Einzelgänger als Lehrer möglich?

  • Hallo Zusammen,


    ich studiere momentan noch und würde später gerne an der FOS unterrichten. Ich bin ein Mensch der prinzipiell nicht sehr gerne in Kontakt mit anderen beispielsweise Arbeitskollegen tritt, dennoch bin ich nicht introvertiert. Ich suche im Endeffekt nur oftmals auch meine Ruhe da ich gerne für mich alleine bin. Die Lehrertätigkeit kann ich mir dennoch gut vorstellen, da ich bereits auch schon Unterrichtsstunden gehalten habe. Im Büro ist mir klar, dass man zumindest auf beruflicher Ebene mit den anderen Arbeitskollegen im engen Kontakt steht und sich dies allein aus beruflichen Gründen nicht vermeiden lässt. Wie ist da eure Erfahrung als Lehrer? Klar man hat das Lehrerzimmer in dem man sich trifft, man tauscht eventuell auch mal Stunden o.Ä. Gibt es bei euch aber auch Lehrkräfte, welche "Einzelgänger" sind, einfach ihren eigenen Unterricht halten, im Lehrerzimmer nicht so präsent sind und keinen großen Kontakt zu Kollegen haben?


    Gruß

  • joar, geht. Wir haben auch Kollegen, die selten aus ihren Vorbereitungszimmern rauskommen,die machen auch einen guten Job und sind im Kollegium beliebt. Einer sagt auxh sehr deutlich, dass er beim mittagessen lieber alleine sitzt, weil er ein bisschen Ruhe braucht. Ist auch kein Problem, das ist seine Sache. Es darf halt nicht in "Ich gegen die anderen" umschlagen, und dir muss klar sein, dass ein gewisses Maß an Zusammenarbeit zwingend ist (Konferenzen, Fachgruppen, ggf. auch mal Materialtausch und so).


    PS: gibt es bei euch "reine" FOS? Im beruflichen Bereich hängen meist mehrere Schulformen zusammen. Bei uns an der schule zum Beispiel Berufsschule, technisches Gymnasium, bos, Fachschule, an der nachbarschule Berufsschule plus sämtliche Vorbereitungsmodelle. Drum studiert man ja auch für berufsbildende Schulen oder BK und nicht für eine bestinmte Schulform...


    Nicht dass da mit "Ich will FOS unterrichten" ein böses Erwachen kommt.

    Einmal editiert, zuletzt von DePaelzerBu ()

  • Gibt es bei euch aber auch Lehrkräfte, welche "Einzelgänger" sind, einfach ihren eigenen Unterricht halten, im Lehrerzimmer nicht so präsent sind und keinen großen Kontakt zu Kollegen haben?

    ja.


    und das ist ehrlich gesagt die größte Nullnummer, die ich je erlebt habe:


    Probleme mit Schülern in allen Klassen,
    Probleme mit Eltern
    Probleme mit Kollegen
    Probleme mit der Schulleitung

  • Hallo,
    als Lehrer hat man an einem Tag manchmal mit mehr als 100 Menschen "Kontakt". Das bringt der Beruf mit sich :-) Wenn du allein schon keine Lust darauf hast, ist deine Studienwahl eher schlecht.
    Keiner zwingt dich in wirklichen Pausen dazu, mit den Kollegen über private Dinge zu sprechen. Aber Absprachen im Kollegium, Schulentwicklung, Konferenzen etc. gehen nicht ohne Kommunikation miteinander. Unterricht erteilen ist eben nur ein Teil unseres Jobs

  • Mit dem Lehrerzimmer ist so eine Sache. Zumindest für NRW und den Realschulbereich gilt, dass Lehrerzimmer im Verhältnis zur Kollegiumsgrösse doch sehr klein sind. Die Lautstärke in den Pausen liegt bei durchschnittlich 80db. Kollegen die gesundheitlich nicht mehr ganz stabil sind, bleiben aus Präventionsgründen diesem Raum dann doch häufiger fern.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Gerade im berufsbildenden Bereich ist doch auch häufig ein Austausch nötig.
    Fächer hängen miteinander zusammen und Inhalte müssen verknüpft werden.
    Zeugnisnoten setzen sich aus mehreren Fächern zusammen, so dass man da regelmäßig in Kontakt treten muss.
    Austausch über problematische Schüler
    Konferenzen, Schulentwicklung, Klassenfahrten, Projektwochen etc pp. Da ist es schwer, immer nur für sich zu arbeiten.
    Es gibt solche Personen. Aber ich habe sie bisher nicht als gut aufgehoben bzw. förderlich für eine gute Schule erlebt.


