Bundesarbeitsgericht: Dienstreisen sind Arbeitszeit

  • Würde es eine faire Berücksichtigung der Mehrarbeit geben, die bei Klassenreisen auf einen zukommt, würde die Bereitschaft zu solchen auch sicherlich steigen.


    Und ja, in Niedersachsen sind Fahrten mit Übernachtung tatsächlich keine Pflicht:

    Zitat

    6.2 Die Teilnahme an Schulfahrten mit Übernachtung ist für Lehrkräfte sowie für die Schülerinnen und Schüler freiwillig.

    http://www.schure.de/22410/26-82021.htm



    Ich kann es absolut nachvollziehen, wenn jemand unter den herrschenden Bedinungen nicht teilnehmen will.



    Gruß !

  • Stimmt leider so nicht. Bei uns sind die Fahrten im Schulprogramm verankert.

    Jetzt würde mich am interessieren inwiefern ein Schulprogramm eine rechtliche Bindung entfaltet. Ich würd's daruf ankommen lassen, dass gerichtlich überprüfen zu lassen, wenn mich jemand auf eine Klassenfahrt schicken. Und ja, die Überstunden und ihr Ausgleich wären da auch ein Thema. Warum soll man denn nicht auch obiges Urteil zitieren? Da muss man doch erst mal begründen, warum das auf Beamte nicht anwendbar ist etc.


    Die lange Abwesenheit von zu Hause ist durchaus ein Eingriff in meine Persönlichkeitsrechte, die durch ein höheres Gut gerechtfertigt sein muss.


    Aber zurück zum Schulprogramm: Ist in dem auch geregelt, wo das Geld für die Lehrerfahrtkosten herkommt? Das wäre mal praktisch und ganzheitlich gedacht. In MarlenHs Anmerkung ging es darum, dass eben kein Geld für die Fahrten da ist und man es deshalb den Lehrern abnötigt. Da kann im Schulprogramm stehen, was will, wenn kein Geld da ist, kann nicht gefahren werden.


    Natürlich kann man hobbymäßig auch mit Schülern in den Urlaub fahren. Im meinem Fall ist allerdings meien Tätigkiet als Lehrer mein Hauotberuf und ich betrachte die Sache deshalb aus dieser Sichtweise.

  • Nanu, das macht ihr aber ganz schön aus dem Handgelenk mit eurer Anordnung von Sonntagsarbeit.

    Das verstehst du falsch. Ich fahre grundsätzlich nur, wenn die Klasse (und mein kollege und ich) sich zu diesem Modus freiwillig bereiterklären. Schert einer aus, weil er sagt, ich will lieber am Wochenende mit meiner Freundin am See liegen, ist die Sache gestorben. Ich finde es legitim, wenn das jemand nicht will, aber dann gibt es eben keine Klassenfahrt. Deswegen gibt es nur wenige Klassen, mit denen ich gern fahren will und die bereit sind, Ihre Freizeit zu opfern. Schließlich opfere ich auch meine Freizeit.

  • Vielleicht sollte man dann von pauschalen Aussagen wie "niemand kann Dich zwingen" Abstand nehmen, weil sie einmal in die Tat umgesetzt in NRW einen Vertoß gegen die Dienstordnung darstellen würden.

    Nunja, es sollen ja alle Beteiligten kollegial und vertrauensvoll miteienander umgehen. Mal abgesehen davon, dass man doch bezweifeln kann, ob man Kollegialität und Vertrauen wirklich per Anordnung in die Köpfe und Herzen der Menschen kriegen kann, muss eben auch der Schulleiter entsprechend agieren.


