Mich kotzt die ewige Stimmungsmache gegen die Lehrer mittlerweile nur noch an

  • Nach deiner [Miss Jones] Meinung denken ja nur die Linken. Kapitalisten nicht, da sie ja gierig sind um am status quo nichts ändern wollen. Rechte nicht, weil per se der Feind.

    Sich das mißliebige Verhalten anderer mit "Dummheit" zu erklären ist eh so eine Sache...


    Obwohl ich Miss Jones nicht zustimme und Du nicht mich, sondern sie ansprichst, möchte ich kurz zu Deinem Beitrag kommentieren:
    Den aufgemachten Kontrast zwischen Linken und Kapitalisten bzgl. der Wahl gibt es meines Erachtens nicht in dieser Form, da die Wahlzettel von Kapitalisten keinen Einfluss auf den Ausgang der Wahl haben, weil ihr Anteil unter den Wahlberechtigten verschwindend gering ist. (Dass Kapitalisten ganz andere Mittel haben um Wahlen zu beeinflussen gilt vermutlich unbestritten.)
    Was es jedoch tatsächlich gibt sind Lohnabhängige die der Meinung sind, dass die kapitalistische Produktionsweise ihre Bedürfnisse am besten befriedigt. Falls Du diese gemeint hast mit "Kapitalisten", im Sinne von "Befürworter des Kapitalismus", halte ich die Bezeichnung für falsch u. irreführend.

  • ...und sowohl die schleichend entstehende (oder schon existente) Plutokratie, die sich als Pseudodemokratie zu tarnen versucht, aufdecken und bekämpfen, und dem verfassungsfeindlichen Faschismus entgegenwirken, nicht wahr...? Oder wären die dir etwa recht(s)...?


    Dass Wahlen nichts ändern, die Armen immer ärmer, die Reichen immer reicher und diese Reichen bestimmen würden wo's politisch lang geht, usw. - diese Auskunfte kann man sich quasi überall abholen, nur doch bitteschön bloß nicht als Einwand gegen das Wählen verstehen. Die erhabene demokratische Theorie der Gleichheit soll da irgendwie über die reale materielle Ungleichheit hinweg schweben.

  • Also Miss Jones hat prinzipiell schon Recht: Wahlen KÖNNTEN etwas verändern, wenn sich die Wahlbevölkerung nicht immer wieder von der Politik verar... lassen würde und endlich einmal aufwachen würde.


    Bestes Beispiel ist der gerade gescheiterte Digitalpakt für die Schulen: Mit großem Brimborium angekündigt, die Bevölkerung "denkt": "Ja unsere guten Politiker, die tun was. Nur die faulen Lehrer wollen es nicht umsetzen." Und in Wirklichkeit sieht es nach reiner Symbolpolitik aus: NICHTS ist passiert, Schulen sind weiterhin in der digitalen Steinzeit (damit meine ich veraltete Technik, langsames Internet und von idealisitischen Lehrern in ihrer Freizeit zusammengeschusterte "Home Brew"-Netzwerke, damit überhaupt irgendetwas läuft), während es durch undichte Dächer und kaputte Fenster weiterhin hereinregnet und zieht (wobei diese Zwangsbelüftung mit frischer Luft immerhin den positiven Effekt hat, dass seit Jahrzehnten nicht mehr renovierten Toiletten nicht so stinken...). Wie gesagt: Dieser vorgebliche "Digitalpakt" riecht nach reiner Symbolpolitik, wobei es nicht um Bildung sondern um die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern ging, wie man an der Dokumentation von dessen Scheitern erkennen kann.


    Aber das Volk bestätigt diese Politik ja alle vier bzw. fünf Jahre mit einem kräftigen "WEITER SO!"


    Gruß !


    ps: Und genauso wie der Spiegel seinen Sündenbock für das Verbreiten von Fake-News gefunden hat, wird die Politik ihren Sündenbock für das Scheitern der Digitalisierung der Schulen finden. Und dieser Sündenbock wird wahrscheinlich nicht unter den Politikern zu finden sein...

