Welche Fremdsprache darf es sein?

  • Vorwurf, weil mir / uns die Mutter es vorgeworfen hat.
    Ich habe mir ehrlich gesagt abgewöhnt, zu sehr suf Englisch bzw. Fremdsprachenwissen zurückzugreifen, weil es nur frustriert. Konstrativ, ja, aber nicht als Basis. Liegt aber vielleicht an meinen Kids.
    Da die französische Grammatik deutlich breiter gefächert ist als die englische, müssen wir vom Tempo ein bisschen zackiger gehen. Wenn ich in Vertretungsstunden in Januar in der 5. Klasse sehe, dass sie da an dem -s der 3. Person arbeiten, frage ich mich, was sie vorher drei Jahre lang gemacht haben.
    Zugegeben, wir haben Abiturienten, die das -s der 3. Person auch vergessen.

  • liebe Sek1-Lehrer, wenn die Kinder keine, also wirklich null, Vorerfahrungen mitbringen würden, müsste der Unterricht aber massiv umgestellt werden

    So wie's früher halt in alten Zeiten mal war, unsereins hat ja auch erst in der 5. Klasse mit Englisch angefangen.



    Andererseits sind gerade diese Kinder häufig ganz ausgezeichnete Mehrsprachler und erleben insbesondere im Fremdsprachenunterricht endlich einmal Erfolgserlebnisse.

    Dazu würde ich gerne mal als Klassenlehrerin einer Sek-II-Sprachklasse was schreiben. Bei uns kann ja Italienisch und Spanisch als Schwerpunktfach gewählt werden und das wird immer auch von einem gewissen Anteil an SuS gewählt, die die jeweilige Sprache eigentlich zu Hause schon sprechen, weil mind. ein Elternteil Italiener oder Spanier ist. Das sind dann häufig die Jugendlichen, die leistungsmässig nicht ganz so gut aufgestellt sind, vielleicht in Mathe chronisch eine 3 mit sich rumschleppen und dann wählen sie eben was, was sie vermeintlich schon können unter der Annahme, dann hätten sie sicher schon mal eine 5.5 oder 6 um die erwartete 3 in Mathe kompensieren zu können. Ja ... Italienisch bzw. Spanisch brabbeln können die alle, nur dann kommt das böse Erwachen am Gymnasium, dass sie es plötzlich auch schreiben können sollen und zwar inkl. korrekter Grammatik und Orthographie. Ich hab ein wirklich knuffiges Kerlchen in meiner Klasse dessen Vater Italiener ist, der kommt mit Ach und Krach auf eine 4.5 im Italienisch. Seine ebenso herzallerliebste Freundin - die Mutter Italienerin, der Vater Franzose - steht in Französisch auf 3.5, Italienisch läuft so einigermassen. Ein weiteres Mädchen, die Eltern beide Italiener, kommt in Geschichte von der 2.5 nicht weg. Die traf die wirklich bitterböse Erkenntnis, dass abgesehen von den Fremdsprachen halt leider in allen anderen Fächern Deutsch absolut matchentscheiden ist, am allerhärtesten. Manchmal funktioniert es, zwei weitere spanischsprachige Mädchen sind temporär vom Spanisch-Unterricht diespensiert und schreiben nur noch die Prüfungen mit. Das gibt ihnen Luft sich um ihre gröbsten Baustellen zu kümmern, bei denen wiederum schlechtes Deutsch eine entscheidende Rolle spielt. Einer meiner beide Kosovaren ist hingegen ein wahres Naturtalent, der schreibt von allen das schönste Deutsch obwohl der Vater mit mir im Elterngespräch ohne seinen Sohn als Übersetzer gar nicht kommunizieren kann. Ein solches Glück haben aber die wenigsten. Sowas macht mich wirklich wütend. Ich merke ja im Unterrichtsgespräch, dass die grundsätzlich alles was im Kopf haben, aber dann kommt die schriftliche Prüfung und sie verstehen den Aufgabentext falsch. Schreiben etwas, was im Grunde genommen gar nicht mal so blöd ist, nur leider nicht zum Problem passt. Also übe ich mit ihnen - im Chemieunterricht! - sinnentnehmendes Lesen und die korrekte Anwendung der Fachsprache auf *Deutsch*.


