Unterrichtsstörungen

  • Hallo liebe Kollegen,


    ich wollte euch um Rat bei Unterrichtsstörungen bitten.


    Zu meiner Person: Ich bin weiblich, 28 Jahre und seit diesem Februar habe ich meine erste feste Stelle angenommen. Ich habe bisher einen recht schwierigen Weg hinter mir und ich bin im Beruf noch nicht richtig angekommen. Bis zum Studium lief alles sehr gut, aber der Einstieg in den Beruf war eine Katastrophe. Ich bin in ein nicht so tolles Seminar und an eine Ausbildungsschule gekommen, in der ich nicht gefördert wurde. Ich habe immer wieder nach Rat gesucht, um meinen Unterricht an die Forderungen des Seminars anzupassen, aber keinerlei Hilfestellungen bekommen. Es waren so ziemlich alle Besuche Katastrophen und das Schlimmste daran war für mich immer, dass ich nicht wusste, wie ich es besser machen soll und genau wusste, dass der nächste Besuch eben so schlecht werden würde. Für mich war diese Zeit wie ein Warten auf eine Hinrichtung mit entsprechenden Gefühlen.


    Schließlich habe ich dann die Zulassung zur zweiten Staatsexamensprüfung nicht bekommen und durfte dann endlich sowohl Seminar als auch Schule wechseln. Durch diesen Wechsel und vor allem durch die Förderung dort habe ich dann mein Examen mit 3,3 abgeschlossen. Da ich verlängern musste und meine Noten nicht unbedingt einladend sind, hat es natürlich etwas gedauert bis ich eine neue Festanstellung gefunden habe.


    Jetzt ist eigentlich alles gut: Ich habe den ersten Teil meiner Probezeit mit 3 von 5 Punkten bestanden und meine Schüler sind pflegeleicht und motiviert (klassisches Gymnasium mit gutem Einzugsgebiet). Dennoch mache ich mir riesige Sorgen: einige Eltern haben sich mehrfach über die Lautstärke in meiner Klasse beschwert und ich bin mir sicher, dass dies auch zu meiner Schulleitung durchgedrungen ist. Die Schulleitung hat mir die doch positive Bewertung gegeben, aber mich im gleichen Atemzug auch zu zwei Beratungsbesuchen (ich habe aufgrund meiner schlechten Erfahrungen Angst davor), zwei Fortbildungen zum Classroom-Management und einem Coaching mit einer Kollegin "verdonnert". Die Kritikpunkte bezogen sich diesmal weniger auf fachdidaktische Punkte (was erstaunlich ist bei meiner Vorgeschichte), sondern vermehrt auf die Lautstärke (die aber in den Besuchen nicht so ausgeprägt waren). Ich habe Angst, dass, wenn ich die Probleme nicht löse, nochmal ein halbes Jahr dranhängen muss und dementsprechend noch mehr Besuche machen muss.


    Ich weiß nach wie vor nicht, wie ich Ruhe in meine Klasse bekommen soll. Ich habe schon versucht den Unterricht motivierender zu gestalten und strenger und konsequenter aufzutreten, aber die Schüler nehmen mich nicht als eine Autoritätsperson war. Wenn die Themen interessant sind, dann tauschen sie sich zwar fachbezogen, aber dennoch laut über diese Themen aus. Die Schüler finden mich entweder zu nett und machen, was sie wollen oder andere Klassen können mich nicht leiden und machen aus Protest, das was sie wollen. Da ich noch in der Probezeit bin und wir eher ein Gymnasium mit Einzelkämpfermentalität sind, habe ich keine Möglichkeit dort Hilfe zu bekommen. Ich habe ausführlich mit meinem Mann darüber gesprochen (der ebenfalls Lehrer ist), aber "Du musst dich halt einfach durchsetzen. Egal, wie." oder "Du musst dich besser mit den Schülern verstehen", bringen mir so ziemlich gar nichts. Nach den Gesprächen fühle ich mich ehrlich gesagt noch armseliger und kleiner als zuvor zumal wir pflegeleichte Schüler haben, die bei anderen Lehrern folgsame Schafe sind.


