Rolle der Sonderpädagogen in der Inklusion in der Grundschule

  • Hallo zusammen,
    ich arbeite jetzt seit fast 10 Jahren als Sonderpädagogin im Gemeinsamen Unterricht an verschiedenen Grundschulen und ich merke deutlich, dass ich immer unzufriedener werde. Zur Zeit bin ich an einer Schule, an der es relativ viele Kinder mit Unterstützungsbedarf gibt, insgesamt sind es 27 Kinder, die sich auf 8 Klassen verteilen. Wir sind zu zweit an der Schule, meine Kollegin arbeitet aber nur Teilzeit mit 14 Stunden. Das bedeutet, dass ich 17 der Kinder in 6 Klassen "betreue". Und ich merke deutlich, das schaffe ich nicht. Zumindest nicht so, dass ich den Kindern auch nur im Ansatz gerecht werde. Ich habe Schwierigkeiten, mich mit den Klassenlehrern abzusprechen, es gibt einfach kein Zeitfenster, außer zwischen Tür und Angel in den Pausen. Dazu kommt noch, dass mein Verständnis von gemeinsamen Lernen und Förderung der Kinder ein völlig anderes ist, als bei manchen Kollegen. Unzufrieden macht mich auch, dass ich überall immer quasi der 2. Lehrer bin, der eigentlich nix groß zu sagen hat, also so wie eine Art Hilfslehrer. Wirklich unterrichten, so mit der ganzen Klasse, das kommt eigentlich nie vor.
    Ich brauche dringend irgendeine Idee, wie man das ganze zumindest halbwegs befriedigend gestalten kann. Habt ihr gute Ideen, Konzepte? Wie läuft das bei euch?
    Die Kollegen ansich sind nett und wollen mich nicht nicht haben oder so, aber sie haben halt auch so genug um die Ohren (Brennpunktschule), es liegt also bei den meisten nicht an Unwillen, sondern an mangelhaften Rahmenbedingungen!
    Viele Grüße!
    OK, vielleicht das falsche Unterforum, passt wohl besser zu Inklusion . Sorry, bitte verschieben, wenn es hier nicht so erwünscht ist!

    Liebe Grüße! :D

    Einmal editiert, zuletzt von Naane ()

  • Hallo Naane,
    auch bei uns läuft das ähnlich wie du schilderst.
    Bei uns ist die Hauptaufgabe des MSD (MSD = mobiler sonderpädagogischer Dienst) Beobachtungen, Testungen und professionelle Beratungen von Lehrern und Eltern (hier gemeinsam mit der Klassenlehrkraft durchzuführen.).
    Wenn dann noch Zeit ist, steigt der MSD in die konkrete Förderung mit ein. Jeder von uns ist aber heilfroh, wenn die Sonderpädagogin/der Sonderpädagoge einmal Zeit hat und sich um die schwachen Kinder kümmern kann bzw. diese beobachtet und uns wichtige Details mitteilt. Ich finde es die beste Förderung, wenn der MSD bei Übungsaufgaben die schwachen Kinder besonders betreut oder in einem seperaten Raum mit diesen mit evtl. Hilfsmitteln dasselbe macht und auf ihre besonderen Probleme eingehen kann. Oder: Wenn man in der Stunde gerade mit differenzierten Arbeitsaufträgen arbeitet, die Unterstützung der Schwächeren übernimmt.

  • Könnt ihr euch evtl. einmal alle zusammensetzen und Lösungen erarbeiten? Vielleicht ist der eine oder die andere ganz froh, wenn du z.B. dauerhaft eine Stunde übernimmst und der Kollege unterstützt dafür hinten drin. Oder dass du mehrere Kinder stundenweise rausnimmst. Ich vermute, mehr Kontinuität würde mehr Zufriedenheit bringen aber ihr könnt das m.E. nur gemeinsam und für euch passend organisieren. Die Kollegen haben bestimmt auch Ideen, was sie entlasten würde, Kontakt zum Jugendamt, Förderplane o.ä.


