Plagiat bei Klausur

  • Hallo. Ich unterrichte eine Deutsch-als-Fremdsprache-Klasse für Studierende. Einer der Teilnehmer hat bei der schriftlichen Abschlussklausur einen Text abgeliefert, der 1:1 aus dem Internet plagiiert ist. (Das Thema "Beschwerdebrief" war vorher schon bekannt.) Ich habe den Studenten während der Klausur nicht beim Kopieren erwischt und kann es somit nicht ausschließen, dass er den Text auswendig gelernt hat, auch wenn ich das für unwahrscheinlich halte und eher glaube, dass er den Text einfach aus seinem Handy kopiert hat. (Er saß ganz hinten und ich habe nicht besonders aufgepasst.) Ich neige dazu, ihm für das Plagiat eine 6 zu geben, u.a. auch deshalb weil er bereits schon im letzten Kurs wegen einer plagiierten Hausarbeit eine 6 samt ausführlicher Belehrung bekommen hat - damals allerdings mit der Chance, den Text nochmal alleine zu schreiben und seine Note zu verbessern. Für die Klausur gab es nur eine allgemeine Belehrung (keine Handys, Notizen, Abschreiben usw...).
    Wie würdet Ihr da entscheiden? Wäre ein zu 100% auswendig gelernter Beschwerdebrief - inklusive falscher Nennung des eigenen Geschlechts - nicht auch ein Betrugsversuch, da er nicht selbst verfasst wurde?

  • Richtig. Hatten wir erst vor kurzem...


    Der Fall ist eindeutig. Es liegt keine eigenständige Leistung vor, entsprechend ist die Arbeit mit der Note ungenügend zu bewerten.

  • und beim nächsten Mal würde ich wie ein Wachhund aufpassen

    Als Mann kann man das aber gar nicht. Ich sag nur SmartWatch und Zweithandy versteckt in der Unterwäsche.


    Oder gibt es irgendwo eine Initiative, auf das Handynetz-Jammer bald nicht nur im Knast sondern auch in Schulen eingesetzt werden dürfen, um den Empfang unmöglich zu machen?
    Ich weiß, dann schreien die Schüler wieder, weil sie ja lle 3 Minuten einen Notruf absetzen müssen, aber angebracht wäre es.

  • Als Mann kann man das aber gar nicht. Ich sag nur SmartWatch und Zweithandy versteckt in der Unterwäsche.


    Smartwatch muss bei Prüfungen abgelegt werden, wer keine andere Uhr hat, hat Pech gehabt. Die ist wie ein Handy und damit in Prüfungen verboten.


    Bei uns lassen manche Lehrer die Handys abgeben vor einer Prüfung. Ich vergesse das meist, sage aber immer, wer mit Handy erwischt wird, bekommt eine 6.

  • Ich habe eine smartwatch, aber ohne Handy kann ich damit gar nicht schummeln. Wie geht das? Vor allem in der Unterwäsche.


    Und auch als Frau kann und möchte ich nicht in Unterwäsche schauen. Wie hast Du das rausbekommen? Und in welcher Unterwäsche steckte das denn? Unterhose???

  • Ganz gleich ob nun auswendig gelernt und aus dem Gedächtnis notiert oder direkt aus dem Handy abgeschrieben während der Arbeit, die eigenständige Leistung liegt nachweisbar nicht vor, also 6.

    Als Mann kann man das aber gar nicht. Ich sag nur SmartWatch und Zweithandy versteckt in der Unterwäsche.

    Also zumindest bei normalen KAs gilt bei mir, dass Toilettenpausen erst wieder nach Abgabe der Arbeit möglich sind. Nachweisbare gesundheitliche Leiden sind dann eben nachzuweisen, ansonsten gehe ich davon aus, dass die es alle mal 45min ohne Töpfchen aushalten. Das war auch noch nie ein Problem.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • An sich halte ich die Gefahr von Handys für überschätzt - ob jetzt eine Information von einem Zettel stammt oder vom Handy, ist irrelevant. Die Menge der Information ist wichtig - und die entscheidet, wie lange ein Schüler unter den Tisch spicken muss.
    Und wenn ein Schüler es schafft, lange genug unter den Tisch zu spicken, um mehrere Seiten 1:1 aufs Blatt zu kriegen, hab ich als Aufsicht was falsch gemacht.
    (on topic: Auswendig Gelerntes ist kein Spicken, aber keine eigene Leistung und damit Plagiat; fertig).


