Schlechte Noten und Fächer

  • Mich würde interessieren, ob es an anderen Schulen bei den Zeugnissen ein ähnliches Phänomen gibt:


    Bei uns ist Latein in der Sek.I der absolute Spitzenreiter bei den schlechten Noten. Mit einigem Abstand folgen Mathe und Englisch. In den anderen Fächern endet die Notenskala de facto bei der 4, von extremen Ausnahmen mal abgesehen.
    In der SekII ist Latein dann abgewählt, Mathe ist der Spitzenreiter, gefolgt von Englisch. Gelegentlich gibt es in anderen Fächern dann auch mal ein Defizit auf dem Zeugnis.


    Ich kann mir durchaus erklären, warum das so ist. Ich höre z.B., dass Vokabeln sehr konsequent nicht gelernt werden. Auch ist es in Mathe kaum möglich, Fortschritte zu machen, wenn Grundlagen fehlen, das geht in den Nebenfächern schon eher, indem mit einem Themenwechsel ein harter Schnitt erfolgt.


    Wie sieht es bei euch aus? Ist das kollegiumsintern evtl. sogar ein Streitpunkt? Oder zwischen SL und den "bösen" Fächern?

  • Latein und Mathematik haben viel mit logischen Denken (=Intelligenz) und Disziplin (=regelmäßiges Lernen und "am Ball bleiben") zu tun. Damit tun sich bekanntermaßen viele schwer. Ich wüsste nicht, warum diese Tatsachen zu "Streit" im Kollegium führen sollten.


    Gruß !

  • @ Mikael: Es könnte Kollegiumsmitglieder geben, sie sich aus diesen oder jenen Gründen scheuen, schlechte Noten zu geben, obwohl die Leistungen schlecht sind. Das könnte bei denen schlecht ankommen, die auch unangenehme Konsequenzen durchziehen.
    Umgekehrt könnten sich Kollegen in die Rolle der Buhmänner gedrängt sehen.


    Ob das jeweils berechtigt ist, wäre die Frage. Wir haben diesen Streit nicht, aber ich halte ihn für denkbar.

    • Offizieller Beitrag

    meine Kollegen der neuen Fremdsprachen (E, F, Span) haben exakt dasselbe Problem:
    kein nachhaltiges Vokabellernen, keine Grammatikkenntnisse (auch nicht der deutschen Grammatik), kein dauerhaftes Verankern der frisch gelernten Inhalte.
    Plus mangelndes Sprachgefühl.


    Sprachen und Mathe sind bei uns generell die schlechteren Fächer, Latein eher noch weniger als die modernen Fremdsprachen wegen des fehlenden aktiven Sprachgebrauchs.


    Und nein, Probleme mit den Kollegen gibt es nicht. Wir sprechen uns aber auch fachübergreifend sehr eng ab.

  • Latein und Mathe sind bei uns auch das Problem. Gefolgt von Englisch ... die Gründe sind ja schon genannt worden. Nur muss ich seit 2-3 Jahren auch immer häufiger Geschichtsstegreifaufgaben vom Chef genehmigen lassen, weil der Schnitt so schlecht ist (letztes Jahr hatte ich eine Ex mit Schnitt 4,2).

  • was nun auch sicher kein Geheimnis ist - die Fächer, in denen SuS häufiger "schlecht" sind, sind idr Pflichtfächer. Bei Wahlfächern ist das insgesamt seltener, was sich durch das gesteigerte Interesse der SuS am Fach erklärt.
    Insofern - "interessanter" Unterricht kann da durchaus Abhilfe schaffen. Wenn ich da einige Kollegen und deren Kurse Revue passieren lasse... da besteht schon ein Zusammenhang. Man hört ja auch "Buschfunk", und die SuS stehen tendentiell da schlechter wo es "langweiliger" ist.
    Ist also zu nicht geringem Maße eine Motivationsfrage.
    Mathe ist dazu noch ein polarisierendes Fach - es ist nun mal eher abstrakt, und es gibt nun mal 10 Sorten Menschen - die einen kapieren binär, die anderen nicht, genauso ist das mit abstraktem Denken. Aus Erfahrung weiß ich, die Mathelehrer, die öfter mal "Anwendungen" der mathematischen Prinzipien im Unterricht einbauen, haben zufriedenere SuS und idR haben die dann auch bessere Noten. In der Oberstufe haben wir schon mehrfach einne recht erfolgreiche Kooperation der Mathe- und Physik-LKs erlebt - der jeweilige Mathekollege spricht die Themereihenfolge mit dem Physikkollegen dahingehend ab, die Methoden zu behandeln, die gerade in der Physik als "Handwerkzeug" benötigt werden. Einerseits ist dieser Stoff dann gerade auch noch frisch, und man hat direkt eine praktische Anwendung, und die LK-Kombi wird schon recht gerne gewählt (Physik ohne Mathe ist selten, andersherum gibts schon eher).
    in meiner Sprache (Spanisch) habe ich das Problem eher nicht, da sie bei uns nicht Pflichtfach ist. Wer in den Kurs kommt, will auch Spanisch lernen und ist dementsprechend schon motiviert, ich habe meist keine defizitären Leistungen bei meinen SuS.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Für mich wird es dann zum Streitpunkt, wenn Kolleginnen und Kollegen mit guten Noten um sich schmeißen, den Schülern dadurch suggerien, sie seien in ihrem Fach gut und dann in der Abschlussprüfung das große Erwachen kommt... Die Schülerinnen und Schüler verlieren so viel Lebenszeit; sie sind teilweise fünf Jahre lang in einem dreijährigen Bildungsgang und stehen am Ende mit Nichts da.