    Alternativ bliebe noch, hinzunehmen, dass Inklusion genauso organisiert ist und die Vorteile zu sehen, immerhin hast du den Stress des Unterrichtens im 45 min.-Takt nicht, kein fachfremdes Unterrichten, keine Klassenlehrerverantwortung... Ist erstmal scheinbar ein schwacher Trost aber es lohnt sich, auch Vorteile zu suchen, unzufriden kann man nämlich überall werden.


    Dritte Möglichkeit: Versuchen, aus der Inklusionsnummer rauszukommen.

  • Hallo Naane,
    ich denke, dass es sehr vielen Sonderpädagogen im GL genau so geht, wie du es schilderst.
    Da sich die Rahmenbedingungen nicht verändern lassen, ist es äußerst schwierig, in dieser Situation zufrieden zu bleiben.
    Da kann man sich noch so oft die vermeintlichen Vorteile schön reden, es bringt nichts.


    Käme es für dich vielleicht in Frage, an eine Förderschule zu gehen bzw. dich versetzen zu lassen? Da hättest du eher die Chance, wenigstens eine Klasse leiten zu dürfen und eine Beziehung zu den Kindern aufbauen zu können.


    LG

  • Mmm.... Ich bin nicht im mobilen Einsatz, die Grundschule ist meine Stammschule. Diagnostik mache ich zwar auch, aber eher zu Stoßzeiten, wenn die AOSF-Verfahren anstehen. Und mal so ganz ehrlich gesagt, genau dieses, mal in Kleingruppen das machen, was die anderen in der Klasse machen oder unterstützen im Unterricht- das ist genau das, was ich um Moment zwar mache, was mich aber total frustriert. Ich bin eben auch ausgebildete Lehrerin und kein Hilfsarbeiter. Mich nervt diese schwammige Rolle, dieses 2.-Lehrer sein. Ich hab aber auch keine Idee, wie man das unter diesen Rahmenbedingungen anders machen kann ... Und mir ist natürlich klar, dass das ganze auch für die Regelschullehrer ätzend ist.

  • Das käme für mich auf jeden Fall in Frage, allerdings stehen die Chancen eher schlecht, dass das in naher Zukunft auch passiert.... Ich bin fest im Grundschulkapitel...


  • Das bedeutet, dass ich 17 der Kinder in 6 Klassen "betreue". Und ich merke deutlich, das schaffe ich nicht. Zumindest nicht so, dass ich den Kindern auch nur im Ansatz gerecht werde.

    Herzlich willkommen in der Inklusion. So fühlen sich Grundschullehrer und Sonderschullehrer an Grundschulen seit Jahren. Es sei denn, die Sonderschullehrer haben noch eine Klassenleitung, dann sind sie zerrissen zwischen beidem und werden noch unzufriedener, weil sie zusätzlich ihrer Klasse und der Sonderpädagogik als solches nicht mehr gerecht werden.
    Mit 17 Kindern stehst du noch recht gut da, an meiner letzten Schule waren es im Durchschnitt etwa 30 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf pro Sonderpädagogin. (Und viel mehr mit Unterstützungsbedarf.) Die Stunden waren gedeckelt, also weniger als den Kindern eigentlich zustand, hier so üblich bei Schulen mit vielen Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf.
    Organisiert war das so, dass Kinder mit ähnlichen Leistungsständen und Problemen zusammengefasst wurden und üblicherweise paarweise ihre zwei Stunden bekamen. Ausnahme GE und Hören, da hatten wir meist nur ein Kind. Ferner waren die nicht diagnostizierten Kinder in den 1./2. Klassen in größeren Gruppen, denn LE und ESE darf man in Berlin erst ab Klasse 3 haben.


    Absprachen zwischen Tür und Angel sind ärgerlich und stressig und man vergisst dann vieles.


