Arbeitszeugnis deuten?

  • Hallo!


    Arbeitszeugnisse in der freien Wirtschaft bieten bekanntermaßen viel Raum für Deutungen. Wie man dieses oder jenes in einem Arbeitszeugnis in Wahrheit zu verstehen hat, kann man im Internet nachlesen. Ganz allgemein habe ich mich allerdings schon immer gefragt, ob derartige (Um-)Deutungen eigentlich vom Schreiber gewollt sind? Mit anderen Worten: Weiß eigentlich jeder kleine Betrieb oder jeder Vorgesetzte, der nur selten oder vielleicht zum ersten Mal ein Arbeitszeugnis schreibt, was er da tut? Müssen immer alle Arbeitszeugnisse erst gedeutet werden oder meint vielleicht der eine oder andere Verfasser das, was er da schreibt? Nun ja.


    Meine eigentliche Frage ist aber nun, wie das Thema Arbeitszeugnisse speziell im Schuldienst gehandhabt wird? Ich spreche hier insbes. von Vertretungskräften, die keine dienstliche Beurteilung in Form von Noten o.ä. erhalten, sondern eben ein - ganz normales? - Arbeitszeugnis.


    Kann man ein solches genauso deuten wie ein Arbeitszeugnis in der freien Wirtschaft?


    MUSS man ein solches Arbeitszeugnis überhaupt (um-)deuten?

  • Als ich den Bewertungsvorschlag für meinen Referendar eingereicht habe, hieß es, "die Formulierungen müssen zur Endnote passen". Die SL hat's dann entsprechend angepasst, ich kann mich aber noch erinnern, dass es da schon recht eindeutige Zuordnungen gab.


    Also ja, wie "draußen".


    Gruß,
    DPB


    PS: offtopic-Nebenfrage an die Deutschlehrer: "Für den Referendar" oder "Für den Referendaren"?

  • Hm,


    Mein Eindruck ist bisher, dass zumindest die Schulleiter in den Grundschulen den "Code" nicht kennen und nutzen.


    Aber statistisch untermauern kann ich das nicht.


    Kl.gr.Frosch

  • So, ich kann das Problem jetzt auflösen.


    Tatsächlich ging es um mein eigenes Arbeitszeugnis, das ich erhalten habe. Nachdem ich das mit den Deutungs"vorgaben" aus der Industrie verglichen habe, habe ich doch sehr gezweifelt. Ich habe mich nun einmal ans Telefon gehängt um eine professionelle Auskunft dazu zu bekommen.


    Der Vertreter des Personalrats des Regierungsbezirks der betr. Schulform sagt dazu: Das Arbeitszeugnis ist tatsächlich so gemeint, wie es geschrieben ist. In der schule gibt es und DARF es diesbezüglich keine Deutungen, Verklausulierungen o.ä. geben.


    Richtig und üblich ist außerdem, dass nicht "Arbeitszeugnis" drauf steht, sondern "Bescheinigung", und dass diese Bescheinigung insgesamt recht kurz ausfällt, so knapp eine halbe Seite (3 Absätze + 1 Satz in meinem Fall).


    Viele Grüße

  • Es müsste sogar noch weniger drauf stehen.

    Zitat

    Frau xyz hat von ... bis ... an der Musterschule als Vertretungslehrerin im Umfang von z Stunden gearbeitet.

    Mehr braucht auf der Bescheinigung nicht stehen. Bei guten Vertretungskräften steht aber in der Regel mehr.


    kl. gr. frosch

  • Der Vertreter des Personalrats des Regierungsbezirks der betr. Schulform sagt dazu: Das Arbeitszeugnis ist tatsächlich so gemeint, wie es geschrieben ist. In der schule gibt es und DARF es diesbezüglich keine Deutungen, Verklausulierungen o.ä. geben.


    Natürlich ist das so gemeint wie es da steht. Trotzdem gibt es den Code.
    Verursacht ist der von Personalräten und Arbeitsgerichten, die gegen jeglichen Negativeintrag vorgegangen sind.
    Entsprechend wird nur noch postiv geschrieben und die Aussage steckt im weggelassenen Teil. Was noch drin steht, ist buchstabengetreu so gemeint, wie es da steht.


    Zumindest rudimentät wissen das alle Schulleitungen. Nicht jeder schlüsselt das jedoch so detailiert auf, wie man das bei Tresselt (hier und hier) nachlesen kann.


    Glücklicherweise hat sich da in NRW inzwischen etwas getan und die dienstlichen Beurteilung wurde zumindest für dauerhaft Beschäftigte auf ein Punktesystem umgestellt.

  • Das kann ich hier ganz genau so unterstreichen. Eine Vertretungskollegin gab mir ganz verzweifelt ihr Zeugnis und dachte, sie hätte ein recht schlechtes Zeugnis erhalten. Ich habe ihr vorgeschlagen, gemeinsam zur damaligen Schulleitung zu gehen und diese fiel aus allen Wolken. Sie schätzte sie sehr und dachte auch, dies ausgedrückt zu haben.

  • In der schule gibt es und DARF es diesbezüglich keine Deutungen, Verklausulierungen o.ä. geben.

    Darf es in der Privatwirtschaft auch nicht geben, aber da hält sich keiner dran.


    Ein klassisches Arbeitszeugnis als Angestellter in der Schule ist rechtlich kein Unterschied zu einem Arbeitszeugnis als wenn man bei z.B. IKEA arbeitet.

  • PS: offtopic-Nebenfrage an die Deutschlehrer: "Für den Referendar" oder "Für den Referendaren"?

    Der Referendar - des Referendars - dem Referendar - den Referendar
    Die Referendare - der Referendare - den Referendaren - die Referendare.


    Andere Nomina auf -r werden genauso dekliniert, z.B. Notar, Autor, Bibliothekar etc.


    Woher der Unsinn mit "des Referendaren" kommt, hat sich mir bisher noch nicht erschlossen. Ist hier aber leider häufig zu lesen.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

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