Problem mit Referendar und Fachkompetenz

  • Ich bin mir ziemlich sicher, dass Buntfliefer das genau wie ich nicht gut findet. Er schildert einfach, was seine Wahrnehmung ist und ich teile das. Ich sehe auch einen großen Unterschied zwischen Fehlerkultur (Irren ist menschlich) und völliger Belieibgkeit (anything goes).


    Die Ironie ist - mein Glück - souverän erkannt worden! :top:


    der Buntflieger

  • Nunja, die Linguistik ist eigentlich nicht mit "Grammatik und Orthographie lernen" befasst.
    Nele


    Hallo Nele,


    wer sich mit Sprachwissenschaft auseinandersetzt, wird zwangsläufig strukturelle Zusammenhänge (z.B. Syntax) bewusster wahrnehmen und dies dürfte sich dann auch im Schriftgebrauch niederschlagen. Jedenfalls war das bei mir der Fall. Aber stimmt natürlich: Sprachpraxis und konkretes Regellernen (Stichwort "Ausnahmen") lässt sich durch Sprachreflexion nicht gänzlich ersetzen.


    der Buntflieger

  • Also, ich habe jetzt kein Deutsch studiert, aber in Spanisch und in Latein war es jeweils so, dass nicht nur Kenntnisse in den Fachwissenschaften (sprich LitWiss und Linguistik), sondern auch dezidiert Sprachkenntnisse der Fremd- und in Latein auch der Muttersprache gefragt waren.


    Die hatten in der Uni häufig gar nichts miteinander zu tun. So kann ich mir auch vorstellen, dass man das Fehlen solcher Grundfertigkeiten mit sehr guten Noten in den Fachwissenschaften übertünchen kann. Schrecklich und auch unangenehm ist es allemal.


    Ich habe trotzdem Kommilitonen im Ref, die leider überhaupt nicht gut sind in der Sprache, die sie da unterrichten oder massig in deutscher Orthographie und Zeichensetzung abschmieren. Auch einige meiner Kollegen weisen gruselige Lücken in diesem Bereich auf.
    Meine Ausbildungskoordinatorin sagte neulich: "Wir sind Lehrer, wir haben Abitur und studiert. Da sollte Rechtschreibung uns allen eigentlich easy-peasy von der Hand gehen..."


    Und recht hat sie, wenn sie das sagt!


    Ich finde es zwar lobenswert, wenn Lehrer mit LRS es zum 2. StEx bringen und sich gut mit ihrem Beruf identifizieren können, aber dann müssen sie Kontrollmechanismen finden (à la Rechtschreibprüfung oder http://www.duden.de), damit man sich nicht blamiert. Und ÜBEN, ÜBEN, ÜBEN!

  • Wie es irgendwo weiter oben schon einmal jemand schrieb:


    Grundvoraussetzung für den Lehrberuf sollte die sichere Beherrschung der Rechtschreibung und Grammatik sein. Das betrifft nicht nur Deutschlehrer.
    Ich habe Höhenangst - soll ich mich damit in den Beruf als Pilot reinklagen, nur weil er mir gefallen könnte? *kopfschüttel* Tut mir leid um Menschen mit LRS - aber wenn sie dann Lehrer werden wollen, müssen sie, wie SchmidtsKatze schrieb entsprechende Maßnahmen ergreifen.


    kl. gr. frosch

  • Meine Ausbildung ist nicht so lange her, deswegen kann ich dazu etwas sagen.
    An welcher Stelle im Studium sollen schlechte Orthografie- und Grammatikkenntnisse denn auffallen? Im modualisierten Studium kann man oft zwischen mehreren Seminaren/Vorlesungen mit verschiedenen Prüfungsleistungen wählen. Wem das Schriftliche nicht liegt, der lässt Hausarbeiten einfach weg. Klausuren sind oft im Multiple-Choice-Verfahren. Außerdem gibt es in der Regel sowieso keine Rückmeldungen seitens der Dozenten/Professoren, wenn man nicht explizit danach fragt. Man erhält digital seine Punkte und fertig.

    Ich bin schon erschrocken darüber, dass man inzwischen Hausarbeiten (Examensarbeit dann auch?) umgehen kann. Natürlich gat das was mit Fachwissen zu tun. Multiple Choice ist eine Sache und sich ein Thema erschließen eine weitere.

    Hallo Krabappel,
    ich glaube wir reden aneinander vorbei oder drücke ich mich unklar aus?


