Trauma bei Kindern mit Fluchterfahrung

  • Hallo ihr,
    hat jemand Erfahrung bzw. fundierte Kenntnisse im Umgang mit geflüchteten Kindern aus Krisengebieten? Ich habe den Eindruck, dass diese Kinder ganz anders reagieren, als Kinder, die andere traumatische Erfahrungen machen mussten. Ich bin mir in diesen Fällen nicht sicher, was der beste Umgang mit ihnen ist. Falls jemand passende Literatur kennt, würde ich mich über Infos freuen.

  • Erfahrungen ja (ditekter Kontakt zu mehreren Flüchtlingskindern), fundierte Kenntnisse nein.
    Wir haben von schwer traumatisiert bis Trauma der Eltern, welches sich auf die Kinder überträgt bis zu "ist ganz okay" alles dabei.

  • Hallo Siobhan,
    kannst du beschreiben, wie sich die Kinder verhalten? Also ich meine nicht "Konzentrationsstörungen" oder solche Begriffe, die man in der ICD 10 finden würde, sondern deine Beobachtungen, wie sie auf dich persönlich wirken. Und hast du einen besonderen Weg gefunden, damit umzugehen oder nehmen die Kinder normal am Unterricht teil?

  • Die Kinder nehmen nach den IVKs am normalen Unterricht teil. Wir haben überangepasste Mädchen, die so angepasst und freundlich sind, dass man das Gefühl hat, sie kompensieren etwas oder irgendwann knallt es. Dann haben wir Kinder, die durch das Trauma ihrer Eltern in einem gefühlskalten Klima aufwachsen. Diese sind sehr unsicher in ihren eigenen Gefühlen, können nicht adäquat auf Gefühlsaußerungen reagieren, wirken überdreht, die Mimik und Gestik wirkt aufgesetzt, karikiert.
    Dann haben wir Kinder, die alles zusammen schlagen, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist, die keine Grenzen kennen, viel Aufmerksamkeit wollen.
    Mäuschen, die ängstlich in der Ecke sitzen sind mir noch nicht begegnet. Auf mich machen die meisten traumatisierten Flüchtlingskinder den Eindruck, als seien sie von ihrem Gefühlsleben abgekoppelt.

  • "gefällt mir" passt natürlich hier nicht, aber danke für deinen Beitrag. Also gibt es ganz verschiedene Verhaltensauffälligkeiten, kein einheitliches Bild.



    ... Auf mich machen die meisten traumatisierten Flüchtlingskinder den Eindruck, als seien sie von ihrem Gefühlsleben abgekoppelt.

    Kennst du auch Kinder, die gar keine Mimik zeigen und einfach ihr Ding machen? Also nicht mal bösartig, eher so, als ob sie dich nicht hören?

  • "gefällt mir" passt natürlich hier nicht, aber danke für deinen Beitrag. Also gibt es ganz verschiedene Verhaltensauffälligkeiten, kein einheitliches Bild.



    Kennst du auch Kinder, die gar keine Mimik zeigen und einfach ihr Ding machen? Also nicht mal bösartig, eher so, als ob sie dich nicht hören?

    Nein, eher nicht. Im Allgemeinen reagieren sie auf mich.


    Bitteschön :)

  • du meinst solche, die relativ "leer" schauen und wo du das Gefühl hast, egal wer was zu ihnen sagt, sie verziehen keine Mine? Nehmen durchaus wahr, was gesagt wird, antworten auch, aber fast wie mechanisch?


    Ja, gibt es auch.


    idR sind alle beschriebenen Varianten irgendeine "Methode" der Psyche der jeweiligen Kinder, das, was sie erlebt haben zu "kompensieren". Das macht jedes anders. Ein "Muster", welche Kinder wann wie reagieren, habe ich da noch nicht erkennen können. Es sind welche dabei, wo das Erlebte noch sehr frisch sein muss, aber ich hatte auch schon welche, die im wahrsten Sinne des Wortes "im Krieg Kind waren", und dann Jahre später als Teenie bei mir in meinen frühen Jahren als Lehrerin "ankamen" (zB aus Ex-Jugoslawien).