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    5 Mal editiert, zuletzt von Mikael ()


  • Den aufgemachten Kontrast zwischen Linken und Kapitalisten bzgl. der Wahl gibt es meines Erachtens nicht in dieser Form, da die Wahlzettel von Kapitalisten keinen Einfluss auf den Ausgang der Wahl haben, weil ihr Anteil unter den Wahlberechtigten verschwindend gering ist. (Dass Kapitalisten ganz andere Mittel haben um Wahlen zu beeinflussen gilt vermutlich unbestritten.)
    Was es jedoch tatsächlich gibt sind Lohnabhängige die der Meinung sind, dass die kapitalistische Produktionsweise ihre Bedürfnisse am besten befriedigt. Falls Du diese gemeint hast mit "Kapitalisten", im Sinne von "Befürworter des Kapitalismus", halte ich die Bezeichnung für falsch u. irreführend.

    ...und von denen eben viele... Lemminge.


    Hier mal ein wenig "Denksport"...
    https://www.youtube.com/watch?v=fkaYbUcqFU8

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Also Miss Jones hat prinzipiell schon Recht: Wahlen KÖNNTEN etwas verändern, wenn sich die Wahlbevölkerung nicht immer wieder von der Politik verar... lassen würde und endlich einmal aufwachen würde.

    In dieser Konjunktiv-Gesellschaft, in der Wahlen etwas ändern könnten, wäre die Veränderung, um die es hier geht, gar nicht nötig.


    In der wirklichen Gesellschaft bleibt die Wahl eine Legitimation der Verhältnisse, die sich u.a. gegen diejenigen wendet, die diese Verhältnisse grundsätzlich ändern wollen. Der grundsätzliche Interessenskonflikt zwischen Lohnabhängigen und Kapitalisten wird zerstreut, an seine Stelle treten allerlei Konflikte wie junge Arbeitnehmer gegen alte Rentner, Kinderlose gegen Familien, Angestellte gegen Beamte, Inländer gegen Ausländer, Ossis gegen Wessis, Privatversicherte gegen Kassenpatienten usw.
    Die Ursache dieser scheinbaren Konflikte ("Sachzwänge") liegen in der Vermögensverteilung ("Schere") - aber in der bürgerlichen Gesellschaft mit ihrer rechtlichen Gleichheit gilt jeder als seines eigenen Glückes Schmied, und wer arm ist, hat sich eben nicht genug angestrengt auf dem chancengleichen Arbeitsmarkt.
    Neben diesen scheinbaren Konflikten, die täglich die Zeitungen füllen, besteht die materielle Ungleichheit nach wie vor und steigt sogar noch weiter. Auf dem Wahlzettel kann man dieses System nicht abwählen - dort gibt es nur Versprechungen diese Verhältnisse zu mildern - mal für die eine Gruppe mal für die anderen. Der eine will die Rentner entlasten, der andere die Studenten, diese die Familien usw.
    Egal welche Partei regiert: die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer.

  • @Mikael


    Wenn sollten wir denn sinnvollerweise wählen, um dieser Problematik ein Ende zu bereiten?

    Ich halt die Leser hier für intelligent genug, das selber herauszufinden.


    Wer aber immer dasselbe wählt, darf sich nicht darüber beschweren, wenn es heißt: "Weiter so wie bisher!".


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag

    Hmmm,


    ich habe in meinem Leben bis auf braun und dunkelrot die Farben schwarz, rot, gelb und grün durch. Sowohl auf Bundes- als auch auf Landes- als auch auf Kommunalebene.


    Die vier bisher von mir gewählten Parteien haben sich im Laufe der letzten 15 Jahre jeweils auf ihre ganz individuelle Art und Weise durch Arroganz, ideologische Verblendung, Filz und andere Dinge in mein Gedächtnis eingebrannt. Dunkelrot und braun kommen für mich aufgrund meiner politischen Überzeugung nicht infrage. Überspitzt formuliert mag ich mich weder selbst enteignen noch aus dem Land werfen. Ich habe seitdem ich 18 war glaube ich nur eine Wahl von allen Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen aufgrund von Schusseligkeit verpasst. Ich bin nicht nur aufgrund meines Studiums hinreichend historisch und politisch gebildet.


