Klausurrückgabe mal anders

  • Ich habe vor ein paar Tagen einen Artikel darüber gelesen, wie eine britische (?) Lehrerin ihre Englischarbeiten /-aufsätze zurückgibt.
    Sie kommentiert die Arbeiten, benotet sie und teilt sie dann (ohne Note) aus. Die Sus sollen sich mit der bearbeiteten Arbeit dann auseinandersetzen, sich 3 Aspekte heraussuchen, über die sie mit der Lehrerin sprechen möchten und dann gibt es ein Gespräch. Es wird über die 3 Aspekte geredet und am Ende soll der Schüler sich selber benoten/ einschätzen. Dann erst gibt es die Note. Sie macht damit gute Erfahrungen.


    Hat jemand Erfahrungen damit?


    Ich hatte das für meine SuS (nur Sek.2) so überlegt: Bisher habe ich ein Blatt mit eine Tabelle, auf dem die Musterlösung steht und daneben eine Spalte ist, in der ich eintrage, wie nah der Schüler an der Musterlösung ist, was gut ist, was fehlt etc., dazu die jeweiligen Punkte für diese Aufgabe. Nun überlege ich, den SuS die Musterlösung auszuteilen und das Blatt mit der Tabelle zu behalten. Die SuS sollen dann selber die Tabelle individuell für sich ausfüllen und dann gibt es das Gespräch. Am Ende bekommen sie dann mein Blatt mit der Tabelle, ausgefüllt und benotet.

  • Das ist eine interessante Idee. Rechtlich wüsste ich auch nicht direkt, was dagen spräche, solange du die Verantwortung für die abschließende Bewertung trägst.


    Falls du es mal ausprobierst, wäre ich an den Ergebnissen interessiert!

  • Ich finde dein angedachtes Vorgehen super. Ich vermute, dass die Schüler auf Dauer so nachhaltiger lernen werden, weil sie sich aktiv inhaltlich und mit ihren Lernprozessen auseinander setzen müssen.

    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

  • Ich mache das seit Jahren so mit Übungsaufsätzen. Also, in Bayern müssen Deutschlehrer vor jeder Klassenarbeit, die aus einem Aufsatz besteht, einen Klassensatz Übungsaufsätze korrigieren und bewerten (- allerdings nicht benoten), vor allem bei neuen Aufsatztypen. Ich mache das da so ähnlich. Ich korrigiere und mache Randbemerkungen. Dann tippe ich ein kurzes Gutachten (das wir sowieso schreiben müssen und ich bin am Computer schneller als handschriftlich).
    Bei der Rückgabe teile ich zuerst eine Musterlösung aus und bespreche diese. Dann bekommen die Schüler ihre Aufsätze ohne Gutachten und sollen drei gute und drei schlechte Aspekte benennen (manchmal auch in Partnerarbeit). Das besprechen wir dann im Plenum und erst dann bekommen sie ihre Gutachten.


    Bei "echten", also benoteten, Arbeiten habe ich das allerdings noch nie gemacht.

  • Die Frage wäre für mich: Wann sollen die Gespräche stattfinden? Evtl. kann man das auch im Klassenverband machen?

  • Das war ich mein erster Gedanke: wann sollen die Besprechungen stattfinden? Es sei denn, man macht dies während der Arbeitsphase der nächsten (Doppel-)Stunde. Grundsätzlich halte ich das auch für sehr reflektiert und schüleraktivierend.

  • Finde ich im Prinzip nett gedacht, aber nicht flächendeckend praktikabel. Ich unterrichte zur Zeit 150 Schüler, von denen die meisten 4 Arbeiten im Jahr schreiben - dann käme ich aus dem Besprechen gar nicht mehr heraus. Im Grunde hat man dann zu jeder schriftlichen Arbeit noch einmal eine mündliche Phase zusätzlich pro Schüler! Unter der korrigierten Arbeit muss außerdem die Note stehen, zumindest ist das bei uns so - d.h. ich müsste die Arbeiten im Zweifelsfall noch einmal einsammeln oder umfassendere Gutachten auf einem Extrablatt verfassen, was ich aber zeitlich nie für alle Schüler schaffe. Mich würde interessieren, wie viele Schüler die Lehrerin unterrichtet und wie oft dort schriftliche Leistungsnachweise gefordert sind. .

  • Also das Besprechen der Arbeiten ist bei uns Standard.
    In sogenannten KAVE-Gesprächen (Klassenarbeitsverbesserungsgesprächen) in der Cafeteria (die Doppeldeutigkeit ist Absicht) wird mit jedem Schüler einzeln die Klassenarbeit besprochen.


    Die restlichen Schüler bleiben im Klassenzimmer, machen Hausaufgaben oder bekommen einen Arbeitsauftrag.


    Gerade heute gab es drei Lehrer, die gleichzeitig in der Cafeteria Gespräche führten und wir witzelten, dass die Plätze irgendwann knapp werden.


    Die Besprechung kann auch in die Notengebung mit einfließen, rechtlich gibt es da gar keine Bedenken, im Gegenteil, die Methode wurde offiziell bei einer Fortbildung des RP Stuttgart empfohlen.

  • die Methode wurde offiziell bei einer Fortbildung des RP Stuttgart empfohlen.

    Keine Ahnung, wie das in BaWü funktioniert, aber zumindest hier habe ich es bei regionalen Lehrerfortbildungen (also quasi FoBis des Ministerialbeauftragten - Gegenstück zum RP nehme ich an) schon mehrfach erlebt, dass tolle Methoden vermittelt wurden, die dann rechtlich doch nicht haltbar waren.
    Aber, wie gesagt, das mag in BaWü grundsätzlich besser organisiert sein. Würde mich auch nicht wundern.

  • Noch ein letzter Beitrag, bevor ich weg bin - ich habe die Methode ausprobiert und bin begeistert!
    Ich mache eh für jede Klausur eine Musterlösung - ich lasse dann noch Felder, um neben die jeweiligen Aspekte etwas schreiben zu können, z.B. "Gut gelungen" oder "Es fehlt viel" - ich unterstreiche auch in der Musterlösung das, was fehlt, dann hat man eine gute Einschätzung visueller Art.


    Ich habe also wie üblich korrigiert und meine Bemerkungen in die Musterlösungen gemacht. Ich habe nur Ausdruck, Rechtschreibung etc. korrigiert. Bei der Rückgabe der Klausur bekam jeder Schüler eine Musterlösung, ohne meine Bemerkungen, und natürlich keine Note (die habe ich auf meinen ausgefüllten Musterlösungen). Die SuS sollten dann ihren Text mit der Musterlösung vergleichen und ebenso vorgehen wie ich - Fehlendes unterstreichen, sich selber bewerten, und zum Schuss sich selbst eine Note geben.
    Ich habe dann ca. 4 Minuten pro Schüler gehabt, um das zu besprechen (zuerst die guten Klausuren, die waren mit der Erarbeitung deutlich schneller ;-) ) und es war grandios - die allermeisten hatten eine fast identische Bewertung wie ich, die gleichen fehlenden Sachen unterstrichen und ähnliche Noten, meistens etwas schlechter als meine Note.
    Ich finde die Methode super und sie macht für mich nicht mehr Arbeit - nur die Besprechung erfordert einen Arbeitsauftrag für die Klasse, aber das lässt sich ja einrichten.

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