    Versteht mich nicht falsch ... Ich liebe Fremdsprachen, lerne selbst seit vielen Jahren Japanisch, kann einigermassen gut Englisch und Französisch, ein bisschen auch Spanisch und im Tessin schaffe ich es immerhin noch mir auf Italienisch nen Kaffee zu organisieren. Ich mag die kulturelle Vielfalt an unserem kleinen Ghetto-Gymnasium, ich mag unser kleines Land mit seinen vier Landessprachen. Die Murkserei, die hier ausgerechnet mit den Sprachen an der Schule betrieben wird, die treibt mich aber in den Wahnsinn und meine Schafe, die am Ende drunter leiden, die tun mir wirklich wirklich leid.

  • Semi-off-topic:


    Wenn ich in Vertretungsstunden in Januar in der 5. Klasse sehe, dass sie da an dem -s der 3. Person arbeiten, frage ich mich, was sie vorher drei Jahre lang gemacht haben.
    Zugegeben, wir haben Abiturienten, die das -s der 3. Person auch vergessen.

    Meines Erachtens liegen "He/She/It, das 's' muss mit"-Probleme daran, dass nie richtig Deutsch gelernt wurde bzw. was eine grammatische Person ist.

  • Semi-off-topic:

    Meines Erachtens liegen "He/She/It, das 's' muss mit"-Probleme daran, dass nie richtig Deutsch gelernt wurde bzw. was eine grammatische Person ist.

    Das beobachte ich eben auch an meinem Kind. Da wurden zwar 2 Jahre nette Sachen in Englisch (und Deutsch) gemacht aber wenn der Unterricht dann richtig los geht, sitzt man zu Hause und erklärt, was es mit den gebeugten Verben auf sich hat.


    Vielleicht reden heutige Kinder ja dafür mutiger drauflos? Während unsereins noch "go, went, gone" vor sich hingebrabbelt und im Ausland vor lauter Fehlerangst den Mund nicht aufbekommen hat, hat mein Kind auf dem Campingplatz auf Englisch nach Eis und Schwimmbad gefragt.


    Vielleicht sind die Folgen ja anders sichtbar?

  • Naja das ist doch aber auch gar nicht im Lehrplan der Grundschule. Bei uns in Hamburg jedenfalls nicht.





    Bei uns steht sogar wörtlich!


    " (Sprachmittlung*) (Rechtschreibung*) (Grammatik*)
    * ist nicht explizit in der Grundschule zu vermitteln


    Weiter steht da:
    Rechtschreibung:
    "Der Aneignungsprozess der Rechtschreibung in der deutschen Sprache beginnt in den Jahrgangsstufen 1 und 2 und ist regelhaft im Jahrgang 4 noch nicht abgeschlossen. Da die englischen Graphem-Phonem-Korrespondenzen anderen Regeln folgen als die deutschen, gehört die Anwendung der englischen Rechtschreibregeln NICHT zu den zu entwickelnden Kompetenzen im Grundschulunterricht."


    Grammatik:
    Grammatische Strukturen werden noch nicht systematisch bewusst erarbeitet, sondern vorwiegend implizit erworben, d.h., eine systematische grammatische Progression ist nicht vorgesehen. In Ansätzen kann es Regelfindungen durch Generalisierung von Sprachbeispielen geben.


    Und zur fehlerhaften Aussprache steht dort:
    "Um das Vertrauen der Schülerinnen und Schüler in ihr fremdsprachliches Können zu stärken, ist
    seitens der Lehrenden ein sensibler Umgang mit Fehlern nötig. Sprachliche Kompetenz misst
    sich in erster Linie am kommunikativen Erfolg einer Äußerung, nicht primär daran, dass sprachliche Fehler vermieden werden. Es gilt das Prinzip: „Lieber fehlerhaft sprechen als fehlerfrei
    schweigen!“ Korrekturen erfolgen behutsam unter Berücksichtigung der Lernsituation und der
    Persönlichkeit des Kindes, z.B. durch Anregung von Selbstkorrektur oder in Form des korrektiven Feedbacks bzw. der Erweiterung von Schüleräußerungen."

  • ...
    „Lieber fehlerhaft sprechen als fehlerfrei


    schweigen!“

    genau das wäre für mich eben die Frage.


    Dass Grundschulen Rechtschreibung und Grammatik nicht werten ist klar, allerdings beschweren sich darüber ja gerade die weiterführenden Schulen. Über die so eingeschlichenen Fehler.


