6 Jahre denselben Jahrgang vs. Regelmäßig neue Klassen: Wie steht Ihr dazu?

  • Hallo da draußen!


    Zwei Optionen:


    Option 1: Man begleitet dieselben Schüler (in der Regel einen gesamten Jahrgang) von der 5. bis zur 10. Klasse - meist mit Klassenlehrerfunktion.
    Option 2: Man wechselt die Klassen nach einem oder nach wenigen Jahren regelmäßig durch.


    Ich merke, es geht mir ein bisschen um das Dilemma "Qualität versus Quantität". Also:
    - Wenige Schüler und enge Beziehungen. Doch das Gefühl, im Laufe meines Berufslebens mehr Schüler "erreichen" zu wollen als nur die paar Klassen.
    - Viele Schüler mit weniger Raum für enge Beziehungen. Dafür aber ständig neue Herausforderungen und vielfältige Persönlichkeiten zum Bilden und Prägen.


    Was sind Eure Erfahrungen / Meinungen dazu?
    Welche Option könntet Ihr Euch am besten vorstellen?


    Ich denke, das ganze Thema ist einfach eine Typenfrage. Umso gespannter bin ich auf die Antworten.


    Liebe Grüße!

  • Moin,

    • meine Meinung als Schüler: Bloß nicht über 6 Jahre den selben Klassenlehrer. Wenn man mit dem nicht klar kommt, kann man sich gleich von der Schule abmelden! Ich war damals echt heilfroh, daß es alle 2 Jahre eine komplette Neubesetzung gab.
    • meine Meinung als Lehrer: Bloß nicht 6 Jahre die gleichen Schüler und dann evtl. auch nur eine Parallelklasse. Wenn man mit einem Schüler gar nicht klar kommt, wird man den nicht wieder los. Außerdem muß man sich ewig mit den anderen Kollegen in den Parallelklassen abstimmen, was auch nur wieder Zeit frißt und Theater bringt.


    Daher mein Fazit ganz klar: Ich hätte gern jedes Jahr eine neue Klasse und wenn es Parallelklassen gibt, dann alle Parallelklassen in dem Fach. Das erleichtert die Arbeit enorm.

  • Das sehe ich wie mein Vorredner; 6 Jahre sind meiner Meinung nach zu lange. Auch wenn ich mit meinem LK gut klar komme, bin ich nach zwei Jahren froh, wenn wieder andere Gesichter zugegegen sind. So ein langer Zeitraum kann nämlich auch gute Beziehungen bröckeln lassen, gerade wenn große Entwicklungsschritte dazwischen sind. Die Vorstellung von einem guten Lehrer-Schüler-Verhältnis ändert sich eben auch im Verlauf der Zeit.

  • Wechsel. Nicht jedes Jahr alle Klassen, aber jede Klasse alle 2-3 Jahre. Aus den von Plattypus genannten Gründen.


    Übrigens finde ich nicht, dass es mehr Qualität bedeutet, wenn ein Lehrer eine Klasse über 6 Jahre betreut. Jeder von uns hat Stärken, aber auch Schwächen und allgemein Eigenheiten: kann mit einem Typ Schüler besonders gut, mit einem anderen aber vllt. weniger, legt viel Wert auf inhaltliche Arbeit, vernachlässigt aber vllt. die Entwicklung bestimmter Softskills (Kompetenzen)*, usw.


    Wer mehr Lehrer kennenlernt, lernt auch mehr Lehrertypen kennen, was ich als Bereicherung ansehe. So hat jeder die Chance mal auf Lehrer zu treffen, die einfach genau auf der eigenen Wellenlänge unterrichten, lernt aber auch mit solchen, bei denen das nicht der Fall ist, klarzukommen. Das sind beides wertvolle Erfahrungen, von denen man auch als Erwachsener noch profitiert, was für die Qualität einer Schule spricht.