    Zitat

    Dazu kommt noch, dass mein Verständnis von gemeinsamen Lernen und Förderung der Kinder ein völlig anderes ist, als bei manchen Kollegen.


    Ja, mein Verständnis ist auch immer ein völlig anderes gewesen, als ich als in der Realität als ein einzelner Mensch unter den Bedingungen im Brennpunkt als Klassenleiterin meist umsetzen konnte. Ich war permanent mit mir selber unzufrieden, ich hätte mich mindestens in 8 Teile teilen müssen, um meiner letzten Klasse gerecht zu werden und die Kinder auch im "normalen Unterricht" zu fördern, besser in 10. Ich habe 14 bis 16 Förderpläne geschrieben, da so viele Kinder den Anforderungen des Lehrplanes nicht dauerhaft gerecht wurden, aber ganz ehrlich, da kann man bestenfalls Galgenhumor entwickeln und irgendwie weiterwurschteln. Das ist Inklusion, das ist die Realität.


    Und selbst, wenn es weniger Kinder sind und man sich "nur" in 3 Teile teilen müsste, auch das funktioniert einfach nicht. Viele Kollegen verzweifeln irgendwann oder stumpfen ab, um das alles auszuhalten und nicht oder nur begrenzt krank zu werden.


    Zu deinen Wünschen:
    Ich würde mich hier Krabapple anschließen:
    Zusammensetzen und besprechen, was gewünscht ist.


    Eventuell kannst du Kleingruppen bilden ("Temporäre Lerngruppen") heißt das bei uns, und dann mit mehreren Kindern zusammen auf ähnlichem Niveau gemeinsam etwas machen, dafür aber nicht nur eine oder 2 Stunden pro Kind, sondern dann mit mehreren Stunden pro Grüppchen.


    Oder du nimmst alle Kinder einer Doppeljahrgangsstufe in die Gruppen auf und bietest eine differenzierte, individuell fördernde Lernumgebung an, sodass du z.B. täglich 2 - 3 Stunden mit Klassenstufe 1/2 und 2-3 Stunden mit Klasse 3/4 hast. (Je nachdem, welche Kinder da für dich übrig bleiben.) Dann hast du vielleicht 8 bis 9 Kinder in der Gruppe und quasi eine Kleinklasse. Du wärst erste Lehrerin in der Zeit und könntest gleichzeitig individuell fördern.


    Für derartige Maßnahmen muss die Schulleitung mit ins Boot, denn dann muss der Stundenplan eventuell angepasst werden, damit der Sportunterricht nicht komplett verpasst wird etc.


    Oder - wie auch schon von Krabapple vorgeschlagen - könntest du anbieten, Stunden zu übernehmen, z.B. wöchentlich eine Stunde Geometrie in Klasse 3xy, in der sich 2 Kinder mit sonderpäd. Förderbedarf befinden. Du sorgst für das gemeinsame Lernen und die Klassenleiterin hat die Möglichkeit, etwas runterzufahren und die Kinder mit Schwierigkeiten zu unterstützen (und das werden sicher mehr als die 2 mit sonderpädagogischem Förderbedarf sein.


    Alternativ Teamteaching, das kostet aber Zeit., die man leider als
    Klassenleiter an der Brennpunktschule meist nicht wirklich übrig hat.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Naja, all diese Dinge mache ich/ habe ich ja auch schon gemacht, ich bin ja nicht neu, sondern seit gut 10 Jahren dabei. Aber so, wie es läuft ist es beschxxxxx und ich will was anders haben. Keine Ahnung, was, aber so schaff ich das nicht noch 25 Jahre, weil es mich frustriert. Problem ist eben, dass es kaum Zeit zum zusammen setzen und drüber sprechen gibt und meine Kollegen den "richtigen" Unterricht auch nicht "abgeben" wollen. Und meine sonderpädagogische Kollegin sieht da leider auch keinen Handlungsbedarf, so dass ich ziemlich allein da stehe.
    Übrigens gibt es auch an meiner Schule natürlich noch etliche Kinder, die nicht getestet sind, aber in meinen Augen erheblichen Förderbedarf haben. Auch bei uns darf man in der Regel Anträge erst ab dem 3. Schulbesuchsjahr stellen.
    Aber vielleicht gibt es hier ja noch einen Kollegen, der an einer Schule mit dem ultimativen Konzept arbeitet....

