Frage an die Englisch Kollegen wegen Vokabeln

  • Mit Listen lernen heißt ja nicht, dass für jede Vokabel genau eine einzige Entsprechung angegeben wird und diese dann automatisch jedes Mal verwendet wird.
    Derjenige, der mit Listen gelernt hat, wählt anhand des Kontext die am besten passendste Möglichkeit aus - genau so, wie jemand der mittels Kontext gelernt hat.


    (Und wenn alle Stricke reißen, machen sich beide Gedanken, ob nicht was ganz anderes her muss, so wie Du bzgl. Smaugs "Einöde".)

    Da muss ich widersprechen. Wenn du eine "Vokabel" mittels Kontext lernst und schließlich irgendwann beherrscht, hast du sie vielfach in unterschiedlichen Kontexten gesehen/gehört/gelesen und kennst alle Bedeutungsfacetten. Oft ist es dann so, dass du wohl weißt, was diese Vokabel bedeutet und die Bedeutung auch erklären kannst, aber spontan gar kein Wort in der Muttersprache findest, das darauf jetzt passen würde.


    Wie oft geht es mir so, dass ich das englische Wort im Kopf habe, es wunderbar paraphrasieren und erklären kann, aber partout nicht auf das korrespondierende deutsche Wort komme. Wie oft passiert es mir, dass es auf Englisch eine Formulierung gibt, die es auf Deutsch nicht gibt und wo ich mir dann irgendwie behelfen muss (und am Ende doch nicht zufrieden bin). In einem anderen Forum ging es mir eben beim Schreiben eines Beitrags so. Ich suchte nach der deutschen Entsprechung von "9 to 5 job". Vollzeitjob trifft es nicht.


    Klar, so ein Level der Sprachbeherrschung ist auf Schulniveau zu viel verlangt aber zumindest, zumindest möchte ich es erreichen, dass meine Oberstufenschüler sich nicht das was sie sagen wollen auf Deutsch vorformulieren und sich dann Einen abbrechen, das auf Englisch zu übersetzen/übertragen. Und wie gesagt, dazu braucht es mehr als irgendwelche Vokabellisten auswändig zu lernen, selbst wenn diese Listen "gut gemacht" sein sollten. (So eine "gut gemachte" Vokabelliste habe ich noch nie gesehen, übrigens.)

  • Ich kenne das Phänomen ebenfalls, da hat @MrsPace recht...


    btw - wie wäre "Ganztagsjob"?

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • ...
    Derjenige, der mit Listen gelernt hat, wählt anhand des Kontext die am besten passendste Möglichkeit aus - genau so, wie jemand der mittels Kontext gelernt hat...

    Das geht eben nicht. Weiß ich aus eigener Erfahrung: ich will genau das sagen, was ich auf Deutsch denke, kann es nicht auf Englisch und weiß daher nicht, welche der Synonyme/ Ausdrücke/ Satzkonstruktionen passen.


    Ich schlage daher hier nach:
    https://www.linguee.de/deutsch-englisch/search?source=auto&query=verständlicherweise&cw=336

  • Wobei das eine das andere nicht ausschließt.


    Ich kenne beides. Gerade wenn man in der Fremdsprache drin ist, dann fallen einem nicht immer die deutschen Wörter ein. (Wir sind immer einmal wieder in englischsprachigen Ländern unterwegs.)
    Vielleicht kommt es auch darauf an, wie man sich die sprachlichen Ausdrücke unbewusst angeeignet hat; ich kann diese Dinge sicher nicht aus meinem Schulenglisch.


    Man merkt es auch bei englischen Filmen. Die Pointe kommt meistens erst im Original heraus, auf Deutsch wirkt es oft nicht so gut. Besser ist immer, man bleibt in der Originalsprache.


    Ich sehe dennoch die Vokabelhilfen als echte Hilfen, wie ich schon in Nr. 53 beschrieben habe.

  • Das geht eben nicht. Weiß ich aus eigener Erfahrung: ich will genau das sagen, was ich auf Deutsch denke, kann es nicht auf Englisch und weiß daher nicht, welche der Synonyme/ Ausdrücke/ Satzkonstruktionen passen.
    Ich schlage daher hier nach:
    https://www.linguee.de/deutsch-englisch/search?source=auto&query=verständlicherweise&cw=336


    Warum soll das nicht gehen?