    Im Detail weiß hier aber keiner, wie es genau bei dir ist.
    Seine Ruhe haben zu wollen ist ja was anderes, als gar nicht mit anderen zusammenarbeiten zu wollen.


    Wenn ich das bei dir so lese, wirkt es so, als hättest du den Lehrberuf gewählt, weil du denkst, es wäre das kleinere Übel bezüglich Kontakt.

  • Einzelgänger ist ein negativ besetztes Wort.


    Ich bin gern allein und brauche meine Ruheinseln. Liegt an einem Phänomen, welches sich HSP nennt. Ich denke aber, ich mach mich ganz gut in der Interaktion mit SuS. Besonders, wenn ich allein im Klassenraum mit einer mir nach einiger Zeit vertrauten Klasse bin. Ich leide unter der zunehmenden Anwesenheit von ""Unterstützen". Das empfinde ich als höchst störend. Da das aber in der Zukunft sicher mehr wird, suche ich auch nach Alternativen.


    Mit Lehrern hadere ich, weil ich da auch andere Ansprüche stelle. Ganz wenige lasse ich da an mich ran.


    Ich habe mich in Small talk geübt. Das hilft. Ich würde behaupten, nicht bei allen ganz unbeliebt zusein.

  • Geht es dir nur um privaten Austausch, den du vermeiden möchtetst , oder wirklich grundsätzlich um Austauch, also auch um den beruflichen. Wenn du tatsächlich auch letzteres meinst, muss ich leider doch sagen: lass es!
    Lehrer ist insgesmat ein hochkommunikativer Beruf. Schule ist eine sehr komplexe Angelegenheit, die nur funktioniert, wenn alle Beteiligten gut zusammenarbeiten und das funktioniert nun mal nur über Kommunikation. Wie Alterra schon richtig sagte: Schule ist nicht nur Unterricht.... im Vergleich mit einem Büro-Job ist es sicherlich eher mehr Kommunikation (kommt natürlich auf den Bürojob an...).

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Zumindest für NRW und den Realschulbereich gilt, dass Lehrerzimmer im Verhältnis zur Kollegiumsgrösse doch sehr klein sind.

    Off Topic:
    Habe ich so aber noch nicht erlebt. Die Lehrerzimmer an den Realschulen, an denen ich bisher war, war das nicht so. Mich stört gerade die Verallgemeinerung. Kann aber auch sein, dass das wiederum Ansichtssache ist.


    On Topic:
    Ich denke es kommt darauf an was man sonst für ein Typ ist. Wenn die notwendige Kommunikation in Form von Absprachen, Konferenzen, Kollegenkontakt wegen Beratung über Schüler, … stimmt, dann ist das sicher in Ordnung. Wenn es aber in "Ich gegen der Rest der Welt" ausartet, dann kann das auch nach hinten losgehen.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Hast du denn überhaupt Lust mit Leuten zusammen zu arbeiten?


    Auch die Interaktion mit den Schülern ist ja nach dem Unterricht nicht vorbei - auch nicht an der FOS. Sie stellen Fragen, bitten dich um Hilfe, an der FOS musst du sie evlt. bzgl. Praktikum beraten und betreuen ...
    Und auch mit Kollegen ist es wichtig zu interagieren, sich abzusprechen, gemeinsame Projekte zu planen ....


    Ich würde sagen in einer Schule kommt man deutlich öfter mit anderen in Kontakt als in einem Büro (meine Einschätzung).


    Wenn es dir nur darum geht, in den Pausen mal deine Ruhe zu haben und mal was für dich zu machen, würde ich sagen ja das ist möglich und kein Problem. Solche Kollegen haben wir auch, die bleiben dann auch mal in der Pause im Klassenzimmer, sind allerdings in verschiedenen Teams, bei anderen Anlässen sichtbar und arbeiten mit anderen gemeinsam.
    Wenn es dir allerdings darum geht, insgesamt möglich alleine zu arbeiten und wenig mit anderen zu tun zu haben, würde ich sagen, dass ist der falsche Job für dich.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Wenn du ein zufriedener Einzelgänger bist, ist das In Bayern, Gymnasium kein Problem. (FOS: Kann ich nicht beurteilen.) Klar, du musst dich mit Kollegen absprechen und Absprachen einhalten, aber das geht auch als Einzelgänger.