    Es geht übrigens nicht darum, einfach mit dem Fuß aufzustampfen und nicht fahren zu wollen. Sondern vielmehr darum, im Falle einer Anordnung einer Fahrt sachlich, kollegial und vertrauensvoll darzulegen, was individuell dagegen spricht. Da steht dann die einseitige Festlegung des Dienstherren gegen z.B. die exorbitanten Dienst- und Bereitschaftszeiten während der Fahrt, über deren Ausgleich und Vergütung orignal und nachdrücklich nichts geregelt ist, die eventuell nicht amtsangemessene Unterbringung, die Widrigkeiten bei der Anreise, und eben die Abwesenheit von zu Hause. Ehe und Familie sind nämlich mit Verfassungsrang besonders geschützt. Und wenn man sich im Vertrauen und bei aller Kollegialität nicht einig wird, muss eben eine höhere Stelle diese Abwägung vornehmen und eine Entscheidung treffen.


    Ich sehe da keinen Verstoß gegen die Dienstordnung, auch wenn "niemand kann dich zwingen" eine verkürzte Darstellung ist. "Du musst fahren, weil es in der ADO steht" (solches und ähnliches liest man immer wieder) trifft die Sachlage auch nicht vollständig.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    2 Mal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Das verstehst du falsch. Ich fahre grundsätzlich nur, wenn die Klasse (und mein kollege und ich) sich zu diesem Modus freiwillig bereiterklären.

    Aber bitte im Hinterkopf behalten, dass ihr damit dazu beitragt, die Daßstaäbe zu verschieben. Dass es eben möglich ist, sein Wochenende zu opfern, weckt eben auch Begehrlichkeiten.

  • Du hast nicht 40 Jahre lang einen Säugling zu Hause haben. Dein ganzes Lehrerleben Klassenfahrten zu verweigern stelle ich mir sinnlos und schwierig vor.

    Es gibt noch andere Gründe, nicht zu fahren. Und die sollte man darlegen. Das hat nichts mit einer Weigerung zu tun, sondern lediglich eien Abwägugn von Interessen und Rechtsgütern.


    Wenn allerdings ohnehin das Geld fehlt, erübrigt sich die Frage.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Jetzt würde mich am interessieren inwiefern ein Schulprogramm eine rechtliche Bindung entfaltet. Ich würd's daruf ankommen lassen, dass gerichtlich überprüfen zu lassen, wenn mich jemand auf eine Klassenfahrt schicken. Und ja, die Überstunden und ihr Ausgleich wären da auch ein Thema. Warum soll man denn nicht auch obiges Urteil zitieren? Da muss man doch erst mal begründen, warum das auf Beamte nicht anwendbar ist etc.
    Die lange Abwesenheit von zu Hause ist durchaus ein Eingriff in meine Persönlichkeitsrechte, die durch ein höheres Gut gerechtfertigt sein muss.


    Aber zurück zum Schulprogramm: Ist in dem auch geregelt, wo das Geld für die Lehrerfahrtkosten herkommt? Das wäre mal praktisch und ganzheitlich gedacht. In MarlenHs Anmerkung ging es darum, dass eben kein Geld für die Fahrten da ist und man es deshalb den Lehrern abnötigt. Da kann im Schulprogramm stehen, was will, wenn kein Geld da ist, kann nicht gefahren werden.


    Natürlich kann man hobbymäßig auch mit Schülern in den Urlaub fahren. Im meinem Fall ist allerdings meien Tätigkiet als Lehrer mein Hauotberuf und ich betrachte die Sache deshalb aus dieser Sichtweise.

    Wir müssen dafür nichts zahlen. Wir können alles erstattet bekommen. Ansonsten würde ich auch nicht fahren.
    Abgesehen davon, dass bei den meisten Aktivitäten die Begleitpersonen einer Gruppe eh umsonst sind.


    Aber man muss das auch alles mal relativieren: Ich bin jetzt seit 13 Jahren an meiner Schule und habe bisher erst 3 Klassenfahrten machen "müssen": 1x für 1 Nacht in relativ naher Umgebung, 1x für 2 Nächte auch in näherer Umgebung und jetzt gerade eben eine 5-tägige Fahrt (die Abschlussfahrt meiner eigenen Klasse).


