Frage an die Englisch Kollegen wegen Vokabeln

  • Ich habe eine Frage. Ist die Thread-Erstellerin überhaupt am Gym? Da kann ich die hehren Ansprüche mancher hier ja nachvollziehen. Es gibt noch andere Schulformen und ich sehe nicht, dass es Ziel des Unterrichts an der Hauptschule sein sollte, dass man einen Hauptschüler in London aussetzen könnte, um sich mit den Einhemischen nett zu unterhalten. Da geht es für mich eher um Verstehen von Englisch in Wort und Schrift und nicht so viel um das Produzieren.
    Außerdem geht es um eine Klasse 5, wo man erst einmal anfängt, einen Wortschatz zu bilden. So verkehrt finde ich da Tabellen jetzt nicht.

    Mein Ziel ist es, dass jeder Schüler der Hauptschule (die es ja fast nicht mehr gibt) in der Lage Ist, sich in einem englischsprachigen Land zurechtzufinden. Dazu gehören für mich so Dinge wie nach dem Weg fragen, etwas im Restaurant bestellen, ein Hotelzimmer buchen und und und. Alltagsenglisch eben. Das ist für viele Schüler bereits eine große Herausforderung.
    Und wie man Vokabeln lernt... Manche bei mir machen das mittlerweile mit Apps auf dem Handy, andere wiederum mit den klassischen Listen im Vokabelheft und der Großteil gar nicht.
    Trotz wöchentlichen Tests.

  • Und wie man Vokabeln lernt... Manche bei mir machen das mittlerweile mit Apps auf dem Handy, andere wiederum mit den klassischen Listen im Vokabelheft und der Großteil gar nicht.Trotz wöchentlichen Tests.

    Benutzen die Schüler dabei eher Apps die mit oder ohne Kontext arbeiten?

  • Warum lernen fast alle Schüler, auch oder gerade die guten, mittels Tabelle - wo die kontextualisierenden Methoden doch so viel besser sein sollen?

    Ist das denn so? Stützt sich das auf deine eigenen Beobachtungen oder gibt es empirisch gesicherte Daten dazu?

  • Benutzen die Schüler dabei eher Apps die mit oder ohne Kontext arbeiten?

    Das muss man noch ein wenig differenzierter betrachten.


    Für das Lernen von Vokabeln ist es völlig unerheblich, WIE die Schüler das anstellen. Über die klassische Liste, über Kontext oder per App. Jede Methode hat seinen Vorteil, gerade die App: ich lerne Fremdsprachen beispielsweise gerne mit der App "Kartenheld". Dort kann ich am iMac die Vokabeln auf beidseitige Karten ausfüllen und am iPad prima damit üben. Beim Üben kann ich die Vokabeln klassifizieren; die schwierigen und mittelschwierigen werden dementsprechend oft wiederholt. Zudem kann ich ausschließlich die Kategorie "schwierig" zum Üben heranziehen. Auch Multiple Choice bzw. nur die Anzeige der Rückseite der Karte sind möglich.


    Soweit ich das mitbekommen habe, geht es hier jedoch um die Anwendung der erlernten Vokabeln im Zuge einer Leistungsüberprüfung. Und da ist doch eine handlungsorientierte Anwendung in jedem Fall besser als eine reine Reproduktion.

  • Benutzen die Schüler dabei eher Apps die mit oder ohne Kontext arbeiten?

    Da ich eher schwache Schüler habe, lernen die das mit Apps die wie Karteikarten funktionieren.
    Vorne deutsch - hinten drauf Englisch oder andersrum. Manche schreiben dazu auch Sätze auf. Aber die kann ich an unserer Schule an einer Hand abzählen.

  • Das verstehe ich nicht.
    Warum soll das Vokabelnlernen mittels Kontext nicht auch in alten Sprachen besser sein?
    Warum entspricht eine Tabelle anstatt Kontext beim Lernen dem einseitigen Übersetzen der Fremdsprache ins Deutsche?
    Wenn unsere Schüler nur noch Englische Texte ins Deutsche übersetzen müssten, würde das Lernen mittels Kontext doch auch besser sein, als reine Tabellen - oder nicht?


    Nein.
    Das Ziel ist es, sich in der Fremdsprache ausdrücken zu können (bei modernen Sprachen). Natürlich wird in beide Richtungen übersetzt, aber zielführend ist die Übersetzung in die Fremdsprache.
    Bei "alten Sprachen", die eben nicht mehr (außer vielleicht in der Kirche) gesprochen werden, ist das natürlich schwieriger. Da sind es meist (historische) Texte, die dann ins Deutsche übersetzt und analysiert werden.


