Nun also doch - Gehaltszulage für Lehrer an Brennpunktschulen ?!

  • Hallo,


    es war ja bereits vorgeschlagen worden, nun soll es in Berlin so kommen: Lehrer an Brennpunktschulen bzw. Lehrer, deren Schülerschaft zu mindestens 80% aus Hartz-IV-Kindern besteht, sollen bis zu 300,- Euro mehr monatlich verdienen.


    Ich neide das den Kollegen nicht, aber ich finde diesen "Politikansatz" von Rot-Rot-Grün völlig falsch, immer alles mit mehr Geld (Gehalt) lösen zu wollen. Geht es nur darum, die Leute ruhigzuhalten? Wie ich immer sagte, mehr Geld (Gehalt) löst keines unserer Probleme und so werden auch 300,- Euro mehr keines der Probleme der Lehrer an Brennpunktschulen lösen. Es ist eher wie ein "Schweige- oder Schmerzensgeld", um die Probleme an Brennpunktschulen weiterhin still zu ertragen. Aber nichts wird besser dadurch dort.


    Meiner Meinung nach brauchen Lehrer an Brennpunktschulen nicht mehr Gehalt, sondern bessere Arbeitsbedingungen, vor allem massive Entlastungen, z.B. noch kleinere Klassen, als wir alle gerne hätten; eine noch stärkere Stundensollsenkung, als ich sie uns allen wünsche usw. Ich glaube, wer die Bedingungen an Brennpunktschulen kennt, verzichtet lieber auf die Zulage, als mit ihr dort zu arbeiten.


    Gibt es hier Lehrer an Brennpunktschulen? Was sagt ihr dazu? Liege ich falsch?


    Quelle: https://www.berliner-zeitung.d…4--lehrer-kommen-31097392

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Nenn es Schmerzensgeld, Gefahrenzulage, suchs dir aus.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Ich halte es für besser als nichts, stimme ansonsten aber sofawolf zu: Es behebt keines der an Brennpunktschulen herrschenden Probleme und das Geld sollte meiner Ansicht nach lieber in zusätzliche, die Lehrer entlastende Stellen investiert werden, insb. Sozialpädagogen und DAZ-Fachkräfte. Für mich persönlich wäre jedenfalls eine Brennpunktschule, bei der ich jederzeit (!) genügend (!) fachkundige (!) Unterstützung zur Seite habe (und womöglich nur für eine humane Anzahl an Schülern verantwortlich bin) deutlich attraktiver, als eine Brennpunktschule nach heutigem Stand und (bis zu!!) 300€ Schmerzensgeld.


    Auch bringen mich die 300€ nicht annähernd in Versuchung, mit dem Wechsel an eine Brennpunktschule zu liebäugeln (allein schon dieser Satz.... :autsch: ).


    Berufliche Zufriedenheit und damit einhergehend (psychische) Gesundheit lässt sich mMn nicht für 10% mehr Gehalt erkaufen.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?


  • Berufliche Zufriedenheit und damit einhergehend (psychische) Gesundheit lässt sich mMn nicht für 10% mehr Gehalt erkaufen.

    Insgesamt völlig deiner Meinung.
    Zumal das brutto ist und die meisten sind inzwischen Angestellte. Da gehen neben den Steuern auch noch Sozialabgaben ab und sehr viel netto wird nicht bleiben.
    Ursprünglich waren übrigens Schulen ab einem erheblich geringerem Anteil an Kindern, deren Familien staatliche Ersatzleistungen erhalten, im Gespräch.


    Ich sehe es auch als einen Versuch, sich von einem Teil der Verantwortung für die betroffenen Schulen "freizukaufen".

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Gehaltszulage, wenn Bewerbermangel herrscht? Eine Selbstverständlichkeit, die in der "freien" Wirtschaft gang und gäbe ist, ist jetzt auch endlich beim Staat angekommen? Naja, im IT-Bereich macht der Staat es schon seit Jahren, wird endlich Zeit, dass auch auf die Lehrer zu übertragen, statt immer größere und dubiosere Quer- und Seiteneinsteigerprogramme auszurufen.


    Wenn der Staat es Ernst meint mit der Bekämpfung des Lehrermangels, dann sollte er allen Lehrer 1000€ Gehaltszulage zahlen. Dann steigt auch wieder die Attraktivität des Berufs und es studieren auch wieder mehr Männer auf Lehramt.


    Gruß !

  • Im Grunde volle Zustimmung, Mikael.


    Doch auch andersrum, also wenn mehr Männer in diesen Beruf vordringen, gäbe es mehr Geld.

  • Im Grunde volle Zustimmung, Mikael.


    Doch auch andersrum, also wenn mehr Männer in diesen Beruf vordringen, gäbe es mehr Geld.

    Das musst du denke ich doch mal erklären. Wieso sollten Lehrergehälter steigen, wenn sich auf einmal mehr Männer für den Beruf entscheiden als bisher?

  • Das musst du denke ich doch mal erklären. Wieso sollten Lehrergehälter steigen, wenn sich auf einmal mehr Männer für den Beruf entscheiden als bisher?