    Soviel zu der Situation. Ich bin für konstruktive Kritik und Hilfe sehr dankbar!

  • Okay...
    - welche Jahrgangsstufe? Ggf auch wie ist die Zusammensetzung der Klasse?
    - da du schreibst "deine Klasse" - ich nehme an in Englisch? Welche Themen, hast du das Gefühl, finden sie "interessant"?
    - was für ein Typ Lehrerin bist du... so rein vom "ersten Eindruck"... denn hier seh ich nur einen Nick. Gibts irgendeine Person, die man kennt, mit der du dich vergleichen könnte? Oder auch ein Bild oder Lied oder was auch immer, wo du denkst, es drückt dich aus?


    Und dann... überlegen wir uns mal was.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Vielen Dank für die schnelle Antwort. Also eine erhöhte Lautstärke habe ich eigentlich in fast jeder Klasse. Am Schlimmsten ist es im Moment in meiner neunten Klasse in Englisch. Es ist eine Lateinklasse und relativ große Klasse mit 29 SuS. Da es eine Lateinklasse ist, sind hauptsächlich Jungen in der Klasse. Die Pubertät hat in dieser Klasse sehr spät angefangen, sodass die Schüler jetzt ihre Grenzen ausweiten.


    Die Schüler finden ethische Themen wie Gerechtigkeit (In Religion interessant) und ich würde sagen Grammatik und politische Themen in Englisch interessant.


    Vom Typ Lehrer her. Ich würde sagen, dass ich eine sehr ruhige und zurückhaltende Person bin. Ich bin zwar relativ groß, aber habe meistens eine eher gebückte Haltung. Gleichzeitig bin ich durch das Ref. ziemlich verunsichert und nicht durchsetzungsfähig. Ich bin meistens fröhlich und wahnsinnig nett und sehr angepasst. Ein bisschen wie ein Schaf, was versucht einen Welpen zu beißen.

  • Süßer Vergleich.
    Ich schreib dir ne Nachricht.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
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  • Guten morgen 9b, ich habe gehört, dass sich manche von euch beschwert haben, dass es zu laut ist im Englischunterricht. Ich sehe das genauso. Allerdings fand ich es kindlich, dass sich 15-Jährige bei ihrer Mama beschweren, dass es zu laut ist. Ich erinnere euch hiermit daran, dass es nur einen Verantwortlichen für Lautstärke in diesem Raum gibt und das seid ihr. Das bist du. Und du. Und du. Jeder einzelne. Und wenn ihr Hilfe braucht, beim Mund halten werde ich euch ab heute dabei helfen. Es gibt bis zum Halbjahreszeugnis nur noch Stillarbeit und ich helfe euch von hier vorne, dass ihr still arbeitet. Das ist vielleicht langweilig und wenn ihr mir zeigt, dass ihr bereit für was Cooles seid, schaun wir mal, was sich machen lässt, es hängt nur von euch ab. Es geht gleich los damit, Buch S. 25 Nr 1a-f. Hans, Mund zu.


    Was ich damit sagen will: vergiss, was war, beende die fruchtlose Ursachensuche, hör auf, dich über äußere Umstände zu beschweren, hake dein Selbstmitleid ab und frage niemanden mehr um Rat. Fang stattdessen an, dich mit beiden Beinen vorne hinzustellen und Unterricht zu machen. Keinen spektakulären, bei dem dich (vermeintlich) alle lieb haben, sondern einen strukturierten, sich wiederholenden, bei dem du Kapazitäten hast, für Ruhe zu sorgen und vielleicht auch mal mit einem Witz zu kontern, auf jeden Fall Kapazitäten, so zu agieren, dass du den Ball jederzeit zurück spielen kannst.Und scheiß auf die Unterrichtsbesuche, du bist examinierte Lehrerin :super:

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Dafina,


    die angebotenen Lösungen sind einerseits plausibel, andererseits müssen sie zur Persönlichkeit der jeweiligen Lehrerin passen. Würdest Du so auftreten wie hier gesagt, käme das bei Deiner von Dir beschriebenen Persönlichkeit total unauthentisch rüber. Bei Miss Jones und Mrs Pace kann ich mir das hingegen SEHR GUT vorstellen... ;)


    Du schreibst, dass Du leicht gebückt vor der Klasse stehst - dass Du verunsichert bist und eine "Beißhemmung" hast.
    Das merken natürlich auch Deine Schüler sofort und gehen soweit, wie Du sie letztlich lässt. "Setz Dich durch" ist natürlich auch so eine altkluge Phrase, die nur von Leuten kommen kann, die glücklicherweise dieses Problem nicht haben oder kennen.