    Zitat

    Warum lernen fast alle Schüler, auch oder gerade die guten, mittels Tabelle - wo die kontextualisierenden Methoden doch so viel besser sein sollen?
    Diese Frage treibt mich um bzw. lässt mich daran Zweifeln, ob diese Methode wirklich so viel besser ist, obwohl mir das in der Theorie auch so scheint.

    Das liegt mMn an der Innovativität des kontextualen Lernens. Das ist noch neu, manchen (gerade älteren) Kollegen vllt suspekt, und insbesondere "helfenden Eltern" völlig unbekannt.
    Hingegen "komm, ich frag dich Vokabeln ab" kennt quasi jeder.

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    2 Mal editiert, zuletzt von Miss Jones ()

  • Ich habe eine Frage. Ist die Thread-Erstellerin überhaupt am Gym? Da kann ich die hehren Ansprüche mancher hier ja nachvollziehen. Es gibt noch andere Schulformen und ich sehe nicht, dass es Ziel des Unterrichts an der Hauptschule sein sollte, dass man einen Hauptschüler in London aussetzen könnte, um sich mit den Einhemischen nett zu unterhalten. Da geht es für mich eher um Verstehen von Englisch in Wort und Schrift und nicht so viel um das Produzieren.
    Außerdem geht es um eine Klasse 5, wo man erst einmal anfängt, einen Wortschatz zu bilden. So verkehrt finde ich da Tabellen jetzt nicht.


    Ich denke auch, dass unterschiedlichen Schultypen unterschiedliche Erfahrungen prägen.


    Z.B. ob Gymnasiasten über viele Jahre hinweg konstant Fremdsprachenunterricht als Hauptfach haben, oder Berufsschüler (je nach Beruf) eine sehr homogene Gruppe sind, die teilweise noch nie Fremdsprachen-Unterricht hatte, teilweise schon mal ein paar Semester Englisch auf Lehramt hinter sich hat, im Blockunterricht im Schnitt 45 Minuten/Woche Unterricht bekommt, der kein Hauptfach ist, und teilweise mit Abstand das unwichtigste Fach ist.


    Ich kenne beide "Extreme" (und auch andere Schularten dazwischen) und meine schon, dass dabei eine unterschiedliche Didaktik nötig ist.


    Als Referendar habe ich, wie gesagt, auch gelernt, dass Tabellenlernen total uneffektiv sei - aber warum hält sich das dann so vehement am Leben, selbst dann, wenn die Lehrer es nicht anwenden?
    Ich habe bisher bzgl. des Tabellen-Lernens keinen "Bulimie-Lernen"-Effekt bemerkt, ganz im Gegenteil.


    Nach diesem Thread müssen sich meine Schüler auf jeden Fall auf ein paar Experimente gefasst machen - dafür bin ich allen Beteiligten jetzt schon dankbar! :top:

  • Nein.
    Das Ziel ist es, sich in der Fremdsprache ausdrücken zu können (bei modernen Sprachen). Natürlich wird in beide Richtungen übersetzt, aber zielführend ist die Übersetzung in die Fremdsprache.
    Bei "alten Sprachen", die eben nicht mehr (außer vielleicht in der Kirche) gesprochen werden, ist das natürlich schwieriger. Da sind es meist (historische) Texte, die dann ins Deutsche übersetzt und analysiert werden.


    Ich verstehe nicht, inwiefern das eine Antwort auf eine meiner Fragen sein soll.


    Nochmal Schritt für Schritt:
    1. Vokabeln lernen muss man in allen Fremdsprachen - alten und modernen.
    2. Vokabeln lernen mittels Kontextualisierung ist besser als ohne bzw. nur mit Tabelle.
    3. Vokabeln sind nötig um von einer Sprache in die andere zu übersetzen. Egal ob von der Fremd- in die Muttersprache, oder umgekehrt.


    Besteht soweit Zustimmung?

  • Zwei auffallende Beispiele in Bezug auf einsprachiges Erlernen:


    Bei uns beginnt Englisch in der 3. Klasse. Eine insgesamt schwächere Schülerin (ging auf die Hauptschule) war im Englischsprechen und Verstehen immer besser als andere. Auffallend war, dass der Wortschatz und die Satzbildung über das hinausging, was wir gewöhnlich im Unterricht machten. Warum? Sie schaute sich englische youtube Filme an.