    Was generell bei fast allen zu beobachten ist: Sie fassen nur sehr schwer Vertrauen, aber wenn sie das einmal haben, verlassen sie sich da auch total drauf... das sollte man immer im Kopf behalten, gerade in dem Punkt scheint da Schwarzweißdenken "normal" zu sein.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

    • Offizieller Beitrag

    Erfahrungen: Ja.
    Fundierte Kenntnisse: Nein.


    Auch meine erfahrungen haben kein einheitliches Bild gezeigt.
    - gewaltbereit, schlagen, treten - das waren bei uns eher diejenigen, die aus Auseinandersetzungen mit Russland kamen (Tschetschenen, Afghanen, Ukrainer, aber natürlich nicht alle von denen)
    - gewaltbereit, körperlich/verbal übergriffig, das aber hinter einer freundlich-fröhlich-unschuldigen Mine verborgen,
    - übergriffig im Nähe-Distanz-Verhältnis und intimen Bereich


    Keine Mimik, gar nicht hören: Bisher bei keinem Flüchtlingskind erlebt, nur bei einem hier aufgewachsenen. Könnten da autistische Züge vorhanden sein? Eine nicht diagnostizierte Hörstörung?
    Eine Form von dissoziativer Störung? (Es gibt ja dissoziative Störungen, bei denen die Betroffenen sich nicht bewegen oder nicht sprechen können, vielleicht geht das in die Richtung? Depresonalisation? Derealisation?) Was sagt der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie dazu? Oder seid ihr da erst auf dem "Empfehlungsweg"?

  • Schon krass. Also ab von allen Sprachbarrieren, da wächst eine Kriegsgeneration heran und man weiß im Grunde gar nichts. Also vielleicht ja auch gut, Alltag hat ja was Beruhigendes. Aber so richtig vorbereitet wurde scheinbar niemand: Am Schlimmsten scheint es in den DAZ-Klassen zu sein. Dort arbeiten oft nicht mal ausgebildete Lehrer, von Therapie mal ganz zu schweigen :/

  • Ich hatte auch zwei Jahre lang einen Flüchtling in meiner Klasse und es war schwierig. Es war ein Junge, der mitsamt seiner drei Geschwister über viele Umwege mit seiner Mutter hier ankam. Nach meinem Hausbesuch dort (die Scheibe der Wohnungstür wurde von einem Kind eingeschlagen!) wurde mir klar, dass die kleinen Geschwister noch schlimmer dran waren. Er war einseitig ertaubt. Wie das alles kam, wissen wir nicht, denn er hat jedes mal eine andere Geschichte erzählt. Das war generell so, dass bei manchen Dingen aus der Vergangenheit, völlig inkonsistente Varianten zusammenkamen. Der Rest der Klasse und ich stutzten immer wieder mal, wenn er etwas erzählt hatte. Es fiel einfach auf, dass das nicht passen kann.
    Im Unterricht hatte er generell eher wenig Motivation und kam schnell an seine Grenzen. In Anbetracht der Tatsache, dass er bis auf eine kurze Zeit in Griechenland nie in der Schule war, ist das natürlich nicht verwunderlich. Diese visuelle Schiene (die meistens von Schwerhörigen ganz eindeutig präferiert wird) zog viel weniger als die auditive. Der Kontrast, dass er recht schnell Deutsch lernte, aber alles, was so auf einem Papier ablief, kaum hinbekam, wies recht eindeutig darauf hin, dass er ein auditiver Lerner ist. Bei manchen Konflikten war es schwierig, mit ihm auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Gelegentlich gab es auch Diskussionen, die völlig eskaliert sind, wo man gemerkt hat, wie stark sein Fluchtinstinkt getriggert war. Da kam er auch gar nicht mehr runter und man musste die Diskussion erst einmal beenden. Er hatte einen Schattenplan, wo er in eine Parallelklasse ging, weil es für die Klasse zum Teil auch nicht mehr auszuhalten war. Wenn es ans Eingemachte ging, fing er an zu stottern. Man merkte, dass da etwas unterhalb liegt, was ganz heikel ist.


