Körperliche Nähe zu SchülerInnen in der Grundschule

  • Gibt es denn irgendwo eine Regelung, was man darf und was nicht? Dürfen Kindergartenkinder auf dem Schoß sitzen? Bis zu welchem Alter?

    Dürfen sie Alter egal. Viele nehmen das als Belohnung auf zB beim Vorlesen was ich zulasse aber für einige ist das eine Bestrafung oder für mich


    Heute habe ich im Abschlusskreis einen 3 jährigen auf meinen Schoss gesetzt weil er nur Quatsch gemacht hat und zack hat er mir auf die Hose gepinkelt ;(

  • Das ist auch so. 80% unserer Kinder, ca. 320, sind im Ganztag. 50 Kinder kommen hierbei schon zwischen 6 und 8 Uhr. 100 bleiben bis 17 Uhr. Viel Zeit hat man nicht mit seinen Eltern und dann müssen wir noch über die Qualität der Zeit reden.

    Ich denke oft daran das ich besonders für die 7-17 Uhr Kinder den Tag im Kindergarten so angenehm machen möchte wie möglich und versuche es immer im Hinterkopf zu haben wenn sie arg schlecht drauf sind besonders am Nachmittag ihnen, so gut wie ich es kann, eine häusliche Atmosphäre zu ermöglichen und als Bezugsperson zu dienen

  • Jeder hat eigene Grenzen, ich finde, auf die sollte man hören. Kurzes umarmen oder eher "umbauchen" auf dem Schulhof find ich okay. Ich kenne die Kleinen zwar kaum, aber sie freuen sich immer über ein Wiedersehen. Auf dem Schoß will ich kein Kind haben. Schon allein, weil sie so ungepflegt sind :flieh:


    Ich bin froh, dass ich nur selten bei den Kleinen bin, dieses Reinstürmen, zu nah kommen und erstmal 1000 persönliche Sachen erzählen finde ich nicht altersgerecht. Natürlich gibt es Redezeiten, oder dringende Themen mit Vorrang. Aber einer wildfremden Person morgens 7.45 die Gefängnisaufenthalte der Mutter eines Mitschülers zu erzählen o.ä. zeugt davon, dass sie eben lernen müssen, was sozial angemessenes Verhalten ist. Mit Zuneigung hat das nicht so viel zu tun, eher mit Formen von Bindungsstörung. Aber ich arbeite vielleicht auch in einem Sonderkosmos.


    Egal, jedenfalls muss das m.E. jeder selbst für sich fühlen. Und die Diskussion um Männer oder Frauen verstehe ich nicht. Die Kinder kleben doch an den Erwachsenen, nicht umgekehrt, die Grenze zum Verhalten eines kranken Täters ist glasklar. Alleine mit einem Kind hinter verschlossenen Türen sollte man generell vermeiden.

  • Ach ja vielleicht passender zum Thema, als ich im Hort war haben die Kinder eigentlich kaum körperliche Nähe aufgesucht. Die 1 Klässler am Anfang etwas aber eher distanziert. Ich kenne das was ihr beschreibt eher vom Kindergarten also 3-6 Jährige.

  • In der Grundschule sieht man die Kinder mehrere Stunden jeden Tag, oft von halb acht bis halb zwei und ist ständig in Interaktion, da baut man schon eine enge Beziehung auf und ich habe sie ja auch gern. Ich versuche aber schon, mich als Lehrerin und nicht als Tante lamaison zu zeigen. Die Kinder haben trotzdem Respekt, auch wenn sie einen duzen und ankuscheln.
    Rote Ameise hat es gut beschrieben, so ähnlich verhalte ich mich auch.

  • Ich verhalte mich auch ähnlich wie rote Ameise.


    Die Kleinen brauchen einfach hin und wieder eine kleine Kuscheleinheit. Der Tag ist für so ein kleines Kind lang und die Anforderungen hoch, wer will da nicht hin und wieder mal Bestätigung? Und wenn sie im Morgenkreis nah an mich heranrutschen, dann streichle ich ihnen mal den Kopf und frage "Gehts dir gut heute?", meist ist dann Ende, die Bedürfnisse des Kindes sind erfüllt und es rückt wieder auf seinen vorherigen Platz. Genau wie beim Anstellen, wenn da einer einfach kurz Aufmerksamkeit braucht und sich an mich drückt, bekommt er ein Getätschle auf den Rücken und ein paar liebe Worte, und gut isses.


    Eigentlich handhaben das bei uns alle so, wobei es vom Typ her schon kuscheligere Lehrerinnen gibt als andere.


    Wenn es mir zu eng wird, sage ich das. Einfach "Okay, jetzt reichts dann aber", oder "Geh doch mal auf deinen Platz" - kein Problem.
    Ich bin nicht sehr groß, spätestens in der vierten Klasse sind mir viele über den Kopf gewachsen, und da umarmen sie mich dann am Pausenhof auch nicht mehr, wenn sie mich sehen :)



    Wir hatten mal eine Kollegin, die hat alle Kinder vehement weggeschoben und streng gesagt: "Stop, ich bin deine Lehrerin, nicht deine Mama", das fand ich für so Kleine relativ heftig, weil sie ein bisschen vor den Kopf gestoßen wurden (und genützt hat es auch nicht viel).

  • Krabappel, du bist halt keine Klassenlehrerin. Von fremden Kindern lasse ich das auch nicht zu.

    Stimmt, die Achtklässler klettern inzwischen auf anderer Leute Schoß :D und wie gesagt, ich rede nur von mir, wenn jemand gerne Körperkontakt zulässt, ist das doch absolut angemessen. (Und sie sind ja auch bei uns, weil in der Entwicklung was schief gelaufen ist, daher ist einiges an komischem Verhalten auch komprimierter...)