    Wenn Du diese Vokabel gelernt hättest, wüsstest Du es - ob Du mittels Kontext oder Liste gelernt hast, spielt dabei keine Rolle.


    Wenn Du die Vokabel gar nicht gelernt hast - egal wie - ja, dann geht's natürlich nicht.

  • 'Morse', es geht nicht um "bitte ein Bier" oder "das ist ein Haus", sondern um präzises Ausdrücken komplizierter Sachverhalte oder Stimmungen oder komplexer Gedanken. Und da sind Listen eben nicht ausreichend.


    Beispiel Einöde: das Wörterbuch schlägt wasteland vor. Hätte in einer 11.-Klasse-Liste stehen können. Ist das dasselbe, wie desolation? Gebe ich desolation ein, spuckt die Liste Verwüstung aus...

  • 'Morse', es geht nicht um "bitte ein Bier" oder "das ist ein Haus", sondern um präzises Ausdrücken komplizierter Sachverhalte oder Stimmungen oder komplexer Gedanken. Und da sind Listen eben nicht ausreichend.


    Beispiel Einöde: das Wörterbuch schlägt wasteland vor. Hätte in einer 11.-Klasse-Liste stehen können. Ist das dasselbe, wie desolation? Gebe ich desolation ein, spuckt die Liste Verwüstung aus...

    Ist das ein Plädoyer für "Sprachgefühl" bzw. dafür, dass man gar nicht mehr aktiv Vokabeln lernen sollte (egal mit welcher Methode)?


    Zudem:
    Es geht doch nicht bei allen Klassenstufen und Schularten um "komplizierte Sachverhalte" oder "komplexe Gedanken". Bei manchen ist doch genau das angesagt: "Bitte ein Bier!" oder "Das ist ein Haus."

  • Mir wurde beigebracht...


    ... Vokabeln erst einzuführen, bevor sie ins Vokabelheft eingetragen werden sollen.
    ... Vokabeln über unterschiedliche Sinneskanäle und aktiven Sprachgebrauch der SuS zu vermitteln.
    ... Wörter nicht über einfache Vokabellisten abzufragen, sondern SuS sollen dem Kontext entsprechend die Wörter einsetzen.
    ... in einem Vokabeltest können unterschiedliche Niveaus sein, für alle SuS sollte aber eine ausreichende Note möglich sein.



    ... was man draus macht, ist halt die andere Sache. Ich habe nicht die Zeit, jede Woche so tolle Vokabeltests zu konzipieren und die Vokabelübungshefte des Verlages sind auch für Eltern zugänglich. Fleißige "Auswendiglerner", die sonst aber schwach sind und vielleicht Schwierigkeiten beim Einsetzen in einen Kontext haben, können mit den altbekannten Listen noch einige Punkte holen. Ich überprüfe wöchentlich Vokabeln durch Spiele, Listen oder Tests mit unterschiedlichen Aufgabenformaten, jenachdem wie viel Zeit zum Nachgucken habe. Man kann die SuS auch durch Partnerarbeit kontrollieren lassen, damit mache ich auch immer gute Erfahrungen... wichtig ist mir die Regelmäßigkeit der Überprüfung.

  • Ich finde, dass alle Vokabellern- und Überprüfungsmethoden ihren Sinn und Platz haben (dürfen).
    - Als Schülerin habe ich am Anfang mit den Listen im Buch gelernt -> gut um einen Grundwortschatz aufzubauen
    - Später dann ausschließlich über Kontext (viiiiiele Bücher auf Englisch gelesen, Filme geschaut, während Schulzeit und Studium Zeit im Ausland verbracht, ...)
    Persönliches Fazit: beides funktioniert, beides hat seinen Sinn und Platz und ist völlig legitim!