    Ob das freie Drauflosreden dafür Punkte bringt? Wiegt Unbefangenheit beim Reden und Zuhören die nachzuholende Grammatik auf?


    Ich fürchte halt, an den Noten wird sich dann zeigen, was die größere Gewichtung hat.

  • Rechtschreibung und Grammatik wird nicht nur nicht gewertet, sondern auch nicht thematisiert. Nur indirekt. Daher können sie sowas wie "he she it.." doch gar nicht wissen.


    Mich erstaunt immer wieder was unsere Sek1-Kollegen so erwarten. Dabei ist seit Jahren bekannt, dass die Rahmenpläne von Gs und Sek1 einfach nicht nahtlos ineinander übergehen.

  • Aber wie kann man ohne Grammatik bzw. Verbkonjugation kommunizieren?
    (ich weiß, Grundschule ist anders als später Fremdspracherwerb, es ist wirklich eine ernst gemeinte Frage)


    Abgesehen davon, dass ICH nie Probleme oder Angst hatte, einfach so loszubrabbeln (oh mein Gott, meine erste deutsche Gastfamilie, sie ist wahrscheinlich danach traumatisiert gewesen, wieviel ich in meinem so schlechten Deutsch gequatscht habe... :-D), aber ja, ich glaube tatsächlich, dass der Schwerpunkt auf Kommunikation und so einiges "erleichtert".
    Es ist wirklich schön und positiv.
    Mein Problem dabei ist allerdings, dass viele SchülerInnen auf einem höheren Niveau dann ein Gefühl von Sicherheit haben, das sie nicht haben dürften. Wenn meine 1er-SchülerInnen International Business studieren, dann ist alles gut. Sollten sie auf die Idee kommen, Französisch zu studieren, dann erleben sie natürlich einen Schock (oder leider auch nicht, und es führt zum nächsten Problem). Ich erlebe dann StudienabsolventInnen, die viele grammatikalische Strukturen nicht beherrschen oder gar nicht kennen. Das, was man vorher in der Oberstufe gemacht hat, wird nicht mehr gemacht, an der Uni gibt es ggf. solche Angebote nicht und es wird von den LernerInnen nicht gemerkt, dass es fehlt, weil das Sprachgefühl zum Teil fehlt. Natürlich nicht bei allen, ich meine, wir sprechen von Sprachstudierenden, aber trotzdem.


    ICH bin eine klare Befürworterin des systematischen Grammatikunterrichts zur Entwicklung eines Meta-Sprachgefühls. Ich bin es leid, mit Kids am Ende der Mittelstufe (auf Deutsch!) den Unterschied zwischen "wenn ich reich wäre, würde ich ein Haus kaufen" und "wenn ich reich gewesen wäre, hätte ich ein Haus gekauft". Dass Konjunktiv Stoff der 8. Klasse ist, ist klar. (und da rege ich mich über den "integrativen Grammatikunterricht" soooo auf. Aber auch über meine Deutsch-KollegInnen) Das Ganze ist aber eher Teil vom Sprachsystem im Kopf und ich würde gerne mehr als 2 Kids pro 6. Klasse haben, die wissen, was ein Subjekt und ein Verb ist.


    Nur zur Klarstellung: ich _weiß_ ,dass die GrundschullehrerInnen beibringen, was ein Subjekt und ein Verb sind. Ich frage mich nur, warum es nur bei so wenig Kindern im Kopf bleibt. Es ist ja die Basis für soviel später.

  • Weil in der Grundschule quasi kaum frei englisch gesprochen wird. Da geht es doch eher um das Kommunizieren mit eingeübten Phrasen. Ich unterrichte allerdings Englisch nur in Klasse 1 und 2, da ich nur dafür die Quali habe. Andere können das bestimmt besser erklären.

  • Weil in der Grundschule quasi kaum frei englisch gesprochen wird. Da geht es doch eher um das Kommunizieren mit eingeübten Phrasen. Ich unterrichte allerdings Englisch nur in Klasse 1 und 2, da ich nur dafür die Quali habe. Andere können das bestimmt besser erklären.

    falls es eine Antwort auf die Verb/Subjekt "Frage" ist: ich meinte es auf Deutsch. bzw. allgemein.

  • Ich persönlich halte diese "fehlertolerante" Art zu lernen für prinzipiell falsch und sehr gefährlich.
    Ein Denkfehler liegt m.E. auch darin, dass in der Schule Spracherwerb statt Sprachenlernen stattfinden könnte.
    Was hier bei den Fremdsprachen stattfindet hat den selben Charakter wie andere schulpolitische Maßnahmen: Viel im Portfolio, wenig dahinter.


