Was haltet Ihr von elternfinanzierten digitalen Endgeräten/BYOD ?

  • Ist mir schon klar. Der Staat finanziert den SuS aber eben auch keine Hefte und Bleistifte. Arbeitsgerät halt.

  • @Wollsocken80


    Bei einem Teil meiner "Klientel" macht es aber einen gewaltigen Unterschied, ob ab und zu mal ein paar Euro für Stifte o.ä. fällig werden oder auf einen Schlag ein paar hundert Euro für einen Laptop oder ein Tablet.


    Es wurde hier bewusst auch nach Berufsschulen gefragt - und ich habe Schüler, die sich mit Azubigehalt von 600, 700 Euro durchbringen müssen oder die ihr ganzes Gehalt zu Hause abgeben damit die Familie durchkommt. Und mit Schülern, die von Bafög leben, was in etwa genau so wenig ist.


    Da macht Heft+Stift oder Laptop einen GEWALTIGEN Unterschied. Ich hatte auch schon Schüler die angeschlichen kamen, weil das halbjährliche Kopiergeld von 50 Euro fällig war und sie nicht wussten, wo sie das in dem Monat hernehmen sollen.


    Für so kleine Beträge finden wir Lösungen (miest reicht ein Aufschub, oder zwei kleine Raten) aber was, wenn das Tablet kaputt geht?


    Letztendlich schafft man da sogar schon beim Einstieg eine Hürde. Ich fände es schade, wenn ein brillianter Schüler nicht auf meine Schule käme bzw. keine Ausbildung machen würde sondern dann eben "halt arbeiten geht" weil er sich das Tablet nicht leisten kann....


    Das ist m.E. absolut nicht mit Stiften und Papier vergleichbar....

  • @LittleAnt Dann schau mal genau hin bzw. frag Deine SuS, was sie z. B. für Klamotten, Zigaretten oder sonstigen Kram ausgeben. Oder was ihr Handy gekostet hat, mit dem können Sie nämlich *nicht* arbeiten. Ich weiss wie kein Geld haben ist, dann muss man eben Prioritäten setzen. Alles weitere habe ich wie gesagt schon einmal geschrieben.

  • Ich weiss. Ich war selbst BaföG-Student und habe davon noch meine Mutter monatlich unterstützt. Ich weiss wirklich, was kein Geld haben bedeutet. Und ich behaupte auch nicht, dass BYOD an jeder Schulform sinnvoll ist. Gymnasiale Oberstufe wäre auf jeden Fall ein Kandidat dafür.

  • Ja, solche Familien gibt es bei uns auch. Ich sag ja... Ich berichte ab August wie es läuft.

  • Wir hätten schon gar nicht genug Steckdosen dafür in einem Raum. Denn auch Akkus werden schlechter und ggf nicht jeden Tag komplett geladen mitgebracht.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Hallo,
    vielen Dank erst mal für die vielen Antworten und Abstimmungsergebnisse.


    Es gab für mich mehrere Anlässe, über die Thematik nachzudenken.


    Anlass 1: Die Kompetenz der Schüler im Umgang mit dem Computer als Arbeitsgerät (!) hat nach meiner Beobachtung in den letzten 10 Jahren abgenommen. Das führe ich darauf zurück, dass zur Freizeitgestaltung Schüler (und zunehmend auch ihre Eltern) ihre Handys verwenden (zunehmend). Um zu spielen und ins Internet zu kommen, ist also kein Computer mehr nötig. Über den Weg des Einsatzes in der Freizit haben Schüler früher gewisse Kompetenzen im Umgang mit Maus, Tastatur und Betriebssystem gewonnen, was jetzt nachlässt. Meiner Ansicht nach (darüber kann man streiten) ist es wichtig, dass Schüler in der Schule sichere Kompetenzen im Umgang mit Computern als Arbeitsgeräte erwerben. Ein gelegentlicher Gang in den Computerraum ist in diesem Zusammenhang der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Computer-Einführungen gestalten sich immer mühsamer, weil viele Schüler nicht mal wissen, wie man mit der Maus ein Fenster verschiebt o.ä. .


    Anlass 2: Eine "internetfreie Schule", wie oben gewünscht, verfehlt ihren Bildungsauftrag. Wie kann man in Zeiten, wo durch Fake News Wahlen gewonnen werden, ernsthaft dieses Medium ignorieren wollen? Natürlich braucht man dafür keine 1:1 Ausstattung mit Endgeräten, aber diese erleichtert doch einiges. Und natürlich muss auf diesen Endgeräten nicht immer Internet zur Verfügung stehen, sondern nur dann, wenn es unterrichtlich gewünscht ist, dies muss durch geeignete technische Maßnahmen gewährleistet sein.


    Anlass 3: Dies ist sicher mein Blick auf die Sache als Informatiklehrer. Ich möchte, dass Schüler wenigstens eine Chance haben, in groben Zügen die Technik, mit der sie täglich umgehen, zu verstehen. Handys tun alles, um die Technik vorm Nutzer zu verstecken, das ist in dieser Hinsicht nachteilig. Ein reflektierter Umgang mit Technik setzt ein gewisses Verständnis voraus.