    Ich bekam in der 4. Klasse eine frisch zugezogene Schülerin aus Griechenland - die Familie zog dem hier arbeitenden Vater nach - die nahezu fließend Englisch (eher Umgangssprache, "noun" z.B. verstand sie nicht) konnte. Auf meine Nachfrage, woher sie so gut Englisch kann, sagte sie, dass sie immer youtube Filme in Englisch und auch immer wieder Erklärvideos angeschaut hat.

  • Ist das denn so? Stützt sich das auf deine eigenen Beobachtungen oder gibt es empirisch gesicherte Daten dazu?

    Das obige bezog sich nur auf meine eigenen Erfahrungen und die Bekannter, Kollegen etc.
    An anderer Stelle schrieb ich ja:


    Zitat von Morse

    Diejenigen Schüler, die mit z.B. mit Hilfe von selbstgemalten Bildchen lernen oder Kontext bzw. sich den Text nochmals durchlesen, sind meiner Erfahrung nach eine absolute Rarität. Ist das bei Dir/Euch anders?

  • Kontext oder Tabelle, wichtig ist der Wiederholungsaspekt.
    So geht es mir zumindest: Zuerst suche ich für ein fremdes Wort in einer Fremdsprache (machte/mache zeitweise privat einen VHS- Italienischkurs) die deutsche Bedeutung. Wenn ich das Wort immer wieder in der Fremdsprache im fremdsprachlichen Kontext lese, kann ich es mir 1. merken und ich weiß 2. in welchen Kontexten es gebraucht wird. Wenn ich es isoliert lerne, weiß ich noch lange nicht, wie es angewandt wird.
    Das Oxford- Dictionary habe ich nie gemocht, weil ich dann nicht alle Wörter der Erklärung verstand. Da habe ich die Wörter lieber auf Deutsch nachgeschlagen und wusste punktgenau die Bedeutung des Wortes.
    Mir ergeht es manchmal so, wenn ich alles einsprachig höre, weiß ich zwar der Spur nach, was gemeint ist, aber es ist noch lange nicht garantiert, ob ich nicht die fremdsprachigen Wörter falsch interpretiere. Deswegen ist es mich oft wichtig, die deutsche Bedeutung zu wissen oder wenigstens nachschlagen zu können.

  • Ich habe eine Frage. Ist die Thread-Erstellerin überhaupt am Gym? Da kann ich die hehren Ansprüche mancher hier ja nachvollziehen. Es gibt noch andere Schulformen und ich sehe nicht, dass es Ziel des Unterrichts an der Hauptschule sein sollte, dass man einen Hauptschüler in London aussetzen könnte, um sich mit den Einhemischen nett zu unterhalten. Da geht es für mich eher um Verstehen von Englisch in Wort und Schrift und nicht so viel um das Produzieren.
    Außerdem geht es um eine Klasse 5, wo man erst einmal anfängt, einen Wortschatz zu bilden. So verkehrt finde ich da Tabellen jetzt nicht.

    Ich wüsste nicht, warum man jetzt auf niedrigerem Niveau nicht auch immersiv arbeiten könnte...


    In der 5. Klasse ist es natürlich nicht das Ziel, den Zwerg in London auszusetzen und er soll sich bitte zurechtfinden. Aber einen 10-jährigen Engländer würde man ja wohl auch kaum allein in London aussetzen...


    Wichtig ist es halt, dass es für die jeweilige Klassenstufe altersgemäß und thematisch angemessen ist.

  • Der Unterschied ist, denke ich, der: liest du ein Buch auf Englisch musst du nicht jedes unbekannte Wort nachschlagen, weil die Bedeutung im Kontext klar wird. Mit der Zeit entwickelst du Sprachgefühl. Willst du aber auf Englisch schreiben/reden, reicht es nicht, das Wort nachzuschlagen, weil du die feinen Unterschiede der Synonyme nicht kennst.


    Für „Ehrfurcht“ wird z.B. im Synonymewörterbuch sowohl Verehrung als auch Frömmigkeit oder Scheu angegeben. Je nachdem, was man sagen will passen die anderen Wörter einfach nicht. Von Fremdsprache in Muttersprache ist das einfacher, die Muttersprache fühlt man ja. Für Latein also irrelevant, weil man sich in der Sprache nicht ausdrücken muss...

  • Der Unterschied ist, denke ich, der: liest du ein Buch auf Englisch musst du nicht jedes unbekannte Wort nachschlagen, weil die Bedeutung im Kontext klar wird. Mit der Zeit entwickelst du Sprachgefühl.