    Vielleicht besinnt man sich ja eines Tages wieder darauf, dass man am besten einen Schritt nach dem anderen macht und zuerst kleine Schritte und dann große.

  • Ich bin mehrsprachig erzogen worden (meine Eltern sind beide aber keine Ausländer) —> Deutsch, Englisch, Italienisch und Französisch. Meine Schwester hat da einen großen Anteil dran gehabt.


    Dann ging es in die Grundschule und da hatten wir von der 5.-6. Klasse Englisch. Das war grotesk, da die Lehrerin die wir hatten so gut wie kein Englisch konnte. Auch in der SEK I und II fande ich die Qualität des Sprachenunterrichts an vielen Stellen einfach katastrophal. Das ging bei schlechter Rechtschreibung los und endete bei einer miserablen Aussprache bzw. auch Grammatik.
    In der Uni war dann Latein und Altgriechisch dran, auch da hatte ich das Gefühl, im falschen Lernfilm zu sitzen.


    Mittlerweile habe ich jetzt schon mehrere Jahre fachfremd Englisch unterrichtet. Einige gute Kollegen in den Sprachen waren dabei, bei der Mehrzahl wurde mir dann doch regelmäßig flau im Magen. Mein Neffe wächst derzeit dreisprachig auf und bekommt mit seinen vier Jahren schon gut Deutsch, Englisch und Ungarisch hin.
    Aber das ist glaube ich such eine typsache (bitte berichtigen, wenn ihr andere Erfahrungen gemacht habt): Allein meine Schwester + meine Eltern + ich kommen zusammen auf 20 unterschiedliche Sprachen die wir mündlich sehr gut und schriftlich im B2/C1 Niveau beherrschen. Wenn ich da an ehemalige Mitschüler denke, bin ich froh, da eine gute Frühförderung von zu Hause aus bekommen zu haben.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Rechtschreibung und Grammatik wird nicht nur nicht gewertet, sondern auch nicht thematisiert. Nur indirekt. Daher können sie sowas wie "he she it.." doch gar nicht wissen.


    Mich erstaunt immer wieder was unsere Sek1-Kollegen so erwarten. Dabei ist seit Jahren bekannt, dass die Rahmenpläne von Gs und Sek1 einfach nicht nahtlos ineinander übergehen.

    ICH habe das nicht erwartet, es wurde von einer Grundschullehrkraft geschildert, dass die Kinder das bei ihr lernen (mi123, Primarstufe: "... Es geht auch viel mehr als Farben, Begrüßungen und ein paar englische Lieder. Im ersten Halbjahr der dritten Klasse bilden wir natürlich schon vollständige Sätze (I am wearing... He/She has... I like/don't like... usw.), lesen gemeinsam authentische Kinderbücher, üben einfache Grammatikregeln (Verwendung von 'a/an' bei Sg./Pl.; "he she it, das s muss mit!") und sprechen vor allem ganz viel im Rahmen von Rollenspielen und kleinen Präsentationen (und natürlich achten wir dabei auf die korrekte Aussprache vom 'th'). Am Ende von Klasse 4 führe ich immer ein Austauschprojekt durch, bei dem wir Videos über unsere Schule und unsere Hobbys drehen und mit Klassen aus anderen Ländern (u.a. schon USA, Indien, Korea, Brasilien) austauschen."). Darauf habe ich dann geantwortet, dass ich das eben nicht fest stellen kann, dass die Kinder das können (ich hatte das anfänglich auch gar nicht erwartet).


    Ich habe nur fest gestellt, dass es für die Kinder auch sehr frustrierend sein kann, ein Wort, das sie inhaltlich können, dennoch noch einmal richtig lernen zu müssen, weil sie bisher nicht wussten, wie man es schreibt.

  • Ich habe nur fest gestellt, dass es für die Kinder auch sehr frustrierend sein kann, ein Wort, das sie inhaltlich können, dennoch noch einmal richtig lernen zu müssen, weil sie bisher nicht wussten, wie man es schreibt.