    Anlass 4: Es gibt durchaus viele Gelegenheiten, wo sich Unterricht mit Medieneinsatz (die "digitalen" meine ich in diesem Fall) interessanter, effektiver, tiefer, gewinnbringender gestalten lässt. Natürlich ist das kein Automatismus, aber ich setze neue Medien häufig gewinnbringend im Unterricht ein, eine 1:1 Ausstattung würde hier die Organisation erheblich vereinfachen. Ich bin also so optimistisch, dass ich glaube, die Unterrichtsqualität muss durch den Einsatz neuer Medien nicht zwingend schlechter werden, wie oben befürchtet wurde.


    Anlass 5: Rein praktische Erwägungen (Einsparung von Kopien, weniger Gewicht durch digitale Bücher).


    Anlass 6: Die Konkurrenz schläft nicht. Bei uns in der Gegend gibt es bereits Schulen, die in dieser Richtung Konzepte entwickelt und umgesetzt haben. Daher müssen wir uns darüber Gedanken machen - und sei es, um sich begründet (!) dagegen zu entscheiden, ein solches Konzept ebenfalls umzusetzen.


    Zu den Kosten und zur technischen Umsetzbarkeit schreibe ich dann morgen was.

  • Jetzt etwas zu den Kosten.


    Hier in Niedersachsen müssen die Schüler ab Klasse 7 am Gymnasium einen mindestens Grafikfähigen Taschenrechner verwenden, ein CAS wird empfohlen. Der an unserer Schule eingeführte Rechner kostet bei der Sammelbestellung 140 €.


    An der Schule meiner Tochter mussten sogar - ebenfalls in Klasse 7 - digitale Wörterbücher für 150 € angeschafft werden.


    Das sind beides Aufgaben, die von einem Computer mit Leichtigkeit übernommen werden können, da drängt sich schon die Frage auf, ob man sich dieses Geld nicht sparen und ein Gerät für alles anschaffen sollte.


    Ich hatte letztes Jahr die Gelegenheit, mit eine Schule anzuschauen, die genau das gemacht haben. Die hatten den TI Voyage eingeführt, der sogar 200 € kostet, und durch sehr preiswerte Netbooks ersetzt (Kosten um 200 €). Dadurch, dass an dieser Schule das Gerät schwerpunktmäßig als Taschenrechner eingesetzt wird (später dann auch zum Schreiben der Facharbeiten oder nach Neigung des Schülers, aber jedenfalls nicht in jedem Fach in jeder Stunde), halten die Geräte die Schulzeit auch meist durch.


    Weitere Gedanken zu den Kosten:
    - wie viele Kopierkosten lassen sich sparen?
    - kaufen nicht ohnehin die meisten Schüler im Laufe ihrer Schulzeit ein Notebook?


    Meine Schüler in der Oberstufe haben fast alle ein Notebook (in scheinbarem Widerspruch zu Punkt 1 meiner Anlässe, aber zum jetzigen Zeitpunkt lassen wird die Schüler allein mit diesen Geräten, und viele haben Probleme damit) (und zusätzlich noch ein Handy und viele eine Spielekonsole).


    Wenn es nun gelingt, durch eine (sehr rechtzeitig angekündigte) Anschaffung eines Gerätes für die Schule den Kauf eines Privatgerätes zu verhindern, kann man in der Summe sogar Kosten sparen. Mir ist natürlich klar, dass dies nur "im Durchschnitt" so sein könnte, es würden immer auch finanzielle Härten entstehen, besonders bei Familien mit mehreren Kindern (bei denen sonst zu Hause vielleicht ein gemeinsames Gerät reichen würde).


    Also: Im Worst Case ist das eine sehr teure Angelegenheit. Im Best Case - wenn dafür an anderer Stelle Kosten gespart werden können - aber nicht. Hierüber muss man nachdenken.

  • Die Ausführungen von goeba (Beitrag 31) sind für mich richtig und nachvollziehbar. Zum ersten Anlass möchte ich dennoch kritisch Stellung nehmen. Genau die beschriebene Kompetenz "Umgang mit dem Computer"

    Meiner Ansicht nach (darüber kann man streiten) ist es wichtig, dass Schüler in der Schule sichere Kompetenzen im Umgang mit Computern als Arbeitsgeräte erwerben.

    fehlt aber in etlichen Lehrplänen noch als Formulierung - und die in Klammern befindliche Aussage (darüber kann man streiten) ist der springende Punkt.


    Ich möchte natürlich nicht genau vorgeschrieben bekommen, wann und wie ich ein Tablet einsetzen soll, aber eine (mehr oder weniger) konkrete Formulierung, welche Zielsetzung/Kompetenz erreicht werden soll ist hilfreich. Dieses schafft auch unter uns Lehrern zumindest erstmal ein einheitlicheres Verständnis dafür, was Schüler lernen sollen.


    Und bei einem regelmäßigen Einsatz des Tablets wird im Berufsalltag sofort die Frage aufkommen, ob das Tablet auch in der Klassenarbeit zugelassen ist. Hier muss m. E. ebenfalls eine Regelung her.


