Darf eigentlich jeder unterrichten?

  • Also ich meine die Frage wörtlich, nicht ironisch. Bei uns ist der Lehrernotstand eklatant, mehr Quereinsteiger als Neueinsteiger etc. Ich frage mich, ob ich als Elter Anspruch darauf habe, dass meine Kinder anständig beschult werden. Oder reicht die Beaufsichtigung durch...
    - unbekannte Personen fragwürdiger Qualifikation
    - Praktikanten
    - Referendare
    ohne jeweilige Info, dass gerade mal wieder für 6 Wochen irgendwer irgendwas erteilt?


    Haben die Leute wenigstens mal ein Führungszeugnis einreichen müssen?


    Dürfen alle Noten geben? Was, wenn massive Disziplinkonflikte die Kinder gefährden, weil sich der aktuelle Student, Chemiker oder vielleicht Konditor (wer weiß?) nicht durchsetzen kann? X(

  • Ich glaub in einem der vielen Schulgesetze der Länder die ich schon mal in der Hand hatte stand: Jeder der mindestens 6h eigentändigen Unterricht gibt, darf sich Lehrer schimpfen.
    Also wenn das zuständige Schulamt sowas zulässt: Scheint wohl so....

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • In Berlin und auch in Brandenburg würde ich das leider mit ja beantworten, aber ja, jeder muss ein erweitertes Führungszeugnis einreichen. Selbst die Eltern, wenn sie irgendetwas offiziell begleiten (und da reicht auch nicht, dass sie bereits im anderen Bundesland Lehrer sind usw.).

  • dass meine Kinder anständig beschult werden.

    Als erfahrene Kollegin müßtest du doch wissen: es gibt auch genug gründlich ausgebildete Lehrer, die gar nicht in der Lage sind, vernünftig zu unterrichten, sich an Absprachen zu halten, oder sich durchsetzen zu können.


    Alle müssen einen erweiterten Führungszeugnis vorlegen können (gesetzlich vorgeschrieben) und es wird in der Regel (das heißt: nicht nie) keiner ohne Studium eingestellt.


  • Alle müssen einen erweiterten Führungszeugnis vorlegen können (gesetzlich vorgeschrieben) und es wird in der Regel (das heißt: nicht nie) keiner ohne Studium eingestellt.

    Das ist zumindest für Berlin und Brandenburg grundlegend falsch.
    In Berlin werden viele viele Lehrer eingestellt, die entweder gerade etwas studieren, aber definitiv kein abgeschlossenes Studium haben. Und wenn Studium, dann irgendeines, es muss so gar nichts mit Lehramt zu tun haben!

  • NRW:


    Aufsichtspflicht erfüllt:

    • Nein, "unbekannte" Dritte erfüllen die Aufsichtspflicht nicht. Lehrer muss dabei sein.
    • Nein, Praktikanten erfüllen die Aufsichtspflicht nicht. Lehrer muss dabei sein.
    • Ja. Referendare können die Aufsichtspflicht wahrnehmen.

    Noten:

    • Fachfremde Lehrer, Vertretungskräfte indirekt. Schulleitung hält den Kopf hin/hat die Dienstaufsicht.
    • Referendare im BDU. Ja. Schulleitung hat die schulfachliche Dienstaufsicht.
    • Alle anderen/Nichtlehrer dürfen keine Noten geben.
  • Alle anderen/Nichtlehrer dürfen keine Noten geben.

    Womit sich ja die Frage stellt, wer Lehrer ist, hier ist das jeder, der einen Vertrag darüber hat.
    Also eben nur Praktikanten dürfen keine Noten geben und dürfen auch nicht alleine die Aufsicht haben, in der Theorie, bei uns haben zwischendurch selbst die Sekretärinnen die Stunden gemacht.

  • In Rheinland-Pfalz unterrichten FSJ-tätige und zum Beispiel Hauswirtschafterinnen Haushaltslehre und Werken. Das sind Personen, die teilweise nicht mal über das Abitur verfügen. Und sie geben sogar Noten. Sie wurden noch nie überprüft, bzw. hatten noch nie einen Unterrichtsbesuch usw.

  • Womit sich ja die Frage stellt, wer Lehrer ist, hier ist das jeder, der einen Vertrag darüber hat.

    In NRW sieht das genau so aus. ;)
    Der Braumeister mit dem Vertretungsstellenvertrag darf in Chemie Noten geben, für die der Schulleiter dann haftet. Aufsichtspflicht erfüllt er auch.
    Die Lesepatin, die in der Stadtbibliothek angestellt ist und Deutschförderung macht, darf keine Noten geben. Die Aufsichtspflicht erfüllt sie auch nicht.