    Vielleicht wäre bei euch auch angebracht, was bei uns schon seit Jahren läuft, nämlich ein Austausch mit dem hiesigen Gymnasium mit den umliegenden Grundschulen vor allem in den Hauptfächern. Beim alten Lehrplan haben wir festgestellt, dass da nicht viel gepasst hat. Englisch war am schlimmsten. Der verbindliche Wortschatz war zu viel, die Gymnasiallehrer erwarteten, dass die SuS diesen aus dem FF beherrschen. Wir haben uns als Konsequenz mit dem Gymnasium auf einen machbaren Wortschatz geeinigt. Das Gymnasium machte einen "Eingangstest" und zeigte uns bei unseren regelmäßigen Treffen 2x im Jahr die Ergebnisse. Mit Englisch haben wir angefangen, weil hier die größte Diskrepanz bestand; später haben wir den Austausch auf Mathe und Deutsch erweitert.
    Ich kann guten Gewissens sagen, dass dadurch viele Missverständnisse ausgeräumt wurden und man immer einander zuhörte. Wir sitzen alle in einem Boot.
    Wir besuchen uns gegenseitig im Unterricht in einem gewissen Zeitraum 1x im Schuljahr, es gibt speziell für die Schule beauftragte Kooperationslehrer. Die Gymnasiallehrer wissen ungeführ, wie die Kinder kommen und stellen sich darauf ein. Überzogene Erwartungen hat keiner.
    Mit dem neuen Lehrplan wird jetzt eine neue Phase eingeläutet. Da bin ich gespannt, ob jetzt der Übergang ebenso gut klappt, wie wir uns das in den vergangenen Jahren gemeinsam erarbeitet haben (ohne dass bei uns ein zu großer Stress aufkommt) . Der Wortschatz ist weniger umfangreich als beim alten Lehrplan und jetzt ist klar definiert, dass die Schüler die Wörter nur abschreiben können müssen.
    Wichtig ist man redet miteinander, besucht sich und zwar vor Ort. An den angebotenen Fortbildungsveranstaltungen habe ich gesehen, dass auch Schulämter initiativ geworden sind. Da gibt es sogenannte Kleeblatt - Arbeitskreise. Dort treffen sich Lehrer der abgebenden und aufnehmenden Schularten.

  • Mich erstaunt immer wieder was unsere Sek1-Kollegen so erwarten. Dabei ist seit Jahren bekannt, dass die Rahmenpläne von Gs und Sek1 einfach nicht nahtlos ineinander übergehen.

    Aus meiner Sicht ist dieser Lehrplan, der Rechtschreibung (und Grammatik) explizit ausklammert, genau das Problem. Da lernt ein Kind 4 Jahre lang (!!) eine Sprache, "Wortschatz" aufzubauen ist (laut Lehrplan) eines der Kernziele, aber die Rechtschreibung dieser erlernten Worte wird nicht gelehrt. Logischerweise wendet das Kind (im Kopf oder bei tatsächlichen Verschriftlichungen) dann die deutschen Rechtschreibregeln an - nur dass die eben nicht gelten! Aber statt dann den Kindern die richtige Rechtschreibung zu vermitteln beruft man sich auf eine Binsenweisheit wie "Lieber fehlerhaft sprechen als fehlerfrei schweigen." So verfestigen sich da 4 Jahre lang Fehlkonstrukte im Kopf des Kindes, dessen es sich überhaupt nicht bewusst ist.
    Dann kommt es zu uns, schreibt (wie oben bereits erzählt) super stolz "cät" und "maser" an die Tafel, nur um dann zu erfahren, dass das falsch ist. DAS ist unglaublich frustrierend für viele Kinder. Weil sie nicht wussten, dass da was falsch ist, weil es ihnen niemand bisher gesagt hat, weil sie nach einer gewissen Zeit merken, dass sie bei nahezu jedem Wort Fehler machen, ständig korrigiert werden, und bereits (scheinbar) Gelerntes umlernen müssen. Umlernen ist aber viel schwieriger als neu lernen. Das meine ich, wenn ich sage, ich würde lieber bei null als bei minus 5 anfangen. Das Umlernen ist unglaublich mühsam (und zeitraubend) für alle Beteiligten, und frustrierend für die Kinder. Erinnert mich übrigens stark an die Diskussionen ums "Schreiben nach Gehör" im Deutschen.......
    Und wenn ich dann noch den letzten Absatz zur Fehlerkorrektur lese wird mir schlecht. Natürlich ist eine positive Fehlerkultur (ein konstruktiver Umgang mit Fehlern, kein "Niedermachen" der kleinen Englischlerner) wichtig, nicht nur in der Grundschule, sondern auch später bei uns. Aber wenn dann da steht es soll zur Selbstkorrektur oder Peer-Korrektur angeleitet werden, kann ich mir nur hysterisch die Haare raufen: Wie sollen die denn ihre Fehler selbst oder gegenseitig korrigieren, wenn sie keine Kriterien (die richtige Rechtschreibung/Grammatikregeln/...) an der Hand haben um zu wissen, wo Fehler sind?!
    Wie gesagt: Solange Englischunterricht an der Grundschule so läuft ist er einfach kontraproduktiv und ich bitte um Abschaffung. SOLLTE jemand mal einen sinnvollen Englischunterricht durchführen, bin ich absolut dafür!