    * [nein, das muss kein Widerspruch sein, ich weiß, ich versuche nur denkbare Beispiele zu geben]


    Bei mir steht übrigens momentan (bzw. bereits seit dem letzten Jahr) zur Diskussion, dass ich eine Klasse, die ich nun im vierten Jahr unterrichte, auch nächstes Jahr noch behalten soll. Üblicherweise wechseln wir nach 3 Jahren. Natürlich hat es seinen Grund, dass ich länger drin bin bei denen und ich verstehe das Argument dafür, dass ich auch noch das fünfte Jahr machen soll. Ich mag die Kinder in dieser Klasse auch wirklich gerne, aber auf gut Deutsch kotze ich langsam ab bei dem Gedanken, sie nächstes Jahr immer noch zu haben. Es langweilt und nervt mich inzwischen einfach, immer denselben Leuten Sachen dreifach zu erklären und immer wieder dieselben Fehler und Probleme bei denselben Leuten angehen zu müssen ("Leon, du musst die Vokabeln lernen!" - wie oft ich das in den letzten Jahren schon gesagt habe kann ich nicht mehr zählen......).

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Moin!


    Ich hab meine gerade im 6. Jahr und finde es großartig. Wir haben die ersten zwei bis drei Jahre quasi nur Sozial- und Beziehungsarbeit geleistet. Nun ernten wir die Früchte, da die Truppe wirklich toll geworden ist. Allerdings gibt es bei uns immer zwei Klassenlehrer. So würde ich es immer wieder machen.


    LG

  • bei uns wird möglichst wenig Wechsel angestrebt. Und tatsächlich sind letztendlich die Klassen die schwierigsten, in denen viel Fluktuation herrscht(e).
    Ich habe eine Klasse von 5 bis 10 geleitet; anfangs waren sie nicht ganz einfach, aber im Laufe der Zeit wurde ihr Verhalten und unser Verhältnis immer besser, so dass ich in ihrem 10.Schuljahr dann auch die "Früchte" unserer Zusammenarbeit ernten konnte.
    Genügend andere Klassen habe ich dank VZ immer noch, auch immer Parallelklassen.


    Bin also durchaus für längeres Miteinander ;)


    P.S. Das Argument: mit Klasse xy kann ich gar nicht,
    oder
    mit Lehrer A kann ich gar nicht erledigt sich im Laufe der Zeit meist: man rauft sich zusammen. Man arbeitet an sich und an dem Verhältnis zur Klasse. Ein ganz wichtiger Entwicklungsprozess-- für beide Parteien!

  • Ich halte eine Zeit von 3 Jahren für etwa die sinnvollste, die eine Lehrperson dieselbe Klasse in einem Fach betreuen sollte. Diese Frequenz streben wir an unserer Schule auch möglichst an - geht nicht immer, aber das ist ein ganz guter "Richtwert".
    Warum das?
    So haben die Schüler einerseits die Möglichkeit, sich an den Stil eines Lehrers zu gewöhnen, sind aber nicht auf Gedeih und Verderb an eine Methode "ausgeliefert". Wem was besser liegt, merken sie sowieso erst in der Unterrichtspraxis.
    Wo ich die Kontinuität aber wichtig finde ist vor allem in der Oberstufe, speziell in Abiturfächern, da halte ich einen Lehrerwechsel innerhalb der Qualiphase für eher ungünstig.
    Was meine Kurse angeht - ich habe durchaus schon mal SuS "länger", aber eben durch neue Zusammensetzungen der Kurse - vielleicht hatte ich Klassen 8-10, und bekomme dann in der Oberstufe zumindest manche Schülerinnen wieder, weil sie eben meinen Kurs wählen, und in Kunst kann das auch passieren, weil es dann ja kein Klassenverband mehr ist (und bei beiden Fächern, aber insbesondere Kunst das Kollegium nicht gerade "riesig" ist, wodurch die Auswahl an alternativen Lehrkräften auch eingeschränkt wird).
    Ist bei meinen Fächern aber nicht grundsätzlich negativ zu sehen, wenn ich schon weiß, mit wem ich es zu tun habe (und mit welchen Problemen), kann ich auch gezielter mit den SuS zusammenarbeiten.
    Aber wenn ich lese "von 5-10"... halte ich für wenig wünschenswert, sowohl aus Schüler- wie aus Lehrersicht.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Kommt auf die Schulart an, an der Förderschule ist das einzige, was funktioniert, jeden Tag dieselbe Nase zu sehen.


    Edit: überlege gerade, wie es am Gymi war. Da könnte ich nicht mal durchgängig sagen, wer unsere Klassenlehrer waren, da die allenfalls mal Geld eingesammelt haben.