    Langfristig halte ich das elektronische Abschirmen aber dennoch für wichtig; Miniaturkameras und nicht-sichtbare Kopfhörer gibt's heute schon. Wenn so Zeug immer billiger und verbreiteter wird, kann ich noch so mit Argusaugen die Klasse beobachten oder ungooglebare Transferaufgaben stellen; wenn der Typ, der am anderen Ende der Leitung einsouffliert, was drauf hat (und Bücher und Internet zur Verfügung!), dann wird der Schummler zu seiner Eins kommen.

  • Ich habe eine smartwatch, aber ohne Handy kann ich damit gar nicht schummeln. Wie geht das? Vor allem in der Unterwäsche.

    Na, der Kollege sammelt vor der Klausur die Handys ein, aber die Blutooth-Verbindung zwischen Watch und Handy bleibt natürlich bestehen, wenn das Handy vorne auf dem Pult liegt. Da ist es dann total egal, ob die Handys eingesammetl wurden oder nicht.

  • Mir stellt sich da grade eine Frage: Was genau ist rechtlich gesehen der Unterschied, ob die sus die im Unterricht genutzten Arbeitsblätter auswendiglernen und in der Klausur wörtlich hinschreiben oder ob sie aus dem Netz auswenigdiggelerntes hinschreiben? Gerade in den unteren Bildungsgängen der BBS nimmt Reproduktion einen besonders hohen Stellenwert ein. Wenn Schülerin Lisa dann meine Sätze an der richtigen Stelle auswendig zitiert ist das ok, wenn Schülerin Paula einen Satz aus anderer Quelle an der richtigen Stelle zitiert, ist das ein Plagiat?


    Zum Handy in der Unterhose: Mädels können zB einen Rock tragen und darunter das Handy verstecken. Zugriff während der Klausur ist dann für sie kein Problem. Oder die gesamten Oberschenkel mit Text beschriften und bekleben. In der eigenen Schulzeit mehrfach erlebt.

  • @Hannelotti:
    Ich denke, der Unterschied besteht darin, dass mitunter eine Reproduktion direkt gefordert ist und mitunter eben ausdrücklich das Verfassen eines eigenen Textes.
    Frage ich also in der Prüfung einfach: "Worin besteht der Unterschied zwischen..." oder "Zähle auf...", dann erwarte ich ganz klar Reproduktion. Lautet die Aufgabe jedoch "Verfasse einen Beschwerdebrief wegen..", dann erwarte ich ganz klar eine Eigenleistung.

  • Genau, deshalb gibt es bei der Bewertung eines Aufsatzes doch auch Punkte für die Einhaltung gewisser Formalitäten und Punkte für den inhaltlichen Bezug zur Aufgabenstellung. Das Ganze natürlich ausdifferenziert. So kenne ich das jedenfalls.

  • Wobei das in weiten Zügen allerdings auch eine Reproduktion sein kann. Ich denke da nur an die Normen DIN 5008 und DIN 676. ;)

    würde ich im allgemeinen auch so sehen. Gut, im konkreten Fall ist die Sache nochmal etwas anders gelagert, da das ganze durch das falsche Geschlecht recht eindeutig ist. Aber aus schülersicht wäre es bei Kenntnis der anstehenden Aufgabe naheliegend, mir vorher einen solchen Text rauszusuchen und auswendig zu lernen.

  • Dass sogar das falsche Geschlecht mit abgeschrieben wurde, ist so doof, das ist fast schon wieder schön. Vielleicht war aber auch in der Aufgabenstellung nicht genau spezifiziert, dass der Brief aus der eigenen Sicht geschrieben werden sollte, wer weiß.


    Aber eines muss ich nochmal rein aus Interesse fragen: Wie kommt es eigentlich, dass überhaupt ein beliebiger Beschwerdebrief abgeschrieben werden konnte. Die Prüfungsaufgabe lautete doch sicher nicht nur "Verfasse einen Beschwerdebrief!", da wurde doch bestimmt in irgendeiner Weise ein Thema oder eine Situation vorgegeben. Hat der Schüler das genauso fröhlich ignoriert wie sein Geschlecht und sich halt über irgendetwas anderes beschwert?

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