    Zu Beitrag 33:


    An einem Gymnasium sicher eine Überlegung Wert. In einer Berufsbildenden Schule trifft dieses Rechenbeispiel nicht mehr zu. Dort zahlt der Schüler drauf.

  • Wenn es nun gelingt, durch eine (sehr rechtzeitig angekündigte) Anschaffung eines Gerätes für die Schule den Kauf eines Privatgerätes zu verhindern, kann man in der Summe sogar Kosten sparen.

    Eben, das sehe ich ganz genauso und das versuchte ich weiter oben auch schon mal auszudrücken. Je nach Setting muss es eben gar kein teures Laptop sein, rechnen wir mal mit 400 €. Das ist ein Betrag, der sich an anderen Stellen sehr leicht wieder einsparen lässt wenn man sich eben bewusst macht, dass man die 400 € in ein Arbeitsgerät und nicht in ein Statussymbol oder Lifestyle-Produkt investiert hat.


    Ich konnte für unser BYOD-Projekt durchsetzen, dass zumindest wir Chemiker einen Klassensatz Graphik-Tablets bekommen werden, die SuS ohne Gerät mit Stifteingabe dann bei uns leihen können. Ansonsten wäre die Chemie halt vorläufig raus aus der Sache. Aber auch das wäre denkbar, es muss ja eben nicht immer und in jedem Fach mit dem Laptop gearbeitet werden. Vielleicht können sich Convertibles mit guter Stifteingabe aber langfristig am Markt durchsetzen, so dass sie dann entsprechend auch billiger werden. Ich hoffe es jedenfalls.

  • Wo spare ich denn ein?


    In BW gilt Lernmittelfreiheit; die Bücher werden als Leihbücher den Schülern gegeben. Selbst wenn eine Schule ein Lehrbuch als Kaufversion anordnet, kann jeder Schüler der Schule den Vogel zeigen und ein Leihbuch verlangen.


    Dasselbe gilt für Taschenrechner. An beruflichen Schulen in BW gelten wieder wissenschaftliche und nicht grafische Taschenrechner. Die Kosten sind massiv gesunken. Wir haben da auch Leihgeräte.


    Die einzigen Kosten die Schüler haben sind Hefte/Blöcke und Ordner.

  • Da sind die Verhältnisse eben deutlich anders als in Niedersachsen, wo, wie ich bereits schreib, keine Lehrmmittelfreiheit herrscht, zusätzlich zu einer Leihgebühr für die Bücher (man kann die Bücher auch kaufen, wenn man möchte) auch noch Kopierkosten eingesammelt werden.


    Ich habe, wie ebenfalls bereits erwähnt, Schulen besucht, wo durch die Anschaffung (zentral) von Notebooks ein Teil dieser Kosten gespart wird.


    Die einzigen Kosten, die Deine Schüler sparen könnten, wären die für ein Notebook, das sie sich in der Oberstufe vielleicht sowieso kaufen. Wer weiß, vielleicht würden sich da manche ein Surface Book für 1500€ kaufen, alternativ aber feststellen, dass das Schulnotebook für 500 € es auch tut - 1000 € gespart.


    Das sind aber ziemlich hypothetische Überlegungen (nicht völlig, in meinem Oberstufenkurs hat ein Schüler ein Surface, zwei Schülerinnen ein Macbook).

  • Ja, meine Schüler kaufen sich für den Englischunterricht der Oberstufe selbst Wörterbücher (aus der Liste an in Bayern für Prüfungen zugelassenen). Sie kaufen auch für Latein oder Französisch ... für Spanisch ... ggf. sogar einen Duden. All das könnte ein einziges elektronisches Wörterbuch (was wiederum durch ein Tablet ersetzt werden könnte) - aber elektronische Wörterbücher sind nicht zugelassen für Prüfungen (und Tablets dann eben auch nicht).

  • Auch in Niedersachsen entstehen dem Schüler an einer berufsbildenden Schule z. T. hohe Mehrkosten. Als Beispiel sei hier die Fachoberschule erwähnt. Bei uns besteht die Möglichkeit der Bücherausleihe, der Taschenrechner kostet maximal 25 Euro. Wenn in dieser Schulform nun BYOD als zusätzliche Voraussetzung verlangt wird, zahlt der Schüler auch bei einem günstigen Tablet weit über 100,00 € mehr als zuvor.

  • Ja, meine Schüler kaufen sich für den Englischunterricht der Oberstufe selbst Wörterbücher (aus der Liste an in Bayern für Prüfungen zugelassenen). Sie kaufen auch für Latein oder Französisch ... für Spanisch ... ggf. sogar einen Duden. All das könnte ein einziges elektronisches Wörterbuch (was wiederum durch ein Tablet ersetzt werden könnte) - aber elektronische Wörterbücher sind nicht zugelassen für Prüfungen (und Tablets dann eben auch nicht).

    Auch hier ist die Sachlage in Niedersachsen anders: Elektronische Wörterbücher sind schon länger zugelassen, Tablets / Computer unter bestimmten Voraussetzungen ab nächstem Jahr auch.

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