    Ein besonders krasses Beisipel: In der FHSR-Prüfung Englisch muss eine Sprachmittlung E- D gemacht werden, d.h. die Schüler lösen die Aufgabe komplett auf Deutsch. Eine Schülerin lieferte bei diesem Aufgabentyp laufend 5en ab, weil es einfach sprachlich unverständlich war, was sie schrieb... In Deutsch hatte sie aber ne 3... :autsch:

  • Unsere SuS HASSEN Französisch, das ist bei uns der absolute Spitzenreiter der schlechten Noten. Gefolgt von Mathe und Chemie, wobei letzteres trotz dürftiger Noten meist gar nicht mal so unbeliebt ist. Ich habe einige SuS, die Chemie durchaus interessant finden, über eine 4 (was immerhin schon mal "genügend" ist ...) aber nicht gross hinaus kommen. In der Regel habe ich im ersten Jahr noch recht gute Notendurchschnitte und dann geht es stetig bergab. Ich kann mir den Mund fusslig reden, die SuS glauben mir einfach nicht, dass Chemie ein ebenso aufbauendes Fach ist, wie die Fremdsprachen. Es fehlt am Ende also an den grundsätzlichen Zusammenhängen, mit Auswendiglernen von Fakten gewinnt man in Chemie in der Oberstufe eben keinen Blumentopf mehr. Englisch läuft in der Regel recht gut, ich kann mich bislang nicht erinnern, da jemals einen wirklich schlechten Klassenschnitt gesehen zu haben. Unsere SuS sind aber auch sicher im Alltag häufiger mit Englisch konfrontiert, als das wohl in Deutschland der Fall sein dürfte. Denen ist z. B. über Eltern und/oder ältere Geschwister völlig klar, dass in den grossen Pharmakonzernen und Forschungsinstituten Englisch quasi Amtssprache ist und auch in der Freizeit im Sportverein oder so gibt es immer genügend Kinder von Expats, mit denen man halt Englisch reden muss. Da Latein sowieso nur als Schwerpunktfach gewählt wird, haben die Kurse meist sowas wie einen 5er Schnitt. Das sind dann aber auch nur 5 Hanseln pro Kurs oder so.


    Es muss bei uns im Schulhaus in der Vergangenheit so gewesen sein, dass Chemie einen gewissen "Ruf" hatte. Ich mag mich erinnern, dass ich mich in den ersten Notenkonventen rechtfertigen musste, wie eine Spanisch-Klasse z. B. eine 4.8 im Zeugnisschnitt haben kann. Mittlerweile haben sich die Kollegen dran gewöhnt, dass Chemie kein "böses" Fach (mehr) ist. Wegen Mathe und Französisch kommt es hin und wieder zu Krisensitzungen mit einzelnen Klassen, ein genereller Streitpunkt im Kollegium ist das aber nicht. Es zweifelt da eigentlich niemand an den Fähigkeiten der Kollegen, man rätselt eher gemeinsam darüber, was man gegen das Elend langfristig tun könnte. So hat man sich mal eine "Französisch-Intensivwoche" ausgedacht, die die Klassen im französischsprachigen Teil des Landes respektive im Elsass verbringen sollen um mal wirklich Hardcore mit der Sprache konfrontiert zu sein. Viel Aufwand, der bislang leider auch nicht den gewünschten Erfolg bringt.