    Wenn du ein unglücklicher Einzelgänger bist, ist das ein Problem, das aber nichts mit der Arbeit zu tun hat.


    Wenn du nicht mit Leuten reden kannst, wird das ein großes Problem. Wenn du nur nicht aus Vergnügen Kontakt suchst, sonst aber schon auf Leute zugehen und Anrufe tätigen kannst: kein Problem.


    Zu den Dienstpflichten des Lehrers gehört - theoretisch - auch die Gestaltung des Schullebens und die Mitwirkung an der Schulentwicklung. Das geht als Einzelgänger schwer. In der Praxis verträgt eine Schule aber schon ein paar Einzelgänger.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Hallo Zusammen,


    ich studiere momentan noch und würde später gerne an der FOS unterrichten. Ich bin ein Mensch der prinzipiell nicht sehr gerne in Kontakt mit anderen beispielsweise Arbeitskollegen tritt, dennoch bin ich nicht introvertiert. Ich suche im Endeffekt nur oftmals auch meine Ruhe da ich gerne für mich alleine bin. Die Lehrertätigkeit kann ich mir dennoch gut vorstellen, da ich bereits auch schon Unterrichtsstunden gehalten habe. Im Büro ist mir klar, dass man zumindest auf beruflicher Ebene mit den anderen Arbeitskollegen im engen Kontakt steht und sich dies allein aus beruflichen Gründen nicht vermeiden lässt. Wie ist da eure Erfahrung als Lehrer? Klar man hat das Lehrerzimmer in dem man sich trifft, man tauscht eventuell auch mal Stunden o.Ä. Gibt es bei euch aber auch Lehrkräfte, welche "Einzelgänger" sind, einfach ihren eigenen Unterricht halten, im Lehrerzimmer nicht so präsent sind und keinen großen Kontakt zu Kollegen haben?


    Gruß

    Natürlich gibt es Kollegen die präsenter im Lehrerzimmer sind und solche, die sich eher zurückziehen in Pausen. Kollegialer Austausch ist aber ein essentieller Bestandteil des Berufs; man hat ständig etwas gemeinsam zu entscheiden, muss in den Pausen "mal schnell" etwas besprechen oder klären. Kollegen die da im Austausch mit Kollegen weniger präsent sind nehme ich auch als weniger präsent und offen im Umgang mit Schülern wahr.
    Viele Lehrer sind privat deutlich introvertierter, als sie es beruflich sind; zumindest in deiner professionellen Rolle solltest du dir aber ein gewisses Maß an Extraversion und Kontaktfreude (im Umgang mit Schülern, Eltern, Lehrern, Schulleitung, Sekretärin, Reinigungskräften, Hausmeister, Praktikanten, Anwärtern und all den anderen Menschen, mit denen man gut zusammenarbeiten muss und auf deren Unterstützung man oft angewiesen ist) als professionelle Haltung zulegen, sonst wird Schule sehr schnell sehr anstrengend und überlastend.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich habe den Eindruck, dass die, die bei uns seltener im LZ präsent sind, auch deutlich weniger über das informiert sind, was in der Schule so passiert. Das ist ein Nachteil.


    Ansonsten ist es wie in jedem Beruf: Mit manchen Kollegen kann man auf der zwischenmenschlichen Ebene besser arbeiten als mit anderen.


    Schülerinnen und Schüler brauchen aber Lehrerinnen und Lehrer, die den Kontakt nicht scheuen. Das ist für mich eine Grundbedingung für den Beruf. Ohne das jetzt in deinem Fall beurteilen zu können, aber Unterrichtsstunden, die man als Student im Rahmen eines Praktikums hält, sind auch auf der menschlichen und kommunikativen Ebene eine ganz andere Nummer als die verantwortliche Leitung einer Klasse.

