kulturelle Missverständnisse

    • Offizieller Beitrag

    Oh, jetzt gefällt mir der Thread langsam. Ich hab auch meine Kultur (obwohl ich wirklich gerne sehen würde, wie Chilipaprika mit einem Baguette unter dem Arm vor dem Stinktier flüchtet...).


  • Jenny Berry
    "ich starte bald in mein Praxissemester und habe von Kommilitonen und Lehrern schon des öfteren mitbekommen, dass sie vor kulturellen Missverständnissen standen.
    Sie habe eine Situation ganz anders wahrgenommen als der Schüler, weil er es aus seiner Kultur anders kennt.
    Habt ihr auch schon solche Erfahrungen gemacht und wie seit ihr damit umgegangen?"


    Wollsocken:
    "Man sollte da einfach kein Gewese drum machen sondern sich zueinander nach gesundem Menschenverstand anständig verhalten."


    Wie wäre es das "Gewese" jetzt auch mal gut sein zu lassen. Wenn hier niemandem Beispiele für "kulturelle Missverständnisse" einfallen bzw. der professionelle Umgang so routiniert ist, dass es höchstens "irgendwelche" Missverständnisse gibt, ist das okay.
    Dass Studierende darauf aufmerksam gemacht werden, dass es solche geben könnte und sie sich entsprechend darauf vorbereiten möchten, aber erst recht. Nennt sich vermutlich "Praxisbezug".

    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

  • Und in welcher traditionellen Kleidung werden die Kolleginnen erscheinen? :)

    Ich weiß nicht- mit Schwarzwälder Bollenhut?


    Wenn ich meine Schüler frage "was ist typisch deutsch?" fällt ihnen nur "Kartoffel" ein.


    @chili, was ist denn typisch deutsch? Ich tippe auf "Ungeduld"

  • Im Australienurlaub würde mir mal gesagt (von Briten), dass sie immer Deutsche um Rat fragen würden auf der Reise, die wären so organisiert und wüssten welche Sehenswürdigkeiten wo seien, wo man gut übernachten könne etc.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Wenn ich meine Schüler frage "was ist typisch deutsch?" fällt ihnen nur "Kartoffel" ein.

    Das ist doch jetzt mal ein Beispiel für ein kulturelles Missverständnis:


    Welche Essgewohnheiten hat das Land? Trotz immer mehr vegetarischen und veganen Alternativen ist Fleisch immer noch das Lieblingsgericht der Deutschen. Gut jeder Zweite gibt an, am liebsten Fleisch zu essen. Knapp 40 Prozent mögen Nudeln am liebsten. Auf Platz drei folgen Gemüsegerichte mit 20 Prozent. Die Kartoffel, eigentlich fester Bestandteil der deutschen Küche, schafft es nur auf Platz sechs hinter Fischgerichten und Suppen.

  • Mein größtes Problem bei Austauschfahrten sind die "Vorgaben" der Partnerschulen für einen "bunten Abend". Die Schüler jeder Schule tragen einen Teil bei, zum Beispiel ein traditionelles Lied oder einen regionalen Tanz oder ...
    Die Anfrage ruft bei meinen SuS (und mir) nur hilfloses Schulterzucken hervor. Während die amerikanischen SuS aus dem Deutschunterricht irgendwelche Liedchen und Tänze kennen, die angeblich in ganz D rund um den Maibaum getanzt werden, habe ich so ein Ding noch nie live und in Farbe gesehen. (Gibt es sowas wirklich außerhalb von alten Heimatfilmen?)
    Oder türkische, polnische, italienische, ... SuS führen Volkstänze in traditionellen Trachten auf. Äh, nee, haben wir nicht.


    Ganz spannend war mal die Begrüßung zu einem Austausch in Italien. War gerade ein Juibläum, man war aktuell das Singen der Nationalhymne geübt. Also spielt der Schulleiter (so als spontane Idee) via YouTube die italienische Hymne ab. Sämtliche italienische SuS erheben sich und schmettern begeistert mit. Ein entsprechendes französisches Gegenstück wird schnell auf YouTube gefunden. Sämtliche französische (und fremdsprachenkundige italienische) SuS singen stehend mit. Und dann wird natürlich noch auf YouTube nach der deutschen Nationalhymne gesucht. Ups. Das war dann wohl die falsche Strophe... Während so gar nichts im Saal passiert, wird der Schulleiter auf dem Podium diskret darüber in Kenntnis gesetzt, warum die SuS (und die begleitenden Lehrkräfte) so reagieren wie sie reagieren. Wäre vielleicht auch ein Beispiel für kulturelle Missverständnisse. Aber Reisen (oder Gastgeber sein) bildet. Und solche Missverständnisse lassen sich schnell aufklären, wenn einer der beiden Gesprächspartner versteht, was gerade schiefgegangen ist.

