Wer ein Argument gegen das Lehrerbashing angesichts der "Dauerferien" braucht

  • Ich brauche an für sich keine Argumente... Wenn sich wieder mal jemand drüber mockiert, wie viel ich doch frei habe, empfehle ich gerne einen Quereinstieg... Jeder, der ein Abitur hat, kann Lehrer werden... Wahlweise „Du hast schon wieder Ferien ab nächster Woche?!“ - „Ja, und ich freue mich richtig drauf. Echt toll, dass wir so viel frei haben.“ Meist ist die Diskussion damit im Keim erstickt.

    Mache ich mittlerweile auch so, kann es aber trotzdem nicht verhindern, dass ich mich über solche Kommentare ärgere. Wie stelle ich das ab?

  • Mache ich mittlerweile auch so, kann es aber trotzdem nicht verhindern, dass ich mich über solche Kommentare ärgere. Wie stelle ich das ab?

    Indem du es genießt! 8) Schamlos und süffisant!


    Ja, Lehren ist ein fordernder Job, was nicht immer anerkannt wird, aber die Ferienzeiten sind eben auch durchaus ein Vorteil. Ich gestehe mir das mittlerweile auch ehrlich ein.
    Natürlich wünsche ich mir manchmal auch flexibel Tage frei nehmen zu können oder Urlaub legen zu können, wann ich das möchte. Auf der anderen Seite müssen wir uns nie mit Kollegen darum streiten, wer Brückentage freimachen darf, wer Weihnachten mit der Familie verbringen darf, wer die Kinderbetreuung in den Ferien organisieren muss...


    Doofe Kommentare kommen doch oft aus Neid, ebenso oft aber auch aus Unwissenheit. Da kläre ich gern mal auf über den Unterschied zwischen Ferien und unterrichtsfreier Zeit, die dann doch für Schularbeiten draufgeht. :aufgepasst:
    Wo das nicht geht - wie gesagt - schamlos und süffisant

  • Ich habe vor meinem lehrerdasein eine Berufsausbildung gemacht und auch währendndes Studiums verschiedene Nebenjobs gehabt. Ich wollte nicht mehr tauschen. Wenn ich damals 9 Stunden im Einzelhandel (inkl pause) gearbeitet habe, war der Tag rum. Hunderte unfreundliche Kunden, tausend hin und her geschleppte Sachen, etliche gelaufene Kilometer und immer unter Beobachtung von vorgesetzten, die die Produktivität der Mitarbeiter überwachen. Dann ist man um 18 Uhr Zuhause und nur noch froh, wenn man ins Bett fallen kann.
    Nach 6-8 Stunden dauerunterichten sind zwar auch die Akkus leer, aber das ohne Permanentüberwachung und mit früherem Feierabend sowie dem wissen, dass ich am nächsten Tag nur 2-4 Stunden unterrichte und entsprechend mehr ausspannen kann. Ich kann mich im Schulgebäude frei bewegen und das auch mit ner Tasse Kaffee in der Hand, ohne dass ich Angst vor dem Vorwurf der Unproduktivität haben muss. Ich kann mich entscheiden, heute mal ganz tollen Feuerwerkunterricht zu machen oder einfach mal einen Film einlegen oder eine buchseite bearbeiten lassen. Ich kann Hobby und Termine flexibel gestalten weil ich auch mal ein paar Tage nach Unterrichtsschluss einfach nichts mehr mache und die Schreibtischarbeit verschiebe. Oder im Zweifelsfall mal ausfallen lasse und sage "Buch auf, Seite 23 lesen und bearbeiten'. Dann sind die Akkus wieder voll und ich habe wieder Kraft und Motivation auch wieder schöne Stunden zu planen. Und wenn ich die Wahl habe zwischen 100 unfreundlichen Kunden und 100 anstrengenden sus, dann wähle ich gerne zweitere. 8) Da heißt es wenigstens nicht "Kunde ist König", nein, da bin ich Chef und mache die Ansagen. Das ist zwar mitunter anstrengender als einfach freundlich lächelnd jede Frechheit abzunicken, aber auch wesentlich befriedigender. V.a. wenn man mit der Zeit positive Entwicklungen sehen kann und überhaupt die Möglichkeit hat, Dinge zu verändern.
    Und wenn ich meine Arbeitszeit mit der Besoldung gegenrechne, vediene ich absolut überdurchschnittlich. Eine Woche mit mehr als 40-45 Arbeitsstunden lasse ich mir nämlich nur in ausnahmezeiten gefallen, z.b. wenn Konferenzen anstehen oder zu Korrekturzeiten. Ansonsten ist bei mir Feierabend, wenn ich anfange unbezahlte Mehrarbeit zu leisten. Auf Burnout habe ich nämlich keine Lust und damit ist weder mir noch meinem Dienstherrn geholfen.