    Ich persönlich finde das okay und kann damit leben. Wenn du das nicht kannst, O.Meier dann musst du eben mit dem Fuß aufstampfen und müsstest an MEINER Schule hier ziemlichen Ärger und Aufruhr in Kauf nehmen, selbst wenn du im Endeffekt Recht bekommen würdest. Aber ob dir das anschließende Klima das dann Wert ist.......


    Bei der 2 Nächte Fahrt hatten wir übrigens tagsüber Programm durch externe Teamer, mussten also kaum etwas machen.
    Bei der jetzigen Fahrt habe ich nur Programmpunkte geplant, die mich auch interessieren bzw. die mir Spaß machen, es hat allen Beteiligten gut gefallen. Freier Nachmittag für alle inclusive.

  • Er würde kein Recht bekommen. Jeder Schulleiter mit Eiern in der Hose würde ihn anweisen zu fahren, ihm bei Weigerung ein Disziplinarverfahren anhängen und sich lachend zurücklehnend weil seine Rechtsschutzversicherung die Kostenübernahme für ein Klageverfahren mangels Erfolgsaussicht ablehnt. :P

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Das verstehst du falsch. Ich fahre grundsätzlich nur, wenn die Klasse (und mein kollege und ich) sich zu diesem Modus freiwillig bereiterklären.

    Das wiederum ist bemerkenswert unsolidarisch aus Arbeitnehmersicht. Es hat schon seinen guten Grund, dass Sonntagsarbeit im Normallfall verboten ist und der freie Samstag im 20. Jh. erst einmal von den Gewerkschaften erkämpft werden musste. Wieso unterlauft ihr das? Wegen der leuchtenden Kinderaugen?

  • Irgendwie wusste ich, dass ich dafür hier gesteinigt werde.
    Ich habe es erläutert: Ich fahre auch zu meinem Privatvergnügen, denn ich habe bisher Städte für lau gesehen, die ich noch nie besucht habe. Auch die Besichtigungen sind für mich eher ein Zugewinn als eine Last. An meiner Schule wird keiner gezwungen, ganz im Gegenteil. Die meisten fahren nicht. Einige machen Skifreizeiten, die auch von Freitag bis Freitag gehen. Das ist bei uns aber nicht als Zwang zu sehen. Es ist tatsächlich auch so, dass die Plätze für die Lehrer eher zu wenig als zu viel sind. Von keinem wird ERWARTET, dass er fährt und auch das Wochenende mitnimmt. Eher ist es so: Wer fährt dieses Jahr, darf ich auch mal?


    Ich fahre (wie schon betont), weil ich es gern mache und es eher als Zugewinn sehe. Wer das nicht will, fährt eben nicht. Keiner muss. Um eine europäische Stadt zu sehen, sollten es aber schon 4 Tage sein, die ich im dualen System nun mal nicht habe. Ich kann mir also aussuchen, ob ich gar nicht fahre oder mit einer geeigneten Klasse mir ebenfalls eine schöne Zeit mache. Ich fahre übrigens auch nur mit volljährigen Schülern.

  • Schon komisch, dass man sich hier für Spaß am und im Job rechtfertigen muss. Die hundertfach sarkastisch zitierten "leuchtenden Kinderaugen" hat ja inzwischen schon unser Foren-Student übernommen, der noch nicht mal mit dem Arbeiten begonnen hat...


    Ich gehe nicht gern auf Klassenfahrten, weil sie für unsere Schüler psychischen Stress bedeuten und ich keine Lust auf Liebeskummer, Ritzen und "ich stürze mich von der Brücke" habe. Dafür kaufe ich Klangschalen, wenn mir danach ist. Und hätte ich coole erwachsene Schüler, würde ich auch alle europäischen Großstädte abklappern, warum auch nicht? Und warum nicht an einem Sonntag? Wenn ich dafür montags meine Ruhe habe... mit eigenen Kindern kann es sogar organisatorisch besser sein, am Wochenende zu Hause fehlen.