    Du brauchst meines Erachtens Rollenklarheit - in zwei Richtungen.


    a) Du brauchst Rollenklarheit, was Deine Position als Lehrerin im Kollegium und gegenüber der Schulleitung angeht. Selbst in der Probezeit bist Du nicht Teil des Gesindes, das analog zum ostelbischen Gutshof in der Vorkriegszeit immer nur zu tun hat wie der Gutsherr aka Schulleiter befiehlt.
    Du bist Lehrerin in der Probezeit und genießt auf der Basis des Schulgesetzes, des Landesbeamtengesetzes und der Allgemeinen Dienstordnung auch gewisse Rechte. Du bist jetzt schon faktisch unkündbar, es sei denn, Du fährst den Karren richtig gegen die Wand, was ja ganz offensichtlich nicht der Fall zu sein scheint.
    Die kollegiale Zusammenarbeit ist Teil der Pflichten, die man als Lehrkraft hat, so dass Du Dich durchaus an KollegInnen wenden kannst und das auch tun solltest. Da sind mit Sicherheit einige gleichaltrige KollegInnen, mit denen man zusammenarbeiten kann. Gerade in der aktuellen Junglehrergeneration sollte das doch der Fall sein.


    b) Du brauchst Rollenklarheit, was Deine Position als Lehrerin gegenüber den Schülern angeht.
    Das heßt konkret, dass Du in der Tat den Schülern sagen darfst (und mitunter musst), wo es lang geht. Wie groß oder klein, dick oder dünn oder wie auch immer man aussieht, ist dabei sekundär. Eine aufrechte Haltung und eine entsprechende Entschlossenheit sind hier wesentlich. Schüler merken wie gesagt, wen sie vor sich haben. Deine Unsicherheit überträgt sich auf die Schüler - gerade in der Pubertät wollen diese ja Grenzen erfahren. Und die musst Du setzen. Das kann man auf der zwischenmenschlichen Ebene lösen (einzelne Störenfriede bei der Ehre packen, konkret ansprechen und ermahnen) und/oder auf der formalen Ebene (konkrete Sanktionen - Ausschluss aus dem laufenden Unterricht, Nacharbeit unter Aufsicht, Elterngespräch etc.). Wichtig ist dabei, dass Du Dir darüber im Klaren bist, was Du willst und dass Du das dann mit der nötigen Entschlossenheit durchsetzt. Gerade bei den 15jährigen Jungen solltest Du Dich vor versammelter Mannschaft aber auf keinen Machtkampf einlassen.


    und


    c) Du musst aus der - wie soll ich es sagen - "Opferrolle", in der Du Dich gerade mehr oder weniger befindest, herauskommen. Du musst die Initiative zurückgewinnen, damit Dir die Schulleitung eben nicht diverse Fortbildungen etc. aufbrummt, die Eltern oder die Schüler blöd kommen. Du kannst an der Situation durchaus etwas ändern, wenn Du auf der Basis Deiner Schwächen, derer Du Dir ja bewusst bist, konkret überlegst, was Du anders machen möchtest. Das solltest Du dann mit aller Entschlossenheit tun.