    Wie Du sagst: nicht jedes unbekannte Wort, aber hin und wieder schon.
    Das gilt nicht nur für Englisch, sondern genauso für andere Sprachen - auch alte Sprachen.


    Willst du aber auf Englisch schreiben/reden, reicht es nicht, das Wort nachzuschlagen, weil du die feinen Unterschiede der Synonyme nicht kennst.
    Für „Ehrfurcht“ wird z.B. im Synonymewörterbuch sowohl Verehrung als auch Frömmigkeit oder Scheu angegeben. Je nachdem, was man sagen will passen die anderen Wörter einfach nicht. Von Fremdsprache in Muttersprache ist das einfacher, die Muttersprache fühlt man ja. Für Latein also irrelevant, weil man sich in der Sprache nicht ausdrücken muss...

    Ich finde das stimmt nicht!


    Auch wenn in die Muttersprache übersetzt wird - was bringt die Muttersprache, wenn die fremdsprachige Vokabel gänzlich unbekannt ist?


    Um bei Deinem Beispiel zu bleiben:


    Muttersprache in die Fremdsprache (z.B. D-E):
    Man schlägt die Übersetzung des dt. Worts nach und hat eine Auswahl an unbekannten Wörtern. Problem: welches ist hier richtig?


    Fremdsprache in die Muttersprache (z.B. L-D):
    Man schlägt die Übersetzung des lat. Worts nach und hat eine Auswahl an bekannten Wörtern. Problem: welches ist hier richtig?

  • Auch wenn in die Muttersprache übersetzt wird - was bringt die Muttersprache, wenn die fremdsprachige Vokabel gänzlich unbekannt ist?

    Genau dafür benötigt man doch den Kontext (und ein Wörterbuch!).
    Wörterbücher geben immer weitere Hinweise zu den jeweiligen Einträgen, Beispiel Frömmigkeit: dort findet sich im Langenscheidt jeweils eine Übersetzung für den religiösen Aspekt und einmal für "Scheinheiligkeit". Somit entscheidet man nach Kontext, welches Wort angemessen ist. Ohne Berücksichtigung des Kontextes geht sowas einfach nicht.

  • Genau dafür benötigt man doch den Kontext (und ein Wörterbuch!).Wörterbücher geben immer weitere Hinweise zu den jeweiligen Einträgen, Beispiel Frömmigkeit: dort findet sich im Langenscheidt jeweils eine Übersetzung für den religiösen Aspekt und einmal für "Scheinheiligkeit". Somit entscheidet man nach Kontext, welches Wort angemessen ist. Ohne Berücksichtigung des Kontextes geht sowas einfach nicht.

    Wie schwer das ist, den richtigen Begriff in der Fremdsprache zu finden, sieht man oft, wenn man mal Filmtitel vergleicht...


    Der zweite Teil von Hobbit hieß "The Desolation of Smaug" auf Englisch. Auf Deutsch übersetzen sie das mit "Einöde". Das trifft es einfach nicht weil die Konnotation vom Hoffnungs- und Freudlosigkeit fehlt. "Trostlosigkeit" geht wiederum nicht, weil es eben um einen Ort geht und nicht ein Gefühl.


    Manche Dinge kann man einfach nicht 1:1 übersetzen und spätestens dann braucht man Kontext und Sprachgefühl. Und mit Listen lernen geht das halt nicht.

  • Wie schwer das ist, den richtigen Begriff in der Fremdsprache zu finden, sieht man oft, wenn man mal Filmtitel vergleicht...
    Der zweite Teil von Hobbit hieß "The Desolation of Smaug" auf Englisch. Auf Deutsch übersetzen sie das mit "Einöde". Das trifft es einfach nicht weil die Konnotation vom Hoffnungs- und Freudlosigkeit fehlt. "Trostlosigkeit" geht wiederum nicht, weil es eben um einen Ort geht und nicht ein Gefühl.


    Manche Dinge kann man einfach nicht 1:1 übersetzen und spätestens dann braucht man Kontext und Sprachgefühl. Und mit Listen lernen geht das halt nicht.

    Mit Listen lernen heißt ja nicht, dass für jede Vokabel genau eine einzige Entsprechung angegeben wird und diese dann automatisch jedes Mal verwendet wird.


    Derjenige, der mit Listen gelernt hat, wählt anhand des Kontext die am besten passendste Möglichkeit aus - genau so, wie jemand der mittels Kontext gelernt hat.


    (Und wenn alle Stricke reißen, machen sich beide Gedanken, ob nicht was ganz anderes her muss, so wie Du bzgl. Smaugs "Einöde".)

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