    Genauso sehe ich es bei der Überprüfungsform: Manchmal werden die Schüler später exakte Entsprechungen für Deutsche/Englische Worte in der jeweils anderen Sprache brauchen, also ist es nicht schlecht, diese im Kopf zu haben. Manchmal werden sie aber auch möglichst spontan kommunizieren müssen, sodass in ihrem Kopf eben möglichst keine Simultanübersetzung laufen sollte. Wer was wann wie oft brauchen wird, ist eine Frage, die nur begabte Hellseher werden beantworten können. Entsprechend versuche ich beides bei meinen Schülern zu fördern so gut es eben in den paar Stunden Unterricht pro Woche funktioniert.
    Und entsprechend prüfe ich auch beides ab:
    - Die (wöchentlichen bis 14-tägigen, je nachdem wie ich es schaffe hinsichtlich meiner sonstigen Korrekturbelastung) sind tabellarische 1:1 Übersetzungen. Grund: Null Vorbereitungsaufwand für mich, fix korrigiert -> Entlastung für mich (obwohl natürlich Korrekturbelastung, wenn auch nicht vergleichbar mit KAs/Klausuren).
    - In Klassenarbeiten habe ich sehr häufig auch eine "Words" Aufgabe, da wird dann per Kontext abgefragt - ab dem Zeitpunkt, da wir Relativsätze haben, ist sowas in irgendeiner Form fast immer drin, weil sich damit "mal eben so" auch noch diese Grammatik festigen lässt.


    Fazit: Beides ist völlig okay. Wenn ein Kollege nur eine Überprüfungsform der beiden wählt, ist das in meinen Augen auch absolut legitim - wirklich mal, vom Vokabeltestformat hängt meiner Ansicht nach nicht der Lernerfolg der Schüler ab. Da gehört einfach deutlich mehr dazu und nur weil die Didaktik momentan "sinnhafter Kontext!!" schreit, heißt das nicht, dass das zwingend besser ist als "Drill". Alle Kollegen haben studiert und ihr Referendariat bestanden und ich überlasse es ihnen, zu entscheiden, was ihnen didaktisch sinnvoll erscheint; dasselbe Recht fordere ich für mich ein (wenngleich ich natürlich gern mein Vorgehen begründe, anderer Leute Ansichten anhöre und hinterfrage, etc. - normaler Lehreralltag eben).

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Ich wüsste nicht, warum man jetzt auf niedrigerem Niveau nicht auch immersiv arbeiten könnte...

    Ich mache das auch, aber eher, indem ich das auf ABs abfrage als in meinen wöchentlichen Vokabeltests.



    Wie schwer das ist, den richtigen Begriff in der Fremdsprache zu finden, sieht man oft, wenn man mal Filmtitel vergleicht...
    Der zweite Teil von Hobbit hieß "The Desolation of Smaug" auf Englisch. Auf Deutsch übersetzen sie das mit "Einöde". Das trifft es einfach nicht weil die Konnotation vom Hoffnungs- und Freudlosigkeit fehlt. "Trostlosigkeit" geht wiederum nicht, weil es eben um einen Ort geht und nicht ein Gefühl.


    Manche Dinge kann man einfach nicht 1:1 übersetzen und spätestens dann braucht man Kontext und Sprachgefühl. Und mit Listen lernen geht das halt nicht.

    Ich finde dieses Beispiel so treffend, und zwar in beide Richtungen. Wer auf hohem Niveau lernt, wird im Kontext lernen müssen, sonst wird er manches der Fremdsprache nicht beherrschen können. Das bedeutet für das niedrigere Niveau aber, dass es da zum Teil auch einfach nutzlos ist. Die Unterscheidung, die du da oben machst, können sehr viele meiner Schüler gar nicht erst in ihrer eigenen Muttersprache machen. Würde ich fragen "Was ist der Unterschied zwischen Hoffnungs- und Trostlosigkeit?" oder "Was ist eine Einöde?", käme da vermutlich bei vielen Hauptschülern nicht viel Brauchbares bei rum. Es wird eher eine vage Idee da sein, aber dass viele das in Worte packen könnten - ich glaube eher nicht.

  • Das Beispiel ist gut.


    Mal ein ganz drastisches, was unterschiedliche Bedeutungen angeht:


    Bill.


    Einfach so ohne Kontext... wie viele Bedeutungen kennt ihr?
    Mal abgesehen von der Kurzform von William kann das (wobei es vielleicht noch mehr gibt)
    - Rechnung
    - Geldschein
    - Gesetz(esentwurf)
    - Schnabel
    - Plakat
    - Spieß (mittelaterl. Waffe)
    - Landspitze
    - ein Haufen Begriffe aus der Finanzwelt (zB Wechsel...)
    sein...


    welche Bedeutung da gemeint ist, kann man da nur aus dem Zusammenhang sehen, oder?

