Disziplin im Unterricht

  • Hallo,


    es wäre vielleicht gut zu wissen, um welche Schulart und um welches „Klientel“ es sich handelt. Bei Grundschülern braucht man da sicherlich andere Ratschläge als bei fast erwachsenen Berufsschülern.


    Bei mir gibt es bei Verweigerung der Mitarbeit schlicht und ergreifend eine 6. Das reicht in der Regel als Disziplinarmaßnahme. Bei gegenseitigen Beleidigungen gibt es einen Klassenbucheintrag mit dem Wortlaut (B sagt zu J, „Halt dein Maul du behin**** Stück Sch***!“) und ein Gespräch mit der Schulleitung. Sollte es weiterhin vorkommen, gehen wir Paragraph 90 durch bis zum endgültigen Schulausschluss.

  • 1. nicht an den Hauptschulabschluss denken. Wer ihn 9 Jahre lang nicht geschafft wird ihn auch jetzt nicht schaffen. Frust bei allen vorprogrammiert
    2. Nimm am Anfang etwas, was JEDER lösen kann, z.B. Addition bis 100 (aber schneide das "für 2. Schuljahr" vorm Kopieren ab ;) ).
    3. Anderen Ton angewöhnen. Statt "seid jetzt bitte leise" "Justin, halt jetzt deinen Mund oder du arbeitest am Einzeltisch vor der Tür (der da bereits steht)
    3. Geduld. Ihr müsst euch kennenlernen. Mindestens bis Herbstferien Zeit geben, eher Weihnachten
    4. Nimm sie auch mal mit einem netten Spruch hoch, Humor nie vergessen
    5. Schimpfwortkasse einführen oder einfach deutlich und immer wieder neu daran erinnern, dass derlei Wörter in deinem Zimmer nicht geduldet werden. Punkt aus. Oder doofe langatmige Gespräche bzw. klassische Strafarbeiten nach der Stunde müssen leider sein
    6. Für jedes gemachte Aufgabenblatt anfangs eine Note geben, so dass wirklich eine gute Note dabei sein kann. Gib dir nen Ruck, ihre Motivation ist hier dein größter Helfer. Ihr Gefühl, selbst ein Stück Scheiße zu sein, das überall versagt dein größter Feind
    7. heule ein bisschen am Nachmittag
    8. Frag die Kollegen um Rat und Tat, zieht an einem Strang
    9. ggf. Erziehungs- und Ordnumgsmassnahmen, die dein Schulgesetz hergeben

  • Ich habe mehrere Jahre auch an einer Berufsschule in diesem Zweig unterrichtet. Seit zwei Jahren bin ich wieder an einer allgemeinbildenden Schule.


    Beleidigungen untereinander: Direkt unterbinden und übliche Konsequenzen verhängen. Die Vorgehensweise immer gleich halten. Diskussionen nicht zulassen, zum Beispiel: "Das war keine Beleidigung." oder im Falle einer Beleidigung in fremder Muttersprache die Behauptung, dass dies was anderes hieße (oft verät der Tonfall und die Reaktion des Anderen die Beleidigung oder ich kenne die typischen Wörter mittlerweile),...
    Egal, es wird nicht diskutiert und irgendwelche Ausreden interessieren mich nicht.


    Keine/Wenig Mitarbeit im Unterricht: Gehe davon aus, dass einige der Schüler nur ihre Zeit absitzen und denen eine 6 in Mitarbeit wurscht ist. Mir ist es auch wurscht, eine 6 (bei uns eine 5) einzutragen. Dafür gibt es die Notengebung. Versuche trotzdem diese Schüler einzubinden und Leistung aus ihnen herauszukitzeln. Honoriere das dann per Note. Aber, teile die bessere Note dann nur nüchtern mit und lobe nicht. Lob überfordert viele dieser Schüler und du erreichst das Gegenteil (Leider, ich musste mich erst daran gewöhnen :( ).


    Unterricht: Ich machte die Erfahrung, dass solchen Schülern eher sehr straffer Unterricht, der immer einen gleichen Ablauf hat, entgegenkommt. Also kein Methodenzirkus. Der strenge Ablauf kann aber schon beinhalten, dass zum Beispiel eine späte Freitagsstunde abwechslungsreicher verläuft. Meine Ansage montags an die Schüler: " Wir haben die Wochenziele xyz. Erreichen wir sie bis Freitag zur 6. Stunde, können wir dann einen Film schauen (Eis essen gehen, ...), wenn nicht, müssen wir Unterricht machen.
    Bei Totalverweigerern, die sich innerlich schon Jahre von der Schule verabschiedet haben, hilft auch manchmal 1000 Schritte zurückzugehen. Das heißt, Dinge wie Hausaufgaben zu notieren, Heft führen, einfache Handlungen im Unterricht auszuführen (wann mede ich mich wie) müssen neu mit den Schülern eingeübt werden. Also Erfolgserlebnisse schaffen.
    Da helfen hier manchmal schon die Beiträge der Grund- und Förderschulkollegen, die deshalb auch für mich immer wieder lesenswert sind.