  • Hallo,
    ich bin neu hier (lese schon eine Weile mit) und genau wie du frisch im Job und manchmal ebenso lieber das unbissige Schaf :)
    Aber: Das macht dir auf Dauer das Lehrer-Leben zur Hölle. Nicht nur die Schüler, auch Du bist massiv der Lautstärke ausgesetzt und was sich jetzt vielleicht noch ertragen lässt wird vielleicht in ein paar Jahren zum erheblichen Stressfaktor.
    Darum kann ich den Rat mit der Rollenklarheit nur unterstützen. Die Schüler merken Unsicherheit bei Lehrern sofort - darauf sind sie quasi spezialisiert.
    Was mir ganz konkret hilft (brauche ich nicht immer, aber an Tagen, an denen ich vielleicht müde oder gestresst/genervt bin):
    Ganz aktiv und bewusst in die Rolle schlüpfen und sie genau so auch wieder ablegen. Ich habe mir dafür das Schultor gewählt: Sobald ich da durch Laufe: Schultern hoch, fester Blick und die innere Haltung: Ich entscheide wo es langgeht in meinem Unterricht.
    Abends beim rausgehen: Tief durchatmen und stolz sein, dass man Lehrer ist und heute ein paar Schüler ein kleines bisschen schlauer gemacht hat.


    Die interessiert dein Ref übrigens nicht, die messen dich an dem, was du jetzt tust.

  • An meiner jetzigen Schule haben wir einen Trainingsraum, in den man die Schüler/ innen nach zweimaliger Verwarnung schicken kann: Erst kommt man auf gelb, dann rot. Rot heißt Trainingsraum. An meiner früheren Förderschule hatten wir das nicht, aber ich habe die Schüler/innen nach demselben System verwarnt: ein gelbes und daneben ein rotes Rechteck an die Seitentafel malen. Nach der ersten Verwarnung wird derjenige in die gelbe Spalte geschrieben. Beim zweiten Mal gibt es rot. Ggf. kann man sie zwischendurch in eine orange/ gelbrote Spalte schreiben. Dann musst du dir vorher überlegen, welche Folgen es hat, wenn man in der roten Spalte landet. Entweder bekommen die Schüler Texte zum Abschreiben mit, in denen es um die Verhaltensstörung geht oder du gibst ihnen etwas mit, das zum Stoff passt, den sie aufgrund ihrer Störung, in dem Moment verpasst haben. Oder du bestellt sie zu einem Termin zum Nacharbeiten ein, das habe ich bei den Schülern gemacht, die zuhause gar nichts erledigt haben. Auf jeden Fall habe ich nach der Stunde immer mit den „Störenfrieden“ gesprochen. Außerdem kannst du dafür sorgen, dass die Eltern über die Störung informiert werden: Unterschrift einfordern, entweder unter die Extraarbeit oder du vermerkst einfach mit Datum, Unterrichtsstunde und deinem Kürzel: z.B. stört wiederholt durch Zwischenrufe. Wird die Unterschrift nicht vorgezeigt, die Eltern telefonisch informieren.


    Letzteres ist mir jetzt auch passiert, allerdings als Mutter. Meine 14-jährige Tochter quatscht im Moment auch sehr gerne und ist von Pubertätsdemenz betroffen, der unterschriebene Zettelmwurde zweimal nicht vorgezeigt ...


    Zusätzlich zu der Stillarbeit kannst du z.B. kurze wöchentliche Vokabeltests am Stundenbeginn einführen. In den Stunden ohne Tests machst du z.B. Vokabelübungen als Vorbereitung auf den Test zu Beginn, so dass der Anfang der Stunde immer gleich abläuft. Die Schüler werden sich im Laufe der Zeit daran gewöhnen und es ist erstmal ruhig.


    Du kannst ja für die Stillarbeitsphasen auch mal interessantere Arbeitsblätter z.B. mit Rätsel einsetzen, muss nicht immer das Buch sein ;) Ich bringe den Kids zwischendurch auch mal was Süßes mit, damit es netter ist, z.B. jetzt zur Adventszeit oder es gibt mal ein YouTube-Filmchen passend zum Thema, damit die Stunde etwas aufgelockert wird.