  • Ich bin zwar ausgebildeter Lehrer, aber halt nicht in Deutschland, und somit nur Quereinsteiger. Ich muss als solcher ein erweitertes Führungszeugnis einreichen, ich denke aber, das muss jeder Lehrer?

  • In Rheinland-Pfalz unterrichten FSJ-tätige und zum Beispiel Hauswirtschafterinnen Haushaltslehre und Werken. Das sind Personen, die teilweise nicht mal über das Abitur verfügen. Und sie geben sogar Noten. Sie wurden noch nie überprüft, bzw. hatten noch nie einen Unterrichtsbesuch usw.

    Ernsthaft? Das scheint dann von der Schulform abzuhängen. An der BBS gilt ziemlich streng, dass immer eine Stufe zwischen Unterrichtendem und den Schülern liegen muss. Heißt, Bachelor dürften bspw. Berufsschüler unterrichten, für den Unterricht bei den Technikern braucht man aber einen abgeschlossenen Master/Staatsexamen etc., weil die Techniker dem Bachelor gleichgestellt sind.


    Zum Rest der Ausgangsfrage noch kiurz: Die Schulordnung BBS für RLP sagt ziemlich wörtlich "Lehrer sind alle Personen, die an der Schule unterrichten". Die dürfen somit also alle auch Aufsicht führen und Noten geben. Praktikanten unterrichten (offiziell) nicht alleine, sind damit also die einzig ausgenommenen.


    Gruß,
    DpB

  • Ich bin zwar ausgebildeter Lehrer, aber halt nicht in Deutschland, und somit nur Quereinsteiger. Ich muss als solcher ein erweitertes Führungszeugnis einreichen, ich denke aber, das muss jeder Lehrer?

    Nein, das muss nicht nur der Lehrer, sondern auch die Lesepatin usw.


    Die dürfen bei uns übrigens auch die Kinder beaufsichtigen, wenn auch keine ganze Klasse.

    In NRW sieht das genau so aus. ;) Der Braumeister mit dem Vertretungsstellenvertrag darf in Chemie Noten geben, für die der Schulleiter dann haftet. Aufsichtspflicht erfüllt er auch.
    Die Lesepatin, die in der Stadtbibliothek angestellt ist und Deutschförderung macht, darf keine Noten geben. Die Aufsichtspflicht erfüllt sie auch nicht.

    Bei uns wird da zumindest in Berlin zwischen ausgebildeter Lehrer und Vertretungskraft kein Unterschied gemacht, wer für die Noten verantwortlich ist, die Eltern kennen den Unterschied ja teilweise nicht mal.

  • Ernsthaft? Das scheint dann von der Schulform abzuhängen. An der BBS gilt ziemlich streng, dass immer eine Stufe zwischen Unterrichtendem und den Schülern liegen muss. Heißt, Bachelor dürften bspw. Berufsschüler unterrichten, für den Unterricht bei den Technikern braucht man aber einen abgeschlossenen Master/Staatsexamen etc., weil die Techniker dem Bachelor gleichgestellt sind.
    Zum Rest der Ausgangsfrage noch kiurz: Die Schulordnung BBS für RLP sagt ziemlich wörtlich "Lehrer sind alle Personen, die an der Schule unterrichten". Die dürfen somit also alle auch Aufsicht führen und Noten geben. Praktikanten unterrichten (offiziell) nicht alleine, sind damit also die einzig ausgenommenen.


    Gruß,
    DpB

    Leider ja. Schulformen sind Regionale Schule (später Realschule plus) und IGS (mir sind mehrere bekannt).

  • Als erfahrene Kollegin müßtest du doch wissen: es gibt auch genug gründlich ausgebildete Lehrer, die gar nicht in der Lage sind, vernünftig zu unterrichten, sich an Absprachen zu halten, oder sich durchsetzen zu können.

    Zumindest haben diese aber mehrmals bewiesen, dass sie es prinzipiell können.

  • Ein Beispiel aus Berlin:
    Ich habe kein Lehramtsstudium und die Senatsverwaltung erkennt kein Fach aus meinem Masterstudium an.
    Dennoch wurde ich vom SL für das kommende Schuljar als Lehrer in der Grundschule eingestellt - nennt sich dann Lehrer ohne Laufbahnbefähigung. Verdienst zwar weniger, aber ja, trotzdem darf ich mich Lehrer nennen und unterrichten.
    Und die Kollegen sind heilfroh einen „Neuen“ dabei zu haben, ganz egal welche Laufbahnbefähigung ich habe.