    Das Prinzip "message before accuracy" gilt übrigens natürlich auch bei uns! Aber man muss es sinnvoll anwenden - abwägen, wann es wichtiger ist, den Mut zu loben, etwas in der Fremdsprache auszudrücken und Fehler einfach mal hinzunehmen, und wann sich Fehler einschleifen, die man daher besser thematisieren sollte.


    Liebe Grundschullehrkräfte, wenn euer Lehrplan genauso dämlich ist wie der aus Hamburg, dann setzt euch darüber bitte hinweg. Vermittelt Wortschatz, vermittelt Hör-/Hörsehverstehen, aber trainiert bitte auch von Tag 1 an die Rechtschreibung mit an. Alles andere führt nämlich über den 4 Jahre später erfolgenden Schock, unglaublich viele Fehler zu machen, dazu, dass einige Kids dann lieber fehlerhaft schweigen als sich ebenso fehlerhaft zu beteiligen. Weniger pathetisch: Manche Kids schaffen es mit viel Anstrengung, umzulernen - andere nicht mehr.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Ganz unabhängig davon bin ich eine große Befürworterin eines echten Erstsprachunterrichts der es Mehrsprachlern erlaubt ausgehend von einer sauberen Basis Zweitsprache (oft ist das Deutsch) oder Fremdsprachen zu erlernen. Auch die Anerkennung von Prüfungen in der Erstsprache im schulischen Kontext wie in anderen Ländern üblich und dafür weniger Fremdsprachen an der Schule bei mehr Unterrichtstunden in der Landessprache würde vermutlich vielen Kindern mit Migrationshintergrund helfen. Andererseits sind gerade diese Kinder häufig ganz ausgezeichnete Mehrsprachler und erleben insbesondere im Fremdsprachenunterricht endlich einmal Erfolgserlebnisse.

    Also ich bin dagegen. Bei meinen Schülern erlebe ich es nämlich beinahe täglich, daß dieses Sprachengewirr am Ende dazuführt, daß sie keine Sprache wirklich "richtig" können, so daß sie gar nicht mehr in der Lage sind in irgendeiner Sprache ihre Probleme zu artikulieren.


    Also in Deutsch kann ich mich nicht mit ihnen in der notwendigen Tiefe unterhalten und wenn ich dann einen Russisch-, Polnisch- oder Türkischübersetzer hole, reicht ihr Wissen in den Sprachen auch nicht aus, um dem Dolmetscher zu folgen.

  • Naja wir lassen schon Wörter abschreiben und arbeiten mit vorgegebenen Wortbildern, Sätzen etc., ab Klasse 3. Vorher in Klasse 1 und 2 werde ich es sicher nicht machen. Da bin ich bei einer Migrationsquote von über 70% wenn sie lernen deutsche Wörter richtig zu schreiben.

  • ...Dort treffen sich Lehrer der abgebenden und aufnehmenden Schularten.

    Das Problem sind doch gar nicht überhöhte Erwartungen. Ich lese hier zumindest keine Vorwürfe an Grundschullehrer, sondern den Wunsch, Englisch in der GS komplett abzuschaffen.


    An die weiterführenden Schulen: ich sehe dort ein ähnliches Problem. Da werden keine Vokabeltests mehr geschrieben, die Kids sollen frei sprechen und nicht mit so was Langweiligem wie Auswendiglernen getriezt werden. In der nächsten Klassenarbeit wird die korrekte Rechtschreibung aber plötzlich bewertet.


    Vielleicht sollten sich mal wieder ein paar Psycholinguisten zusammensetzen und die Lehrpläne überdenken.

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