    Wir hatten eine ganzen Willkommensklasse mit überwiegend gehörlosen Schülern unterschiedlichsten Alters: von Grundschulalter bis 20 Jahre alt. Freitags blieben sie immer zu Hause, weil wir nicht genug Lehrer hatten, um die Klasse zu versorgen. Das war auch gut so, da die einfach nach vier Tagen Schule völlig fertig mit der Bereifung waren. Einer der älteren war in Aleppo auf die Schule gegangen und kam im Alltag recht gut zurecht. Meine Kollegin verstand seine Gebärden aber nicht immer und es fiel ihm schwer, sich auf die deutschen Gebärden einzulassen. Auch redete er viel über seine Religion und es war schwierig, seinen Blick für etwas zu öffnen. Ein Mädchen ist sehr ruhig und zurückhaltend. Sie gebärdete auch kaum zurück, wenn ich z.B. in der Schülerfirma an der Kasse bei ihr bezahlte. Mit den anderen gebärdenden Schüler der DGS-Klasse wollte sie auch kaum Kontakt und fühlte sich unter den anderen schwerhörigen Schüler der LE-Klasse wohler, obwohl kaum Kommunikation stattfand. Sie ist wirklich sehr in sich zurückgezogen.


    In der Beratung habe ich auch einen Schüler, der zwar kein Flüchtling ist, aber sich die ganze Familiengeschichte ähnlich liest. Spät mit Hörgeräten versorgt, keine richtige Muttersprache, da die Mutter zu Hause nur gebrochen Deutsch spricht. Die Mutter ist auch laut Klassenlehrerin sehr unemotional gegenüber ihren Kindern und der Anspruch, dass ihre Kinder irgendwie funktionieren, überwiegt. Den Schüler habe ich auch ganz unterschiedlich erlebt. In der Schule teilweise wirklich locker wie ein ganz normales Kind, vielleicht ein bisschen kichrig. Als er dann beim Hörtest war, erlebte ich ihn von der völlig anderen Seite. Er war total ernst und wollte nicht einmal seine Hörgeräte auf den Tisch legen.

  • Ich habe nur eine einzige richtige Flüchtlingskinderfahrung. Sehr, sehr aufgeweckter Junge, der nach 9 Monaten Vorbereitungsklasse zu mir kam. Er war sehr dankbar für jede Zuwendung meinerseits, hat alles aufgesogen. Sprühte vor Freude, nur auf seine Flucht durfte man ihn nicht ansprechen. Im Unterricht wollte er alles machen, was ging...


    Nur: Er konnte nicht mit ins Schullandheim. Er sagte mir das selber. Seine Eltern konnten nicht so gut deutsch wie er. Er (10 Jahre alt) sagte mir, dass er seine Familie auf gar keinen Fall 3 Tage allein lassen kann. Gar nicht, geht nicht. Er ging lieber zum Unterricht in die Parallelklasse.


    Als wir nach unserem Abschlussklassenfest alle in der Schule übernachteten, wollte er eigentlich mitmachen. Andere Eltern holten ihn mit seinem Schlafsack und Gepäck ab und alles war vorbereitet, aber als nach dem Klassenfest seine Familie 20 Minuten nach Hause gegangen war und eigentlich das Vorbereiten der Schlafstätten im Klassenzimmer begann, fing er an zu hyperventilieren. Er wollte, aber es ging nicht. Wir mussten ihn nach Hause bringen. Inzwischen wurde er mit seiner Familie abgeschoben, nach 3 Jahren hier in Deutschland.

  • Ist das bitter.
    Wenn ich mal einen Vorschlag machen dürfte: Supervision für LehrerInnen, bezahlt von Bund und Ländern. Wir schaffen das und so.

    • Offizieller Beitrag

    Auch meine "gefällt" mir sind als "Vielen Dank für den Beitrag" zu verstehen. Das ist einfach nur gruselig.
    Ich kenne einige Kinder, die nicht über "früher" oder die Flucht reden wollen und das auch sagen oder sich sofort verschließen und andere, die ab und zu reden und reden, es aber natürlich nicht loswerden dadurch. Ich hatte einen Afghanen, der ist zweimal (!) über das Mittelmeer geflüchtet, weil sie beim ersten Mal zurückgeschickt wurden (sicheres Herkunftsland). Ich weiß nicht genau, was los war, ich vermute, der Vater wurde politisch verfolgt.
    Ein Syrer kam eines Tages zu spät zur Schule in seiner Heimat. Auf dem Weg wurde er Zeuge des Bombenangriffs auf die Schule. Und das war noch eine der harmlosesten Begebenheiten, die die beiden erzählten.
    Der Vorschlag, Therapie in Anspruch zu nehmen, wurde beim zweiten allerdings vom Vater abgelehnt, das hätte wohl Schwäche bedeutet. Beim ersten habe ich es nicht vorgeschlagen, der wirkte insgesamt stabiler und gefestigter in seiner Psyche und im sozialen Umfeld in Deutschland.


