Handwerk und Qualität?

  • Moin,


    sagt mal, kennt Ihr das auch, daß man manche Handwerker förmlich zu "liefer Qualität, auch wenn es teuer ist" zwingen muß, weil die nur noch den "billig und schnell" Modus im Kopf haben?


    Hab das Spielchen gerade mitm Maler durch. Die Nord-Fassade meiner Hütte sollte auch mit 2-Komponenten Silikatfarbe gestrichen werden. Die anderen Fassaden wurden mit der Farbe schon vor mehreren Jahrzehnten gestrichen und die Wände sehen auch nach 40 Jahren noch gut aus.


    Antwort vom Maler: 2-Komponenten Silikat (Keim-Farben) macht man heute nicht mehr. Stattdessen nimmt man Silikonfarben, oder... Ich habe drauf gewartet, daß er zumindest mit Fertig-Silikatfarben kommt, die man nicht mehr selber anrühren muß, aber kam nix.
    Antwort vom 2. Maler: siehe oben


    Antwort von meiner Kollegin, Malermeisterin, bildet bei uns die Maler- und Lackier-Azubis aus: Keim-Farben? Junge, daß macht Arbeit. Laß es besser bleiben, sowas wird in der Ausbildung heute auch nicht mehr angerührt, es sei denn man ist als Restaurator tätig. :(
    Das war es dann, wo mir die Spucke weg blieb.


    In Augsburg die ganzen Farbkomponenten besorgt, selber als Laie den Kram angerührt und an die Wand gebracht. Wetter paßt ja gerade. :engel:
    Und nein, ich wollte die Farbe nicht wegen "öko und so", sondern weil sie schon gezeigt hat, daß sie auch nach 120 Jahren noch gut aussieht und bei mir hat sie auch schon 40 Jahre geschafft ohne große Schäden.



    Daher meine Frage: Warum sträuben sich Handwerker, wenn der Kunde Qualität haben will und auch bereit ist dafür zu zahlen? Oder fehlt da einfach das Fachwissen, weil so ein Kunde die ganz große Ausnahme ist?


    Als ich jedenfalls beim Farbenhändler angerufen habe, hat der mich gleich an den Hersteller verwiesen und als ich dort dann bestellt habe, hieß es nur: "Sowas komissionieren wir ganz selten!"

  • Weil ... sie billig auch genug Geld verdienen, schneller und mit weniger Arbeitsaufwand und deshalb gleich noch einen weiteren Auftrag annehmen können?

  • weil immer weniger "für die Ewigkeit" gemacht wird - selbst Deutschland mutiert immer mehr zur Wegwerfgesellschaft.
    Wer soll auch sonst die ganzen überflüssigen neuen Produkte kaufen, wenn die alten es "noch tun"?

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • @Miss Jones
    Ich bin halt so verwundert, weil sogar meine Fachkollegen inzw. auf den Zug aufgesprungen sind. Die Chemikalien für das Anrühren dieser Spezialfarben haben wir alle aus der Schule verbannt, weil "macht keiner mehr". "Selbst mit Meister-Brief in der Tasche kriege ich da Probleme", heißt es nur. Wohl weil seit mindestens 20 Jahren nicht mehr gemacht.

  • das Phänomen zieht sich durch die ganze "Baubranche", wir haben zwar noch keine amerikanischen Verhältnisse, aber die qualitativ hochwertigeren Produkte und Leistungen sind an sich immer "Sonderwünsche". Heißt, den Zuschlag für einen Auftrag bringt erst mal der Preis, und der ist idR der für das, was so gerade noch zulässig ist...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
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  • Mein Opa und Papa (beide Schreinermeister) sagen immer:„Man muss alles machen, was der Kunde will - selbst wenn er ne Watschn (= Backpfeife) will.“


    Ich kann mir deshalb nur vorstellen, dass die Auftragslage des besagten Malers derzeit so gut ist, dass er für solche „Extras“ keine Zeit hat.