  • Ich habe dir eine PN geschickt.


    Es gibt keinen Ausweg. Einzig und allein die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und die Neubewerbung auf normale Grundschulstellen, verbunden mit Gehaltseinbußen und dem Risiko, nicht erneut verbeamtet zu werden.


    Alternativ könntest du dich in deiner Gegend umschauen, ob es inoffizielle Schwerpunktschulen gibt, die mit mehr Sonderpädagogen ausgestattet sind. Dort haben SoPä tatsächlich oft die Möglichkeit, in einem richtigen Team eine Klasse zu leiten. Du könntest versuchen, ob du dich an eine solche Schule versetzen lassen kannst. Aber das ändert natürlich kurzfristig auch nichts.

  • Ich kann dich verstehen, das hört sich sehr unbefriedigend an.


    Ich habe das Problem genau andersrum, was ebenso unbefriedigend ist. Mehrere Förderschüler in meiner Regelklasse, und die Förderlehrerin schaut einmal die Woche kurz vorbei - wenn sie denn Zeit hat und in anderen Klassen gerade nichts wichtigeres passiert... Besprechungen entweder zwischen Tür und Angel oder nach meiner Unterrichtszeit, sehr zeitraubend und oft nicht zielführend, weil ich den Förderkindern gar nicht so gerecht werden kann wie ich wollte und sollte. Da sitzen halt auch noch 20 andere Kinder in der Klasse, die ebenso ihre Baustellen haben, uns fehlt Material und natürlich auch Expertenwissen.
    Dann kommt die Förderlehrerin spontan in meinen Unterricht, wenn sie gerade Zeit hat, und sieht eine Stunde, die nicht ganz so toll läuft - hinterher sagt sie mir, was ich verbessern könnte, damit Kind abc besser arbeiten kann. Oder sie sagt, sie kommt, muss dann aber in einer anderen Klasse ein Problem klären und kommt nicht, und verpasst die Stunde, die ich extra so konzipiert habe, dass sie bei Kind xyz möglichst viel beobachten kann.


    Es hört sich echt so an, als wäre die Situation für beide Seiten nicht optimal. Ich hatte insgeheim immer die Förderlehrer beneidet, die kommen und gehen, wie es beliebt, und die für keins der Kinder Verantwortung übernehmen müssen, die keine Stunden vorbereiten, sondern nur hinten drin oder neben einem Kind sitzen - und dafür A13 bekommen, während mich mit der ganzen Schülerschar beschäftigt bin, Förderpläne schreibe und erfülle, und nur A12 habe.


    Der Tipp mit kleinen Lerngruppen hört sich aber doch ganz gut an? Ein halbes Jahr mittwochs die ersten drei Stunden Unterricht mit den vier Erstklässlern mit Förderschwerpunkt lernen, danach eine Gruppe von Drittklässlern mit Förderschwerpunkt emotionale Entwicklung etc.
    Könntest du selbst vor- und nachbereiten, hättest feste Gruppen, könntest diese Kinder gut beobachten, die Lehrer wären entlastet und sicher dankbar. Ich glaube und fürchte, einen anderen Weg gibt es kaum, außer sich jedes Jahr wieder an eine Förderschule zurückbewerben.
    Ich drück dir die Daumen, dass du einen Weg findest. Mal aus deiner Sicht gesehen hört sich das Förderlehrer-sein in der Grundschule überhaupt rosig an.