    Fazit: Wenn mir jemand mit dummen Sprüchen kommt, dann biete ich stets Möglichkeiten eines Seiteneinstiegs in diesen tollen Beruf an oder gerne auch die Übernahme des Unterrichts in meinen Klassen als Praktikant oder Gastredner :P Das Land braucht schließlich mehr Lehrer! Bisher hat dieses Angebot leider jeder abgelehnt. Wer hätte das gedacht .... :essen:

  • Jeder, der ein Abitur hat, kann Lehrer werden...

    Und dann wundern wir uns, wenn sich die anderen wundern, dass das Abitur doch nicht zum Lehrerberuf reicht, sondern man auch noch studieren muss... und dann noch bis zum Master... immer wieder auch hier im Lehrerforum bei diversen "Quereinsteigern" zu beobachten...


    Gruß !

  • Das Problem ist auch, dass das jetzige System "Dauerkranke" produziert. Auch bei uns haben wir wieder Langzeitausfälle: Zwei Kolleginnen(!), immer ganz toll engagiert (AGs, Wettbewerbe, ...) und jetzt seit Monaten krankgeschrieben. Als Resultat fällt für die Schüler Unterricht aus und das restliche Kollegium darf unbezahlte Mehrarbeit leisten...


    Ein System, dass seit Jahren (Jahrzehnten) auf Verschleiß gefahren wird... genau wie die Deutsche Bahn AG....


    Gruß !


    ... und das ist ja der Grund, warum ich so hartnäckig für bessere Arbeitsbedingungen eintrete.