  • Ich bin froh, wenn der Handwerker ÜBERHAUPT kommt. Ich weiß nicht, wie oft ich angefragt habe und sie sind einfach nicht gekommen. Was soll ich dann machen, wenn keiner der ortsansässigen Elektriker bei mir 3 Strippen verlegen will. Das lohnt sich für den nämlich gar nicht, der nimmt nur größere Aufträge an und nicht die Verkabelung eines einzigen Raumes.


    Und leider musste ich auch schon erleben, dass der Handwerker Mist gebaut hat, wir uns beschwert haben, er wiederkam und das behoben hat und anschließend die Rechnung statt 2000€ nun 3000€ betrug. Der Gerichtsstreit dauert nun schon 3 Jahre.

  • Ich bin froh, wenn der Handwerker ÜBERHAUPT kommt. Ich weiß nicht, wie oft ich angefragt habe und sie sind einfach nicht gekommen. Was soll ich dann machen, wenn keiner der ortsansässigen Elektriker bei mir 3 Strippen verlegen will. Das lohnt sich für den nämlich gar nicht, der nimmt nur größere Aufträge an und nicht die Verkabelung eines einzigen Raumes.


    Und leider musste ich auch schon erleben, dass der Handwerker Mist gebaut hat, wir uns beschwert haben, er wiederkam und das behoben hat und anschließend die Rechnung statt 2000€ nun 3000€ betrug. Der Gerichtsstreit dauert nun schon 3 Jahre.

    Sowas spricht sich sehr schnell in den Betrieben rum.

  • Ich welchen Betrieben? Oder meinst Du bei den potentiellen Kunden? Anscheinend nicht, denn:


    Unser Rechtsanwalt hat von dutzenden Fällen dieser Art und dieses Handwerkers berichtet. Trotzdem bekommt er anscheinend noch genug Aufträge. Wahrscheinlich gibt es nur wenige andere seiner Größe (er hat einige Mitarbeiter, ist also keine 1-Mann-Bude).

  • Nein ich meine Unter den Elektrobetrieben. Oftmals ist es so, dass Kunden, die „Probleme machten“ (das soll hier keine Wertung meinerseits sein!) nun eben von anderen Betrieben auch gemieden werden, da diese v.a. in kleineren Ortschaften in regem Austausch stehen.

  • Mag sein. Wobei diese Absagen alle vor diesem Ereignis kamen. Wir sind seit ein paar Jahren fertig mit unserem Umbau. Alles was jetzt noch kommt, machen wir selbst.
    Und: Ich sehe wirklich nicht ein, 50% mehr zu bezahlen, damit er seine doppelte Arbeit bezahlt bekommt, die er selbst verschuldet hat. Wenn die Handwerker mich deswegen meiden, weil ich mich dagegen wehre: Dann hab ich Pech gehabt. Ich kanns mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, das einfach so zu bezahlen. Im übrigen sind in den 3 Jahren weitere Mängel seiner Arbeit aufgetreten.

  • Ich welchen Betrieben?

    Ich glaube xwaldemarx meint, daß die Betriebe sich untereinander über renitente Kunden absprechen und bei denen entsprechend gar nicht mehr tätig werden wollen.


    Ach ja, mein Straßenbauer hat auch zwischen Auftragsvergabe und Durchführung der Pflasterarbeiten 12-13 Monate gebraucht. Für die großen Betriebe war der Auftrag zu klein meinen Hof zu pflastern und für die kleinen Betriebe (GaLa-Bau) war die dabei notwendige Umlegung des städtischen Abweasserrohrs (Betonrohr, 1m Durchmesser, hängt die ganze Straße dran) eine Nummer zu groß.


    Die Stadt hatte bei der Straßensanierung das Straßenniveau abgesenkt und ich mußte den Hof entsprechend anpassen und an der tiefsten Stelle über einen Meter weiter nach unten... und genau da verläuft das städtische Abwasserrohr über mein Grundstück.