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
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  • Und dann kommen halt Schüler an und schreiben in der Klausur: „She got acid.“, Weil sie nicht mal mit einem Wörterbuch richtig umgehen können. Das muss man einfach richtig gut üben und da ist leider in einem GK nicht viel Zeit für. Aber die Schüler verstehen meist warum und worum es geht, wenn sie mein Arbeitsblatt durch haben (15 Sätze mit dem Wort Zug und Train passt nur in einem). Aber die meisten vergessen es dann doch wieder...


    Vokabeltests gibt es bei mir übrigens echt selten (in der Oberstufe) und wenn, dann Kontextualisiert. Das heißt bei mir, dass Satzteile oder Sätz übersetzt werden müssen, oder in einen Datz ein Wort eingefügt werden muss.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Wie geht ihr das Vokabellernen bei Fünftklässlern an, besonders du MrsPace? Mir gefielen deine Ausführungen sehr und ich kann mich stark mit ihnen identifizieren und diese stellen auch die Form von Unterricht dar, die ich bevorzuge. Ich ziehe generell Paraphrasierungen und kontextualisiertes Vokabellernen dem stumpfen Deutsch-Englisch-Tabellenlernen vor, nur wie könnte eine alternative Methode bei Fünfern aussehen? Möglicherweise gerade die einfacheren Begriffe mit Bildern lernen? Nur wie lernt man dann am besten Verben bzw fragt sie ab?

  • Und dann kommen halt Schüler an und schreiben in der Klausur: „She got acid.“

    English for runaways - I wars my go stop over meadows...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
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  • Mir ist es lieber, wenn ein Schüler dann sagen kann "I need a tool (oder meinetweggen auch "something") to fix my pipe." , als daß er sich jetzt unbedingt an den Begriff pipe wrench erinnert. Ich bin ohnehin der Meinung, daß man lernen muß in der Zielsprache zu denken, sonst wird das eh nichts. Das geht halt nur durch dauerhaften und regelmäßigen Kontakt mit der Sprache.

  • Mir ist es lieber, wenn ein Schüler dann sagen kann "I need a tool (oder meinetweggen auch "something") to fix my pipe." , als daß er sich jetzt unbedingt an den Begriff pipe wrench erinnert.

    Gut ist es, wenn man sich in einem fremdsprachigem Land aufhält, man sich zu helfen weiß und den Begriff umschreiben kann. Dann wird man verstanden und bekommt in der Regel den Begriff geliefert.
    Was will man mit der Fremdsprache überhaupt? Der Hauptgrund ist doch, sich (im Land) verständigen zu können und umgekehrt die Sprache zu verstehen. Für das Verständnis der Sprache benötigt man allerdings dennoch einen größer werdenden Wortschatz. Die meisten verstehen so oder so mehr, als sie aktiv sprechen können.

  • Meine Tochter (jetzt 6. Klasse in einer IGS) lernt hauptsächlich anhand von Listen. Jede Woche tabellarische Tests. Die Vokabellisten umfassten in der 5. Klasse anfangs 60-80 Vokabeln (einfach hinten aus dem Buch zu aktuellen Unit). Irgendwann gingen die Kinder am Stock. Jede Woche so viele Vokabeln brachte echt alle an die Grenzen. Und gerade Wörter wie "then, that, these, those" fand meine Tochter schwer. In der Grundschule werden halt v.a. Einzelwörter und meist Nomen gelernt.


    Nachdem die Eltern die Überlastung äußerten, wurde auf ca. 40 Wörter reduziert. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass es bei dem Lernen der Sprache hilft. Natürlich hilft es bei der Vielfalt, aber ich würde mir auch mehr aktives Sprechen wünschen. Aber ich bin im Unterricht nicht dabei und weiß daher nicht, was da so läuft.


    Meine Tochter gehört zu den sehr guten Schülern und dennoch sehe ich da eher mit Sorgen in die Zukunft... Auch was Grammatik betrifft, irgendwie hilft auswendig lernen da nicht.

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