  • Ein Beispiel aus Berlin:
    Ich habe kein Lehramtsstudium und die Senatsverwaltung erkennt kein Fach aus meinem Masterstudium an.
    Dennoch wurde ich vom SL für das kommende Schuljar als Lehrer in der Grundschule eingestellt - nennt sich dann Lehrer ohne Laufbahnbefähigung. Verdienst zwar weniger, aber ja, trotzdem darf ich mich Lehrer nennen und unterrichten.
    Und die Kollegen sind heilfroh einen „Neuen“ dabei zu haben, ganz egal welche Laufbahnbefähigung ich habe.

    Sie würden auch die alten nehmen ;)


    Berlin hat jetzt zum Schuljahresende an alle "pensionierten und Lehrer im Ruhestand" (weiß nicht welche Altersgrenze) eine Broschüre rausgeschickt: "wir brauchen sie" mit der Bitte wieder zurück zu kommen und wie das ginge.
    Bei uns hat der Schulrat alle Teilzeitlehrer anschreiben lassen, ob sie die Stunden nicht erhöhen wollen.


    Es ist also diesmal verdammt eng in Berlin, wohl noch enger als die letzten Jahre (aber nein, das war überhaupt nicht absehbar, wird schon seit Jahren von geredet, aber bis das oben ankommt...)

  • Da wir auch dauerhaften Personalmangel haben, kenne ich das nur zu gut. Eine ausgebildetete Hauswirtschafterin hat bei uns den Hauswirtschaftsunterricht und die Schülerfirma Kochen übernommen. Das macht sie klasse. Ich freue mich auf jedes mal, wenn wir Lehrer dort essen können. Eine Religionspädagogin ist seit Jahren bei uns und auch sehr gut in ihrer Aufgabe, hat eine eigene Klasse etc.. Auch haben wir hier einige Leute, die "nur" Regelschullehrer sind und ihre Sache wirklich gut machen. Die haben z.T. Klassenleitungen bei uns. Da regen mich eher Kollegen auf, die zwar den Wisch haben und theoretisch voll einsetzbar wären, aber trotzdem für vieles zu inkompetent sind: KL ist eine Katastrophe, hat deshalb nie eine; wenige Fächer, weil keinen blassen Dunst von irgendetwas anderem als dem eigenen kleinen Bereich und auch keine Bereitschaft, sich irgendwo neu einzuarbeiten, denn da hat er ja gar keine Verträge mit. Wer darf's machen? Mitunter ich, der dazu auch nicht immer einen Hang hat! Da bin ich dieses Jahr auch mal ein wenig biestiger geworden, weil Solidarität auch irgendwo aufhört.

  • Dennoch wurde ich vom SL für das kommende Schuljar als Lehrer in der Grundschule eingestellt - nennt sich dann Lehrer ohne Laufbahnbefähigung. Verdienst zwar weniger, aber ja, trotzdem darf ich mich Lehrer nennen und unterrichten.

    Oh ja, bei uns auch... Wir haben aber meist Glück und zurzeit echt sehr fähige Leute abbekommen, die wirklich Lust auf den Job haben, ein gewisses "Talent" mitbringen und unglaublich schnell lernen. Was ich dann aber irre finde, ist, dass die Leute zwar gerne für wenig Geld vollumfänglich arbeiten dürfen (mit Klassenleitung und allem was dazu gehört....), es ihnen aber extrem schwer gemacht wird, wenn sie dann tatsächlich einen "ordentlichen" Seiteneinstieg machen wollen. Also:
    Kinder unterrichten (auch langfristig): Ja
    ordentlich ausbilden und angemessen bezahlen: Nein (bzw. nun doch, aber nur nach laaangem Bitten und Betteln und weil sich die Schulleitung voll dahintergeklemmt hat...)
    Ist für mich nich nachvollziehbar.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Oh ja, bei uns auch... Wir haben aber meist Glück und zurzeit echt sehr fähige Leute abbekommen, die wirklich Lust auf den Job haben, ein gewisses "Talent" mitbringen und unglaublich schnell lernen. Was ich dann aber irre finde, ist, dass die Leute zwar gerne für wenig Geld vollumfänglich arbeiten dürfen (mit Klassenleitung und allem was dazu gehört....), es ihnen aber extrem schwer gemacht wird, wenn sie dann tatsächlich einen "ordentlichen" Seiteneinstieg machen wollen. Also:Kinder unterrichten (auch langfristig): Ja
    ordentlich ausbilden und angemessen bezahlen: Nein (bzw. nun doch, aber nur nach laaangem Bitten und Betteln und weil sich die Schulleitung voll dahintergeklemmt hat...)
    Ist für mich nich nachvollziehbar.

    Die Antwort ist doch einfach, das kostet dann später mehr Geld und jetzt in der Ausbildung Geld, das spart man lieber ein. Denn für Kinder und Bildung Geld ausgeben hat man in Berlin noch nie gerne gemacht.

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