    Ich hatte in einer Klasse 8, Förderschule Lernen montags die sechste Stunde Deutsch-Förderunterricht- sonst hatte ich in der Klasse keinen Unterricht. Es war anfangs sehr unruhig, in meiner ersten Stunde dort bekamen sich gleich zwei Schüler zu Beginn in die Wolle. Der eine (120 Kilo schwer, 1,80 m groß- ich 50 Kilo und 1,60 m) flippte aus, kippte seinen Tisch um und wollte sich auf den anderen stürzen, der zum Glück so schlau war, schnell aus der Klasse zu rennen... Kein schöner Einstieg :) und einen Bezug zu den Schülern herzustellen, war durch die Einzelstunde nicht wirklich gut machbar. Da ich eine eigene Klasse hatte, wollte ich meine Energie auch ehrlich gesagt lieber mehr in die Klassenleitung stecken und der Vorbereitungsaufwand für diese einzige Stunde sollte gering sein. Mein Wunsch war nur, Ruhe reinzubekommen! Da hat am besten geholfen, dass ich die Verwarnungsgesxhichte konsequent durchgezogen habe und vor allem dass jede Stunde komplett gleich ablief. So wurde es tatsächlich ruhig und die Schüler fanden es nach eigenen Angaben sogar gut, weil es immer dasselbe war: Entweder ein Lesetext aus dem Buch oder eine Kopie zum Lesen, Vorlesen des Textes, Klären unbekannter Wörter, Fragen an der Tafel ins Heft abschreiben und Antworten in Einzelarbeit verfassen. Zum Schluss Vergleichen der Antworten. Ich sammelte die Hefte ein und die gab es nächste Woche zurück. So konnte ich dann sogar mal mit einzelnen leise lesen üben, während die anderen geschrieben haben und vor allen Dingen war es ruhig. Die Kids waren zufrieden, weil sie wussten, was auf sie zukam, jeder wusste, er kann das gut schaffen und weil sie selbst die Ruhe im Endeffekt auch genossen haben.


    Es kann nur besser werden! Du nimmst deine Probleme ja in Angriff! Die Fortbildung über Classroom Management würde ich als Hilfe sehen, ich finde, dass man da durchaus das eine oder andere an Tipps bekommen kann. Und das Coaching durch den Kollegen- wenn du mal bei ihr oder ihm hospitieren kannst, kann doch auch ganz aufschlussreich/interessant sein.

  • Vielen Dank für die ganzen Ratschläge! Ich werde wohl wirklich vor allem an meinem Selbstbewusstsein arbeiten müssen.


    Ich habe mich erstmal für einen Selbstbehauptungskurs bei der Polizei entschieden. Ich hoffe, dass durch das regelmäßige Training schneller eine (Ver)haltungsänderung stattfinden kann.


    Ansonsten kann ich nur noch daran arbeiten früher und konsequenter zu handeln. Ich bin so oft mit dem Kopf im Unterrichtsgespräch, sodass mir oft nicht auffällt, wenn irgendwer Mist macht. Irgendwann breitet das Feuer sich dann aus und die ganze Klasse ist miteinander beschäftigt. Sitzordnungen und Strafarbeiten wie Protokolle oder Elternbenachrichtungen haben nicht viel geholfen. Die Unterschriften werden unterschrieben und die Protokolle vernünftig geschrieben. Eine Verhaltensbesserung findet jedoch nicht unbedingt statt.


    Ich denke, dass die Lösung nicht in Strafen liegt, sondern darin Autorität und Respekt zu bekommen. Und wenn ich weiter so gebückt laufe und extrem freundlich bin, bringen die Strafen auch nichts.

  • wie ist das verhältnis zwischen deinen sus und dir? magst du sie? so als menschen? plaudert ihr manchmal? mögen sie dich? interessierst du dich wirklich für sie? beziehung ist die basis von allem. der rest ist handwerk und z.b. in seminaren oder im ref oder aus büchern (classroom-management und (fach-)didaktik) zu lernen.


    rollentrennung ist wirklich extrem hilfreich. du kannst im klassenzimmer eine unterhaltsame führungsperson sein, auch wenn du das privat so gar nicht bist. dazu musst du das wollen und es zudem jeden tag konsequent üben. man kann das lernen, wirklich. deine schulleitung scheint dich ja durchaus dabei unterstützen zu wollen. die frage ist, ob du das wirklich lernen willst, ob du dich in dieser rolle auf dauer wohlfühlen willst und kannst. macht es dir wirklich freude, jeden tag 6x45 minuten mit großen teenagergruppen zu arbeiten? oder anders: willst du lehrer sein? evtl. andere schulform?

