Nochmal Thema Handschrift-Tippen-Rechtschreibung

  • Der Bundesrat hat letztes Jahr dem "Gesetz zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes" zugestimmt. Damit ist es z.B. Azubis jetzt erlaubt, Berichthefte digital zu führen. Auch das "Problem des schwer lesbaren Schreibstils der Auszubildenden kann mit dem digitalen Berichtsheft behoben werden...wer online schreibt profitiert auch von Rechtschreibkorrekturen...", so das lokale Handwerksblatt.


    Ich will kein Fortschrittsgegner sein aber irgendwie dünkt mir, dass das Getippe der Jugend von heute leider nicht zum Rechtschreiberwerb beiträgt :aufgepasst:

  • da dürftest du Recht haben... das wird dadurch nur verschlimmert. Rechtschreibprüfung mag zwar fehler automatisch verbessern, aber wenn die SuS das gar nicht merken bzw wissen warum, lernen sie dadurch ja auch nix.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Es geht bei der Handschrift ja nicht nur um die Rechtschreibung. Es geht auch um besseres lernen insgesamt. Irgendwann, wenn es dann zu spät ist, wird man versuchen diese Entwicklung wieder rückgängig zu machen.

  • Eben. Über "bei mir ist alles rot." kommen sie nicht hinaus.

    Ich hatte mal einen, der hat die Rechtschreibprüfung ausgemacht, weil er genervt von den vielen roten Markierungen war :autsch:

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Der Bundesrat hat letztes Jahr dem "Gesetz zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes" zugestimmt. Damit ist es z.B. Azubis jetzt erlaubt, Berichthefte digital zu führen. Auch das "Problem des schwer lesbaren Schreibstils der Auszubildenden kann mit dem digitalen Berichtsheft behoben werden...wer online schreibt profitiert auch von Rechtschreibkorrekturen...", so das lokale Handwerksblatt.


    Ich will kein Fortschrittsgegner sein aber irgendwie dünkt mir, dass das Getippe der Jugend von heute leider nicht zum Rechtschreiberwerb beiträgt :aufgepasst:

    Das habe ich vor 15 Jahren aber auch schon so gemacht. Digitale Vorlage und dann copy&paste der durchgeführten Tätigkeiten. War schon damals anscheinend erlaubt. Was ist jetzt also die Neuerung?

  • Ach, ganz ehrlich: In der Berufsschule ist die Rechtschreibung thematisch durch: Entweder ist sie vorhanden oder nicht.


    Die Schüler werden auch handschriftlich ihre Rechtschreibung nicht verbessern (oder habt ihr tatsächlich erlebt, dass ein Schüler ein Wörterbuch beim Schreiben des Berichtsheftes genutzt hat?).


    Mit dem PC haben zumindest diejenigen Schüler eine Chance ihre RS zu verbessern, denen daran gelegen ist.


    Ich finde es gut- Schreiben ist eine Kulturtechnik die beherrscht werden muss, aber Handschrift hat schon lange kein Alleinstellungsmerkmal!

  • Die kühne These ist, dass Kinder bis 10 oder 12 viel von Hand schreiben müssen, damit sie in der Rechtschreibung fit werden. Die zweite These wäre, dass in der Schule zu wenig geschrieben, zu Hause eher auf dem Smartphone rumgewischt wird. Ich hab z.B. als Kind Briefe geschrieben und immer nachgefragt, wenn ich mir unsicher war. Meine Kinder übernehmen dank Autokorrektur viel ungefragt. So mein Eindruck. Allerdings kommen meine Kinder auch sehr, sehr unterschiedlich mit dem Schreiben klar, vielleicht widerlege ich damit meine eigene Behauptung ;)

  • Die kühne These ist, dass Kinder bis 10 oder 12 viel von Hand schreiben müssen, damit sie in der Rechtschreibung fit werden. Die zweite These wäre, dass in der Schule zu wenig geschrieben, zu Hause eher auf dem Smartphone rumgewischt wird. Ich hab z.B. als Kind Briefe geschrieben und immer nachgefragt, wenn ich mir unsicher war. Meine Kinder übernehmen dank Autokorrektur viel ungefragt. So mein Eindruck. Allerdings kommen meine Kinder auch sehr, sehr unterschiedlich mit dem Schreiben klar, vielleicht widerlege ich damit meine eigene Behauptung ;)

    Da gebe ich dir voll und ganz Recht. In deinem Ausgangsposting erwähntest du aber ja explizit Berichtshefte, welche ja eher nicht mit 10-12 Jahren angefertigt werden ;)

  • ...Da gebe ich dir voll und ganz Recht. In deinem Ausgangsposting erwähntest du aber ja explizit Berichtshefte, welche ja eher nicht mit 10-12 Jahren angefertigt werden ;)

    ...das stimmt ;) ich las nur den Artikel und vermutete keck, dass vor 30 Jahren junge Erwachsene noch in der Lage waren, Berichtshefte leserlich abzugeben. Ich weiß es aber nicht.