    Dann lass doch mal die Hosen runter und winde Dich nicht wie ein Wurm.

    • Offizieller Beitrag

    Egal welche Partei regiert: die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer.


    Das finde ich doch jetzt sehr phrasendrescherhaft.


    Mit dieser Logik braucht sich der Arme ja nicht mehr anzustrengen und ist per se Opfer des bösen Reichen, dem die Legitimation seines Reichtums per se abgesprochen zu werden droht.


    Wir SIND alle unseres eigenen Glückes Schmied. Dieses von uns aufzubringende und nicht zu unterschätzende Maß an Selbstverantwortung und Eigeninitiative können wir nicht verleugnen.

  • Wir SIND alle unseres eigenen Glückes Schmied. Dieses von uns aufzubringende und nicht zu unterschätzende Maß an Selbstverantwortung und Eigeninitiative können wir nicht verleugnen.

    Bla, bla... Wenn die herrschende Klasse (vulgo: "die Reichen") einmal selbst bedroht sind, dann ist ganz schnell Schluss mit "Selbstverantwortung und Eigeninitiative". Dann werden schon einmal über Nacht die Regeln geändert und lauthals nach dem Staat geschrien (der vorher für gewisse neoliberale Kräfte ja immer nur ein anderer Ausdruck für das Böse schlechthin war). Hat man doch sehr schon in Folge der Finanzkrise 2008/2009 gesehen: Stichworte Banken- und Euro-Rettung.


    Und zu deiner Beruhigung: Eine Partei, die das Land mit "Meldeportalen" für Lehrer überzieht, ist für mich prinzipiell nicht wählbar.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Das finde ich doch jetzt sehr phrasendrescherhaft.


    Mit dieser Logik braucht sich der Arme ja nicht mehr anzustrengen und ist per se Opfer des bösen Reichen, dem die Legitimation seines Reichtums per se abgesprochen zu werden droht.


    Wir SIND alle unseres eigenen Glückes Schmied. Dieses von uns aufzubringende und nicht zu unterschätzende Maß an Selbstverantwortung und Eigeninitiative können wir nicht verleugnen.


    Inwiefern findest Du die zitierte Aussage phrasendrescherhaft?
    Die Aussage beschreibt eine tatsächliche gesellschaftliche Entwicklung, die nicht nur eine Tatsache ist, sondern auch sehr häufig Thema ist in den Medien und auch in der Schule. Ob man das Thema relevant findet oder nicht, bleibt natürlich jedem selbst überlassen.


    Was meinst Du mit "mit dieser Logik"? Ich glaube Du liest da etwas hinein, dass ich weder geschrieben, noch gemeint habe. Die Reichen sind nicht "böse".


    Vielleicht eine nötige Erklärung: wenn ich hier von "Reichen" spreche meine ich Kapitalisten, also jmd. der nicht lohnabhängig ist, sondern sein Kapital einsetzt um es mittels Rednite zu vermehren. Der Begriff "Kapitalist" wirkt auf viele antiquiert (Zigarren und Zylinder etc.)


    "Jeder ist seines Glückes Schmied" - als persönliche Motivation finde ich den Spruch gut, aber in diesem Kontext irreführend. Der Spruch stimmt genau so, wie dass jeder Multi-Millionär oder Präsident werden kann. Nur nicht alle.

  • Über was wird hier eigentlich geredet? Ein System, in dem alle gleich sind kann es nicht geben. Der Kapitalismus ermöglicht es, hier im Forum zu schreiben, im warmen, trockenen Haus zu sitzen, in Urlaub zu fahren, den Beamtenstatus zu genießen usw. Ist doch alles, aus deutscher Perspektive, gut.
    Das System ist hinreichend durchlässig, so dass jemand mit Intelligenz, Ehrgeiz, Durchhaltevermöge und etwas Glück es, zumindest in Deutschland, zu einem nennenswerte Wohlstand bringen kann und auch alle anderen müssen nicht verhungern.
    Die meisten Menschen, zu denen die Kritiker in diesem Thread offensichtlich auch gehören, haben doch gar kein Interesse daran, ob aus Unwilligkeit, Faulheit, oder weil sie intelligenzbedingt nicht können, etwas zu ändern oder sich selbst so abzuarbeiten, dass sie zu den "Reichen", zu den Kapitalisten, aufsteigen. Es ist ja auch viel bequemer, im Internet zu jammern, darüber zu klagen, dass sich eh nichts ändert und ansonsten sein gemütliches Leben zu leben.
    Mir ist im Leben noch kaum jemand begegnet, der nicht selbst an seiner Situation schuld war. Im Positiven wie im Negativen.