    • Offizieller Beitrag

    Ergänzung zu Krababbel (nr.6) und Frechdachs (Nr.7):
    sprich dich mit den Kollegen ab, so dass ihr gemeinsam dieselben Strategien fahren könnt, besonders was Erziehungsmaßnahmen betrifft.

  • Was zum Beispiel tut ihr, wenn die Schüler während des Unterrichts sich gegenseitig beleidigen (...)

    Das kam bei mir noch nie vor.


    (...) und völliges Desinteresse an jeglicher Mitarbeit zeigen?

    Das ist kein disziplinarisches Problem, würde ich sagen – zumindest nicht, solange sie dadurch den Unterricht nicht aktiv stören. Mitarbeitsnoten vergebe ich keine – wer nicht mitarbeitet, kann den Stoff nicht. Wer den Stoff nicht kann, schreibt schlechte Prüfungen. Sind die Prüfungen zu schlecht, fliegen die Leute entweder schon zum Halbjahr wieder raus, oder sie bestehen die Abschlussprüfung nicht. Natürlich versuche ich solche Lernenden zu motivieren, aber wenn sie mir nach ein paar Versuchen signalisieren, dass sie das nicht wollen, dann lasse ich sie in Ruhe – sie sind erwachsen und müssen wissen, was sie tun. C'est la vie.

  • ...Natürlich versuche ich solche Lernenden zu motivieren, aber wenn sie mir nach ein paar Versuchen signalisieren, dass sie das nicht wollen, dann lasse ich sie in Ruhe –

    Ah, wie könnte das aussehen? Es ist der Job des TE, sein Alltag. Daraus kann man nicht einfach wegrennen.

    Einmal editiert, zuletzt von Krabappel ()

  • Ah, wie könnte das aussehen? Zeitung lesen, während sich hinten alle die Köppe einschlagen? Guck mal Fuck you Göte und sag mir, wie man dort wen in Ruhe lassen soll, ohne dabei selbst über die Klinge zu springen.


    Das sind sie nicht. Es sind 16-Jährige Kindsköpfe mit Lernschwierigkeiten.

    Äh, Sekunde … ich spreche von meinen Lernenden. Die sind tatsächlich erwachsen und Köpfe einschlagen gab's bei mir noch nie. Ausserdem verstehst du mich miss – in Ruhe lassen heisst nicht, dass ich in Ruhe bin, sondern dass ich sie nicht mit fachlichen Hilfsangeboten behellige. Dass das natürlich nur solange geht, wie sie keinen anderen aktiv stören, ist klar. Ausserdem: um Fuck you Göte anzusehen, müsste man mich am Sessel festbinden – die Filme sind für mich die persönliche Höchststrafe an "no go"-Filmen.

  • Ich hatte den Beitrag zwischenzeitlich geändert. Was ich meine, ist: "in Ruhe lassen geht nicht. Um sich das ansatzweise vorzustellen müsstest du dir wohl mindestens derlei Filme ansehen ;)

  • Ich glaube, dass unabhängig davon, welche pädagogischen Methoden oder Konzepte ich auch anwende, die Merheit der SchülerInnen wird absehbarer Zeit keine spürbaren Fortschritte im Fach Englisch machen, ganz einfach deshalb, weil sie in ihrer jetzigen Situation keinerlei Motivation oder Anreiz haben, die Sprache zu lernen.

  • Openmind,
    nimm dir selbst etwas den Druck weg, indem du der Realität ins Auge siehst: Im BVJ wird voraussichtlich kein einziger Schüler "in absehbarer Zeit spürbare Fortschritte in Englisch" machen.
    Gib dich mit kleinen Fortschritten zufrieden (Stift dabei - nimmt selbigen selbstständig in die Hand, um die Tafelanschrift abzuschreiben - kann sich einzelne Wörter von einer Stunde bis zur nächsten merken - ...).
    Ansonsten schließe ich mich Krabappel, Frechdachs und Friesin an.
    Philios Erfahrungswerte halte ich fürs BVJ nicht hilfreich. Lass dich davon nicht entmutigen!

  • Das liegt wohl mal wieder am "Etikettenschwindel".
    BVJ heißt zwar "BerufsVorbereitendes Jahr", meint aber eigentlich "Ein Jahr Aufbewahhrung/Bespaßung von Minderbemittelten, damit diese nicht in irgendeiner Statistik unagnehm "arbeitslos" auffallen"...


    ...nicht nett, aber leider wohl wahr.
    Eine Schande, dafür Lehrer zu verschwenden.
    Solche "Arbeit", die ohnehin nichts bringt, kann auch ein Pausenclown.
    Lehrer werden mMn anderswo gebraucht.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Miss Jones, warum sprichst du nur immer so abwertend über BVJ-Schüler?!


    Sicherlich handelt es sich hier nicht um die Elite der Nation. Aber wir reden ja nicht darüber, dass wir die Schüler zum Abitur führen - sondern zur bescheidenen Berufsreife.
    Nicht alle im BVJ sind "minderbemittelt". Manche hatten auch einfach nur Pech in ihrem kurzen Leben.