  • ...Gibt es bei euch aber auch Lehrkräfte, welche "Einzelgänger" sind, einfach ihren eigenen Unterricht halten, im Lehrerzimmer nicht so präsent sind und keinen großen Kontakt zu Kollegen haben?

    Klar gibt’s die, es gibt in Kollegien alle Menschentypen, die es sonst in der Gesellschaft auch gibt.


    Die Frage ist, wie es dir mit dir selbst geht. Keine Lust auf Kollegenweihnachtsfeier und lieber zu Hause Modelleisenbahn bauen oder mit der Freundin den Biogarten bewirtschaften? Geht prima.


    13 Uhr die Schule fluchtartig verlassen, deprimiert zu Hause rumhängen und alles alleine erledigen, ohne den Kollegen Bescheid zu sagen, was man für Praktikumsneuregelungen geplant hat? Eher schwierig. Gibt schon son paar soziale Normen- wenn man auf Dauer zufrieden bleiben will- die auch in Lehrerzimmern gelten.

  • Mir sind die introvertierten Kollegen lieber als die Hyper-Extrovertierten, die aus "Berufung" Lehrer wurden und in missionarischem Eifer alles und jedem mit ihren unwichtigen persönlichen Ansichten auf die Nerven fallen...


    Gruß !

  • Es geht aber nicht im intro- oder extrovertiert, sondern um die Bereitschaft/Fähigkeit mit anderen zu kommunizieren. Ich selbst bin z.B. von Haus aus auch introvertiert, aber trotzdem recht kommunikativ... Ich habe grundsätzlich auch gerne mal meine Ruhe (und leide in der Schule oft darunter keinen ruhigen Arbeitsplatz zu haben!) aber trotzdem mag ich Menschen und empfinde die Kommunikation nicht als Belastung (habe aber auch ein unglaublich nettes Kollegium).

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Ich habe in der Schule gerne Ruhephasen. Zum Beispiel an einem Achtstundentag mit vielen Pausenaufsichten mag ich gerne in der 13Uhr-Pause alleine sein (Spazieren, Vorbereitungsraum,...). Danach bin ich wieder bereit für das Getümmel und liebe es auch. Aber meine Auszeit zwischendrin brauche ich.

  • Zur Ausgangsfrage: Ja, solche Kollegen gibt es. Mich zum Besipiel. Ich mag keine Pausenrunden mit persönlichen Gesprächen. Aber ich tausche mich sehr wohl fachlich sehr viel aus.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Wenn ich vor einer Klasse auftrete und meinen Unterricht halte, bin ich recht extrovertiert. Ich bin auch gerne im Lehrerzimmer und unterhalte mich mit meinen Kollegen und gehe auch gerne mit ihnen nach der Schule gemeinsam essen.
    Schwierig wird es für mich, wenn ich z.B. am Wandertag mit Schülerin irgendwie ins Gespräch kommen soll. Oder wenn ich auf einer Feier/Versammlung/Fortbildung bin und niemanden kenne und dann mit fremden Leuten in der Kaffeepause Smalltalk machen soll. Das empfinde ich als starken Stress und fühle mich dabei sehr unwohl.
    Bin ich nach der Schule zuhause, bin ich am liebsten alleine. Mal gehe ich weg und habe dann mit Freunden auch einen netten Abend, aber ich brauche unbedingt am Abend auch einige Stunden für mich alleine und gehe daher nur selten weg. Auch das Wochenende kann ich ohne Probleme alleine verbringen. Insofern sehe ich mich schon als introvertiert, komme in der Schule aber gut damit zurecht bzw. mich stören dort die vielen Leute nicht mehr als jeden anderen. (Sprich, ich finde das Gewusel und manchmal auch Schülergeschrei in der Pausenaufsicht anstrengend. Aber nicht mehr als die anderen auch.)


    Sarek

  • Ich bin auch Einzelgänger an der Schule. Habe mir im Kabuff des Hausmeisters eine kleine Ecke eingerichtet, um dem Tumult des Lehrerzimmers zu entgehen. Auf dem Flur führe ich Gespräche grundsätzlich nur mit mir selbst und in der Mittagspause schieße ich mir meine Mahlzeit, Eichhörnchen oder Kaninchen je nach Gusto, im angrenzenden Wäldchen.

Werbung