  • ...
    Aber vielleicht gibt es hier ja noch einen Kollegen, der an einer Schule mit dem ultimativen Konzept arbeitet....

    Und das setzt du dann um, ohne dich mit den anderen abzusprechen? :gruebel:


    Was ist denn ganz genau das, was dich stört. Dass du keine Klasse hast? Oder dass dein Fachwissen nicht anerkannt wird (="Hilfslehrer")?


    Vielleicht ließe sich noch ein extra Raum einrichten mit Öffnungszeiten und Name außen dran, in dem du arbeiten kannst, so dass die Kinder zu dir geschickt werden. So würde deine Rolle vielleicht mehr an Bedeutung gewinnen. Du könntest dann dein Verständnis von dem, was ein Sonderpädagoge ist, besser darstellen, als wenn du diejenige bist, die immer anklopfen und fragen muss, ob sie stört.


    Wenn es dir aber darum geht, eine eigene Klasse zu haben, dann musst du dort tatsächlich weg. So ein Konzept gibt es nicht.

  • ...


    Dann kommt die Förderlehrerin spontan in meinen Unterricht, wenn sie gerade Zeit hat, und sieht eine Stunde, die nicht ganz so toll läuft - hinterher sagt sie mir, was ich verbessern könnte, damit Kind abc besser arbeiten kann...

    Das finde ich äußerst frech muss ich mal sagen. Sowas macht man vermutlich nur, wenn man selbst schon gaaaanz lang nicht mehr vor der Klasse stand...


    Wenns dich beruhigt: ich habe solche "Unterrichtsbesuche" des Öfteren von Sozialpädagogen. Leute, die neben einzelnen Kindern sitzen und allen auf die Nerven gehen, in dem sie hinterher kleine, natürlich total nett gemeinte Hinweise geben, wie es für Schüler und Lehrer doch viel schöner sein könnte. Selbst können sie sich natürlich null durchsetzen. Oder Berufsberater, die mir nach 2 Stunden Spielen sagen wollen, welche Stärken der Jugendliche hat, den ich seit 5 Jahren kenne. Weil Lehrer suchen ja nur nach den Schwächen und kennen die Schüler auch nur mit dem Füller in der Hand :autsch:


    Ja es ist anstrengend und selten bereichernd, mit verschiedenen Experten zusammenarbeiten zu müssen. Da helfen meiner Erfahrung nach nur klare Worte, klare Aufgabenverteilung und möglichst kein angegriffen-Fühlen. Motto: mach mal, wie du denkst und lass mich mal machen, wie ich für richtig halte :prost:


    Edit: im Idealfall kann man sich ja wirklich was abgucken oder die verschiedenen Sichtweisen als bereichernd erleben. Es ist aber schwer finde ich, v.a. nicht ins Persönliche abzudriften.

  • Und das setzt du dann um, ohne dich mit den anderen abzusprechen? :gruebel:
    Was ist denn ganz genau das, was dich stört. Dass du keine Klasse hast? Oder dass dein Fachwissen nicht anerkannt wird (="Hilfslehrer")?


    Vielleicht ließe sich noch ein extra Raum einrichten mit Öffnungszeiten und Name außen dran, in dem du arbeiten kannst, so dass die Kinder zu dir geschickt werden. So würde deine Rolle vielleicht mehr an Bedeutung gewinnen. Du könntest dann dein Verständnis von dem, was ein Sonderpädagoge ist, besser darstellen, als wenn du diejenige bist, die immer anklopfen und fragen muss, ob sie stört.


    Wenn es dir aber darum geht, eine eigene Klasse zu haben, dann musst du dort tatsächlich weg. So ein Konzept gibt es nicht.