    Was ist die Alternative? Über was wird sich hier eigentlich beklagt?

  • Wir haben ein System, in welchem:


    - Es Unternehmen oder auch "Reiche" gibt, die ihre Geschäfte in Deutschland machen, aber praktisch keine Steuern zahlen, dank Steueroasen wie Luxemburg, die Niederlande, Irland, Monaco, Cayman Islands, usw. Versuche das einmal als in Deutschland arbeitende Privatperson mit einem "normalen" Einkommen. Im Gegenzug steigt die Steuerbelastung der Mittelschicht kontinuierlich und gehört zu den höchsten der Welt, was mittlerweile viele "Fachkräfte", die örtlich flexibel sind, ins Ausland treibt, wie Ärzte, Ingenieure und Wissenschaftler.


    - Unternehmensmanager sich mit hohen Millionenabfindungen ins Ausland absetzen und die von ihnen vor die Wand gefahrenen Unternehmen dem Staat und damit der Gesellschaft vor die Füße werfen, damit dieser sich um die "Rettung" kümmert, was durchaus schon einmal fast 500 Milliarden Euro kosten kann (Bankenrettung, Euro-Stabilitätsfonds usw. als Folge der "Bankenkrise")


    - Vom Staat subventionierte Dumpinglöhne ("Aufstocker") zum Geschäftsmodell vieler Unternehmen gehören: Wo bleibt denn da die viel beschworene "Marktwirtschaft"? "Mindestlöhne" wurden in unserer "sozialen" Martkwirtschaft ja jahrelange als ein großes Übel angesehen, während "erzkapitalistische" Nationen wie die USA so etwas schon vor langem eingeführt haben.


    - Privatisierungen von Gesundheitsvorsorge, Pflegeeinrichtungen, kommunalen Wohnungen und Infrastruktur (z.B. beim Bahnverkehr) zum guten Ton gehören. Die in Folge sich verschlechternden Arbeitsbedingungen, EInschränkungen bei der Versorgung, Wohnraummangel und explodierenden Preise dann als "gottgegeben" hingestellt werden.


    - Der Staat insbedondere beim Personal seit den 90er-Jahren so kaputtgespart wurde, dass er aktuell trotz Steuerüberschüssen gar kein Geld für dringend notwendige Infrastrukturmaßnahmen ausgeben kann, da ihm mittlerweile das Personal und das Know-How fehlt. Stattdessen werden auch vom Staat in einigen Bereichen dreistellige Millionenbeträge jährlich für "Berater" aus der Privatwirtschaft hinausgeworfen, die offentsichtlich nicht in der Lage sind, zielgerichtet zu "beraten" (siehe Bahn und Bundeswehr)


    Das sind nur einige Beispiele. Kann man natürlich gut finden und "Weiter so!" skandieren.


    Gruß !

  • Schmidt: Es wurde ausgehend von Lehrerschelte u. Bildungspolitik darüber geredet, inwiefern Wahlen in unserer Gesellschaft etwas grundsätzlich ändern können.


    Die Kritik am Kapitalismus, wie ich sie hier formuliere, ist weder eine Schelte deren Profiteure, noch der Entwurf einer Alternative, sondern versucht einen materiellen Prozess in unserer Gesellschaft zu erklären.


    Die wachsende Ungleichheit der Vermögensverteilung muss man nicht kritikabel finden. Aber bevor man etwas bewertet, sollte man es verstehen. Die Frage ist: Warum ist das so, dass die Reichen reicher und die Armen ärmer werden?