  • Meine beiden Kinder sind mit großem Abstand geboren und haben beide keine Probleme mit der Rechtschreibung. Sie wischen auch viel auf dem Smartphone rum. Aber sie lesen viel.


    Ich hab früher bei Unsicherheiten immer beide Versionen nebeneinander geschrieben und geschaut, was besser aussieht, mir also bekannter vorkommt. Das war eine gut funktionierende Methode. Ging aber nur, weil ich viel gelesen habe und beim Schreiben direkt gemerkt habe, wenn mir etwas komisch vorkam.


    Heute ist es so, dass zwischen der Tastatur und dem Schreibfeld eine Distanz ist, wenn auch noch so klein. Es gibt keine unmittelbare Verbindung. Dazu noch die Autokorrektur, die einfach so hingenommen wird ohne große Möglichkeiten des Vergleiches mit Erfahrungswerten.


    Das Lesen fehlt.


    Das Handschreiben ist aber aus anderer Sicht wichtig. Es schafft eben diese direkte Verbindung zwischen Hand (Wissen) und Hirn. Tasten sind alle gleich. Buchstaben sind alle verschieden.

  • Lesen ist nett - und wichtig. Meine steile These ist aber, dass es nicht hilft bei der Rechtschreibung.
    Wir lesen als Lesefähige ja nicht mehr nach den Buchstaben aufsammelnd, sondern nach Sinn:


    Beim Lseen ltieest uesnr Gherin Ehalsnretcius. Für das Vsehreten eenis Ttxees köennn die Bshatbucen der ezenlinen Wetörr in biieeegblr Rogilnefehe annereodgt sein. Das eizing Wciighte ist, dsas der etsre und lettze Bcathbuse kroerkt sind. Der Rset knan zulälifg ghemcsit sien, und totderzm kann man den Text noch fast ohne Poermlbe leesn. Klar ist, dass bei znmedehenur Lnäge der Wröter ein krtokrees Vrstheeen iemmr sgweiiehrcr wird.


    Ich habe hier eine echte Leseratte, die Rechtschreibung ist aber so wie im Text oben...


    Übrigens: besonders geübte Leser übersehen besonders gern ihre eigenen Fehler, weil sie ja nicht aufsammelnd lesen.

  • Deinen Text kann ich übrigens nur mit großer Mühe entziffern. Das ist in etwa das, was man von Schülern so zu lesen bekommt.

  • Lesen ist nett - und wichtig. Meine steile These ist aber, dass es nicht hilft bei der Rechtschreibung.

    Jein...
    Nach meiner persönlichen Erfahrung hängt das sehr stark davon ab, über welche Kanäle das jeweilige Kind am besten lernt.
    Bewusst geworden ist mir das durch meine Töchter. Beide sind extreme Leseratten (ich bin echt dankbar für die Existenz von Büchereien!!!). Kind 1 hatte nie irgendwelche Probleme mit der Rechtschreibung. Sie hat sehr schnell sehr viel richtig geschrieben, lange bevor die dazugehörigen Rechtschreibphänomene/ Regeln im Unterricht behandelt wurden (und Lernwörtertraining fand gar nicht statt). Einzige Erklärung hierfür: sie hatte sich die Wortbilder eingeprägt und das konnte eigetnlich nur beim Lesen passiert sein.
    Kind 2 liest mindestens genauso viel (wenn nicht noch mehr), hat aber eine sehr abenteuerliche Rechtschreibung. Sie kennt und versteht die Regeln zwar, kann sie auch anwenden, wenn sie sich darauf konzentriert, aber sobald sie eigene Texte verfasst,
    setzt das ganz offensichtlich aus. Die Motivation richtig zu schreiben ist da (sie ist eigentlich ein sehr "korrekter" Typ und ärgert sich selbst über ihre Fehler). Rechtschreibunterricht fand übrigends auch ausgiebeig statt (ab Klasse 2 durchgehend sehr strukturiert).
    Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden ist: Kind 1 war schon immer ein ausgeprägt "optischer" Typ, der sehr viel über Beobachten und Visualisieren lernt. Kind 2 ist eher der auditive Lerntyp (ist z.B. auch musikalischer als Kind 1) und orientiert sich folglich auch beim Schreiben stark am Klang (und Nein: Lesen durch Schreiben war es nicht, wurde an ihrer Schule nicht unterrichtet).
    Bei meinen Schülern beobachte ich das genauso. Es gibt immer Kinder, die sehr schnell auch nicht lautgetreue Wörter richtig schreiben, obwohl wir die nie geübt haben. Und das sind dann genau diese Kinder: visueller Lerntyp, der viel und gerne liest.


    Wo ich aber zustimme ist, dass in den Schulen zu wenig geschrieben wird, bzw. insgesamt immer weniger Zeit für das Üben und Automatisieren bleibt. Ich halte das für ein reines Zeitproblem, weil wir mittlerweile deutlich mehr andere Dinge im Unterricht unterbringen sollen.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

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