    Gern.
    Typische FrUenberufe werden nicht so gut bezahlt wie typische Männerberufe. Das mag viele Gründe haben. Wenn also, so mein Gedanke (und es ist nur mein Gedanke) aus dem Lehrerberuf ein sagen wir mal, typischer Männerberuf werden würde, würden wir über andere Gelder sprechen.

  • Sorry, aber das ist deutlich zu kurz gegriffen. Zumal auch die Berufsklassen mit den höchsten Männeranteilen (z.B. Gebäude- und versorgungstechnische Berufe) nicht gerade zu den hochbezahlten gehören. Wenn mehr Männer in den Lehrerberuf vordringen als bisher (bei gleichbleibender Frauenanzahl) dürften die Dienstherren aufgrund der deutlich erhöhten Bewerberanzahl sicher kein Interesse an Gehaltsanpassungen nach oben haben ;)

  • Sorry, aber das ist deutlich zu kurz gegriffen. Zumal auch die Berufsklassen mit den höchsten Männeranteilen (z.B. Gebäude- und versorgungstechnische Berufe) nicht gerade zu den hochbezahlten gehören. Wenn mehr Männer in den Lehrerberuf vordringen als bisher (bei gleichbleibender Frauenanzahl) dürften die Dienstherren aufgrund der deutlich erhöhten Bewerberanzahl sicher kein Interesse an Gehaltsanpassungen nach oben haben ;)

    Hab auch Sonntag Nachmittag weniger Zeit.


    Aber du kennst doch Olaf Schubert, der es schön zusammen fasste:
    Ein Zimmermann verdient mehr als eine Zimmerfrau.
    Aber Spaß beiseite.


    Der Vergleich mit dem Gebäudetechniker hinkt gewaltig.

  • ... das Geld sollte meiner Ansicht nach lieber in zusätzliche, die Lehrer entlastende Stellen investiert werden, insb. Sozialpädagogen und DAZ-Fachkräfte. Für mich persönlich wäre jedenfalls eine Brennpunktschule, bei der ich jederzeit (!) genügend (!) fachkundige (!) Unterstützung zur Seite habe (und womöglich nur für eine humane Anzahl an Schülern verantwortlich bin) deutlich attraktiver, als eine Brennpunktschule nach heutigem Stand und (bis zu!!) 300€ Schmerzensgeld...

    Es gibt aber nunmal soundsoviele Kollegen, die da bereits arbeiten. Frag die doch mal, ob sie lieber die 300 EUR im Monat nehmen oder lieber einen Sozialarbeiter hätten. Wer das möchte, könnte sich ja zusammentun und einen mit dem Bonus gemeinsam bezahlen- nicht wahrscheinlich.


    Klar, am liebsten hätte man alle möglichen Bedingungen gern aber 300 haben oder nicht haben macht eben schon einen Unterschied. Gerade für Grundschullehrer im Angestelltenverhältnis, die nicht allzuüppig entlohnt werden.

  • Es gibt aber nunmal soundsoviele Kollegen, die da bereits arbeiten. Frag die doch mal, ob sie lieber die 300 EUR im Monat nehmen oder lieber einen Sozialarbeiter hätten. Wer das möchte, könnte sich ja zusammentun und einen mit dem Bonus gemeinsam bezahlen- nicht wahrscheinlich.

    Finde ich auch. Sofawolf und Freunde gründen einen Fonds, in den sie Teile ihres Gehalts spenden für kleinere Klassen und Sozialarbeiter an Schulen. Und hören auf, andere mit dem Ruf nach "Gehaltsverzicht!" zu belästigen...


    Gruß !

  • Hab auch Sonntag Nachmittag weniger Zeit.
    Aber du kennst doch Olaf Schubert, der es schön zusammen fasste:
    Ein Zimmermann verdient mehr als eine Zimmerfrau.
    Aber Spaß beiseite.


    Der Vergleich mit dem Gebäudetechniker hinkt gewaltig.

    Den Vergleich hast du selbst eingebracht, als du auf die geringeren Verdienstmöglichkeiten typischer Frauenberufe hingewiesen hast. Schaut man sich Berufsumfelder mit sehr einseitigen Geschlechterquoten an, dann gehören da auf beiden Seiten Berufsumfelder mit relativ geringen Verdienstmöglichkeiten zu den Spitzenreitern.

  • Den Vergleich hast du selbst eingebracht, als du auf die geringeren Verdienstmöglichkeiten typischer Frauenberufe hingewiesen hast. Schaut man sich Berufsumfelder mit sehr einseitigen Geschlechterquoten an, dann gehören da auf beiden Seiten Berufsumfelder mit relativ geringen Verdienstmöglichkeiten zu den Spitzenreitern.

    Jaja. Unser Hausmeister verdient auch weniger als ich, aber da Vergleich ich mich nicht.
    Doch wieder zurück zum Thema. Da ging es um Brennpunktschulen.

  • Wenn also, so mein Gedanke (und es ist nur mein Gedanke) aus dem Lehrerberuf ein sagen wir mal, typischer Männerberuf werden würde, würden wir über andere Gelder sprechen.