    Übrigens: im warmen Haus sitzen, in Urlaub zu fahren, Beamtenstatus genießen usw. konnte man schon in der Antike, das hat mit dem Thema Kapitalismus nichts zu tun. Der Gedanke, dass ein Lohnabhängiger ausgerechnet durch Arbeiten ("abzuarbeiten") - also einer Tätigkeit deren Grundbedingung ist, dass sie sich für jmd. anderen rentiert - zu einem Kapitalist aufsteigen könnte, ist absurd.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialer_Aufstieg#Vom_Tellerwäscher_zum_Millionär

  • Wenn Kapitalisten diejenigen sind , die ihr Geld für sich arbeiten lassen und nicht lohnabhängig sind, dann gibt es davon sehr viele. Auch einige, die sich da hin gearbeitet haben. Unternehmertum oder freiberufliche Tätigkeit in einem gefragten Feld sind gute Wege, das zu erreichen. Unternehmer und Freiberufler arbeiten auch, und das nicht zu knapp. In der Regel sogar deutlich mehr als die meisten Angestellten. So, wie meine Frau, dank der wir ausgesorgt haben. Und nein, sie kommt nicht aus reichem Hause, sondern aus einem Haushalt mit alleinerziehender Hartz IV Mutter. Das hat sie sich alles selbst erarbeitet.
    Auch viele der Super-Reichen arbeiten nach wie vor.
    Dass Peter Schmidt mit seinem 9 to 5 Job im ÖD nicht reich wird sollte selbstverständlich sein. Wie/warum auch?
    Da die meisten Menschen nicht nur keine Lust auf den Stress haben, sich politisch zu engagieren, sondern auch zu faul/zu träge/intellektuell nicht dazu in der Lage sind, sich unternehmerisch zu betätigen und/oder sinnvoll zu investieren, haben diejenigen, die nicht faul/träge/"dumm" sind gute Chancen, zu Kapitalisten zu werden. Zwar nicht in Bezos-Dimensionen, aber mit ein paar Millionen auf dem Konto oder wenigstens soviel, dass sie irgendwann nicht mehr arbeiten müssen, wenn sie nicht wollen.


    (Zu den anderen Punkten schreibe ich unter Umständen später noch etwas.)

  • Wenn Kapitalisten diejenigen sind , die ihr Geld für sich arbeiten lassen und nicht lohnabhängig sind, dann gibt es davon sehr viele.

    Ach Quatsch. Machen wir einmal eine kleine Rechnung auf, wieviel Geld man braucht, um wirklich "unabhängig" als Kapitalist leben zu können:


    Die Summe der Hartz 4-Leistungen sollte bei ca. 1000€/Monat liegen, darin enthalten sind Regelsatz, Miete+Nebenkosten sowie subventionierte Krankenversicherung. Alleine eine realistische Krankenversicherung lässt diesen Betrag auf ca. 1300€ pro Monat steigen (bei durchschnittlichen Gesundheitsausgaben von ca. 4500€ pro Jahr und Einwohner). Also: Mit 1300€ hast du das Allernötigste, aber kein Auto und keine "angemessene" Wohnung, in der unser "Kapitalist" vielleicht wohnen möchte. Da er natürlich auch ein gewisses kulturelles Angebot nutzen möchte und nicht auf dem Land versauern möchte (was hat er sonst von seinem "Kapitalistendasein"?) bist du schnell bei Kosten von mindesten 2000€ pro Monat, die unser "Kapitalist" jeden Monat netto braucht, also 24000€ pro Jahr. Da unser Kapitalist von Kapitaleinkünften lebt, wird er sein Geld in Bundesanleihen (aktuelle Rendite ca. 0,25% pro Jahr) und Aktien anlegen. Bei DAX-Aktien und vernünftiger Streuung bekommt er aktuell vielleicht 3% im Jahr (+Kursrisiko). Da unser "Kapitalist" morgen nicht mittellos sein will, legt er vielleicht 50% in Bundesanleihen und 50% in DAX-Aktien an, hat also eine mittlere Rendite von 1,625% pro Jahr. Da er 25% Quellensteuer zahlen muss, heißt das, er braucht knapp zwei Millionen Euro "flüssiges Kapital" (also was einen Ertrag abwirft, d.h. nicht in Form einer selbstbewohnten Immobilie: die spart zwar die Miete aber nicht die Nebenkosten und verlangt nach regelmäßigen Rücklagen für Reparaturen: Unternehem rechnen bei Immobilien mit einem jährlichen Wertverlust von ca. 3% vom Kaufpreis). Regelmäßiger Urlaub in schönen Gegenden ist dann immer noch nicht drin...