  • Kommt auf die Schulart an, an der Förderschule ist das einzige, was funktioniert, jeden Tag dieselbe Nase zu sehen.

    Das glaube ich dir wiederum... was nur einmal mehr den Sinn von seperaten, echten Förderschulen bekräftigt (und dem, was hier momentan als "Inklusion" verkauft wird, die verdiente lange Nase dreht).

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Am BK ist das sicher auch nochmal was anderes:
    Ich habe meine immer 3,5 Jahre, also die komplette Lehrzeit. Und ich bin immer Klassenlehrerin.
    Ich komme nicht mit jedem gut aus, aber wir können miteinander arbeiten. Ihren Chef in der Firma können sie sich auch nicht aussuchen. Und die Kollegen auch nicht. Natürlich gibt es Klassen, da funktioniert es wie von Zauberhand und von selbst. Bei anderen muss mal hinsteuern. Und es klappt vielleicht trotzdem nie. Da muss ich durch und die müssen es auch.


    Als ich am Anfang ständig in verschiedene Klassen geworfen wurde (manchmal nur einstündig für ein halbes Jahr), hat mich das viel Kraft gekostet.

  • Bei uns an der Schule (5 - 10) gibt es alle möglichen Varianten. Manche Klassen haben auch mehrere Lehrerwechsel durch. (Weil Lehrer abgeordnet oder versetzt wurden, lange erkrankt sind...)
    Ich habe meine 10. Klässler jetzt durchgehend seit der 5. Ich finde das gut so und würde das wieder so machen.
    Wobei das nicht so ganz stimmt. Zu Beginn des 7. Schuljahres wurden Klassen neu eingeteilt, aus 2. Klassen wurden 3. Und es gab auch viele Wechsel innerhalb der Klasse.
    Begonnen habe ich in Jahrgang 5 mit 15 Schülern. Jetzt sind es 20. Und davon nur 6, die seit dem ersten Tag dabei sind.


    7 bis 10 kann ich mir auch noch vorstellen.
    Aber eine 5. übernehmen und die, wenn es es nach 2,3 Jahren läuft abgeben? Nö.


    Das Argument, dass man mehr Schüler erreichen will verstehe ich nicht.
    Man unterrichtet doch nicht nur die eigene Klasse.


    Und dass man eine Klasse nicht länger haben will, weil man vielleicht einen Schüler nicht leiden kann- äh...ernsthaft? Das ist ja maximal unprofessionell.

  • Ich hab die Kinder jeweils 2 Jahre, nach 2 Jahren Kindergarten wechseln diese in die 1. Klasse. Da hier Kindergartenklassen altardurchmischt geführt werden, kommen jedes Schuljahr wieder neue Kleine dazu und die Grossen in die 1. Klasse. Die Kleinen aus dem alten Schuljahr werden dann die Grossen (inklusive Nachmittagsunterricht an 2 Tagen).


    Die Klasse setzt sich also jedes Schuljahr wieder zur Hälfte neu zusammen.

  • Bei uns ändert sich alles nach 3 Jahren.
    Am Ende von Klasse 7 werden die Klassen neu zusammengesetzt (von Integativ zu Schulformbezogen). Dann gibt es auch neue Klassenlehrer.
    Ich mag das so.

  • Das glaube ich dir wiederum... was nur einmal mehr den Sinn von seperaten, echten Förderschulen bekräftigt (und dem, was hier momentan als "Inklusion" verkauft wird, die verdiente lange Nase dreht).

    Das stimmt allerdings.


    Wobei hier auch des Öfteren von schwierigen Klassen die Rede ist, in denen sich immer nur der Klassenlehrer durchsetzen kann, alle 1-Stunden-Fach-Kollegen kämpfen bis zur Verzweiflung.

  • bei uns in der Berufsschule wechseln die Klassen jedes Jahr. Man hat also immer das gleiche Lehrjahr mit den gleichen Lernfeldern . Der große Vorteil ist m.E., dass die Lehrer sich fachlich deutlich tiefer einarbeiten können, als beim Modell "Jeder macht alles". Ich merke an mir selbst, dass Themen im dritten Durchlauf deutlich besser laufen als am Anfang.
    Allerdings steht die Beziehungsarbeit bei uns auch nicht so weit oben wie n Grundschulen o.Ä.