    Ich rede von der Form von Prüfungen:
    PUNKT wunderte sich, dass ihr Referendar im Studium keine Rückmeldungen über seine schlechte Rechtschreibung bekam.
    Ich erklärte daraufhin, dass sich beispielsweise Hausarbeiten vermeiden lassen und man stattdessen Veranstaltungen mit Prüfungsformen wählen kann, die einen weniger umfangreichen schriftlichen Anteil besitzen. Dadurch würden fehlende Rechtschreibkenntnisse weniger auffallen.
    Meine Antwort bezog sich also auf den Beitrag der Threaderstellerin.


    Du redest, wenn ich dich richtig verstanden habe, von den Inhalten von Prüfungen:
    Selbstverständlich müssen im Studium Fragestellungen zu verschiedenen fachwissenschaftlichen und -didaktischen Themen erörtert werden. Dies geht jedoch auch in Form von Präsentationen und mündlichen Prüfungen anstatt von Hausarbeiten.
    Doch definitiv wird in keiner Prüfung Regelwissen zu orthografischen Basics abgefragt! Nach 12/13 Schuljahren sollten die Universitäten schließlich erwarten dürfen, dass diese von den Studenten beherrscht werden.


    Ich hoffe nun ist es klarer. ;)

  • Examensarbeiten müssen selbstverständlich geschrieben werden.
    Diese lässt man schon aufgrund der Bedeutung häufiger gegenlesen. Weswegen bei Abgabe eigentlich keine Fehler mehr enthalten sein sollten.


    Dennoch bleibt der Punkt bestehen, dass die Professoren wahrscheinlich auch hier selten Rückmeldungen zu der Rechtschreibung geben werden.

  • Examensarbeiten müssen selbstverständlich geschrieben werden.
    Diese lässt man schon aufgrund der Bedeutung häufiger gegenlesen. Weswegen bei Abgabe eigentlich keine Fehler mehr enthalten sein sollten.


    Dennoch bleibt der Punkt bestehen, dass die Professoren wahrscheinlich auch hier selten Rückmeldungen zu der Rechtschreibung geben werden.


    Hallo Luiselotte,


    kommt immer ganz auf die Dozenten/Profs an. Es gibt welche, die zerpflücken jeden Satz (eher die Minderheit allerdings), während bei anderen unklar ist, ob sie überhaupt je einen Blick in eine Arbeit geworfen haben (auch eher die Minderheit zum Glück). Die meisten lesen quer und stichprobenartig. Die Rechtschreibung werden die wenigsten gezielt kontrollieren, hier zählt eher beim Überfliegen der Gesamteindruck.


    der Buntflieger

  • ...
    Ich erklärte daraufhin, dass sich beispielsweise Hausarbeiten vermeiden lassen und man stattdessen Veranstaltungen mit Prüfungsformen wählen kann, die einen weniger umfangreichen schriftlichen Anteil besitzen. Dadurch würden fehlende Rechtschreibkenntnisse weniger auffallen.
    ...

    schon klar, mir ging es darum, dass man Hausarbeiten komplett umgehen kann, in denen man ja darlegen soll, dass man ein Thema auf dem aktuellen Stand darstellen und gliedern kann. Es klang für mich so, als ob nur noch Kreuzeltests gemacht würden.

  • Ich hatte übrigens mal eine Referendarin mit einer LRS. Tafelanschriebe die vorher nicht genauso geplant waren wurden zur Katastrophe. Sie konnte wirklich keinen Satz ohne mind einen Fehler aufschreiben.
    Ihre Prüfung bestand sie mit 1,7.
    Da habe ich auch meinen letzten Rest Vertrauen in die Lehrerausbildung verloren :(

  • Ich hatte übrigens mal eine Referendarin mit einer LRS. Tafelanschriebe die vorher nicht genauso geplant waren wurden zur Katastrophe. Sie konnte wirklich keinen Satz ohne mind einen Fehler aufschreiben.
    Ihre Prüfung bestand sie mit 1,7.
    Da habe ich auch meinen letzten Rest Vertrauen in die Lehrerausbildung verloren :(

    Beim Referendariat geht es aber doch nicht um die fachliche Eignung. Das wurde vorher versäumt.

  • Beim Referendariat geht es aber doch nicht um die fachliche Eignung. Das wurde vorher versäumt.

    Na das will ich doch hoffen, dass es um die fachliche Eignung geht. Wenn du Dyskalkulie hast und rechnest 3+3=7 an der Tafel vor, schaffst du die Prüfung auch nicht. Dasselbe natürlich für alle anderen Fächer, in denen man Quatsch erzählt...