    Ich hab ja nie gesagt, dass ich nicht reden will
    Ich habe ja tatsächlich einen Förderraum, ich habe auch Kinder gebündelt, so dass ich auch mit Kleingruppen arbeite (mehr als 8 Kinder gibt der Raum allerdings nicht her). Nur, das bringt halt alles irgendwie nichts. Das kann alles immer nur stundenweise stattfinden, ist weit weg von Inklusion. Ich sehe tausend Baustellen bei den Schülern, kann aber nichts wirklich bearbeiten, genauso wenig können das die Klassenlehrer.
    Arbeitest du im Gemeinsamen Lernen? Wie läuft das denn bei euch? Bist du zufrieden?

  • Hallo Naane,


    ich kann total verstehen wie unbefriedigend das für dich ist, dass du dich wie das zweite Rad am Wagen fühlst, aber die andere Seite ist auch nicht so prickelnd. Ich kenne es so ähnlich, wie Kathie es beschreibt.


    Als Grundschullehrerin fühle ich mich von der Sonderschulkollegin, die ab und zu vorbeikommt, beobachtet und denke, ich mache es nicht gut genug. Sie redet laut mit den Inklusionskindern und schaut nur nach denen, obwohl andere schwache Kinder auch Hilfe bräuchten.
    Ich soll das sonst die ganze Woche über alles allein stemmen mit allen Kindern und bekomme eine Gehaltsstufe weniger. Das Ganze finde ich auch unbefriedigend.

  • Ja, es ist für alle Beteiligten blöd! Auch das mit den Gehaltsstufen, auch, wenn das in meinem persönlichen Fall nicht zählt, weil ich Angestellte bin.

  • Naane: Du tust dir selbst keinen Gefallen, wenn du die Schuld an der Situation bei dir selbst suchst. Das ganze System der real praktizierten Inklusion ist Murks, das liegt aber weder an den Sonderpädagogen noch an den regulären Lehrkräften noch an den Kindern. Man muss sich immer wieder klar machen, dass das System der spezialisierten Förderschulen völlig kompatibel mit der UN-Konvention war und nur aus ideologischen und finanziellen Gründen abgeschafft wurde. Letztendlich muss man akzeptieren, dass man nur ein ganz kleines Rädchen im System ist, das sein Bestes gibt, aber keinen Einfluss auf das große Ganze hat. Wenn du unter diesen Bedingungen nicht jeden optimal fördern kannst, akzeptiere es einfach und mach dich nicht selber fertig. Und höre nicht auf das ganze Gequatsche von wegen "Nur auf den Lehrer kommt es an!", "Keiner darf verloren gehen!", "Inklusion würde wunderbar funktionieren, wenn die Lehrer nur wollten!" usw. Alles leere Sprüche von Ideologen und Theoretikern, die keine fünf Minuten im real existierenden Schulsystem aushalten würden. Damit will man den Lehrkräften nur ein schlechtes Gewissen einreden und sie zu noch stärkerer Selbstausbeutung "motivieren". Hätte die Politik wirklich ein Interesse an funktionierender Inklusion, würde sie die Bedingungen massiv verbessern, wozu auch eine deutliche Reduktion der Arbeitsbelastung, Gehaltssteigerungen für alle Lehrkräfte und eine Imagekampagne für den Lehrerberuf gehören. Bei der Bundeswehr hat das ja auch funktioniert und das Argument "Kein Geld da!" zieht in Zeiten von Staatsüberschüssen in zweistelliger Milliardenhöhe (seit Jahren!) auch nicht mehr.


    Also einfach akzeptieren, dass die derzeitige Situation bewusst herbeigeführt wurde und es offensichtlich bei den Verantwortlichen auch absolut kein Interesse an der Verbesserung der Rahmenbedingungen gibt. Mache alles so gut wie du es innerhalb der Möglichkeiten machen kannst. Aber mache auf keinen Fall mehr! Also keine Selbstausbeutung! Und gib dir nicht die Schuld für Zustände, die du weder ändern kannst noch für die du verantwortlich bist!


    Gruß!