  • Bei uns wechseln alle zwei Jahre die Fachkollegen in den Klassen. Die Noten bleiben (in den meisten Fächern/bei den meisten Kollegen).


    Ja, in Latein hängt viel am Vokabellernen. Manche SuS schießen sch da schnell auf eine Dauer-5/6 ein & halten durch bis Ende 10. (Ein ähnliches Bild findet sich bei manchen Kollegen in den Naturwissenschaften, aber nicht Mathe.)


    In der Oberstufe wird dementsprechend eine Fremdsprache (allen voran Latein, dann Französisch, deutlich seltener Englisch) abgewählt (Latein hat regelmäßig nur einen Prüfling im Abitur...).


    Ein Streitpunkt im Kollegium sind eher die Kollegen, die Punkte "verschenken". Ein Semirnarfach mit ausschließlich 15 Punkten??? Das kann doch wohl kaum sein (aber nun gut).
    Äußerst problematisch ist es in der Sek I, wenn ein Kollege, der besonders freundlich Noten vergibt, abgelöst wird von einem Kollegen, der "normal" (nicht streng) bewertet. Die A-Karte hat der nachfolgende Kollege (nicht derjenige, der im Vorfeld lieber mit den SuS Eis gegessen hat statt Unterricht zu machen & somit die Grundlagen bei den SuS fehlen).
    Auch problematisch sind die Kollegen, die mit zwei Fächern in einer Klasse eingesetzt sind und SuS "absägen" (was man genau ein Mal beobachtet / verhindert - und danach sind sie soweit möglich nicht wieder mit zwei Fächern in einer Klasse...).
    Bei Dienstbesprechungen habe ich es auch schon erlebt, dass Klassenlehrer von einem SuS sagten, dass der ja so gar nichts auf die Reihe bekommt - und ein anderer Kollege glaubhaft sagte, dass genau dieser SuS unterrichtstragend sei / auf Note 1 stünde. Manch ein SuS ist eben eher naturwissenschaftlich als sprachlich motiviert/begabt (oder umgekehrt).

  • Für mich wird es dann zum Streitpunkt, wenn Kolleginnen und Kollegen mit guten Noten um sich schmeißen, den Schülern dadurch suggerien, sie seien in ihrem Fach gut und dann in der Abschlussprüfung das große Erwachen kommt... Die Schülerinnen und Schüler verlieren so viel Lebenszeit; sie sind teilweise fünf Jahre lang in einem dreijährigen Bildungsgang und stehen am Ende mit Nichts da.

    +1

  • Bei uns sind es auch die Fremdsprachen, Mathe und zum Teil Physik/Chemie.
    In den letzten beiden erkläre ich meinen Schülern immer wieder, dass die Themen aufeinander aufbauen, also die "alten" Themen wieder drankommen wie in Mathe. Ich kann mir den Mund fusselig reden, es wird nichts gelernt (Einheiten bestimmter Größen z.B.).
    Dazu kommt die Verknüpfung Mathe/Physik. Letztes Jahr habe ich klassenübergreifend elf mal die Note 5 vergeben. Jede dieser Schüler hatte auch eine 5 oder 4- in Mathematik.


    In Bio passiert mir das selten, da für fast jedes Thema in der Sek I ohne Grundlagen gestartet wird.

  • Es könnte Kollegiumsmitglieder geben, sie sich aus diesen oder jenen Gründen scheuen, schlechte Noten zu geben, obwohl die Leistungen schlecht sind. Das könnte bei denen schlecht ankommen, die auch unangenehme Konsequenzen durchziehen.
    Umgekehrt könnten sich Kollegen in die Rolle der Buhmänner gedrängt sehen.

    Ja, solche Verwerfungen gibt es. Aber nach meiner Erfahrung hat das wenig mit den Fächern zu tun. Unter den Vertretern aller Fächer gibt es solche und solche. Quantitaive Tendenzen werden da zwar gerne vermutet, sind aber nur schwer tatsächlich zu benennen.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Für mich wird es dann zum Streitpunkt, wenn Kolleginnen und Kollegen mit guten Noten um sich schmeißen, den Schülern dadurch suggerien, sie seien in ihrem Fach gut und dann in der Abschlussprüfung das große Erwachen kommt... Die Schülerinnen und Schüler verlieren so viel Lebenszeit; sie sind teilweise fünf Jahre lang in einem dreijährigen Bildungsgang und stehen am Ende mit Nichts da.