  • Ich rede hier von Grundschülern und da wollte ich dir nur sagen, dass ich fremde Kinder auf dem Schulhof auch nicht umarme. Aber meine Kleinen, die ich mit 6 eingeschult habe eben schon, auch noch später. Ich bin 1,83m. Da kann man lange kuscheln.

  • Als Mutter kann ich auch ergänzen, dass ich froh gewesen wäre, wenn meine Kinder im ersten Schuljahr Lehrer (m/w) gehabt hätten, an die sie sich freiwillig rangekuschelt hätten :/

  • Ich bin in der 1/2 und werde täglich bekuschelt. Von mir aus erwidere ich das höchstens kurz mal. Umarmen oder an mich anlehnen im Stuhlkreis finde ich ok. Das gehört halt irgendwie dazu und zeigt ja auch, dass die Kinder einen mögen. Auf dem Schoß mag ich kein Kind haben und auch Hand halten mag ich eher nicht so gerne (ungewaschene Hände und so), deshalb kommuniziere ich das auch und schiebe sie sanft weg.
    Von mir aus halte ich höchstens mal die Hand auf den Rücken zum Beruhigen oder nehme Kinder bei Ausflügen an die Hand, wenn sie nur Quatsch machen bzw. auch in der Schule, wenn sie sich verweigern bzw. wiederholt andere attackieren. Was ich auch mache ist an beiden Armen anfassen und runtergehen zum Kind, wenn ich das Gefühl habe, sonst nicht zum Kind durchzukommen, wenn das gerade verquer drauf ist, aber das alles fällt dann eben genau nicht in die Kuschelkategorie, kann natürlich aber dennoch negativ ausgelegt werden. Es wirkt allerdings oft sehr viel besser als bloße Worte.

  • Als Mann ist in den heutigen Zeiten jeglicher Körperkontakt zu Schülern ein No-Go.


    Das geht so weit, dass in ernsten Situationen das persönliche Prozessrisiko wegen unterlassener Hilfeleistung kleiner und kalkulierbarer ist, als die Abwehr falscher Verdächtigungen wegen Körperkontakt.
    Um es mal überspitzt zu formulieren, bist du in der Rechtspraxis auf der sichereren Seite, wenn du das auf die Straße laufende Kind überfahren lässt und nur hinterher rufst, anstatt es einfach festzuhalten.
    Traurig aber so weit sind wir schon...


    Entsprechend ist jeder Mann gut beraten, als eines der ersten Dinge den Schülern die Einhaltung der Distanz beizubringen.

  • Off-topic:

    Ist das noch eine Kita oder wird das mal ein Waisenhaus?

    Nennt sich Ganztagsschule/-betreuung.
    Das ist das Ergebnis einer Politik, die zwei Vollzeit berufstätige Eltern erforderlich macht, um überhaupt eine Familie über die Runden zu bekommen.
    Wenn den Kindern dann "Nähe" fehlt, ist das wenig verwunderlich...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • @Anja82


    Dein Engagement in Ehren, Du sagst es selbst "die zweite Mama". Das Argument mit dem Alkohol-Hintergrund ist deftig, da kann ich kaum was konkretes entgegnen, und finde es auch richtig, dass Du dann so handelst.


    Allerdings sind die Ursachen für das Verhalten so vielfältig, wie es Schüler gibt. Manche erfahren von zu Hause auch keine "gesunden Grenzen" mehr und nehmen sich dann selbstverständlich alles raus, bzw. erwarten, dass die Lehrer alles managen = werden/sind/bleiben total unselbstständig. Was sich teilweise bis in die Oberstufe hinein zieht.


    Das ist eine für mich erschreckende Entwicklung, obwohl das Kuscheln dafür sicher nicht der Hauptgrund ist. :aufgepasst:


    Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass den Eltern die Hauptverantwortung für ihr Kind obliegt. Dass immer mehr "Erziehungs-" und "Beziehungsarbeit" in Schule passiert, beobachte ich mit Sorge und Interesse: Warum ist das so? Was meinst Du, sind die Gründe dafür? (Berufstätigkeit? Zu viel Zeit vor dem PC? ...)

  • also ich hab auch ein paar, die manchmal an mir kleben. Ich halte es auch so ähnlich wie @roteAmeise, wenn die Kinder zu mir kommen, finde ich das ok.


    Manche brauchen körperliche Nähe oder Berührungen um überhaupt ansprechbar oder aufnahmefähig zu sein. Wenn ich ein Kind tröste, dann berühre ich es dabei auch bzw. nehme es in den Arm.


    Auf meinem Schoss dürfen sie ganz ganz selten bis gar nicht.


    Ich hatte schon Kinder, die mich küssen wollten, da habe ich klar nein gesagt und den Kinder kommuniziert, dass man das nur in der Familie macht.

  • Wir haben bei uns auch einige Mütter, die gar nicht arbeiten, aber ihr Kind auch von 08 bis ca. 16:30-17:00 in die Kita bringen. Leider können diese Mütter ihre Kinder wegen sonstigen Beschäftigungen (zB shoppen mit Freundinnen) nicht früher abholen. :autsch:

  • Als Mann ist in den heutigen Zeiten jeglicher Körperkontakt zu Schülern ein No-Go. Das geht so weit, dass in ernsten Situationen das persönliche Prozessrisiko wegen unterlassener Hilfeleistung kleiner und kalkulierbarer ist, als die Abwehr falscher Verdächtigungen wegen Körperkontakt.[...]

    Gerade den letzten Satz finde ich sowas von falsch. Wenn Gefahr im Verzug ist mögen sich leichtere und kleinere Kolleginnen auf diese Art entschuldigen können, ein Lehrer kann es nicht mehr.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

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