  • ... Nur, das bringt halt alles irgendwie nichts. Das kann alles immer nur stundenweise stattfinden, ist weit weg von Inklusion. Ich sehe tausend Baustellen bei den Schülern, kann aber nichts wirklich bearbeiten, genauso wenig können das die Klassenlehrer.
    Arbeitest du im Gemeinsamen Lernen? Wie läuft das denn bei euch? Bist du zufrieden?

    Nein. Musste ich mal, stundenweise, es war ein Graus. Die Schule wollte die Stunden aber keinen Extralehrer. Egal was ich angeboten habe, es wurde abgelehnt. Also wenn du nicht wie ein überbezahlter Störenfried behandelt wirst: schon mal ein Pluspunkt. Kollegen von mir machen meist unzulässige Vertretung oder Extraunterricht in Kleingruppen. Inklusion? Fehlanzeige. Ggf. Anfänge der Integration.


    Aber ich bin lang genug an der Förderschule um zu wissen: Bei uns lernen sie auch nicht mehr. Ich hab aber meist ne Klasse und das ist für mich gerade am besten. Manche machen lieber nur Fachunterricht, ohne KL-Tätigkeit.


    Was ich sagen will: Deine Bedingungen sind verhältnismäßig gut bis sehr gut. Wenn sie dich trotzdem unzufrieden stimmen, überlege, was du eigentlich suchst. Ich will dich gar nicht angreifen falls das dein Eindruck ist, sondern möchte nur vermitteln, dass woanders kein Gold ist, was zu glänzen scheint, sondern dass du ehrlich zu dir sein solltest und konkret mit dem werden, was du persönlich brauchst, um zufrieden arbeiten zu können.

  • Ich kenne diese Diskussion noch aus meiner Ref-Zeit, wo meine Ref-Schule ein Pilotprojekt war. Da gab es auch mal eine Konferenz, wo so etwas wie eine Arbeitsplatzbeschreibung erstellt werden sollte, was die Lehrer in der Grundschule an Aufgaben hätten. Jeder hatte eine etwas andere Rolle/Aufgabenverteilung, je nachdem welche SuS dort waren und wie sie sich ballten/verteilten, wie man mit den KuK klarkam etc. Am Ende entstand keine Arbeitsplatzbeschreibung und jeder wurstelte weiter so vor sich hin - sehr unbedfriedigend!
    Als ich letztes Jahr zur Weihnachtsfeier da war (meine Mentorin ist mittlerweile fest an der GS) und mich vorher mit einem ehem. Kommilitonen (ebenfalls Sopäd in der GS-Inklusion) getroffen habe, erzählten sie beide, dass sie sich mittlerweile einen eigenen Raum erkämpft hätten, wo sie immerhin auch mal in Kleingruppen fördern könnten. Das erinnerte mich schon recht stark an die Beschreibungen dieser Sopäd-Räume an US-amerikanischen Schulen. Zufrieden damit waren beide nicht wirklich. Es war nur besser als der Zustand davor.