    Bei Therapeuten gibt es den Begriff der Sekundärtraumatisierung: Traumatisierung dadurch, dass man sich traumatische Ereignisse erzählen lässt. Haben viele Therapeuten. Bei Lehrern gibt es das nicht. Klar, wir hören die Traumageschichten nicht in dem Umfang wie Therapeuten. Aber manchmal schüttelte es mich sehr.

  • Ich habe auch Erfahrungen, aber keine fundierten Kenntnisse.


    Oft sind die Flüchtlingskinder vorher unbeschult, werden aber aufgrund ihres Alters in eine höhere Klasse eingeteilt. Da ich über keine Grundschulausbildung verfüge, fällt mir dieser Aspekt im Alltag am schwersten. Aber unter anderem Dank euch konnte ich mir beim stillen Mitlesen einige Tipps von Grundschul- und Sonderschulkollegen hier holen (Danke :rose: ) . Aber auch meine Vorgesetzten sind sehr hilfsbereit. Die übergeordnete Behörde schickte Material, wie spezielle Schulbücher und ermöglichte auch Zusatzstunden für Deutschförderung und Sozialarbeit.


    Besonders in Erinnerung ist mir ein Mädchen (10 Jahre alt). Sie sprach kein Wort und hatte vor allem Panik (vor allem Knallgeräusche, Fensterscheiben, Männer, Scheren, ...). Es dauerte leider einige Zeit (ca. einen Monat) bis ich merkte, dass sie weder schreiben noch lesen konnte. Sie malte die Buchstaben und Zahlen von der Tafel ab. Die Schülerin war aus irgendwelchen, mir unbekannten Gründen, total auf mich fixiert und folgte mir im Schulhaus überall hin. In dieser Zeit merkte ich oft meine Grenzen. Im Laufe der Zeit entwickelte sie auch Vertrauen zu anderen Kollegen. Aber erst nachdem sie sie ganz genau beobachtete, vor allem wie sich die Kollegen mir gegenüber verhielten (nicht unbedingt negativ, eine andere Fachkombination oder der Klassenraum auf einer anderen Etage reichte schon).


    Bei den sonstigen Flüchtlingskindern zeigen sich ähnliche Verhaltensweisen wie schon von euch beschrieben.

  • Nur: Er konnte nicht mit ins Schullandheim.

    Ich kann von einer ähnlichen Erfahrung berichten. Woanders zu übernachten kam für Eltern und Kind nicht in Frage. Er war allerdings auch sehr verschlossen, was sicherlich an seinen massiven Sprachproblemen lag, die er anders als andere Geflüchtete nicht aufholen konnte. Wir vermuteten den Förderschwerpunkt Lernen bei ihm. Vielleicht standen aber auch die Kriegserlebnisse dem Lernen im Wege.

    Oft sind die Flüchtlingskinder vorher unbeschult, werden aber aufgrund ihres Alters in eine höhere Klasse eingeteilt.

    Da habe ich aber auch andere Erfahrungen gemacht. Ein 9-Jähriger wurde in eine 1. Klasse eingeschult. Zwei Köpfe größer und in mancher Hinsicht reifer, fand er überhaupt keinen Anschluss in der Klasse.

  • Ich habe nur eine einzige richtige Flüchtlingskinderfahrung. Sehr, sehr aufgeweckter Junge, der nach 9 Monaten Vorbereitungsklasse zu mir kam. Er war sehr dankbar für jede Zuwendung meinerseits, hat alles aufgesogen. Sprühte vor Freude, nur auf seine Flucht durfte man ihn nicht ansprechen. Im Unterricht wollte er alles machen, was ging...