  • Na das will ich doch hoffen, dass es um die fachliche Eignung geht. Wenn du Dyskalkulie hast und rechnest 3+3=7 an der Tafel vor, schaffst du die Prüfung auch nicht. Dasselbe natürlich für alle anderen Fächer, in denen man Quatsch erzählt...

    Naja klar geht das nicht, aber das Fachwissen muss eigentlich im Studium gelernt werden (bei so fundamentalen Dingen eigentlich ja noch früher).

  • @Krabappel


    3+3=7 stimmt durchaus - für ausreichend große Werte von 3.


    Die Mathematiker verstehen das jetzt.



    Aber das nur am Rande.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Naja klar geht das nicht, aber das Fachwissen muss eigentlich im Studium gelernt werden (bei so fundamentalen Dingen eigentlich ja noch früher).


    Im Studium lernt man sich Fachwissen anzueignen. Kommt ja auch auf das Studium und Fach an.
    In manchen Fächern lernt man sicherlich viel Notwendiges, aber längst nicht alles.


    Chemie und Elektrotechnik ist so breit gefächert, da kann man manches nur anreißen, wenn überhaupt.
    In Elektrotechnik habe ich nun Steuerungstechnik und Kommunikationstechnik, beides im Studium nicht in der Form gehabt, wie es für die Schule benötigt wird. So sicher bin ich daher auch nicht immer. Aber ich gebe mir Mühe und bin offen zu den Schülern. Wir lernen miteinander sage ich dann immer. Bei so vielen Fachbereichen, die die E-Technik bietet, geht es anders nicht.

  • Zu den "Spalten": Das ist so ein typischer NRW Slang. In RLP hat man das weder so genannt, noch so einen riesen Rand gelassen.

    Ich habe das mit den "Spalten" nicht verstanden.
    Sind die DINA4-Seiten der Prüfungsbögen dort in zwei vertikale Spalten geteilt? Nein, oder? Was hat es mit den "Spalten" auf sich?


    EDIT:
    Hier gab's schon die Antwort:
    Kein Wochenende ohne Korrekturen? Familie macht Stress....


    Stelle ich mir ja eher unpraktisch vor, so ein großer Korrektur-Rand, bzw. das erhöht natürlich die Anzahl der Seiten/Bögen ungemein. Was es nicht alles gibt...


  • Hallo Nitram,


    der Artikel ist schon ziemlich schwarzmalerisch. Jedenfalls dürfte es wenig bringen, Seminararbeiten wegen einer bestimmten maximalen Fehlerzahl auf den ersten 15 Seiten als nicht bestanden zu werten. Ist das überhaupt rechtlich zulässig? Man kann eine Nachbesserung verlangen - das ist klar. Aber gleich nicht bestanden? Dann werden diejenigen, die der Rechtschreibung nicht fähig sind, ihre Arbeiten zu Kommilitonen (ich war so eine Anlaufstelle im Studium) zur Korrektur geben oder professionelle Lektoren bezahlen und das Problem verlagert sich nur.


    Wenn das schulische Anforderungsniveau weiter drastisch sinkt, wird auch die Anzahl der Schüler, die mit mangelhaften Rechtschreibkompetenzen ins Studium gehen, weiter steigen. Ich denke, dass man hier ansetzen müsste und nicht erst im Studium oder der Ausbildung. Zudem sind die meisten Mitreferendare sehr schnell ziemlich perfekt darin geworden, ihre Schwächen zu kompensieren oder zu überspielen. Das nennt sich Inkompetenzkompensationskompetenz und ist mittlerweile ein echter Wert geworden.


    Später dann, vor der Klasse ohne Mentor und abseits von Prüfungssituationen, fallen die Hüllen und die Qualität des Unterrichts wird entsprechend ausfallen. Dann nämlich, wenn niemand mehr die Unterrichtsentwürfe für einen schreibt/korrigiert, keine Kofferstunde leicht umgenudelt als UB verkauft werden kann und Schleimerei sowie Vitamin B etc. keine Hilfe mehr sind. Das lässt sich nur verhindern, wenn die gesamte schulische Ausbildung wieder mehr Niveau bekommt und primär die Leistung im Fokus steht und nicht schwammige Kompetenzen, die man gar nicht messen und schon gleich nicht sinnvoll beurteilen kann.


    der Buntflieger

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