    Außerdem ist es unkollegial.
    Wenn man eine Klasse übernimmt, bei der die schlechteste Note 3 war und auf einmal hagelt es Vierer und Fünfer, muss man sich den Eltern gegenüber rechtfertigen, warum die Klasse auf einmal soviel schlechter geworden ist.

  • Alle Fächer mit streng aufeinander aufbauendem Wissen sind tendenziell schlechter. Am stärksten betroffen ist Mathe. Da ist noch das Zusatzproblem, dass es gesellschaftlich angesehen ist "mathematisch dumm" zu sein.

  • Außerdem ist es unkollegial.Wenn man eine Klasse übernimmt, bei der die schlechteste Note 3 war und auf einmal hagelt es Vierer und Fünfer, muss man sich den Eltern gegenüber rechtfertigen, warum die Klasse auf einmal soviel schlechter geworden ist.

    Das Problem habe ich gerade in einer Englisch-Klasse. :( Die schlechteste Note in der 11 war ne 3. Nun habe ich die Klasse übernommen und in der ersten Klausur ein Spektrum von 1 - 14 NP... Kleine Straße sozusagen... Zumindest kann ich damit argumentieren, dass sich der Bewertungsmaßstab verändert hat...

  • Bei uns sind es auch Mathematik, Englisch und andere aufbauende Fächer, wie Chemie.


    Ab der 7. Klasse kommt es auch im Wahlpflichtbereich zu schlechten Noten. Insbesondere ein in Informatik, da dieses Fach trotz aller Aufklärung über die Inhalte, unter falschen Annahmen gewählt wird. Wer Computerspiele macht ist noch lange kein guter Informatiker.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Bei uns sind es hauptsächlich Mathe, Physik, BWR und Französisch, Englisch seltener aber auch hin und wieder.


    Das liegt daran, dass das alles Fächer sind, die eben seit Jahren aufeinander aufbauen und wem die Grundlagen fehlen, der hat dann in den höheren Klassen ein Problem.


    Zwischen den Fächern gibt es deshalb keine Diskussionen, eher grundlegende Überlegungen wie man das Grundwissen aufbauen kann.
    In den Fächern selbst arbeiten die Fachschaften meist ziemlich eng zusammen um zu verhindern, dass bei einem Lehrerwechsel das böse Erwachen kommt.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Die schlechteste Note in der 11 war ne 3. Nun habe ich die Klasse übernommen und in der ersten Klausur ein Spektrum von 1 - 14 NP [...]

    Der Kollege wollte mit seiner Benotung bestimmt nochmal einen kräftigen Motivationsschub auslösen vor dem Abi... Schlimm!


    Ich habe in den letzten Wochen öfters mit Kollegen über das Thema gesprochen und glaube, dass das eine positive Wirkung haben wird. Es fällt schon leichter ungeschönte Noten zu geben, denke ich, wenn alle an einem Strang ziehen und nicht einzelne Bonbons verteilen oder die Bösen sind.

  • Ich denke, dass neben dem Aspekt der aufeinander aufbauenden Fachinhalte und -kompetenzen (die es in den hier häufig genannten Fächern wie Mathematik oder Fremdsprachen nun einmal definitiv gibt), auch die Frage der Schriftlichkeit eine Rolle spielt.
    Wo die Schüler schriftlich geprüft werden und auf sich gestellt innerhalb einer bestimmten Zeit ihre Fähigkeiten beweisen müssen, kann man sich viel schwerer "durchwurschteln" als in einem rein mündlichen Fach. Wer nicht faul bis zum Gehtnichtmehr und dumm wie Brot ist, kann doch immer irgendwie ein paar Beiträge im Unterricht platzieren - sei es, indem man die Wiederholunsgfragen zur letzten Stunde mit Hilfe seines Heftes beantwortet, (ggf. mit Hilfe erstellte) Hausaufgaben vorträgt, Beiträge von anderen Schülern nochmal etwas umformuliert wiederholt oder auch mal minimal ergänzt, das Ergebnis einer Gruppenarbeit vorstellt, ... Dass das dann keine qualitativ hochwertige Mitarbeit ist, erkennt hoffentlich jeder Lehrer. Trotzdem empfinde ich als Lehrerin es bei solchen bemühten aber leider wenig begabten Schülern viel, viel schwerer die 5 zu setzen, als wenn ich auch noch eine schriftlich mangelhafte Leistung vorliegen habe.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

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