  • Ein kleiner ketzerischer Gedanke: es kann auch deshalb sinnvoll sein, nach 2-3 Jahren zu wechseln, weil eben nicht alle Kollegen Koryphäen in ihrem Fach sind. Ich mache gerade die Erfahrung bei einer Klasse, die ich übernommen habe - der Kollege hat den Lehrplan weitgehend ignoriert, die Schüler hinken gnadenlos hinterher und ich kehre gerade die Scherben auf. Nach 2 Jahren geht das noch, auch wenn es mühsam ist. Aber nach 6 Jahren?!

  • Bei uns ist ein Wechsel nach zwei oder drei Jahren vorgesehen und das finde ich gut so. Zu Klasse 2 oder 3 erfolgt ein Wechsel. In Klasse 5 werden sie wegen der Quereinsteiger oft neu zusammengesetzt und auch zu Klasse 7 werden häufig H und R getrennt. Die Realschüler haben eine KL von Klasse 7 bis 10, aber das ist die einzige vorgesehene Ausnahme im System.
    Bei meinen ersten beiden Klassen reichte es nach zwei Jahren auch. Ich habe gemerkt, dass ich in ein paar zentralen Belangen mit manchen von ihnen nicht mehr weiterkam. Da musste mal jemand anderes her. Ich habe sie dann jeweils in ein oder zwei Nebenfächern noch ein Jahr lang gehabt. Auf dem Schulgelände sehe ich sie ja alle Nase lang.
    Meine dritte Klasse hatte ich nur ein Jahr lang, da ich einspringen musste. Das war ein bisschen wenig. Da ich aber mit dem Jahrgang in die Klasse 7 hochgegangen bin, haben immerhin zwei von sieben mich weiter als KL - vermutlich noch weitere vier Jahre ... Da wir bei nur fünf Schülern sehr aufeinanderhocken, müssen wir uns eh sehr mit den Macken der anderen auseinandersetzen und abfinden.
    Eine Schwesterschule von uns hat standardmäßig eine KL von 5 bis 10 und das finde ich schlimm. Das Schlimmste, was ich je erlebt habe, war an der Körperbehindertenschule meiner Zivizeit. Da war ein Lehrertandem, das mit den SuS in Klasse 1 angefangen hat und sie bis zum bitteren Ende (dort 11 oder 12 Jahre) durchgezogen haben. Das war fürchterlich für die SuS, die schon eine stärkere Aversion gegen eine der beiden KL entwickelt hatten. Gruselig. :grimmig:

  • Ein kleiner ketzerischer Gedanke: es kann auch deshalb sinnvoll sein, nach 2-3 Jahren zu wechseln, weil eben nicht alle Kollegen Koryphäen in ihrem Fach sind. Ich mache gerade die Erfahrung bei einer Klasse, die ich übernommen habe - der Kollege hat den Lehrplan weitgehend ignoriert, die Schüler hinken gnadenlos hinterher und ich kehre gerade die Scherben auf. Nach 2 Jahren geht das noch, auch wenn es mühsam ist. Aber nach 6 Jahren?!

    Du hast vollkommen Recht, und den Fall hatten wir auch schon. Aber wer sich in ein Lernfeld über Jahre nicht einarbeitet tut's erst recht nicht jedes Jahr in einem anderen. Da die Lernfelder bei uns sowieso (bis auf wenige Ausnahmen) nach je einem Jahr abgeschlossen sind, hätte er den Schaden dann halt einfach immer woanders angerichtet.


    Bei klassischen, mehrjährigen Fächern wäre dann natürlich ein Wechsel sinnvoll, damit jemand die Fehler ausbügeln kann.

  • Also in meiner Gym-Schulzeit wurden die Klassen alle 2 Jahre neu zusammengesetzt und dann gab es auch neue Lehrer. Durch Zufall hatte ich aber 6 Jahre den gleichen Englisch-Lehrer, der immer viel von mir hielt, mir aber nichts beigebracht hat. So hatte ich in der Obsterufe zum Abi hin meine Defizite in Englisch.
    Grundsätzlich bin ich daher auch für einen Wechsel. Je nach Schulform alle 2-4 Jahre.


    Berufsschule ist da noch einmal was anderes.