    Übrigens glaube ich, ein Bürojob im ÖD ist noch etwas anderes als ein Bürojob in der Privatwirtschaft. Krabappels Vorschlag ist gut, es sollte jeder mal in der Privatwirtschaft gearbeitet haben mit entsprechenden Chefs, die Druck machen, wenn du die Norm nicht schaffst und dir die letzten Nerven rauben.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Ich habe vor meinem lehrerdasein eine Berufsausbildung gemacht und auch währendndes Studiums verschiedene Nebenjobs gehabt. Ich wollte nicht mehr tauschen. Wenn ich damals 9 Stunden im Einzelhandel (inkl pause) gearbeitet habe, war der Tag rum. Hunderte unfreundliche Kunden, tausend hin und her geschleppte Sachen, etliche gelaufene Kilometer und immer unter Beobachtung von vorgesetzten, die die Produktivität der Mitarbeiter überwachen. Dann ist man um 18 Uhr Zuhause und nur noch froh, wenn man ins Bett fallen kann.
    Nach 6-8 Stunden dauerunterichten sind zwar auch die Akkus leer, aber das ohne Permanentüberwachung und mit früherem Feierabend sowie dem wissen, dass ich am nächsten Tag nur 2-4 Stunden unterrichte und entsprechend mehr ausspannen kann. Ich kann mich im Schulgebäude frei bewegen und das auch mit ner Tasse Kaffee in der Hand, ohne dass ich Angst vor dem Vorwurf der Unproduktivität haben muss. Ich kann mich entscheiden, heute mal ganz tollen Feuerwerkunterricht zu machen oder einfach mal einen Film einlegen oder eine buchseite bearbeiten lassen. Ich kann Hobby und Termine flexibel gestalten weil ich auch mal ein paar Tage nach Unterrichtsschluss einfach nichts mehr mache und die Schreibtischarbeit verschiebe. Oder im Zweifelsfall mal ausfallen lasse und sage "Buch auf, Seite 23 lesen und bearbeiten'. Dann sind die Akkus wieder voll und ich habe wieder Kraft und Motivation auch wieder schöne Stunden zu planen. Und wenn ich die Wahl habe zwischen 100 unfreundlichen Kunden und 100 anstrengenden sus, dann wähle ich gerne zweitere. 8) Da heißt es wenigstens nicht "Kunde ist König", nein, da bin ich Chef und mache die Ansagen. Das ist zwar mitunter anstrengender als einfach freundlich lächelnd jede Frechheit abzunicken, aber auch wesentlich befriedigender. V.a. wenn man mit der Zeit positive Entwicklungen sehen kann und überhaupt die Möglichkeit hat, Dinge zu verändern.
    Und wenn ich meine Arbeitszeit mit der Besoldung gegenrechne, vediene ich absolut überdurchschnittlich. Eine Woche mit mehr als 40-45 Arbeitsstunden lasse ich mir nämlich nur in ausnahmezeiten gefallen, z.b. wenn Konferenzen anstehen oder zu Korrekturzeiten. Ansonsten ist bei mir Feierabend, wenn ich anfange unbezahlte Mehrarbeit zu leisten. Auf Burnout habe ich nämlich keine Lust und damit ist weder mir noch meinem Dienstherrn geholfen.


    Fazit: Wenn mir jemand mit dummen Sprüchen kommt, dann biete ich stets Möglichkeiten eines Seiteneinstiegs in diesen tollen Beruf an oder gerne auch die Übernahme des Unterrichts in meinen Klassen als Praktikant oder Gastredner :P Das Land braucht schließlich mehr Lehrer! Bisher hat dieses Angebot leider jeder abgelehnt. Wer hätte das gedacht .... :essen:


    Danke für den Erfahrungsbericht. Ich suchte gerade bei Google danach und ließ es dann, um die Diskussion nicht aufzuheizen.


    Du hast Recht, viele Lehrer wissen nicht zu schätzen, was sie haben. Sie waren eben auch oft immer nur Lehrer und immer nur im Bildungswesen (Schule, Uni, Schule). Die Meisten kennen die (Arbeits-)Welt außerhalb nur vom Hörensagen.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Es gibt nicht "die Privatwirtschaft". Es gibt sicherlich kleine und mittlere Betriebe, in denen der Chef einem dauernd im Nacken sitzt. Es gibt aber auch Betriebe, in denen die Beschäftigten in einem beamtenähnlichen Verhältnis arbeiten und alle Vorurteile, die man gegenüber Beamten hat, tatsächlich ausleben. Die Stammbelegschaften z.B. in der Autoindustrie, oder die Beschäftigen bei den Banken oder den DAX-Konzernen machen sicherlich keine unbezahlten Handschlag außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit. Und wenn sie ihn machen, dann nur mit Abend-, Nacht-, Feiertags- und sonstigen Zuschlägen. Und gekündigt werden die nur mit horrenden Abfindungen.


    Gruß !

  • Die Stammbelegschaften z.B. in der Autoindustrie, oder die Beschäftigen bei den Banken oder den DAX-Konzernen machen sicherlich keine unbezahlten Handschlag außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit. Und wenn sie ihn machen, dann nur mit Abend-, Nacht-, Feiertags- und sonstigen Zuschlägen. Und gekündigt werden die nur mit horrenden Abfindungen.

    Na dann dreh ich an der Stelle den Spieß doch einfach mal um:


    Wenn die anderen es so viel besser haben, warum machst du es dann nicht auch?

    • Offizieller Beitrag

    Nun ja, es gibt eben beide Extreme.