    • Offizieller Beitrag

    wenn ich mich selbst auf Photos sehe, habe ich auch eine krumme Haltung. Leider.


    Das allein hat aber nichts damit zu tun, sich von den Schülern nicht hops nehmen zu lassen.


    Wann genau merkst du denn, wenn es im Unterricht zu laut wird? Die Toleranzschwelle unter den Lehrern ist da ja sehr unterschiedlich groß. Und zu bestimmten Arbeitsphasen gehört auch eine gewisse Murmellautstärke, die gerne mal anschwillt.


    Wo ist da deine Schmerzgrenze? Reden die Schüler kreuz und quer über einander hinweg?
    Rufen sie in den Unterricht hinein? Zur Sache gewandt? oder Privates?


    Sind es immer dieselben paar Störenfriede? Gibt es da einen Leitwolf, der die anderen mitzieht? Könntest du sie auseinandersetzen? Mit Stillarbeit versorgen? Einzelgespräche führen?


    Sehr wirkklungsvoll: aufhören zu unterrichten, sich fest aufstellen, Arme verschränken, böse -noch besser: gelangweilt!- auf einzelne Störenfriede achauen, warten, bis Ruhe eingekehrt ist: "können wir endlich weitermachen?" Kurze Pause. Wenn es ruhig bleibt, weitermachen. Verlorene Zeit in Minuten an der Tafel notieren, wenn sich 45 addiert haben, einne Nachmittag zur beaufsichtigten Nacharbeit bestellen. (Vorher Info-mail an die Eltern)


    Immer wieder hilfreich: Störenfriede zum Unterrichtsgeschehen aufrufen. Wenn sie wiederholt keine Antwort wissen: deutlich eine runde kleine Note in die Namensliste eintragen. Ist plump, kann aber helfen, besonders wenn man eine Klientel hat, die eigentlich durchaus lernen möchte, aber halt pubertätsgeschüttelt ist. Hilft vor allem bei deren Anführer.




    Eine andere Möglichkeit: kann es sein, dass die Klasse dadurch, dass du "lieb" sein willst, die Klasse fachlich unterforderst?


    Und natürlich die Frage: was gibt es an eurer Schule für erzieherische Maßnahmen? Daran solltest du dich orientieren.

  • Liebe Dafina,


    die angebotenen Lösungen sind einerseits plausibel, andererseits müssen sie zur Persönlichkeit der jeweiligen Lehrerin passen. Würdest Du so auftreten wie hier gesagt, käme das bei Deiner von Dir beschriebenen Persönlichkeit total unauthentisch rüber.
    ...


    Genau!


    Ich kenne kleine zarte Persönchen, die als Lehrer/in "groß rauskommen" und ich kenne große, starke Persönlichkeiten, die als Lehrer/in untergegangen sind.