    Ich bin auch in der Inklusion, nur ganz anders als du. Ich bin mit 2/3 meiner Stelle an meiner Schule, wo ich KL bin. Mit dem anderen Drittel bin ich in der Beratung, was für mich bedeutet, dass ich derzeit ein gutes Dutzend Fälle in einer bestimmten Region habe, wo sporadisch Kontakt herrscht (Hospitationen, Telefonate, E-Mails, Klakons usw.). Meine Rolle im direkten Kontakt beschränkt sich auf Beratung der Eltern einerseits und den Lehrern der Regelschule (zum Teil auch vor Ort tätigen Förderschullehrern) andererseits, was natürlich auch eine gewisse Vermittlungsarbeit bedeutet. Der Rest ist Hintergrundarbeit. Das ist auch nicht gerade das, was ich mir gewünscht hätte. Mit den Kindern selbst verbringe ich recht wenig Zeit und kann i.d.R. keine tiefgehende Beziehung aufbauen, auch wenn sich viele freuen, wenn ich komme. Das geschieht eher, wenn ich mal zu den Eltern nach Hause fahre.
    Ich bemerke auch, dass sich die Elternschaft in der Inklusion etwas anders zusammensetzt als bei uns an der Schule. Alle Eltern unserer Schule haben sich irgendwann aktiv für uns entschieden und den Aufnahmeantrag gestellt. Das merkt man auch, denn die Elternarbeit ist häufig einfacher bzw. die Eltern sind uns gegenüber aufgeschlossener, selbst wenn das Hauptargument für unsere Schule "Kind an Förderschule = Rundumsorglospaket" war. In der Inklusion gibt es viele engagierte und zugewandte Eltern, aber auch ein paar beratungsresistente, für die die Förderschule das schlimmste wäre, was sie sich vorstellen könnten. Das würde ihnen die Illusion eines "normalen" Kindes nehmen. Dementsprechend wird dann viel geblockt, was dieses Bild zerschmettern könnte. Da habe ich auch welche, wo nie jemand ans Telefon geht und ich das über die KL laufen lassen muss, die eigentlich auch besseres zu tun hätte. Ätzend ist das!


    Vielleicht suchst du einmal das Gespräch mit der dortigen Schulleitung, stellst deine Ressourcen dar und was damit möglich ist. Es hilft vielleicht, zu priorisieren und aufzuteilen. So und so viele Stunden möchtest du direkte Förderung haben, weil es dort dringend nötig ist und es sonst auch nichts bringt. Einen anderen Teil hälst du für Hospitationen (nur mal eine Doppelstunde bringt nichts, es muss mehr sein!) zurück, die dann Grundlage für deine Beratung und möglicherweise Bereitstellung von Materialien ist. Du kannst nicht überall gleichzeitig sein und dich gleichzeitig um alles kümmern. Wenn Kolleginnen ein Anliegen haben, was sich nicht mit einem kleinen Tipp regeln lässt, muss da langristiger angesetzt werden. Ich arbeite auch mit Terminen. Wenn da von irgendwo ein Schrei kommt, dass ich ganz dringend kommen soll, kommt von mir meist ein Terminvorschlag in ein paar Wochen, weil mein Kontingent an Terminen begrenzt ist (einmal wöchentlich ein unterrichtsfreier Tag für Termine). Nach einer gewissen Zeit gehe ich wieder rein und schaue, was umsetzbar war und was gefruchtet hat. Entwickle vielleicht auch einen recht festen Turnus (Unterrichtswoche 15/16 in Klasse 2b, Unterrichtswoche 17 Klasse 2c), der Zuverlässigkeit für alle bedeutet und dir Gelegenheit gibt, dich auch mal wirklich mit einer Kollegin austauschen und arbeiten zu können.

  • Welchen Förderbedarf haben die Kinder eigentlich? Im Normalfall überwiegen ja lenernbehinderte und emotional gestörte Kinder. Da ist es mit der "Beratung" so ne Sache. Erstens geht's da um grundlegende Sichtweisen, in die sich die wenigsten reinquatschen lassen wollen. Und 2.sagen Kollegen zu Recht: Ich muss die ganze Woche allein klarkommen, da nutzt mir die eine Stunde oder der Tip mit dem Tokenprogramm och nüscht.
    Wenn man keine Ahnung von Cochlea-Implantaten hat und das Kind ansonsten friedlich mitmacht, hört man sich wahrscheinlich eher mal einen Hinweis an.


    Zudem sind die Erfolge wirklich marginal. Bei LB-Kindern, weils eh nichts mehr wirklich zu fördern gibt und bei EH, weil da der Klassenlehrer die Bindung aufbaut und am ehesten Zugang hat. Oder es passiert zu Hause was Entscheidendes. Ich vermute, das ist das Frustrierendste, kaum Früchte seiner Arbeit zu sehen.

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