das geht natürlich nicht wenn man damit NaWi (!!!!) an der Grundschule unterrichten möchte. Sie hat es dann doch noch geschafft, (indem sie sich von ihrer Uni nochmal alles gaaanz genau hat nachweisen lassen...), aber es hat echt Jahre gedauert (in denen sie an Schulen Lernwerkstätten eingerichtet und betreut hat, AGs angeboten, Vertretung gemacht usw. ).

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Da wir auch dauerhaften Personalmangel haben, kenne ich das nur zu gut. Eine ausgebildetete Hauswirtschafterin hat bei uns den Hauswirtschaftsunterricht und die Schülerfirma Kochen übernommen. Das macht sie klasse. Ich freue mich auf jedes mal, wenn wir Lehrer dort essen können. Eine Religionspädagogin ist seit Jahren bei uns und auch sehr gut in ihrer Aufgabe, hat eine eigene Klasse etc.. Auch haben wir hier einige Leute, die "nur" Regelschullehrer sind und ihre Sache wirklich gut machen. Die haben z.T. Klassenleitungen bei uns. Da regen mich eher Kollegen auf, die zwar den Wisch haben und theoretisch voll einsetzbar wären, aber trotzdem für vieles zu inkompetent sind: KL ist eine Katastrophe, hat deshalb nie eine; wenige Fächer, weil keinen blassen Dunst von irgendetwas anderem als dem eigenen kleinen Bereich und auch keine Bereitschaft, sich irgendwo neu einzuarbeiten, denn da hat er ja gar keine Verträge mit. Wer darf's machen? Mitunter ich, der dazu auch nicht immer einen Hang hat! Da bin ich dieses Jahr auch mal ein wenig biestiger geworden, weil Solidarität auch irgendwo aufhört.

    weiss du vielleicht wie diese Art von Lehrern (ohne Laufbahnbefähigung) tariflich eingruppiert werden?

  • Sprich: sie hatte zu breit gestreues Wissen (eben nicht nur Biologie sondern auch noch Ahnung von Chemie, Physik, Technik....).

    Was ja endlich mal die Ausbildung in allen Teilen von Nawi wäre.

    Das geht natürlich nicht wenn man damit NaWi (!!!!) an der Grundschule unterrichten möchte.

    Stimmt, ich finde es auch viel besser, wenn wir in Nawi immer nur einen Teilbereich haben, ich finde mit Biologie als Fach schüttelt man doch Chemie, Physik und Technik aus dem Ärmel und mit Physik und Chemie die anderen Sachen ebenso und Technik, mein Gott, da soll doch eh keiner ausgebildet sein.


    Sorry, ich glaube mir platzt hier irgendwann in diesem kranken System die Hutschnur.


    Das zwischendurch Nawi als Studienfach angeboten wurde, aber nur einige Semester durch, weil sich die Fakultäten nicht einigen konnten mit Stundenplänen usw. war ja auch viel zu schön, um wahr zu sein.

  • c) die jungen LehrerkollegInnen hinzufügen, die irgendwie durch Abi, Studium und 2. Staatsexamen gerutscht sind.

    Es gibt in jedem beliebigen Tätigkeitsfeld die berühmten "10%" Vollausfälle, also natürlich auch bei Lehrern, die aus welchen Gründen auch immer durch die Examina und Einstellungsverfahren gerutscht sind. Aber die können normalerweise vom System aufgefangen werden.

  • Hm, ich meine nicht, ob es vielleicht irgendwo gute Hauswirtschaftler gibt und anderswo schlechte Lehrer. Es gibt auch sehr gute Krankenschwestern und schlechte Ärzte. Trotzdem möchte ich vom Chirurg operiert werden. Und wenn ich bereits SEHE, wie der Pfleger oder vielleicht Metzger schon am Patienten rumschnippelt und wie es in die Hose geht will ich wissen: Soll ich warten, bis was passiert? oder habe ich Anrecht darauf zu erfahren, wen man auf die Kinder loslässt? muss jemand Rechenschaft ablegen?