    Oben ist vieles geschrieben worden und das Thema wird hier offensichtlich immer wieder diskutiert. Da kannst du viele Erfahrungen sammeln und etwas raussuchen, um es auszuprobieren.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Informiere dich über die Bausteine des Classroom-Managements:
    Präsenz zeigen, also den Schülern zeigen, dass du über ihr Tun informiert bist. Wenn dir Störungen auffallen, darauf reagieren. Das muss ja nicht immer gleich die Schimpftirade oder Strafarbeit sein. Ich mache in dieser Beziehung sehr viel nonverbal. Auf die Schüler langsam zugehen, sie gezielt anschauen, Gesten in ihre Richtung etc. Bei vielen reicht das schon. Und zwar, bevor die Störung sich weiter auf die nächsten ausbreitet. Oder einfach nur den Namen des Schülers sagen und sofort im Unterricht weitermachen. Viele meinen es ja gar nicht böse und ihnen ist selbst nicht unbedingt bewusst, dass sie gerade stören. Durch deine Zurechtweisungen darfst du nicht selbst zum Störfaktor in deinem Unterricht werden, sprich, der Unterrichtsfluss sollte dadurch nicht (groß) unterbrochen werden. Man kann wunderbar seinen Unterricht halten und dabei auf einen Störer zugehen und ihm beispielsweise das Comicheft etc. wegnehmen ohne viel dazu sagen zu müssen.
    Das ist schon der zweite Baustein Unterrichtsfluss. Wenn du entsprechende Stolpersteine in deinem Fluss hast, führen diese auch dazu, dass die Schüler dadurch abgelenkt werden und du sie erst wieder mühsam einfangen musst. Ich kann eine Minute damit verdödeln, meine Folie herauszusuchen oder den Beamter anzuschalten, ich kann das aber auch ganz nebenbei machen.
    Aktivierung der Schüler, z.B. über die Art und Weise, wie man eine Frage stellt und sie dran nimmt. Z.B. erst die Frage stellen, dann einen Schüler aufrufen. So haben alle das Gefühl, sie könnten nun drankommen. Oder nach der Frage einige Sekunden Pause geben (und die Stille ertragen), damit die Schüler Zeit haben, über die Antwort nachzudenken und sich zu melden. Passende Aufgaben finden (Differenizierung), um Überdruss bei den Schülern zu vermeiden.
    Regeln einführen. Nicht zu viele, vielleicht drei oder vier. Diese aber auch durchsetzen. Das kann ja auch freundlich geschehen. Und vorher Konsequenzen überlegen bei Nichteinhaltung der Regeln.
    Zum Thema Autorität: Da hatte ich im Referendariat ein Schlüsselerlebnis, als ich einen Schüler zu irgend etwas aufforderte (weiß nicht mehr, was es war). Schüler: "Warum soll ich das tun?" Ich bestimmt: "Weil ich es möchte." Und dann hat der Schüler dies ohne weitere Diskussion getan. Ich war über mich selbst ganz überrascht.


    Sarek

  • Dem Gesagten kann ich mich so anschließen - vor allem dem Annehmen der Lehrerrolle. Ein wichtiger Teil des Berufs.


    Außerdem: Frag doch mal einen Kollege/Kollegin bei der die Klasse ruhig ist, ob du dich hinten rein setzen darfst. Schau dir an wie die das machen und ob du an deinem Verhalten was ändern kannst. Denn in ganz wenigen Fällen sind die SuS schuld, wenn es zu laut ist.

  • Dem Gesagten kann ich mich so anschließen - vor allem dem Annehmen der Lehrerrolle. Ein wichtiger Teil des Berufs.


    Außerdem: Frag doch mal einen Kollege/Kollegin bei der die Klasse ruhig ist, ob du dich hinten rein setzen darfst. Schau dir an wie die das machen und ob du an deinem Verhalten was ändern kannst. Denn in ganz wenigen Fällen sind die SuS schuld, wenn es zu laut ist.


    Das finde ich grundsätzlich richtig, nur - wie ich oben beschrieb - um jemanden zu finden, von dem man sich beraten lassen möchte, weil man ihn/sie als Vorbild betrachten kann/will. Weshalb? Die "Kämpfe" mit meinen Schülern habe ich meist in den ersten Wochen, da möchte ich ungern jemanden dabei haben. Später ist ja alles nur noch "halb so schlimm". Dann sieht der Hospitant zwar, wie es bei mir zugeht, aber nicht mehr so richtig, wie ich es dazu "gebracht" habe. Sicherlich, ich muss immer noch ermahnen und setze Sanktionen ein, aber das dient alles nicht mehr so sehr der Herstellung einer akzeptablen Lern- und Arbeitsathmosphäre, sondern der Erhaltung einer solchen. Das ist ein gewaltiger Unterschied.


    Insofern plädiere ich also dafür, sich jemanden zu suchen, bei dem man denkt, "so will ich es in meinem Unterricht auch haben" und diesen dann bitten, sich bei einem reinzusetzen und (in der Regel hinterher) zu beraten.


    U.U. wäre es ja vielleicht auch sinnvoll, sofort zu beraten a la "Super-Nanni", die den Müttern immer in Anwesenheit ihrer Kinder sofort sagte, was sie falsch machen und wie sie anders reagieren sollen. (Weiß nicht, ob das gut wäre, i.d.R. gilt ja, dass man sich nicht in Anwesenheit der Schüler einmischt, aber wenn man sowieso nicht vorhat, an dieser Schule zu bleiben, kann man das vielleicht auf sich nehmen.)