  • Edit: überlege gerade, wie es am Gymi war. Da könnte ich nicht mal durchgängig sagen, wer unsere Klassenlehrer waren, da die allenfalls mal Geld eingesammelt haben.

    An mehr kann ich mich da aus meiner eigenen Schulzeit auch nicht erinnern. Wir rödeln hier am Gym tatsächlich viel mehr auch auf der zwischenmenschlichen Ebene. Selbst als Fachlehrperson führe ich mehr Gespräche mit einzelnen SuS als ich selbst am Gym jemals mit irgendeinem Klassenlehrer gesprochen habe.


    Wir begleiten als Klassenteam normalerweise eine Klasse über die kompletten 4 Jahre Gymnasium, bzw. nur 3 Jahre falls man ein Grundlagenfach unterrichtet, das eben nach der 3. Klasse endet. Auch der Klassenlehrer ist demnach in der Regel die ganze Zeit der gleiche. Ich bin jetzt z. B. eine Ausnahme, weil ich meine eigene Klasse nur im Grundlagenfach unterrichte, also wird im 4. Jahr ein Kollege aus dem Klassenteam übernehmen. Lehrerwechsel gibt es eigentlich nur, wenn jemand komplett ausscheidet, also pensioniert wird oder das Schulhaus wechselt. Bei Krankheit oder Mutterschutz gibt es nur eine vorübergehende Stellvertretung.


    Ich finde das von der fachdidaktischen Seite her erst mal sehr gut, weil ich so eben schön mein Chemie-Häuschen bauen kann, so dass jeder Stein auf den anderen passt. Keiner von uns übernimmt gerne mittendrin Klassen, da hat man immer das Gefühl, der rote Faden reisst irgendwie ab. Vermutlich sind wir da ziemliche Mimosen, aber so sind wir eben. ;) Auch auf der zwischenmenschlichen Ebene finde ich es schön zu sehen, wie die Schafe sich entwickeln und von pubertären Knallköpfen zu ausgereiften Persönlichkeiten mit eigener Meinung und so werden. Nachdem ich im vergangenen Juni zum ersten mal die Matura abgenommen habe hatte ich auch wirklich das Gefühl ... so, die sind jetzt "reif", die kommen jetzt ohne uns klar. Für den Moment interessiert es mich auch nicht mehr, was die jetzt so treiben, das will ich erst in 5 Jahren oder so wieder wissen, wenn sie dann wirklich wieder einen Schritt weiter sind im Leben.


    Mit meinen Schwerpunktfachkursen habe ich bislang aber auch immer recht viel Zeit verbracht. Neben dem Theorieunterricht haben wir ja noch obligatorische Praktika während denen man die SuS wieder von einer ganz anderen Seite kennen lernt. Noch intensiver sind natürlich Projekt- oder Maturaarbeiten. Hin und wieder geht man dann noch zusammen auf Exkursion, vielleicht sogar ins Klassenlager oder Ende 3. Klasse auf Bildungsreise. Mit meiner derzeitigen 3. Klasse Grundlagenfach habe ich nebenher noch ich weiss doch nicht wie viele sinnlose Tratsch-Kaffees schon getrunken und nächsten Juni begleite ich sie dann noch auf der Abschlussfahrt, bevor die Mehrheit von ihnen mich loswird.


    Als Klassenlehrer bin ich jetzt irgendwie die ganze Zeit im "Zuständigkeitsmodus", führe hier mal ein Gespräch, frage dort mal nach dem Befinden, höre mir vom Klassenteam Lob und Klagen an ("Die putzen meine Tafel nicht!!!") ... das geht definitiv weit übers Verwalten von Noten und Absenzen hinaus. Ich denke schon, dass man der Rolle als Klassenlehrperson, so wie wir das für uns definieren, nur gerecht wird, wenn man die einzelnen Biographien über mehrere Jahre hinweg beobachtet. Ich hatte bislang auch noch nie den Fall, dass ich einen Schüler so nicht leiden konnte, dass ich ihn dringend loswerden wollte. Irgendwie kann ich mir auch nicht vorstellen, wie das passieren soll. Ich fand Schüler durchaus schon unsympathisch aber mei ... ich werde für den Job bezahlt und dann muss ich solche Typen halt auch nach besten Wissen und Gewissen beraten und betreuen.

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