    So eine habe ich in der Beratung auch. Sie lief vorher unter dam Radar, weil ihre Schwerhörigkeit auch hier nicht auffiel. Rein zufällig kam sie am Gym in eine Klasse, wo eine anderer schwerhöriger Schüler von mir ist. In der ersten Stunde, die ich in der Klasse war, ging sie zur Lehrerin und sagte, dass sie nicht hinten sitzen könne. Sie verstehe da nichts und müsse vorne sitzen. Da war ich echt beeindruckt. Wie sehr ich mich da oft beio anderen abstrampeln muss, bis die Schüler ihr "Ich möchte nicht auffallen"-Versteckspiel verlassen und so etwas machen. Auch im Unterricht meldete sie sch ständig mit richtigen Antworten. Als ich nach der Stunde mit ihr sprach, erzählte sie mir, dass sie sich um vieles in der Familie kümmere, bei Bedarf Unterstützung bei der Familienhilfe holt, und auch den Antrag übersetzen würde. Das hat mich schon tief beeindruckt.
    Diese Schülerin ist wirklich intelligent, weswegen ihr einiges sicher einfach von der Hand geht. Bei anderen merkt man, dass da viel sehr lange brachlag und das auch nicht mehr so einfach nachzuholen ist. Es fällt vor allem auf, wie eng unser Netz in Deutschland doch ist und Kindern/Jugendlichen bei uns so viel in den Schulen mitgegeben wird.

  • Er war allerdings auch sehr verschlossen, was sicherlich an seinen massiven Sprachproblemen lag, die er anders als andere Geflüchtete nicht aufholen konnte. Wir vermuteten den Förderschwerpunkt Lernen bei ihm. Vielleicht standen aber auch die Kriegserlebnisse dem Lernen im Wege.

    Ich sehe das wirklich in Zusammenhang mit der Flucht- und Lebensgeschichte. Verpasst man in der Entwicklung manche Zeitfenster, wird es echt schwer, das wieder aufzuholen. Mein Schüler hat auch den Förderbedarf Lernen bekommen wie andere auch.

  • ...Auch im Unterricht meldete sie sch ständig mit richtigen Antworten. Als ich nach der Stunde mit ihr sprach, erzählte sie mir, dass sie sich um vieles in der Familie kümmere, bei Bedarf Unterstützung bei der Familienhilfe holt, und auch den Antrag übersetzen würde. Das hat mich schon tief beeindruckt...

    Wobei das auch nicht okay ist. Wie bei Kindern mit gehörlosen Eltern, sie sollten nicht ständig die Aufgaben der Erwachsenen übernehmen müssen. Schon zweimal hab ich Jugendliche kennengelernt, die tödliche Diagnosen für die eigenen Eltern beim Arzt dolmetschen mussten. Irgendwo ist eine Grenze bei der Selbständigkeit.



    ...Bei Therapeuten gibt es den Begriff der Sekundärtraumatisierung: Traumatisierung dadurch, dass man sich traumatische Ereignisse erzählen lässt. Haben viele Therapeuten. Bei Lehrern gibt es das nicht. Klar, wir hören die Traumageschichten nicht in dem Umfang wie Therapeuten. Aber manchmal schüttelte es mich sehr.

    Gibt es das nicht im Sinne von: der Begriff wurde nicht bei Lehrern geprägt? Ich frage mich das manchesmal, wie viel man so aushalten kann, einfach nur weil man davon weiß, was die Kinder alles durch haben.

    • Offizieller Beitrag

    Gibt es das nicht im Sinne von: der Begriff wurde nicht bei Lehrern geprägt? Ich frage mich das manchesmal, wie viel man so aushalten kann, einfach nur weil man davon weiß, was die Kinder alles durch haben.

    Nicht etabliert, spricht sich auch unter Psychologen noch nicht so lange rum. Ist aber allgemeiner definiert: https://www.traumaheilung.de/s…atisierungen-was-ist-das/

  • Es war so, dass die Familie nachts um 2 Uhr von der Polizei weggebracht wurde. Wir wurden in der Schule nicht informiert. Von keiner Behörde. Wir haben uns 3 Jahre den Arsch aufgerissen, er hatte noch einen kleinen Bruder in der ersten.... Unsere Sekretärin hat die Nachbarn der Familie angerufen, um etwas zu erfahren. Sie erzählten, was passiert war. So erfuhren wir es auch mal. Unsere anderen Schulkinder hörten inzwischen auch schon Gerüchte, bzw. erzählten uns welche. Unglaubliche Vorgehensweise. Die Kinder waren auf einmal weg, die Turnbeutel noch da und ja, die Freunde, Nachbarn, die Schule, wir konnten uns nicht verabschieden und waren nichts wert.

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