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Ich mag meine Schüler im Allgemeinen schon. In manchen Klassen habe ich ein engeres Verhältnis, in manchen Klassen ist es noch zu förmlich. Ich nehme mir für diese Klassen vor mehr Smalltalk zu führen, damit ich sie besser kennenlerne und nicht zu distanziert bin. Ich denke, dass meine Unsicherheit häufig wie eine Barriere zwischen mir und den Schülern ist. Daran arbeite ich bereits.


    Ich merke es immer irgendwie, wenn es zu spät ist. Wir begrüßen uns. Es ist dann leise. Wir fangen an und irgendwann in der Hinführung bemerke ich, dass das Chaos sich anbahnt. Irgendwo hat jemand angefangen zu quatschen und dann machen viele mit. Mir fällt es schwer die Klasse während des Unterrichtgesprächs zu beobachten, weil ich dem Schüler zuhören muss, der dran ist, und gleichzeitig alle anderen im Blick haben muss. Dann sehe ich nicht, dass jemand quatscht. Genauso wenn längere Texte vorgelesen werden und ich auf die Sprache achten muss. Während der Erarbeitungsphase ist es unterschiedlich laut je nachdem wie gut die Aufgaben verstanden wurden. Wenn ich einem Schüler etwas erkläre, verliere ich die Klasse aus dem Fokus und sie werden laut. Dann ist es teilweise so laut, dass ich mich nicht mehr konzentrieren kann und Fehler mache und mich einige Klugscheißer dann korrigieren.


    Die Sitzordnung habe ich verändert, Strafen auferlegt etc. Meine Autorität ist zur Zeit im Eimer. Im Moment geht es etwas besser, weil ich jede Stunde an die Kommunikationsprüfung erinnere. Die erste Klassenarbeit ist miserabel ausgefallen und jetzt sind einige Rabauken etwas motivierter, weil sie die vier in der Arbeit gar nicht auf dem Zeugnis haben wollen. Natürlich waren die Eltern über die Noten nicht erfreut. Wir haben aber alles geübt, was dran kam. Es haben aber viele die Hausaufgaben nicht gemacht und die ganze Zeit im Unterricht gequatscht.


    Es steht bald noch ein Vermittlungsgespräch zwischen mir und der Klasse mithilfe der Klassenlehrerin an. Es wird aber jetzt schon etwas besser, weil ich den Schülern klar gemacht habe, dass ich ein Interesse daran habe, dass die nächste Arbeit besser wird. Es aber auch in ihrer Hand liegt.

  • ...
    Es steht bald noch ein Vermittlungsgespräch zwischen mir und der Klasse mithilfe der Klassenlehrerin an...

    Würde ich mir überlegen. Die Klassenlehrerin sollte m.E. lieber der Klasse vermitteln, dass sie keine Beschwerden von dir über die Klasse hören will und dass sie erwartet, dass sich die Gruppe am Riemen reißt. Hilfreiches Motto: die Lehrer halten hier zusammen. Ungünstiges Motto: Seid mal bitte nett zu Frau Dafina, die kann das noch nicht so gut. Ganz ganz schlechtes Motto: Jetzt sagt mal Frau Davina, was ihr euch von ihr wünscht.


    Also derlei "Vermittlungsgespräche" würde ich nur führen, wenn ich mir der Unterstützung der Klassenleitung 100% sicher sein kann.


    Und noch mal: es ist normal, dass man sich am Anfang auf den Unterricht konzentriert und dabei die Klasse aus dem Blick verliert. Daher würde ich am Anfang die Methoden so wählen, dass meine Konzentration für die Klasse reicht. Dann wird der Text halt nicht vor- sondern leise gelesen. Oder du hörst nicht dem Vorlesenden zu, sondern achtest auf die Dazwischenquassler. Reicht ja ein: Danke, Günther, Sabine liest jetzt weiter. Und wenn dann wieder einer anfängt zu reden, haust du mit der flachen Hand auf den Tisch und unterbrichst die Leserei demonstrativ. Oder, sanfter, sagst dass manche gerade nicht zuhören können und deswegen jetzt still jeder für sich liest...

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