  • @FrauZipp Es gibt den Begriff der "German Angst", das trifft es glaube ich besser als "jammern". Deutsche neigen dazu, aus Dingen Probleme zu machen, die gar keine sind. Siehe dieser Thread hier. ;)

  • Ich erinnere mich an eine Forbildung bei meinem früheren Arbeitgeber (Migrationsbereich), bei dem unter anderem konkrete Probleme bei der Arbeit thematisiert wurden. Unter dem Titel "kulturelle Missverständnisse" kamen da eine Menge an Stereotypen und Vorurteilen auf den Tisch, die einige meiner (ehemaligen) "bio-deutschen" Arbeitskolleginnen spezifisch im Umgang mit muslimischen Männern bewegten. Meine direkte Vorgesetzte (Muslima) und ich haben irgendwann nur noch den Kopf geschüttelt vor Fassungslosigkeit, was Menschen, die sich selbst für tolerant halten doch an Einseitigkeiten und desintegrativen Anforderungen an ihre Mitmenschen mit und in sich tragen und angesichts des Berufs auch konstant ausleben.
    Ich habe im Studium auch ein paar Veranstaltungen belegen müssen, die sich mit Interkulturalität beschäftigt haben. Da kamen regelmäßig die gleichen Vorurteile und Stereotype zum Gespräch, wie bei diesen Kolleginnen, die ich trotz 10 Jahren Berufserfahrung im Migrationsbereich (als Frau, vorrangig mit muslimischen Familien arbeitend) nicht bestätigen konnte oder kann. Das Fehlverhalten einzelner Menschen einer ganzen Kultur (Religion/Nation/Geschlecht) zuschreiben zu wollen ist hier womöglich das echte kulturelle Missverständnis...


    P.S.: Vielleicht ein kleiner Tipp aus der Praxis der Migrationsarbeit an die TE: Missverständnisse kann es immer geben, gerade wenn es Sprachbarrieren gibt. Der einzig wirkungsvolle Weg diese zu reduzieren bzw.zu lösen ist es aufgeschlossen zu sein für die Begegnung, offen nachzufragen, wenn man etwas nicht kennt oder versteht, nicht aus vermeintlichem Respekt eigenes Unbehagen in einer Situation zu negieren, sondern anzusprechen (und damit dem Gegenüber die Chance zur Klärung zu geben), die Einsicht, dass Fehler eine Chance sind selbst etwas dazulernen zu dürfen und schließlich eine ehrliche und spontane Entschuldigung, wenn man selbst einmal eine Grenze überschritten oder sich einfach nur falsch/missverständlich/unsensibel ausgedrückt hat. Last but not least: Fehler sind menschlich, deine, wie die deines Gegenübers. Streich den Begriff des "kulturellen Missverständnisses", dieser wird dir zumindest meiner Erfahrung nach in der Praxis den Zugang zu den Menschen versperren, die du eigentlich erreichen möchtest.
    Ich habe viele Gespräche v.a.mit Müttern geführt, die sich kaum auf Deutsch artikulieren konnten und deshalb konstant unterlegen fühlten im Gespräch, was eine ungute Basis ist und zu Konflikten oder Missverständnissen beitragen kann. Also habe ich mein Türkisch-Pidgin oder Arabisch-Pidgin ausgepackt als Türöffner, mir direkt ein neues Wort erklären oder die Aussprache eines Satzes korrigieren lassen und schon hatten wir ein Gespräch auf Augenhöhe, dass es uns erlaubt hat Unsicherheiten oder Missverständnisse offen anzusprechen und zu klären.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL ()

    • Offizieller Beitrag

    Als Halbfriesin möchte ich dich darin unterstützen und fordere zudem das Hissen der ostfriesischen Nationalflagge vor jedem Rathaus.

    Also, beim Plattmachen störender Berge bin ich sofort dabei (lauthals). https://youtu.be/nu23G-W_tUE


    Und außerdem fordere ich das Singen unserer Hymne vorm Unterrichtsbeginn:
    https://youtu.be/arxXw7vJhHs

  • Ich habe das jetzt nicht alles gelesen, aber ist euch schon mal aufgefallen, dass auch andere Menschengruppen außer Lehrern mit nichtbiodeutschen Menschen zu tun haben und da nicht so ein hype draus wird?
    Die Arbeitskollegen meines Bruders sind multikulti und was er so erzählt, lernen die eine Menge voneinander, auch essenstechnisch. Irgendwie haben die anscheinend nicht so Probleme....
    Ich wohne im weiteren Umland von Stuttgart und ich weiß gar nicht wie das wäre mit ausschließlich Schwaben :ohh: oder Stuttgart ohne Multikulti, Daimler nur in Biod….


    Kleiner Tipp: Betreibt mal Ahnenforschung. Viele werden über ihre Wurzeln staunen.

  • Kleiner Tipp: Betreibt mal Ahnenforschung. Viele werden über ihre Wurzeln staunen.

    nö, meine Familie besteht auf dem Papier seit gut 750 Jahren im Mannesstamm. Die Nebenlinien mit Italienern und Spaniern bestehen derzeit seit 300 Jahren, die in den USA seit gut 200 Jahren. Mein Bruder gehört zu den wenigen Ausscherern die „nichts deutsches“ in meiner Stammlinie geheiratet haben :)

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Im Australienurlaub würde mir mal gesagt (von Briten), dass sie immer Deutsche um Rat fragen würden auf der Reise, die wären so organisiert und wüssten welche Sehenswürdigkeiten wo seien, wo man gut übernachten könne etc.

    Wenn ich in Dänemark unterwegs bin (ca. alle zwei Jahre) und werde gefragt, wo ich herkomme, sage ich mittlerweile immer "Bavaria" statt "Germany". Das schafft sofort Sympathien, denn - so hat mal eine Museumsführerin wortwörtlich zu mir gesagt - "oh, how nice! We have a common enemy!" Gemeint waren natürlich die Preußen.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Heute brachte eine Schülerin mit russischem Hintergrund eine russische Nachspeise mit :top: (auch Teller und Löffel) leider konnte ich mir nicht merken, wie sie heißt, aber war sehr lecker :verliebt:

Werbung