  • oder habe ich Anrecht darauf zu erfahren, wen man auf die Kinder loslässt? muss jemand Rechenschaft ablegen?

    Da müsste man wohl Juristen fragen.
    Ich vermute, dass die RPs in Notlagen quasi alles dürfen, aber selbst wenn, wäre es spannend, wenn Eltern ein Recht hätten zu erfahren, wer Ihre Kinder unterrichtet bzw. ob und welche Qualifikation vorhanden ist. Gäbe sicher wieder ein paar schöne Schlagzeilen...


    Ich finde das eine sehr gute und aktuelle Frage. Hoffentlich findet sich eine Antwort!

  • Leider muss ich aus meiner Sicht zumindest mit "JA" antworten. Stellenweise habe ich das Gefühl, dass jeder, der zwei und zwei zusammenrechnen kann und irgendwie noch einen geraden Satz fehlerfreies Deutsch hinkriegt, auf Schüler losgelassen wird.
    Da ist es auch egal, welches Parteibuch der zuständige Kultusminister hat. Nach dem typisch deutschen Motto: "Wir machen mal einen auf dicke Hose, aber es soll bitte nichts kosten.", wird der Öffentlichkeit medienwirksam durch sog. "Einstellungsoffensiven" buchstäblich die Hucke vollgelogen.

  • Auf der anderen Seite muss man den mindestens genauso lauten Aufschrei sehen, wenn viel Unterricht ausfällt ...

  • Auf der anderen Seite muss man den mindestens genauso lauten Aufschrei sehen, wenn viel Unterricht ausfällt ...


    eben! Der Aufschrei ist aber berechtigt und wichtig. Es gibt eine genau festgelegte Anzahl von Stunden pro Jahr und Fach. Wenn kaschiert wird, indem man Ausfallstatistiken schönt ist doch keinem geholfen. Wen will man denn verarschen auf diese Weise?

  • Mal gerade nachgeschaut und E6 ist jetzt für "mitten im Studium" auch gar nicht so schlecht. Da hatte ich im Studium weniger Geld im Monat zur Verfügung ;) .


    Zum Unterrichtsausfall: Wenn man mal die Medien so verfolgt, was Unterrichtsausfall betrifft, hat man das Gefühl, dass es nur zwei mögliche Deutungsweisen gibt:
    a) Die Medien übertreiben und der Ausfall ist auch nicht höher als in anderen Berufen.
    b) Der Durchschnittslehrer fehlt (inzwischen?), verglichen mit anderen Berufen, überdurchschnittlich oft, was zu entsprechend hohen Ausfallquoten führt.


    Ausfall kann natürlich mehrere Gründe haben (Krankheit, Klassenfahrt, Mutterschaftsurlaub,...), aber ist da was dran oder ist das (auch medial vermittelte) Bild vom dauerkranken Lehrer, der häufiger fehlt als dass er da ist, dann doch nur eine Karikatur?

  • ZU dem Zeitpunkt gar keinen, das war mitten im Studium. Das heißt dann in der Tabelle auch irgendwie so wie "ohne Abschluss".

    Naja, sagen wir das mal so. Durch die Tätigkeit und die andere Berechnungsweise beim ALGI habe ich zwischendurch mehr ALGI erhalten, als ich mit E6 verdient hätte ;)

  • ...



    Ausfall kann natürlich mehrere Gründe haben (Krankheit, Klassenfahrt, Mutterschaftsurlaub,...),

    Bei Klassenfahrten fällt kein Unterricht aus, die zählen zu Unterricht. Es geht hier auch nicht um krankheitsbedingten Ausfall, sondern um zu wenig besetzte Stellen.


    Und Mutterschaftsurlaub? Das 21. Jh hat tatsächlich bei dir noch nicht geklingelt :staun:

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