    Klar gibt es Möglichkeiten, zwei Millionen Euro anzuhäufen, aber das wird auch für einen Freiberufler oder Selbstständigen schwer (geht praktisch nur in Berufen, ohne "Insolvenzgefahr" und ohne großartiges "Haftungsrisiko", was letztendlich hauptsächlich auf irgendwelche juristischen oder "Berater"-Tätigkeiten hinausläuft, die man ohne großen Kapitaleinsatz betreiben kann: Ja selbst ein Arzt kann mit seiner Praxis pleitegehen...). Oder man wird gleich Unternehmer und eignet sich den von den Angestellten geschaffenen "Mehrwert" zum großen Teil selber an (wie der alte Marx es wohl formulieren würden...), natürlich nicht als persönlich haftender Unternehmer, sondern man "versteckt" sich hinter einer Kapitalgesellschaft, falls doch einmal die Insolvenz oder das Haftungsrisiko droht: So wälzt man die eventuellen Folgen des eigenen unternehmerischen Handels geschickt auf die Gesellschaft ab...


    Und machen wir uns nichts vor: Viele, die sich für "finanziell unabhängig" halten, subventionieren ihr Leben letztendlich doch über die Solidargemeinschaft, indem sie z.B. einen sozialversicherungspflichtigen Teilzeitjob mit minimaler Stundenzahl annehmen, und sich so zumindest die Kranken- und Rentenversicherung zum einem großen Teil von der Allgemeinheit finanzieren lassen. Oder sie sparen gleich gar nichts für das Alter an und schreien dann nach "Grundsicherung" (oder gleich nach "Grundeinkommen", wie es aktuell auch bei Jüngeren in Mode kommt...)


    Gruß !


    Ergänzung: Natürlich kann man argumentieren, dass unser "Kapitalist" die zwei Millionen Euro ja "vebrauchen" könnte und nicht "erhalten" muss, wie in obiger Rechnung unterstellt. Dazu müsste der "Kapitalist" aber abschätzen können, wie alt er wird, um im Alter nicht ohne Kapital dazustehen. Andererseits berücksichtigt die obige Rechnung nicht die Inflation, die den Wert zumindest des in Bundesanleihen angelegten Geldes schmelzen lässt (und die liegt aktuell eher bei drei als bei zwei Prozent pro Jahr, also deutlich oberhalb der angenommenen Rendite). Insofern sollten sich diese beiden Effekte (möglicher Kapitalverbrauch vs. Inflation) zumindest teilweise aufheben.

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    3 Mal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Und hier noch ein reales Beispiel (wie aus dem Lehrbuch), wie ein britisches Unternehemen durch den Verkauf eines deutschen Kabelnetzbetreibers (und das Kabelnetz wurde ja ursprünglich vom deutschen Steuerzahler via Deutsche Bundespost bezahlt!) einen Gewinn von ca. 7 Milliarden Euro einstreicht und darauf praktisch keine Steuern zahlen muss:
    http://www.spiegel.de/wirtscha…steuerfrei-a-1239625.html


    Und die überwältigende Mehrheit der Wähler jubelt alle vier Jahre: "Weiter so!"


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag

    Mit WELCHER Partei wäre denn nicht „weiter so“?


    Und bitte nicht „das überlasse ich dem Leser“ , denn diese Leserin hat, wie Bolzbold, schon alle durch außer ganz links und ganz rechts. Also nochmal: WELCHE Partei meinst du??

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

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