    Ich bin im BVJ eingesetzt und fühle mich nicht verschwendet.

  • Ich glaube, dass unabhängig davon, welche pädagogischen Methoden oder Konzepte ich auch anwende, die Merheit der SchülerInnen wird absehbarer Zeit keine spürbaren Fortschritte im Fach Englisch machen, ganz einfach deshalb, weil sie in ihrer jetzigen Situation keinerlei Motivation oder Anreiz haben, die Sprache zu lernen.

    Sie können dir im aktuellen Zustand (noch) nicht zuhören, weil sie (noch) keine Beziehung zu dir haben. Sie sind gerade mit sich, ihrem Image und 1000 anderen Dingen beschäftigt.


    Was hast du bisher probiert? Was macht dir selber Spaß? Vielleicht einfache Popsongs übersetzen oder was "typisch Englisches" kochen und Restaurant mit Rollenspielen mimen? Komm innerlich von dem Hauptschulabschluss weg und versuche, eine Gruppe aus diesem Haufen zu schmieden. Wenn Sie dann noch ein paar Brocken Englisch mitnehmen: Congratulations :D


    Sie sind nicht, wie deine vorigen Schüler, es ist ganz anderes Arbeiten und man muss schon Bock drauf haben.

  • huhu Susi,


    ich freue mich über jeden Schüler, den du doch noch zu einem Hauptschulabschluss bekommst... nur... was macht der denn danach...?
    Welcher Betrieb möchte so einen... verzeih mir das Wort, "Rohrkrepierer" denn ausbilden...? Bei dem "Lebenslauf"?
    Klar, es gibt auch welche die "Pech" hatten.
    Aber bewusstes Schwänzen, gewollte, bewusste Kriminalität, Leistungsverweigerung, Drogenhintergründe, ungewollte Teenieschwangerschaften...
    ...das ist nicht "Pech".
    Das ist schlicht strunzdoof.
    Ich hoffe da nur, die "BVJ-Betreuung" kostet weniger als ein Jahr JVA.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • ...
    Aber bewusstes Schwänzen, gewollte, bewusste Kriminalität, Leistungsverweigerung, Drogenhintergründe, ungewollte Teenieschwangerschaften...
    ...das ist nicht "Pech".
    Das ist schlicht strunzdoof.
    Ich hoffe da nur, die "BVJ-Betreuung" kostet weniger als ein Jahr JVA.

    Moment, jetzt wollen wir aber mal differenzieren.
    Wer schwänzt, ist gerade gar nicht des TEs Problem. Kriminalität gibt's auch an anderen Schularten und ausserdem ist das BVJ auch für die da, die sich nicht aufführen, wie die Hornochsen und eine Chance verdient haben. Meine Schüler können z.B. nicht einfach so an die Hauptschule wechseln, sie sind auf das BVJ angewiesen. Und wenn so auf Inklusion geschimpft wird: irgendwann müssen auch die Fitteren unter den Lernschwachen ihre Chance auf Schulabschluss bekommen. Ob das BVJ dafür so ideal ist, sei mal dahingestellt. Ihre Schuld ist es aber nicht, dass unser System ist, wie es ist.


    Und ausserdem bist ja gerade du jemand, der sich auch ganz gern für die Außenseiter einsetzt, nicht wahr? Für wen es sich da zu kämpfen lohnt merkt man aber erst, wenn man die Leute kennt.

  • Hallo Krabappel,


    du hast recht, ich setze mich durchaus für "Außenseiter" ein. Für die, die "wollen", die entsprechende Leistungsbereitschaft mitbringen.
    Die vielleicht mal "Pech" hatten.
    Die vielleicht diskriminiert werden, weil sie zu irgendwelchen Minderheiten gehören - das passiert nun mal tagtäglich.


    Das Problem sind aber die, die durch das System irgendwo hingeschickt werden, um eben aus der Statistik zu verschwinden. Es ist Schönfärberei, und - zugegeben, ich habe meine Informationen nicht aus allererster Hand, weil ich keine BVJler unterrichte, aber die gibt es in großen Mengen hier im Umfeld, auch in den Familien meiner SuS... wenn du nicht ganz blind bist (oder sein willst), bekommst du mit, was da wie läuft.
    Es gibt leider viele, die da einfach nur "geparkt" werden, die vom System schon aussortiert wurden. Die da raus wollen, sollten jede Chance nutzen. Manche, wenige tun das. Aber viele eben nicht, und die finden dann genausowenig Arbeit oder auch nur Ausbildung wie auch viele, die sogar einen Hauptschulabschluss haben...
    Solche Leute landen dann nachher in diesem perversen System als "Lohnsklaven" bei irgendwelchen Unternehmen, die sie als "ungelernte Hilfsarbeiter" zu menschenunwürdigen Bedingungen in der Logistik schaffen lassen... oder auch in der JVA, im Drogensumpf, was auch immer.
    ich finde das nicht toll.
    Und das ist alles nicht nur ein Fehler im System. Es sind mehrere, und sie potenzieren einander auch noch.

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    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

    Einmal editiert, zuletzt von Miss Jones ()

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