    Prekäre Beschäftigungsverhältnisse mit Ausbeutung und auf der anderen Seite die von Mikael erwähnten Stammbelegschaften mit den besagten Privilegien.


    Jeder möchte wahrscheinlich zu Letzteren gehören, wenn er denn die Wahl zwischen beiden Extremen hat. Da dies aber eben in der Privatwirtschaft nicht der Standard für alle ist, gibt es eben noch den ÖD, der irgendwo dazwischen liegt. Wer hoch hinaus will, der kann tief fallen. Wer irgendwo auf halber Strecke sich weich bettet, schaut gerne nach oben und beneidet diejenigen, die hoch hinaus wollen. Das Heer an denen, die unten geblieben sind, wird dagegen ausgeblendet.

  • Ja.

    Das habe ich befürchtet ;)
    Die untersuchte Frage - wie angegeben lautete:
    "Wie aber beschäftigen sich die befragten Mitarbeiter die anderen fünf Stunden und sieben Minuten?"
    Die Auswertung - wie dargestellt - ist zu nichts zu gebrauchen und reine Effekthascherei - wie der gesamte Artikel.
    Prozentangaben sind in diesem Zusammenhang purer Nonsens.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Da kläre ich gern mal auf über den Unterschied zwischen Ferien und unterrichtsfreier Zeit, die dann doch für Schularbeiten draufgeht.

    Ist mir schon lange schlicht zu blöd. Ich zucke nur noch mit den Schultern.
    Nur als mir das neulich von einer Hausfrau&Mutter gesagt wurde, habe ich doch nachgefragt, ob nicht gerade sie wissen müsste, wie verfälscht solche Vorurteile sind, so von wegen "Das bisschen Haushalt..." Da hat sie ein wenig blöd geschaut, weil sie - glaube ich - nicht so recht kapiert hat, ob ich ihr jetzt unterstellt habe, dass sie nichts arbeitet oder nicht.

  • Also ich finde viele Meetings anstrengender als Unterricht. Im Unterricht bleibe ich wenigstens wach - auch wenn ich im Anschluss vielleicht müde bin. Bei länglichen Meetings kämpfe ich schon währenddessen mit dem Schlaf und werde auch hinterher nicht mehr richtig wach.

  • Also ich finde viele Meetings anstrengender als Unterricht. Im Unterricht bleibe ich wenigstens wach - auch wenn ich im Anschluss vielleicht müde bin. Bei länglichen Meetings kämpfe ich schon währenddessen mit dem Schlaf und werde auch hinterher nicht mehr richtig wach.

    Das geht mir auch so. Nach einem Tag mit 8 Stunden Unterricht bin ich immer total überrascht, wie schnell die Zeit vergangen ist. Kaum bin ich, ist auch schon Schulschluss.

  • Und dann wundern wir uns, wenn sich die anderen wundern, dass das Abitur doch nicht zum Lehrerberuf reicht, sondern man auch noch studieren muss... und dann noch bis zum Master... immer wieder auch hier im Lehrerforum bei diversen "Quereinsteigern" zu beobachten...
    Gruß !

    Ich habe nichts gegen Quereinsteiger. Du etwa?

  • Wir sähen ganz schön alt aus derzeit ohne Quereinsteiger !


    Sie retten uns vor noch größeren Klassen, noch höherem Stundensoll und noch mehr Vertretung.

    Das ist deine Meinung.


    Ich sehe es so:
    sie täuschen das Funktionieren nur vor. Sie machen mehr Arbeit.
    Wenn es sie nicht gäbe, würde es mal ordentlich knallen und es müssten vielleicht wirkliche Veränderungen her.

    • Offizieller Beitrag

    Die Zeit zwischen dem Knall und dem Greifen der Veränderungen, die ja zuvor erst beschlossen, politisch gewollt, finanziert und umgesetzt sein wollen, könnte aber für die "genuinen Lehrer" schon belastungstechnisch zu viel sein. Wir reden hier nicht nur von fünf Jahren oder so.

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