    Ob Klassenfahrten generell sein müssen, das würde mich mal interessieren. Ich kenne nur Eltern, die über 600 Eur teure Skikurse ihrer Kinder abkotzen.

  • Übrigens nutzen mein Kollege und ich die Zeit für eine ausgiebige Bildungsgangkonferenz (wir sind im Fachunterricht nur zu zweit). Wir unterhalten uns über ganz viele Dinge, die sonst im Schulalltag keine Zeit haben und für die wir uns extra treffen müssten. Warum das ganze nicht nach Hamburg, Barcelona, Prag verlegen? Wir saßen dieses Jahr sehr entspannt an der Hamburger Alster und haben bei einem Kaffee ganz viele Sachen besprochen und für das nächste Schuljahr festgelegt.
    Wir hätten uns natürlich auch zuhause treffen können. So gefiel es mir aber besser :)

  • Man hätte euch aber auch entsprechend für diesen aufgebrachten Aufwand angemessen bezahlen können, oder? Auch wenn ihr das Beste aus der Situation für euch gemacht habt...

  • Egal wie hier die persönliche Sichtweise zum Sinn oder Unsinn von Klassenfahrten ist, egal ob es Pflicht ist oder nicht (in Nds z.B. eindeutig nicht):


    Das Urteil des BAG hat den Vorteil, dass jetzt ENDLICH einmal auch die Frage er Berücksichtigung der Mehrarbeit bei Klassenfahrten auf den Tisch kommt. Es ist jetzt (wieder einmal) Zeit für die Verbände und Gewerkschaften das Ganze mit Musterklagen zu klären, wenn sich der Dienstherr einem Dialog verweigern sollte. Man kann nicht jede Mehrarbeit mit dem Verweis auf die Ferien begründen. Lehrer sind kein arbeitszeitrechtliches Freiwild!


    Das gleiche gilt übrigens für die Pendelzeiten zwischen Schulen bei Abordnungen: Auch hier muss eindeutig geklärt werden, dass diese als Arbeitszeit gelten und diese muss ggf. durch z.B. eine Reduktion des Stundendeputats ausgeglichen werden.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    2 Mal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Man hätte euch aber auch entsprechend für diesen aufgebrachten Aufwand angemessen bezahlen können, oder? Auch wenn ihr das Beste aus der Situation für euch gemacht habt...

    Ja, absolut! Sehe ich genauso. Werde ich aber nicht. Und in der freien Wirtschaft wird man auch nicht immer für alles bezahlt. Das Urteil zeigt deutlich (wie es auch bei meinem mann Praxis ist), dass man eine Dienstreise mit Anfahrtsweg 12 Stunden haben kann und nur 8 angerechnet bekommt. Ist Praxis in der Industrie (insbesondere im Mittelstand).


    Insgesamt ist die Situation unbefriedigend, da gebe ich Euch allen Recht. Trotzdem bin ich nicht der Typ für den Klageweg. Ich versuche mich mit den Umständen zu arrangieren. Und vieles mache ich auch gar nicht, weil ich nicht einsehe, immer draufzusatteln. Aber trotzdem arbeite ich gerne und versuche das Beste aus den Bedingungen zu machen. Am BK gehts mir ja auch vergleichsweise gut, wenn man uns mal mit den Grundschulen vergleicht.

  • Er würde kein Recht bekommen. Jeder Schulleiter mit Eiern in der Hose würde ihn anweisen zu fahren, ihm bei Weigerung ein Disziplinarverfahren anhängen und sich lachend zurücklehnend weil seine Rechtsschutzversicherung die Kostenübernahme für ein Klageverfahren mangels Erfolgsaussicht ablehnt. :P

    Wofür Rechtsschutz?
    Die Kollegen, die sich partout nicht zwingen lassen wollen, sind dann einfach krank.

  • Der Kollege der dann "einfach krank" ist, ist beim Amtsarzt...mal im Ernst, was sind das hier für Ratschläge? Wie schaffe ich es trotz Beamtenstatus entlassen zu werden 101?

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

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