  • Mag sein. Wobei diese Absagen alle vor diesem Ereignis kamen. Wir sind seit ein paar Jahren fertig mit unserem Umbau. Alles was jetzt noch kommt, machen wir selbst.
    Und: Ich sehe wirklich nicht ein, 50% mehr zu bezahlen, damit er seine doppelte Arbeit bezahlt bekommt, die er selbst verschuldet hat. Wenn die Handwerker mich deswegen meiden, weil ich mich dagegen wehre: Dann hab ich Pech gehabt. Ich kanns mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, das einfach so zu bezahlen. Im übrigen sind in den 3 Jahren weitere Mängel seiner Arbeit aufgetreten.

    Ein gescheiter Handwerker hätte halt dazu gestanden und den Pfusch ausgebessert. Ich hätte den Sch*** auch nicht bezahlt.

  • Ein gescheiter Handwerker hätte halt dazu gestanden und den Pfusch ausgebessert. Ich hätte den Sch*** auch nicht bezahlt.

    Ja,
    als sie das Haus hier gebaut haben, gab es auch einigen Pfusch. Der Hammer war, als sie einen Decken-Stahlträger nicht mit Hartbrandziegeln unterfüttert sondern einfach aufs Kalksandstein-Mauerwerk gelegt haben. Der kleine Stahlträger (HEM 400 Profil) war ja auch nur 11m lang und wog alleine schon an die 3 Tonnen. Da steht jetzt die komplette Südwand des Gebäudes drauf (Stahl-Skelett-Bausweise wegen der großen Fensterfächen gen Süden mit Vorhang-Fassade). Was meint ihr, was da auf der Baustelle abgelaufen ist, als unser Bauingenieur (extra für die Kontrolle vom Bauherren, also von uns beauftragt) die Baustelle wegen Einsturzgefahr stillgelegt hat. :teufel:


    Als nachher oben im 1. Stock ein Maurer beim Innenausbau meinte die Ytong-Steine Fuge auf Fuge verkleben zu können und nicht im Verbund mauern zu müssen, hat der Firmenchef schon ohne was zu sagen gleich von sich aus die ganze Mauer umgeschmissen... muß neu. ;)

  • Vor drei Jahren ließ ich mein Haus neu streichen. Von zwei Malern habe ich mir Angebote erstellen lassen.


    Ich habe das (erhebliche) teuere Angebot genommen.


    Grund 1: Der Betrieb hat einen guten Ruf; den Malermeister kenne ich schon seit Jahren; sein Sohn, der Juniorchef, hat an meiner ehemaligen Schule (bevor ich mich als Schulleiter in die nähere Umgebung verabschiedete) Abitur gemacht, ist auch Malermeister geworden und hat ein Studium zum Betriebswirt des Handwerks absolviert.


    Grund 2: Keim-Farbe. Wer ein bisschen im Internet surft, findet die entscheidenden Gründe für diese Wahl schnell. Ich muss dazu keine Links posten, das könnte als Werbung angesehen werden. - Die Maler haben die Farben in meiner Garage angerührt, es wurde niemals davon gesprochen, dass dies kompliziert sei oder so. Das waren eben Profis -


    Der Auftrag wurde termingerecht und sehr sorgfältig ausgeführt. Das Ergebnis ist hervorragend.


    Fazit: Man kann noch gute Handwerker finden, wenn man den entsprechenden Preis zu zahlen bereit ist.

  • Wir haben auch den teureren Handwerker genommen, der eine Strasse weiter sein Geschäft hat. Hat mir leider außer Ärger und kaputten Fenstern auch nichts gebracht.
    Leider hatte ich mich dahingehend auch noch meinem Mann gegenüber durchgesetzt (komm, wir nehmen den. Dann wissen wir wenigstens, dass es gut gemacht wird,. Der ist hier nebenan. usw usw.).

  • ...vor allem ist es bei manchen Gewerken schwierig, überhaupt zeitnah mal jemanden zu finden... die "Guten" sind oft lange im voraus ausgebucht.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • plattyplus: Kommt mir so vor wie bei Ärzten, die schnell ein Antibiotikum geben: Hilft schnell, macht wenig Mühe und man muss nicht viel denken.


    Das Antibiotikum des Handwerkers ist Silikon.

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