    Da gibt es sogar Studien zu. Fazit war: Sobald mindestens 60% Männer in dem Beruf tätig sind, kommt es zu wesentlich besseren Tarifabschlüssen als in den üblichen Frauenberufen. Da ist wohl irgendwie der Kampfgeist bei den Tarifauseinandersetzungen ausgeprägter als das Mitgefühl mit Kollateralschäden.


    Oder, wie ich es gerne als Mann formuliere: Wenn die GEW mal streiken will, sollten sie den Streik am Tag der Abi-Prüfungen anfangen und bis zum 15.7. (Anmeldeschluß bei den Universitäten) durchhalten. Dann fällt halt mal ein kompletter Abiturjahrgang aus. Meine Kolleginnen fingen gleich an mit "die armen Schüler". ... Und genau das ist das Problem, z.B. auch in den Pflegeberufen. Da im Fall der Fälle die Härte aufzubringen, auch wenn andere, in dem Fall die zu pflegenden, darunter leiden.

  • Ich halte es für besser als nichts, stimme ansonsten aber sofawolf zu: Es behebt keines der an Brennpunktschulen herrschenden Probleme und das Geld sollte meiner Ansicht nach lieber in zusätzliche, die Lehrer entlastende Stellen investiert werden, insb. Sozialpädagogen und DAZ-Fachkräfte. Für mich persönlich wäre jedenfalls eine Brennpunktschule, bei der ich jederzeit (!) genügend (!) fachkundige (!) Unterstützung zur Seite habe (und womöglich nur für eine humane Anzahl an Schülern verantwortlich bin) deutlich attraktiver, als eine Brennpunktschule nach heutigem Stand und (bis zu!!) 300€ Schmerzensgeld.


    Auch bringen mich die 300€ nicht annähernd in Versuchung, mit dem Wechsel an eine Brennpunktschule zu liebäugeln (allein schon dieser Satz.... :autsch: ).


    Berufliche Zufriedenheit und damit einhergehend (psychische) Gesundheit lässt sich mMn nicht für 10% mehr Gehalt erkaufen.


    Ich würde das Gehaltsplus sofort dafür nutzen, um mir selbst eine Entlastung zu verschaffen, nämlich entsprechend in Teilzeit zu gehen.


    Wenn Brennpunktlehrer das ähnlich sehen und auch so machen, geht die Gehaltszulage erstrecht nach hinten los, dann wird der Lehrermangel dort noch verschärft. Dass sich nun massenhaft Lehrer für Brennpunktschulen bewerben, glaube ich nun wirklich nicht.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

    Einmal editiert, zuletzt von Das Pangolin ()

  • Es gibt aber nunmal soundsoviele Kollegen, die da bereits arbeiten. Frag die doch mal, ob sie lieber die 300 EUR im Monat nehmen oder lieber einen Sozialarbeiter hätten. Wer das möchte, könnte sich ja zusammentun und einen mit dem Bonus gemeinsam bezahlen- nicht wahrscheinlich.


    Klar, am liebsten hätte man alle möglichen Bedingungen gern aber 300 haben oder nicht haben macht eben schon einen Unterschied. Gerade für Grundschullehrer im Angestelltenverhältnis, die nicht allzuüppig entlohnt werden.


    Ich bin auf die Folgen gespannt, wenn das durchgeht, wenn z.B. die Lehrer der einen Brennpunktschule 300,- mehr bekommen, weil sie die 80%-Quote erfüllen, aber an der anderen Brennpunktschule die Lehrer diese "Wertschätzung", wie man ja heute immer gerne sagt, nicht erhalten, weil sie dort nur 79% "Hartz-IV-Kinder" haben (oder lass es 78, 77 ... 75%) sein. Wie die das dann wohl sehen, wenn sie leer ausgehen, aber kaum weniger Probleme haben.


    Deshalb glaube ich, dass diese Zulage nur für neuen Unmut und neue Ungerechtigkeitsdebatten in den Kollegien sorgen wird.


    Und wie wird es sein, wenn eine Schule diese Zulage verliert, weil die Eltern eines "Hartz-IV-Kindes" plötzlich einen Job gefunden haben? Vermutlich gilt das ja immer nur von Schuljahr zu Schuljahr, aber dann im neuen Schuljahr, wenn die Quote durch eine erfolgreiche Arbeitsvermittlung nicht mehr gehalten wird, dann bekommen alle Lehrer dieser Schule plötzlich 300,- Euro weniger. Was man aber erstmal bekommen hat, ist schlecht wieder wegzunehmen! Das wird für neuen Verdruss sorgen. Und Lehrer müssen sich ärgern, dass Lanzeitarbeitslose eine Arbeit finden, weil sie dann die Zulage nicht mehr bekommen.


    Und wie wird das sein bei der Aufnahme von Kindern an solchen Schulen? Wird man dann dort bevorzugt Hartz-IV-Kinder aufnehmen (und andere nicht), damit man die Quote für die Zulage erfüllt bzw. diese gehalten werden kann? So wird es dann doch kommen!


    Ich finde, diese Zulagen-Idee ist einfach nicht durchdacht und purer Aktionismus.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

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